Beiträge von Yeti

    Ich befürchte, das ist nicht so, dass es beim Straßenverkehrsgesetz um die Sicherheit des Verkehrs geht.

    Stimmt, das habe ich bereits mehrfach geschrieben: Im StVG geht es darum, dass Kraftfahrzeuge zugelassen und versichert sein müssen und dass man dafür einen Führerschein benötigt und dass alles Andere in weiteren Rechtsvorschriften geregelt wird. Die wichtigste dieser Rechtsvorschriften ist die StVO und darin geht es sehr wohl um die Sicherheit des Verkehrs.

    Da könnte man natürlich geltend machen, dass das nicht der Sicherheit und Leichtigkeit des Fahrradverkehrs dient.

    Ja, genau das muss man geltend machen. "Verkehr" ist nicht nur "Autoverkehr" und somit die Leichtigkeit des Verkehrs nicht nur die Leichtigkeit des Autoverkehrs. Und es ist eindeutig geregelt, dass die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer Vorrang hat vor der Flüssigkeit des Verkehrs. Auch das StVG nennt die Sicherheit vor der Leichtigkeit des Verkehrs.

    Das Problem ist nicht das Verkehrsrecht, sondern die Trottel, die es nicht richtig umsetzen.

    Aber höherrangig als die Verordnung ist das Gesetz.

    Das Gesetz schreibt aber nicht vor, dass die Flüssigkeit des Autoverkehrs über die Sicherheit gestellt werden darf oder sogar muss, sondern dass "zur Abwehr von Gefahren für die Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs" Rechtsverordnungen erlassen werden dürfen. Nach diesen Rechