Beiträge von obelix

    M.E. ist die STVO als "Gesamtkunstwerk" dafür ursächlich, dass auch in den allerkleinsten Ortschaften KfZs Vorrang haben.

    Die gleiche StVO, die gleich zu Beginn ständige Rücksicht und Vorsicht von allen Teilnehmern fordert? Die bis auf wenige Ausnahmen (die nahezu nirgends verwendet werden) keine Mindest-, aber fast überall eine Höchstgeschwindigkeit kennt? Die bei unklaren Verkehrsverhältnissen ein Anhalten, Aussteigen und Verständigen über das weitere Vorgehen fordert?

    Ja, sie ist aus der Reichsstraßenverordnung entstanden. Ja, gewisse Dinge wie Tempolimits wurden erst später aufgrund hoher Unfall- und Todeszahlen hinzugefügt. Ja, an einigen Stellen (z. B. bzgl. Fußgängern) sind die Regeln unvollständig oder benachteiligend). Aber grundsätzlich ist die aktuelle Fassung doch wirklich brauchbar.

    Auch hier herrscht - wie auch in anderen Bereichen des Rechts - lediglich ein Vollzugsdefizit. Es sind zu wenig Polizisten unterwegs, um die Vorschriften zu kontrollieren und Fehlverhalten zu sanktionieren. Es werden zu wenig Beamte dafür gemaßregelt, wenn sie willentlich Vorgaben missachten, z. B. bei der Ausweisung von Radwegen oder Nichtausweisung von T30-Zonen. Es besteht ein Aufklärungsdefizit in der Bevölkerung über richtiges Verhalten im Straßenverkehr, z. B. korrektes Überholen, richtiger Seitenabstand, angepasste Geschwindigkeit.

    All das ist aber nicht der StVO anzulasten. Wenn ein wahnsinniger Landrat glaubt, er könne sich über die Regeln hinwegsetzen, dann muss er eins auf den Deckel kriegen und nicht die StVO geändert werden - über die geänderte Fassung würde er sich ja auch weiterhin hinwegsetzen. Wenn ein SUV-Fahrer meint, dass 60 nachts auf Landstraßen im Winter zu langsam wäre und gefährlich nahe auffährt, dann muss er von der Polizei den Bußgeldbescheid bekommen, die StVO hat sein Verhalten jedenfalls in keiner Weise gebilligt, im Gegenteil mehrfach verboten. Wenn ein irrer Raser am Zebrastreifen ein Kind totfährt, dann war das immer schon verboten und hat ihn nicht davon abgehalten - aber eine großzügig verhängte MPU, ein Auto mit nicht deaktivierbarem Notbremsassistenten und unkomfortabel angelegte Straßen hätten es getan und wären voll von der StVO in der aktuellen Fassung gedeckt gewesen. Selbst Aktionsformen wie die Critical Mass sind von der StVO gedeckt, was ich ehrlich gesagt Deutschland bisher kaum zugetraut hätte.

    Eigentlich ist die StVO aktuell sogar eine kleine Geheimwaffe für Bürger, die die Verkehrswende fordern. Ein paar Beispiele:

    • Radwege sind angeordnet, obwohl kein Grund besteht: § 45 entfernt sie vor Gericht in den meisten Fällen
    • Ortsdurchfahrt (übergeordnete Straße) wird zu schnell durchfahren: abwechselnd legal geparkte KFZ und Anhänger nach § 12 verlangsamen den Verkehr so arg, dass keine Gefahr mehr besteht
    • Raser gefährden sich und andere: Verkehrsunterricht nach § 48, wenn das nicht hilft MPU oder Entzug der Fahrerlaubnis nach StVG
    • Verkehrsfluss zu schnell? Ohne Grund sind nach § 2 etwa 50% der Maximalgeschwindigkeit noch erlaubt, mit Grund darf man beliebig langsam fahren; selbst bei Verstoß ist das Bußgeld lächerlich gering
    • T30, Fahrradstraßen, VBB: auf Gemeindestraßen problemlos einrichtbar, sofern sie nicht vollkommen verwaist sind (Kinder, Alte, Kranke, Einkaufsbereiche, allgemein belebte Bereiche)
    • Radfahrstreifen/Schutzstreifen: in vielen Fällen überhaupt nicht legal benutzbar (Seitenabstand abgeleitet aus § 5), daher ignorierbar auch ohne Klage
    • Rechtsfahrgebot: durch den Mindestüberholabstand aus § 5 ist es egal, ob man mit dem Rad ganz rechts oder mittig auf dem Fahrstreifen fährt, Nebeneinanderfahren ist in den meisten Fällen völlig in Ordnung
    • Protected Bikelanes können auf mehrspurigen Straßen, auf denen es vorher Radwege gab, problemlos nach § 45 angelegt werden; und auf denen ohne Radwege kann der Umweg über freigegebene Busspuren genommen werden

    Es ist meiner Erfahrunf nach berechenbar, _dass_ sie auf die Straße hüpfen, fahren werden. Deshalb mit 5-20 km/h situationsbedingt an ihnen vorbei, wenn ich Auto fahre. Oder bin ich zu müde für Ironie gerade?

    Edit: Nein, bin ich nicht. Die Franken wieder ;)

    Die Jugend von heute(tm) (oder besser gesagt die Kinder) sind aber auch wirklich vorsichtiger bzw. regeltreuer als früher... in der Fahrschule lernt jeder den klassischen Fall "Ball rollt auf die Straße, Kind folgt" und "Kinder stehen am Rand, eines rennt plötzlich und unvermittelt los". Ich fahre natürlich auch immer langsam und bremsbereit, aber ich habe in den letzten 10 Jahren zwar einige Erwachsene einfach rüberrennen sehen, aber niemals Kinder - wenn die auf wenig befahrenen Nebenstraßen spielen bzw. sich aufhalten und du bist noch 300 Meter entfernt, packen sie sofort den Ball und die kleinen Geschwister und stellen sich auf dem Gehweg unbeweglich und im Spalier auf, als würde gleich der Feldwebel zur Stubeninspektion vorbeischauen. Und wenn sie über die Straße wollen, warten sie, bis wirklich alles frei ist, auch wenn das Minuten dauert... ich habe als Kind stattdessen noch gelernt, dass man ja schonmal bis zur Mitte gehen kann und dann nochmal in die andere Richtung schauen, weil man sonst ja ewig warten müsste... ;)

    Das Grundproblem ist ja eher, dass das System der Gewaltenteilung ursprünglich so gedacht war, dass der Bürger "seine" Abgeordneten wählt, die nur ihrem Gewissen (bzw. indirekt durch die Wiederwahl dem Bürger) verpflichtet sind, und dass Parteien nur an der Willensbildung "mitwirken", sie aber nicht bestimmen. Die Regierung kümmert sich um das Tagesgeschäft, aber muss in Sachen Gesetzesänderungen die Abgeordneten im Parlament überzeugen bzw. ist sowieso nur deren Erfüllungsgehilfe für dort beschlossene Anpassungen.

    Da mittlerweile aber selbst die Direktkandidaten (von den Listenkandidaten gar nicht zu reden, obwohl die in der Verfassung nie vorgesehen waren) in den meisten Fällen ohne ihre Parteien keine Chance auf eine erfolgreiche Wahl hätten, sind sie ihren Parteien treu ergeben; bzw. Leute, die sich nicht als Parteisoldaten sehen, tun sich diese ganze Kaderschmiede/-mühle gar nicht erst an oder kommen nicht durch.

    In Folge haben wir ein Parlament, in dem der einzelne Abgeordnete meistens so abstimmt, wie seine Partei es ihm vorgibt. Da bisher jede einzelne Regierungskoalition über eine absolute Mehrheit allein durch ihre Mitglieder verfügt hat und auch aktuell verfügt, führt das zu der Situation, dass die von der Regierung eingebrachten Gesetzesvorschläge automatisch vom Parlament (gegen die machtlose Opposition) angenommen werden, und Vorschläge der oppositionellen Abgeordneten von den Abgeordneten der "Regierungspartei" bzw. -koalition automatisch abgelehnt werden. Wir haben also statt "Legislative + Exekutive + Judikative" eher "Exekutive (mit Nebenjob Legislative) + Judikative" - die Regierung legt Gesetze vor, die sie dann einfach durchwinken kann, weil sie die Mehrheit der Parlamentarier ganz unabhängig von der Sache automatisch hinter sich hat.

    Anstatt dass also Scheuer die StVO verschlimmert, würde es dann eben ein CDU-Ausschuss tun, dessen Vorschläge von den CDU/CSU/SPD-Abgeordneten einstimmig angenommen werden würden, während die Opposition aufs Schärfste protestiert. phoenix könnte ein bisschen mehr Sendezeit füllen durch die sinnlosen Debatten davor, aber sonst würde sich im Grunde nichts ändern.

    Lösen ließe sich das eigentlich nur, wenn alle Abstimmungen im Parlament ausnahmslos geheim wären, die Macht und der Einfluss der Parteien radikal korrigiert werden würde (z. B. Aberkennung der Gemeinnützigkeit, Förderung unabhängiger Kandidaten, Einschränken von Parteilisten, Regierungsmitglieder müssen Tätigkeit im Parlament ruhen lassen, hohe Strafen für verdeckte Beeinflussung "eigener" Parlamentarier etc.) und wieder eine echte Gewaltenteilung existieren würde. Aktuell ist das faktisch nur auf Landesebene bei Minderheitsregierungen der Fall.

    Ich argumentiere, dass die oben aufgeführte Merkmalskombination es nicht erlaubt hier eine Benutzungspflicht anzuordnen.

    Ich denke in 2020 sollten wir weiter sein, insbesondere weil dort 4-10 Fahrspuren zur Verfügung stehen und dieser Baustellenzustand offensichtlich seit Jahren so oder ähnlich vorzufinden war.

    Die Anordnung der Benutzungspflicht ist eine Sache, die du vor dem Verwaltungsgericht (bzw. vorher mit Widerspruch bei der verursachenden Behörde je nach Bundesland) klären lassen kannst/musst. In diesem Verfahren geht es dann um all die Punkte die du oben aufgelistet hast, bzw. ob es rechtens war, dass die Verkehrsbehörde diesen Weg so wie er hier steht angeordnet hat und damit dich und andere darauf zu fahren zwingt.

    Hier im Ordnungswidrigkeitenverfahren vor dem Amtsgericht ist das (genau wie die Anzahl Spuren nebenan) aber nicht von Belang - hier geht es nur um die konkrete Verfehlung, die dir vorgeworfen wird. Es wird generell angenommen, dass die Anordnung rechtmäßig ist - denn wäre es nicht so, könntest du ja dagegen klagen, anstatt sie zu missachten. Wäre hier eine Vermischung möglich, dann würde über kurz oder lang jeder Betroffene immer erst die Anordnung als ungültig bezeichnen, um z. B. keine Strafe für zu schnelles Fahren zu erhalten. Davon ausgenommen sind nur offensichtlich ungültige Anordnungen, also z. B. wenn auf einer Kraftfahrstraße plötzlich eine Spielstraße beginnen soll oder ein [Zeichen 254] direkt unter [Zeichen 237] hängt - ein einfach nur beschissener Weg fällt leider nicht darunter.

    Die richtige Strategie kommt deswegen zum einen auf die genauen Umstände an (z. B. ob der Polizist 2 km hinter dir hergefahren ist oder dich nur an einer Kreuzung von der Seite gesehen hat, die Hindernisse, die Ausschilderung etc.), zum anderen aber auf eine kluge Vorgehensweise. Ein Anwalt ist vielleicht nicht unbedingt immer klüger, aber zumindest macht es immer mehr Eindruck und es passieren dir keine Flüchtigkeitsfehler. Sehr wichtig ist natürlich auch, dass du gegenüber der Polizei bisher keinerlei Aussage abseits deiner Personalien getätigt hast (das nehme ich im Folgenden mal an).

    Ein paar mögliche Ansatzpunkte (teilweise auch von den anderen Antworten hier geklaut und zusammengefasst) wären etwa folgende. Ob es zum vermeintlichen Tatzeitpunkt so war, weißt du bzw. kannst du dann per Fotos, Zeugen usw. natürlich beweisen, ansonsten glaubt der Richter dem Polizist zu 99% mehr als dir. Die Reihenfolge ist auch die, die ich versuchen würde:

    • Der Radweg ist so schmal und dein Fahrrad/Lenker/Anhänger/Ladung so breit, dass du (inkl. zwangsweiser leichter Pendelbewegungen bei langsamer, vorsichtiger Fahrt) zwangsweise den Luftraum über den durchgezogenen Linien zum Gehweg passieren würdest (oder gar die Linie selbst). Dadurch würdest du dich einer Ordnungswidrigkeit (BKat Owi TBNR 141253) schuldig machen und zusätzlich andere Fußgänger/Radfahrer behindern oder sogar gefährden, je nach Verkehrsaufkommen - was auf der Fahrbahn aufgrund ihrer Beschaffenheit und Anzahl der Streifen gleichzeitig ausgeschlossen war.
    • Es ist dir auf dem Radweg aufgrund der tatsächlichen Breite nicht möglich, den stets geforderten ausreichenden Sicherheitsabstand von je nach Situation wenigstens 70 bis 100 cm zu Fußgängern und parkenden Fahrzeugen (Türöffnen/Dooring auf Beifahrerseite) einzuhalten. Dadurch würdest du eine Ordnungswidrigkeit begehen (TBNR 103708) und zudem dich und andere stark gefährden - auf der Fahrbahn ist der Abstand dagegen problemlos einhaltbar.
    • Der Radweg war nicht vollständig/eindeutig ausgeschildert: Schilder wurden an der letzten Einmündung vor dem Tatort nicht wiederholt/waren seitlich weggeklappt/waren von Grünzeug oder Baugerüsten verdeckt bzw. allgemein dir als durchschnittlichem Verkehrsteilnehmer nicht mithilfe eines schnellen, flüchtigen Blicks (ca. 1 bis 2 Sekunden) erkennbar. Als Ortsfremdem und erstmals dort fahrendem kann von dir auch nicht erwartet werden, das Vorhandensein dieser Schilder zu kennen - zumal die gelbe Markierung auf eine temporäre Maßnahme hindeutet, die eventuell schon wieder abgebaut wird (Piktogramme sind egal, nur die Schilder zählen).
    • Mehrere gefährliche Hindernisse auf dem Radweg (parkende oder haltende KFZ, abgestellte Fahrräder, große und tiefe Schlaglöcher, schwer sichtbare Kanten, aufgesprungene Gehwegplatten, zerbrochene Glasflaschen, abgelegter Sperrmüll, Laubhaufen mit darin befindlichen Steinen, etc.) machten ein Befahren selbst bei langsamer Geschwindigkeit und äußerster Vorsicht unmöglich, ohne deine oder die Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer zu gefährden.
    • Mangelnde Stetigkeit: der betroffene Abschnitt (vorher und nachher bist du natürlich auf dem Radweg gefahren) ist so kurz, dass ein einmaliges Ausweichen auf die Fahrbahn gerechtfertigt ist gegenüber einem ständigen Hin- und Her. Da die Hindernisse jedes Mal ein Ausweichen auf die Fahrbahn zur Folge haben (Gehweg ist verboten) und du dazu den Gegenradverkehr kreuzen musst, überwiegt eindeutig die tatsächliche und mehrfache Gefahr beim Ausweichen gegenüber einer möglichen kurzzeitigen Gefahr auf der Fahrbahn.
    • Direktes Linksabbiegen: um dein Ziel X zu erreichen, wolltest du an der nächsten Abzweigung links abbiegen und hast dich deshalb vorschriftsmäßig auf die Fahrbahn zum Linksabbiegen eingeordnet. Aufgrund der Verkehrslage hast du dazu rechtzeitig vorher einen sicheren, freien Moment gewählt, der demzufolge nicht unmittelbar vor der Abzweigung lag, aber noch in ihrer Nähe (nicht 2 km weg). Aufgrund deiner Unkenntnis der Örtlichkeit, der schlechten Ausschilderung und der Konzentration auf den Abbiegevorgang hast du erst an der Kreuzung bemerkt, dass deine gewünschte Abzweigung eine Querstraße weiter liegt. Aus Gründen der Stetigkeit und um das Einordnen (Sicherheit!) nicht wiederholen zu müssen, bist du für das kurze Stück auf der Fahrbahn geblieben.
    • Der Radweg gehört nicht zur Straße (ist nicht straßenbegleitend): entweder aufgrund des Abstands von mehr als 5 Metern oder aufgrund der eindeutigen Beschilderung (Straße hat [Zeichen 306], einmündende Querstraßen haben [Zeichen 205] vor der Hauptstraße, aber der Radweg hat vor Querstraßen [Zeichen 205]) war dir bewusst, dass der Radweg ein eigenständiger, nur zufällig neben der Straße verlaufender Weg ist und somit hier keine Benutzungspflicht ausüben kann.

    Beim Verkehrslexikon und anderen Seiten gibts auch die passenden Urteile dazu. Wichtig ist aber, dass die grundsätzliche Aussage nicht "Der Radweg ist scheiße und mir steht die Fahrbahn zu!" ist, sondern "Aus Gründen der Sicherheit anderer und natürlich auch meiner eigenen Sicherheit musste ich aus gegebenen Gründen ausnahmsweise und für eine kurze Strecke von der ansonsten sehr sinnvollen Benutzungspflicht abweichen; wenngleich ich ansonsten natürlich stets alle Vorgaben beachte!" Ich würde dementsprechend auch keine Romane schreiben, sondern schlicht kurz und knapp darlegen, wieso in diesem speziellen Einzelfall auf diesem kurzen Abschnitt die Fahrbahnbenutzung erforderlich war.

    Ich leichenfleddere hier mal den alten Beitrag etwas, denn mittlerweile hat sich zu dem Thema auch die Polizei zu Wort gemeldet - oder besser gesagt, die hessische Polizei aus Frankfurt am Main:

    Es kann helfen, wenn man mittig der eigenen Spur fährt, so dass der nachfolgende Verkehr bei einspuriger Straße gar nicht und bei mehrspuriger Straße zum Überholen die Spur wechseln muss. Das verschafft einem Raum. Bei Abbiegesituationen hilft nur besondere Vor- und Rücksicht.

    :thumbup:

    Es gibt nun wieder drei Möglichkeiten:

    1. Ich tue nichts und schaue zu, wie sich die Senioren hier in der Gegend mit dem Rollator um das Schild herumplagen.
    2. Ich melde es mit dem Kieler Mängelmelder, der dann erfahrungsgemäß in Zeiten wie diesen erst dann etwas unternehmen würde, wenn das Schild längst wieder abgebaut wurde.
    3. Ich mache mir selbst an der 90 kg schweren Vorrichtung zu schaffen und schiebe sie rüber auf den Grünstreifen. Dann bin ich aber in der Haftung für den ungünstigen Fall, dass doch etwas passiert, das Schild umkippt und Fußgänger verletzt oder, Gott bewahre, ein parkendes Kraftfahrzeug beschädigt.

    Oder Variante 4: während du und dein Handy brav zuhause sind, verschiebt eine maskierte Person, die natürlich nicht du sein kannst, das Ding in rabenschwarzer Nacht. Augenzeugen berichten, dass sie einen flatternden Umhang gesehen haben, sonst aber nichts. ;)

    Diese grünen Wegweiser kann nur jemand entworfen haben, der Radfahren hasst und alle Radfahrer ebenfalls. Die Routenplanung obliegen irgendwelchen lokalen Verbänden oder Verwaltungen und können hier super, dort katastrophal sein. Für Alltagsfahrer und Sportler sind sie schon allein aufgrund der Umwege und der oft schlecht gewählten Nebenstraßen sinnlos, aber selbst für Touristen ist es doch eine Zumutung, winzig kleine Schilder an allen möglichen und unmöglichen Orten suchen zu müssen, weil man sonst eine Abzweigung verpasst und sich in einem vollkommen fremden Wohngebiet verfährt. Mir ist es (mit nahezu perfektem Sehvermögen) schon zigmal passiert, dass ich die Schilder übersehen habe, obwohl ich schon weit unter 20 km/h gefahren bin.

    Besonders krass ist der Unterschied zu den ansonsten in ganz Deutschland einheitlichen und mustergültigen normalen Straßenschildern: perfekte Kontraste und der Geschwindigkeit angepasste Sichtweiten, durchgängig korrekte km-Angaben, Orte nach ihrer Entfernung und Bedeutung auf einen Blick unterscheidbar, Straßentypen sofort eindeutig sichtbar und aufgrund der Form/Größe/Alter des Schildes meistens auch der Ausbauzustand der Straße abschätzbar. Ein Wechsel von diesen grünen Routen auf das normale Straßennetz fühlt sich immer an, wie wenn man nach einem zweiwöchigen Campingtrip aus dem Outback zurück in die Zivilisation kommt...

    Während ihr hier noch mutmaßt, hat Söder schon was rausgehauen:

    § 2 regelt Ausgangsbeschränkungen tagsüber, § 3 nachts. Das bedeutet also: in Landkreisen mit mehr als 200 Neuinfektionen in 7 Tagen je 100.000 Einwohner...

    • ... dürfen dort wohnende Personen abgesehen von ihren sonstigen triftigen Gründen (Arbeit, Einkaufen, Besuche, Sport etc.) keine Tagesausflüge unternehmen, die mehr als 15 km von der Wohnortgemeinde stattfinden. Wird man dabei eindeutig überführt (z. B. weil man es zugibt), müsste man mit 500 EUR Bußgeld rechnen.
    • ... dürfen die lokalen Behörden ein Verbot von Tagesausflügen landkreisfremder Personen aussprechen. Wird man eines solchen Vergehens überführt, droht aber praktischerweise keine Strafe.

    Das wars. Es ist (mal wieder) infektionstechnisch sinnlos und nur ein "guck mal, was wir gegen volle Skipisten unternehmen!" als Reaktion auf die Bilder der vergangenen zwei Wochen. Die Gerichte dürfen dann im Einzelfall entscheiden, was ein "Tagesausflug" und was "Bewegung an der frischen Luft" ist. Dazu ergeben sich wieder amüsante Konstellationen, die in der Eile wohl nicht bedacht oder einfach ignoriert wurden:

    • Wenn in den Alpen alles über 200 ist, kann der Rest Bayerns trotzdem fröhlich dort Skifahren und die Seuche heimtragen - es ist zwar verboten, kann aber nicht sanktioniert werden.
    • Ein Nicht-Risiko-Landkreis in einem Ausflugsgebiet kann erstmal nichts verbieten, selbst wenn er wollte; um Touristen loszuwerden, muss man also erstmal in die roten Zahlen rutschen, präventiv gehts nicht.
    • Wenn ich einen anderen Hausstand besuche (erlaubt nach § 2) und dort übernachte (erlaubt/erzwungen nach § 3), dann bin ich kein Tagesausflügler mehr und kann mir den Rest aus § 25 auch schenken.
    • Je nach Gemeindegrenzen und Landkreisgröße kann ein Radius von 15 km ziemlich der ganze Landkreis sein: nämlich dann, wenn der Landkreis nicht allzu groß ist und die Gemeinde recht mittig liegt (z. B. LK Forchheim).
    • Umgekehrt gibt es auch Fälle, wo an Ecken von an Außengrenzen gelegenen Landkreisen lebende Personen in ungünstiger Konstellation plötzlich kaum noch irgendwohin können und dann sinnlos aufeinanderhocken (z. B. LK Lindau)
    • Personen mit mehreren Hausständen, abwechselnd bei getrennt lebenden Eltern lebende Kinder, Ferienhausbesitzer, Studenten etc. können sich dann das für sie jeweils günstigste raussuchen, denn gedacht wurde ganz sicher nicht an sie.

    Strafbefehl? Hab ich was verpasst? Das Geldbußen aufgrund von Verstößen gegen Coronaverordnungen (OWi) ausgesprochen werden können ist mir bekannt. Aber das hier plötzlich auch Straftaten im Raum stehen sollen.

    Sorry, ich war zu faul nachzuschauen, wie das Ding heißt, das man da bekommt, diese Ordnungswidrigkeiten-Zahlungsaufforderung eben, die mit Rechtsbehelf versehen ist, gegen den man dann Widerspruch einlegen kann und erst dann geht es vors Gericht. Ich habe wohl an § 46 OWiG gedacht, dass sich Strafverfahren und Ordnungswidrigkeitenverfahren allgemein ähneln. Der richtige Begriff ist der Bußgeldbescheid, § 65 OWiG. Der Widerspruch ist in § 67 OWiG geregelt und orientiert sich auch da an der Strafprozessordnung.

    Befragung, man kann ja durchaus legal unterwegs sein -> Arbeit, Hund, Pferd, Pflegebedürftige besucht ....

    Wenn Du das nicht glaubhaft darstellen kannst -> Verwarnung mit Geldstrafe und die Aufforderung den öffentlichen Raum zu verlassen.

    Beim Vorliegen eines Anfangsverdachts (kein Grund genannt oder genannter Grund nachweislich falsch oder genannter Grund aus Erfahrungswerten nicht gültig oder Verstrickung in Widersprüche oder deine Nase passt dem Beamten nicht) wird eine Anzeige über eine Ordnungswidrigkeit geschrieben. Dann kommt ein Anhörungsbogen, der im Wesentlichen die zuvor gestellten Vorwürfe wiederholt und auf den du als Beschuldigter genauso wenig antworten musst wie auf die Frage eine Polizisten, was du machst oder woher du kommst. Beim Ignorieren des Anhörungsbogen wird wohl in der Regel ein Strafbefehl über die jeweilige Standardstrafe (da Vorsatz schwer nachweisbar ist) ins Haus flattern. Den kannst du entweder bezahlen, dann ist die Sache erledigt, oder widersprechen, dann wird in der Regel ein Gerichtsverfahren folgen. In dem wird dann festgestellt werden, ob die Ansicht der Polizei oder deine jeweils zutreffen.

    Es gibt faktisch gesehen eigentlich keinen Vorteil, bei einer Kontrolle irgendetwas zu sagen, was über die Nennung der eigenen Personalien hinausgeht. Ich habe (in Bayern) in den letzten Wochen schon mehrfach von Kontrollen gelesen, bei denen absolut triftige (also wichtige und nicht aufschiebbare) Gründe vorlagen und vorgebracht wurden, aber dennoch eine Anzeige erstellt wurde - einfach weil der Diensthabende Polizist das anders gesehen hat. Gibt man hier bereits etwas zu Protokoll, kann im folgenden Verfahren auch ein Anwalt nichts mehr retten, weil man sich vielleicht unabsichtlich selbst belastet hat. Sagt man einfach nichts, kann man in aller Ruhe mit dem Anwalt besprechen, was man denn in der jeweiligen Zeit wirklich getan hat (die Polizei kann das in der Regel von sich aus nicht selbst beweisen) und wie man weiter vorgehen sollte (z. B. Vorbringen eindeutiger Beweise, die man bei der Kontrolle gar nicht bei sich haben konnte).

    Ich möchte nochmals darauf hinweisen, dass in der gesamten Verordnung immer nur steht, dass triftige Gründe vorliegen müssen, nie, dass man diese auch nennen müsste. Es ist ein bisschen wie beim Alkohol in der Verkehrskontrolle - wenn man sagt "ich habe ein Bier getrunken", dann folgt zwangsweise ein Alkoholtest (Anfangsverdacht erhärtet), wenn man einfach nichts oder "nein" sagt, dann muss die Polizei entscheiden, ob sie das Risiko eines invasiven Tests (Blutabnahme) ohne ausreichenden Anfangsverdacht eingehen will.

    Rein logisch betrachtet ist es auch aus Polizeisicht nahezu unmöglich, jemanden in dieser Hinsicht gerecht zu prüfen - sagt der Betroffene z. B., er versorgt seine kranke Mutter, müsste man ihm vielleicht 50 oder 100 km nachfahren, um zu beweisen, dass die Mutter gar nicht krank ist. Oder wenn er sagt, dass er arbeiten muss, müsste man ihn ebenfalls so lange observieren, bis er eindeutig mit einer Bierflasche zu sehen ist. Oder wenn er sagt, dass er Druck in der Brust hat, müsste man ihn ins Krankenhaus eskortieren, aber aus Datenschutzgründen würde man dennoch keine Rückmeldung vom behandelnden Arzt erhalten. Es ist also faktisch nicht möglich, korrekt zu kontrollieren.

    Dazu ist allein schon die Verordnung viel zu schwammig: z. B. wurde von Söder und auch anderen mehrfach erwähnt, dass Böllern an Silvester faktisch verboten sei, weil es kein triftiger Grund sei. Tatsächlich ergibt sich bei einem Blick in die Verordnung überhaupt kein explizites Böllerverbot. Die Liste der triftigen Gründe ist auch wörtlich als nicht abschließend und in beliebige Richtungen offen beschrieben (vgl. auch VGH München, Beschluss v. 28.04.2020 – 20 NE 20.849). Auf dem eigenen Grundstück ist das Böllern somit sowieso immer erlaubt, und auch auf öffentlichem Grund ist nicht klar, ob es verboten ist oder nicht; denn "triftig" ("sehr überzeugend, einleuchtend, schwerwiegend; zwingend, stichhaltig") ist das Böllern aus meiner Sicht im Blick auf die bisherigen jahre als Tradition an SIlvester/Neujahr durchaus, und unabwendbar in zeitlicher (Silvester ist nur einmal im Jahr) und örtlicher (im Haus darf/kann ich ohne Brandgefahr nicht böllern) Hinsicht ist es auch. Darüber hinaus ist das Abbrennen von zugelassenem frei verkäuflichen Feuerwerk durch Erwachsene, nüchterne Personen weder mit erhöhtem Verletzungsrisiko noch mit gesteigerter Infektionsgefahr in Verbindung zu bringen - das ist auch der Tenor des jüngsten Urteils des Augsburger VG und des Bayerischen VGH. Hier ist demzufolge klar, dass Söder auf Zeit spielt und versucht, möglichst vielen Leuten Angst zu machen - denn die Urteile werden ja erst dann zu erwarten sein, wenn Silvester längst vorbei ist. Dann hat er sein Ziel auch so erreicht, ohne sich rechtlich auf dünnes Eis zu begeben.

    Fazit des Ganzen: einen Blick in die Verordnung werfen statt auf die Presseerklärungen ihrer Verfasser, sich bei (enorm unwahrscheinlichen) Kontrollen nicht um Kopf und Kragen reden und einfach das tun, was sinnvoll und notwendig zur Eindämmung von Corona ist, und nicht das, was sich ein wildgewordener Amtsschimmel irgendwann mal ausgedacht hat.

    Fast vergessen: eine Aufforderung, sich aus dem öffentlichen Raum zu entfernen, habe ich bisher noch nie gehört oder gelesen und würde mich auch stark wundern, weil Platzverweise normal auf einen bestimmten Ort beschränkt sind und eine unmittelbare Gefährdung bekämpfen müssen. Wenn du beim Spazierengehen oder im Auto auf öffentlichen Straßen kontrolliert wirst, ist ja nicht mal klar, wo die Gefährdung liegen soll bzw. ob überhaupt ein Vergehen vorliegt. Sowas käme z. B. nur dann in Betracht, wenn ein illegaler Glühweinstand mit Menschentraube davor aufgelöst werden würde, aber nicht bei Kontrollen einzelner.

    Die Anordnung ist also keinesfalls durchgängig, handwerklich nicht korrekt umgesetzt und betrifft zwar zusammenhängende, aber unterschiedliche Straßen. Kann man trotzdem am Stück dagegen vorgehen oder werden das am Ende drei Anträge und nötigenfalls auch drei Klagen?

    Das wäre die Klagehäufung (§ 44 VwGO):

    Zitat

    Mehrere Klagebegehren können vom Kläger in einer Klage zusammen verfolgt werden, wenn sie sich gegen denselben Beklagten richten, im Zusammenhang stehen und dasselbe Gericht zuständig ist.

    Von Gerichtsseite aus gilt aber eine freie Wahl, was wirklich zusammengehört und was nicht (§ 93 VwGO, Verbindung und Trennung von Verfahren):

    Zitat

    Das Gericht kann durch Beschluß mehrere bei ihm anhängige Verfahren über den gleichen Gegenstand zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbinden und wieder trennen. Es kann anordnen, daß mehrere in einem Verfahren erhobene Ansprüche in getrennten Verfahren verhandelt und entschieden werden.

    Bedeutet praktisch gesehen: wenn die gleiche Behörde zuständig ist (anhand der Straßenklassen, siehe der andere Thread von simon, übertragen auf die jeweiligen Länderbestimmungen) kann man das ganze als ein einzelnes Verfahren formulieren. Darin sollte man dann darauf hinweisen, dass die Straßen unmittelbar zusammenhängen, der Weg auch für Radfahrer zweifelsfrei als zusammenhängend erkennbar ist und keine besonders herausragenden Einzelsituationen gegeben sind, die eine getrennte Betrachtung rechtfertigen würden. Es kommt immer auf den Einzelfall an, da ist eine überzeugende Argumentation hilfreich. Rein rechtlich wäre der worst case aber, dass jede einzelne Anordnung als einzelner Fall betrachtet (und berechnet) wird.

    Ich finde den Punkt von Pepschmier schon richtig. Schließlich gab es während Grippewellen schon immer überlastet Kliniken (siehe z. B. Hier: https://www.ln-online.de/Nachrichten/Br…ken-ueberlastet). Da muss man sich ja schon irgendwie mal die Frage stellen, warum im dieser Situation 2018 niemand von solchen Maßnahmen wie man sie derzeit macht überhaupt gesprochen hat. Und inwieweit die Situation derzeit tatsächlich so extrem anders ist, als damals.

    Kurz und ohne Quellen grob zusammengefasst:

    • Sterberate ist bei COVID-19 deutlich höher (hatte von vor einigen Monaten ca. 20x im Kopf, aber ohne Garantie)
    • Grippeimpfungen stehen üblicherweise schon vor den jährlichen Wellen zur Verfügung und müssen nicht erst von null auf entwickelt werden (nur angepasst auf die jeweilig aktuellen Varianten)
    • Langzeitschäden (Long COVID) an Herz, Nieren, Nerven, Gehirn usw. noch nicht absehbar/einschätzbar und noch nicht erforscht, treten auch bei harmlosen/milden Verläufen und bei Jüngeren auf
    • Intensiv- oder beatmungspflichtige Patienten mit COVID-19 verbleiben im Schnitt länger im jeweiligen Bereich und binden damit mehr Kapazitäten an Betten, Geräten und vor allem Personal
    • Auch Politiker, Stars und Superreiche können es kriegen :saint:

    Ich bin aber auch sehr dafür, dass wir die Fortschritte und Errungenschaften in Deutschland dieses Jahr (nach dem Klo auch wirklich Händewaschen, keine verrotzten Hände anderer schütteln, beim Besuch der Oma im Heim nicht in den Speisesaal husten, zuhause bleiben und Erkältung auskurieren statt das Großraumbüro anstecken, Masken tragen statt in den Salat spucken, etc.) dann auch in Zukunft beibehalten könnten. Wenn wir schon nicht von Asien/Ozeanien lernen können, was Corona angeht, dann wenigstens in Zukunft für die Erkältung oder Grippe.

    Übrigens, ich war dieses Jahr ein einziges Mal krank, noch vor März - normalerweise zwei bis dreimal im Jahr eine Erkältung, diesmal gar nichts. Denke das ging nicht nur mir so.

    Wir schweifen ab.

    Das reine Lehren der Verkehrsregeln und ggf. eine Überwachungsfahrt sind zwar gut, aber die meisten Gefährdungen passieren ja nicht weil die Leute die Verkehrsregeln nicht kennen sondern missachten und - was ich viel schlimmer finde - absichtlich und z.T. sinnlos andere gefährden.

    Mir ist ein Verkehrsteilnehmer lieber, der nachts bei leeren Straßen vorsichtig über eine rote Ampel fährt als jemand der vorsätzlich andere bedrängt oder gefährdet um vielleicht ein paar Sekunden zu sparen obwohl das Tempolimit gerade nicht überschritten wird.

    Gefährdung also nur noch mit triftigem Grund erlaubt? Pass auf, dass gewisse Landesfürsten nicht Wind von der Idee bekommen... :evil:

    Es fehlt grundsätzlich an ausreichender Ahnung. Blitzer werden nicht ausreichend angeschafft oder aufgestellt, Blitzerwarnungen im Radio sind erlaubt, Blitzer lösen erst bei einer viel zu hohen Toleranz aus. Strafen sind im europäischen Vergleich lächerlich niedrig. Halterhaftung in Verbindung mit Datenschutzbedenken (Kameraüberwachung) führt zu hohen Einstellungsraten, die dann insgesamt viel Arbeit und wenig Ertrag bringen. Dementsprechend wird eine brauchbare Verfolgung bzw. Durchsetzung gar nicht erst versucht, stattdessen gibt es seitens "Aktionstage", an denen "sensibilisiert" werden solle - wie absurd das ist, merkt man im Vergleich zu anderen Tatbeständen. Oder hat schonmal jemand einen Aktionstag gegen Einbruchdiebstahl gesehen, bei dem darauf hingewiesen wird, dass sich das ganze doch eigentlich gar nicht lohnt, weil Privatleute kaum noch Bargeld und Wertachen zuhause haben und erwischte Einbrecher dann eindringlich ermahnt werden, sich das nächste Mal nicht erwischen zu lassen und sie sogar einen Teil der Beute abgeben müssen?

    Ich bezweifle, dass die Mehrheit der Autofahrenden an sich die Führerscheinprüfung nochmals bestehen würde.

    Auf jeden Fall würden die Einstellungen "ich bin X Jahre Auto gefahren und nicht verunfallt, also bin ich jetzt Walter Röhrl!" und "ach Verkehrsregeln, solange es keine Punkte gibt sind die auch egal!" seltener werden... oder die Führerscheine weniger, was in diesen Einzelfällen auch kein Schaden wäre. Natürlich ist eine gewisse Vorbereitung nötig, aber wenn es alle zwei oder drei Jahre ist, würden sich die neu zu lernenden Regeln in Grenzen halten und die Erinnerung vom letzten Mal noch entsprechend frischer sein.

    Eine andere Möglichkeit wäre auch, diese praktische Prüfung nur bei durch den Fahrer (mit)verursachten Unfällen vorzuschreiben (denn dann ist sie ja offensichtlich überfällig), und bei allen anderen Fahrern lediglich einmal jährlich mit dem Steuerbescheid oder der Haftpflichtrechnung (ja, man kriegt damit nicht alle, aber der Verwaltungsaufwand wäre minimal) ein kleines Faltblatt mit den neuen oder geänderten Gesetzen und allgemeinen Verhaltenshinweisen zukommen zu lassen.

    Aus meiner Sicht auch enorm hilfreich wäre in diesem Zusammenhang eine Vorschrift, dass Polizeimeldungen zu Unfällen stets Hinweise und Ermahnungen zum richtigen Verhalten haben müssen. Teilweise passiert das schon, aber selektiv und nicht landesweit. Hier ein Beispiel aus Karlsruhe:

    Zitat

    Schwere Verletzungen zog sich eine 82-Jährige bei einem Verkehrsunfall am Mittwochvormittag in Karlsruhe zu. Die Frau überquerte gegen 10.45 Uhr die Neureuter Straße in Höhe der Gablonzer Straße bei Grünlicht auf einem Fußgängerüberweg. Da sie aufgrund ihres Alters nur sehr langsam die Straße überquerte, schaltete die Fußgängerampel auf Rotlicht als sie sich noch auf der Fahrbahn befand. Ein 60-jähriger Pkw-Fahrer stand an der Ampel auf der Gablonzer Straße und bog bei Grünlicht nach rechts auf die Neureuter Straße ein. Hierbei achtete er nicht auf die 82-jährige Fußgängerin und erfasste sie mit dem Pkw. Bei dem Sturz verletzte sich die Frau schwer. Sie wurde nach einer Erstversorgung vor Ort in ein Krankenhaus gebracht.

    Das müsste stattdessen z. B. so lauten:

    Ein schon etwas älterer, aber passender Beitrag zum Thema "hilfreiche Erfahrung älterer Fahrer" in einer simulierten Fahrprüfung:

    Langjähriger Autofahrer stellt sich Fahrprüfung – und fällt durch

    Zitat
    Eigentlich hatte er sich im Vorfeld als vorbildlichen Autofahrer eingeschätzt. „Ich habe meinen Pkw-Führerschein im Juli 1982 mit null Fehlern bestanden, sowohl in Theorie, als auch in der Praxis“, sagt er. „Seitdem bin ich fast täglich unterwegs, habe circa 1,2 Millionen Kilometer auf Straßen zugebracht.“ Bis auf zwei kleinere Auffahrunfälle sei ihm nie etwas passiert.

    Was ist ihm also diesmal passiert? Eigentlich auch nichts, in zwei kurzen Fahrten lediglich:

    • Vorfahrtverstoß RvL (zweimal)
    • Spurwechsel ohne Blinker
    • Mindestabstand auf Autobahn unterschritten
    • Tempo 30 missachtet
    • auf Busspur gefahren (Rechtsfahrgebot nicht verstanden)

    Deswegen ist er natürlich einsichtig und gelobt Besserung, um seine große Erfahrung noch auszubauen:

    Zitat

    Am Ende der Prüfung hat Heiko Müller auf seinem Prüfprotokoll zehn gravierende Fehler stehen. Der Mann nimmt es mit Humor: „Aber immerhin gepiepst hat es nicht.“ Und weil es nur ein Experiment war, darf er seinen Führerschein behalten.

    Bei der Verkündigung der Corona Maßnahmen komme ich mir teils vor wie auf dem HHer Fischmarkt und Söder ist der lauteste Er verkauft zwar auch nur den selben "Mist", ist nicht erfolgreicher als andere nur lauter. Mich nervt er nur noch.

    Sehr treffender Vergleich. Es wäre eigentlich Aufgabe der Medien, das entsprechend herauszustellen, abzugleichen, einzuordnen. Zu recherchieren, wie sich das Geschehen entwickelt hat, was getan oder unterlassen wurde, welche Folgen das haben könnte, usw. Sowas findet man leider kaum noch. Stattdessen gegenseitiges Überbieten mit Schlagzeilen a la "Söder macht Ernst, dürfen wir ab morgen überhaupt noch alleine aufs Klo?! Stärkste Ausgangsbeschränkung seit 1848!", statt Substanz nur Abschreiben einiger Wortfetzen von der Konkurrenz und der Pressemitteilung - manchmal nichtmal das.

    Kleines Beispiel: in der gestern veröffentlichten Pressemitteilung zur neuen Verordnung stehen beispielhaft aufgelistet, was - unter anderem - triftige Gründe sind, aus der Wohnung zu gehen:

    • die Ausübung beruflicher oder dienstlicher Tätigkeiten,
    • die Inanspruchnahme medizinischer und veterinärmedizinischer Versorgungsleistungen, der Besuch bei Angehörigen therapeutischer Berufe sowie Blutspenden,
    • Versorgungsgänge, der Einkauf in den nach der 9. BayIfSMV geöffneten Geschäften und der Besuch der nach der 9. BayIfSMV geöffneten Dienstleistungsbetriebe (inkl. Weihnachtsbesorgungen),
    • der Besuch eines anderen Hausstands, solange dabei eine Gesamtzahl von insgesamt fünf Personen nicht überschritten wird (die zu diesen Hausständen gehörenden Kinder unter 14 Jahren bleiben für die Gesamtzahl außer Betracht),
    • der Besuch bei Lebenspartnern, Alten, Kranken oder Menschen mit Einschränkungen,
    • die Wahrnehmung des Sorge- und Umgangsrechts im jeweiligen privaten Bereich,
    • die Begleitung von unterstützungsbedürftigen Personen und Minderjährigen,
    • die Begleitung Sterbender sowie Beerdigungen in engem Kreis,
    • Sport und Bewegung an der frischen Luft, alleine, mit dem eigenen Hausstand und mit einem anderen Hausstand, solange dabei eine Gesamtzahl von insgesamt 5 Personen nicht überschritten wird.
    • Handlungen zur Versorgung von Tieren,
    • der Besuch von Kinderbetreuungseinrichtungen, Schule, Hochschule und sonstiger Ausbildungsstätte,
    • Ämtergänge,
    • die Teilnahme an Gottesdiensten und Zusammenkünften von Glaubensgemeinschaften und
    • die Teilnahme an zulässigen Versammlungen nach dem BayVersG.

    Jetzt muss man sich in Erinnerung rufen, dass in Bayern bereits alle Kneipen, Bars, Restaurants (außer Abholung), Theater, Kinos, Museen, Sportstätten, Fitnessstudios, Hotels, Skigebiete und fast alle Weihnachtsmärkte verboten, geschlossen und/oder abgesagt sind. Außerdem hat es nachts regelmäßig Minusgrade und wird das wohl auch die nächste Zeit (im Volksmund genannt "Winter") haben.

    Man kann also feststellen, dass nahezu alles, was einen vor die Tür bringen könnte, auch schon ohne die neuen Regeln nicht vorhanden ist und sich somit in dieser Hinsicht gar nichts ändern wird. Im Gegenteil dürfte es sogar noch verschärfend wirken, denn die wenigen vernünftigen Leute, die sich aus Infektionsschutzgründen draußen statt drinnen getroffen haben, werden sich in Zukunft drinnen treffen, wenn selbst ein Glühwein oder Bier ein Bußgeld nach sich zieht. Und damit der neugierige Nachbar nicht die Polizei rufen kann, natürlich bei geschlossenen Rollläden und komplett stehender Luft - wohlgemerkt, nachdem alle Teilnehmer tagsüber in Schule, Büro, Werkshalle, Kantine, Supermarkt und Möbelhaus waren - denn da muss man ja weiterhin hin und was anderes kann man ja eh nicht mehr machen.

    So weit, so sinnlos. Das allein wäre aber nicht so schlimm (es ist, wie schon angesprochen, immer noch Söder und die CSU, da erwartet man nichts anderes), schlimm wird es erst, wenn man die Medienberichte dazu anschaut. Ich greife einfach mal wahllos den wohl wichtigsten Punkt raus, Besuche bei Lebenspartnern und Freunden (der berühmte "andere Hausstand") - denn tagsüber gibt es dank geöffneter Geschäfte und Sport sowieso so irre viele bereits gelistete Gründe, dass selbst das ausdenken eines eigenen (vgl. VGH München, Beschluss v. 28.04.2020 – 20 NE 20.849) gar nicht mehr nötig ist. Trotzdem habe ich dieses Thema gestern bei keinem einzigen Bericht der größeren Medien gefunden - es wurde überall so dargestellt, als dürfe man nur noch zum Arzt, zum Einkaufen und zur Arbeit und sonst nichts. Die Pressemitteilung war bereits Sonntagnachmittag da, es wäre ein leichtes gewesen, sie zu lesen und einzuordnen. Ob das aus Faulheit, Unachtsamkeit oder mit Absicht unterblieben ist, will ich nicht beurteilen. Zumindest BR24 hat den ursprünglichen Artikel mittlerweile korrigiert, aber auch hier sind nicht alle Informationen nachgetragen worden.

    Im Prinzip macht Söder es wie im März/April - große Pressekonferenz einberufen, laut poltern, dabei sehr genau auf die Wortwahl achten und wenn sich der Nebel gelichtet hat, ist die Presse schon dem nächsten Skandal hinterher. Für den beiläufigen Leser, auch außerhalb Bayerns, bleibt "Söder, das ist ein harter Hund!" im Gedächtnis, auch wenn es faktisch nie so war. Ich wette, dass noch heute genug Menschen in Deutschland denken, dass Söder den Bayern verboten hat, im März alleine auf Parkbänken zu sitzen, auch wenn es nie so war und er das auch gar nicht könnte. Er nutzt nur sehr geschickt aus, dass die Presse sich lieber mit Sondermeldungen überschlägt anstatt gründlich und aufklärend zu informieren, und dass die meisten Leute weder genau lesen bzw. zuhören, noch ausreichendes Hintergrundwissen z. B. zur Gewaltenteilung, dem Aufbau unserer Verwaltung oder ihren eigenen Rechten haben.

    Das wäre nur dann gerecht und diskriminierungsfrei, wenn erwiesen wäre, dass von Senioren wirklich ein erhöhtes Unfallrisiko ausgeht. Es ist unfair, wenn man den Senioren nur einseitig ihre wachsenden Defizite ankreidet, ohne gleichzeitig zu berücksichtigen, dass sie wegen ihres hohen Alters idR auch große Erfahrung besitzen und im Übrigen ihre wachsenden Defizite auch durch freiwillige Anpassung der Strecken und Fahrzeiten (langsam fahren, größere Lücken abwarten, nur noch bekannte Wege nutzen, nicht mehr im Dunkeln fahren...) kompensieren.

    Da Senioren ja nicht nur als Unfallschuldige andere Verkehrsteilnehmer gefährden können, sondern auch durch ihr Fehlverhalten ggf. sich selber in Lebensgefahr bringen, kann man die These, dass Senioren nicht pauschal gefährlich für die Allgemeinheit sind, anhand ihrer Anteile unter den Verkehrsopfern prüfen. Demnach sieht es aber so aus, als müsste man regelmäßige Fahrtauglichkeitsprüfungen für die Gruppe 25-35 verpflichtend machen...:evil:

    Es wäre generell sinnvoll, regelmäßige Tests einzuführen. Das ginge dank heutiger Technik auch sehr niederschwellig. Man müsste sich nur bundesweit auf einen zugelassenen Simulator (Hard- und Software) einigen bzw. selbst einen entwickeln - die Vorgaben sind ja überall gleich, die Updates auch. Dann könnte man in jede Gemeinde so ein Ding reinsetzen, zur Not in einem bundesweit einheitlich entworfenen Standard-Container, falls die verfügbaren Büros nichts hergeben. Jeder Führerscheininhaber muss dann - analog zum TÜV - alle zwei Jahre eine zufällig erzeugte digitale Testfahrt von 10-20 Minuten absolvieren. Darin können sowohl Reaktionsfähigkeit im Verkehr als auch Kenntnis neuer Verkehrszeichen und -regeln geprüft werden. Wer durchfällt, darf es noch zweimal innerhalb von drei Monaten versuchen und muss danach zur Begutachtung und/oder MPU. Wer dem nicht nachkommt, fährt analog zum TÜV mit einer erhöhten Mithaftungsquote bei Unfällen, nach mehr als sechs Monaten dann mit Punkten in Flensburg. Durch automatisierte Terminvergabe, straffe Taktung und einheitlicher Ausgestaltung (wer einmal einen Test gemacht hat, weiß wie es läuft) käme man z. B. auf zwei bis vier Personen pro Stunde, 16 Stunden täglich an sieben Tagen, also im Schnitt 10000 Personen alle zwei Jahre für einen einzelnen Simulator. Man könnte also ganz Deutschland mit unter 10000 Geräten komplett versorgen (oder mit mehr, wenn es komfortabler sein soll). Das ganze könnte auch noch durch einen vom Computer durchgeführten Seh- und Hörtest sowie einen Reaktionstest ergänzt werden, ohne Mehrkosten. Das nur am Rande.

    Zurück zu den Senioren: Erfahrung ist schwer messbar. Es gibt eine weite Spanne zwischen der (klischeehaft gesagt) Oma vom Dorf, die einmal in der Woche die gleichen 10 km zum Wochenmarkt schleicht, und dem in ganz Deutschland tätigen Vertreter mit 40000 Dienst-Kilometer Autobahn pro Jahr, der am Wochenende dazu gerne Rallye in Finnland fährt. Die meisten Leute überschätzen ihre Erfahrung, ansonsten gäbe es nicht so viele Unfälle. Ich kann 20 Winter ohne Schaden gefahren sein, wenn ich an einer blöden Stelle zu schnell bin und es eben doch glatt ist, dann fliege ich, da hilft keine Erfahrung mehr. Im Gegenteil führt die eher dazu, dass die Situation falsch eingeschätzt wird, weil man selbstsicher denkt und handelt, anstatt vorsichtig zu sein ("ich bin ja erfahren, ich war so lange schon unfallfrei!"). Das merkt man jedes Jahr wieder beim ersten Schneefall, der ja eigentlich nur 18-Jährige überraschen sollte, regelmäßig aber zu Auffahrunfällen "erfahrener" Fahrer führt, die ja eigentlich schon viele Winter hinter sich hatten und es besser wissen müssten.

    Eine gewisse Kompensation findet bestimmt statt, allerdings ist die in den Zahlen ja schon enthalten. Dazu hilft das auch nicht immer, denn die wenigsten älteren Menschen schränken sich ausreichend ein - ansonsten würden sie das teure Auto verkaufen und ein 25 km/h-Fahrzeug zulassungsfrei erwerben, denn schneller sollten sie ohnehin nicht fahren, wenn sie nicht ausgezeichnet sehen, hören und reagieren können. Zudem ist der Prozess fließend - man muss nur mal einen beliebigen Optiker oder Hörgeräteakustiker fragen, ob die Leute dann kommen, wenn sie sollten, oder dann, wenn es gar nicht mehr anders geht. Vorher wird die Zeitung von sich gestreckt und der Fernseher lauter gedreht, bis es nicht mehr geht, weil man sich eben ungern selber eingestehen mag, dass man körperlich abbaut. Während es bei den genannten Beispielen aber nur schrullig oder nervig ist, ist es beim Autofahren potentiell tödlich. Ansonsten wären die meisten LKW-Fahrer ja 80+ - sehr sicheres Fahrzeug, ihre Erfahrung hilft ihnen enorm und körperliche Einschränkungen sind egal.

    Die reinen Todeszahlen bzw. tödlichen Unfälle sind aus meiner Sicht in dieser Sache ungeeignet, aus mehreren Gründen: zum einen fahren Senioren eher zurückhaltend und insgesamt langsamer als junge Leute bzw. Fahranfänger (die zweite große Unfallgruppe, siehe Versicherungsklassen), daher sind die Unfälle seltener tödlich (Geschwindigkeit ist in den meisten Fällen der dafür entscheidende Faktor). Zum anderen sind sie finanzstark und konsumfreudig und fahren damit im Schnitt neuere, größere und sicherere Fahrzeuge. Die Oma mit dem alten Golf ist Geschichte, heute dominieren SUV und Hochdachkombis. Diese modernen Fahrzeuge schützen ihre Insassen besser: es ist nicht mehr ungewöhnlich, dass selbst bei Frontalkollisionen auf Landstraßen einzelne Teilnehmer (oft die Verursacher) ohne oder mit leichten Verletzungen davonkommen, während die andere Seite schwerverletzt oder tot ist - einfach nur aufgrund der Autos. Diese einseitige Hochrüstung (die junge Familie mit zwei Kindern kann nicht mal eben 50000 für ein Auto auf den Tisch legen wie der Nachbar frisch in Pension) führt zu einer zeitweisen Verschiebung, die die mangelnde Einsicht einiger älterer Fahrer verdeckt - zumindest solange, bis alle Autos wieder auf einem Level sind. Früher war das nicht so extrem, denn auch die S-Klasse hat einen bei einem Crash nicht vor dem Tod bewahren können, und die die dann gestorben sind, konnten logischerweise nicht mehr weiterfahren. Heute sind sie im SUV vor dem Tod geschützt, von Assistenzsystemen umgeben und von der Überzeugung geleitet, der beste Fahrer zu sein, anstatt sich kritisch mit sich selbst auseinanderzusetzen.

    Das Thema ist nach meiner Kenntnis deutlich komplexer.

    Einerseits ist es wohl so, dass diese 90-prozentige Reduktion von Feinstaub, mit der beispielsweise mit dem Blauen Engel ausgezeichnete Öfen beworben werden, nur unter Laborbedingungen erreicht werden — so ähnlich wie so manches Kraftfahrzeug seine Verbrauchs- und Schadstoffwerte auch nur auf dem Prüfstand unter kontrollierten Bedingungen erreicht. In der Praxis wird man wohl nicht mal mit elektronisch unterstützten Geräten eine so saubere Verbrennung hinbekommen. Und auch hier gilt: Wenn man ungeeignetes Brennmaterial oder gar Müll in den Ofen kloppt, dann ist es vorbei mit dem sauberen Ofen.

    Ein schönes Beispiel, wie Zahlen täuschen können. 90% weniger klingen, unabhängig von Labor- oder Echtbedingungen, für den Laien, der sich einen Ofen anschaffen oder einen vorhandenen nutzen will, erstmal super. Ausgeblendet wird dabei, dass diese Öfen 1000 mal so viel Feinstaub ausstoßen wie eine vergleichbare Gasheizung, eine Reduzierung um 90% also immer noch 100 mal so viel ist. Eigentlich Wahnsinn, dass so was überhaupt als umweltfreundlich beworben werden darf.

    Dieses Prinzip der selektiven Wahrnehmung zur Verfälschung der Wahrheit findet man leider mittlerweile sehr häufig. Z. B. wird die Plastiktüte als umweltschädlich gebrandmarkt, obwohl eine stabile Plastiktüte viel öfter wiederverwendet werden kann als eine wasserempfindliche Papiertüte, zudem im Herstellungsaufwand geringer ist und bei der Entsorgung in Deutschland Probleme wie Meeresverschmutzung nicht existent sind bzw. sein müssten. Oder bei Glasfalschen, bei denen der Energie- und Transportaufwand bei der Mehrfachbefüllung und deutschlandweiten Verteilung gegenüber Plastik ausgeblendet wird. Oder Mülltrennung, die zu erhöhtem Verpackungsmüll bei gleichzeitig beruhigtem Konsumentengewissen führt, anstatt zur Reduzierung von Müll. Oder wassersparende Armaturen im Bad, deren minimale Einsparungen in einem Land des Wasserüberflusses dann zu kaputt Rohrleitungen führen, die aufwändig gespült oder instand gesetzt werden müssen. Oder die Ernährungsampeln auf Lebensmitteln, die Fett als negativ darstellen, das dann von der Industrie dankbar durch billigen Zucker ersetzt wird, der im gegebenen Übermaß viel schädlicher. Oder der Verkäufer im Elektronikmarkt, der den Rechner mit starker CPU als leistungsstark anpreist, aber verschweigt, dass die dazu unterdimensionierte Grafikkarte dann trotzdem jedes Spiel ruckeln lassen wird, das die Kinder darauf spielen wollen.

    Die Liste ist eigentlich endlos, aber das gemeinsame Muster ist immer gleich: es werden einzelne belegbare Fakten und Zahlen herausgegriffen und so dargestellt, als wäre damit die gesamte Situation erschöpfend beschrieben. Dazu widersprüchliche, aber ebenfalls belegbare Fakten werden nicht geleugnet, aber einfach nicht angesprochen. Der Bürger hat - ohne sich in jedes Thema erst einzuarbeiten - keine Chance, eine ehrliche von einer unvollständigen Darstellung zu unterscheiden. Dementsprechend kauft er in Hamburg Glasflaschen aus München und umgekehrt, trägt sie in der neuen Papiertüte nach Hause und verschürt selbige im eigens angeschafften umweltfreundlichen Holzofen - toll, wenn man auch im kleinen was für die Umwelt tun kann! Die Industrie profitiert von seinen Konsumausgaben einerseits und von der laxen oder ganz fehlenden Regulierung andererseits und kann sich selbst noch ein tolles grünes Image geben - Greenwashing eben. Am Ende steigen die Erkrankungen an und niemand kann dafür zur Rechenschaft gezogen werden - sind ja auch nur alles Einzelschicksale... ein bisschen wie Verkehrstote, da würde eine Verbesserung der Umstände zwar auch helfen, aber kann man leider nichts machen, schade!

    Lt. Brockmann gibt es nur eine Maßnahme, die geradeaus fahrende Radfahrer vor abbiegendem Motorverkehr wirksam schützt: Getrennte Grünphasen.

    Zumindest unter Beibehaltung separierter Radwege/Radstreifen und Ampeln. Problematische selbst geschaffene Einschränkungen werden als gegeben angesehen, und in deren engen Grenzen erscheint dann nur eine kleine Auswahl verschiedener Lösungsideen als überhaupt möglich, noch weniger davon als sinnvoll.

    Würde man stattdessen einen Schritt zurückgehen und die ampelgeregelte Kreuzung mit getrennten Fahrstreifen und maximaler Geschwindigkeit nicht als die grundsätzlich beste Idee ansehen, ergäben sich durchaus weitere Möglichkeiten:

    • Reduzierung der Anzahl der Kreuzungen: es ist nicht mehr an jeder Kreuzung eine Fahrt in jede Richtung erlaubt, sondern z. B. nur alle 3 Kreuzungen, oder links- und Rechtsabbiegen jeweils im Wechsel (für alle Richtungen). Geht natürlich nicht in allen Städten und erfordert ein größeres Konzept, aber würde die notwendigen Ampelphasen reduzieren, mit dem Nachteil der längeren Wege (bzw. auch die Nutzung des Autos unattraktiv machen, wenn Radfahrer weiterhin überall rechts abbiegen dürfen.
    • Langsames Abbiegen ist Pflicht: Abbiegen in Schrittgeschwindigkeit nicht nur für LKW, sondern für alle, kombiniert mit saftigen Strafen und Kontrolle vor und nach der Kreuzung. Wenn man sowieso nicht schneller durchkommt, kann man auch mehr schauen (kein Stress von hinten mehr) und Kollisionen verlaufen im Fall des Falles glimpflicher.
    • Bodensensoren in den Radwegen und/oder Lichtschranken darüber, die erkennen, wenn Radfahrer sich nähern und ihre Ankunftszeit optisch mit Lichtzeichen signalisieren - sozusagen ein Abbiegewarnassistent für alle ohne Nachrüstung der Fahrzeuge.
    • Doppelte Ampeln (ähnlich wie bei manchen Auffahrten in den USA), die nur eine begrenzte (feste) Anzahl Fahrzeuge in die Kreuzung einfahren lassen (statt über eine fixe Zeit), das aber beliebig lang (dadurch Verschiebung der Folgephasen). Dadurch entfällt das heute oft zu beobachtende zu enge Auffahren, um noch drüber zu kommen und/oder schnell abzubiegen.
    • Zusammenführung von Rad und PKW direkt beim Losfahren - es wird nebeneinander gewartet, aber per Reißverschluss (ebenfalls mit empfindlichen Strafen und natürlich mit Lernkampagne begleitet) fahren dann immer ein PKW/LKW und ein Schwung Radfahrer (fairerweise wohl so zwei bis vier nebeneinander je nach Fahrstreifenbreite zusammen, hinter der Kreuzung kann dann wieder aufgeteilt werden (fall nötig).

    Aus meiner Sicht werden solche Ansätze meistens gar nicht erwähnt, weil niemand zugeben will, dass es eigentlich primär gar nicht um die Sicherheit geht - denn sonst würden wir 3000 Tote pro Jahr und die unzähligen Verletzten und weitere dadurch betroffene Personen wie Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst, Pflegepersonal etc. nicht mit einem Achselzucken hinnehmen, sondern hätten längst Vision Zero ernsthaft verfolgt oder sogar erreicht. Stattdessen geht es hauptsächlich darum, möglichst viel PKW-Verkehr möglichst schnell und komfortabel durch die Städte zu schleusen - denn wer würde sich noch einen PKW leisten, wenn er für zehn Kilometer eine Stunde brauchen würde, mit dem Fahrrad aber selbst gemütlich nur 30 Minuten und mit der U-Bahn 10 Minuten? Es würden weniger Autos verkauft und damit die Autoindustrie leiden - heute im Prinzip nicht mehr, aber von 1950 bis 2000 war der eigene Absatzmarkt durchaus relevant, und daher kommen auch die autozentrierten Planungen bzw. eine ganze Generation von Beamten, die eine andere Einstellung gar nicht kennen. Ken Avidor hat das schon vor 20 Jahren perfekt auf den Punkt gebracht.

    Selbst wenn 30 hier die Norm werden würde, wird dieses nur eine gewisse Zeit bemerkbar sein, denn nach und nach kommen dann die Tempo 50 Schilder wieder.

    Bestes Beispiel die Regel, dass für Radfahrer die Ampel der Fahrbahn gilt, sofern für den Radweg kein eigenes Lichtsymbol existiert:

    Es dauerte so 1-2 Jahre, dann wurden bei den reinen Fußgängerampeln einfach die Streuscheiben getauscht, teilweise wurden sogar nur die Streuscheiben verschiedener Lichtzeichenanlagen untereinander, um kein Geld auszugeben.

    Darum würde ich auf Tempo 30 nicht bauen.

    Das kommt aber auf die Ausgestaltung an. Wenn man einfach nur 30 festsetzt und 50 auf Antrag erlaubt, dann wird es genau so kommen. Wenn aber stattdessen harte Voraussetzungen daran geknüpft sind, von denen nicht abgewichen werden darf, z. B. nur erlaubt bei mindestens 4-streifigem Ausbau, getrennten Richtungsfahrbahnen, komplettes Halt- und Parkverbot und Nachweis einer Verkehrsbelastung von über X KFZ/h in zwingender Kombination, dann würde es entsprechend spärlicher zu finden sein. Man sieht es ja bei T30 - da sind die Voraussetzungen aktuell ähnlich streng und demzufolge wird es ähnlich selten angeordnet. Das ganze steht und fällt mit dem Inhalt der StVO und damit dem Bundesverkehrsminister. :S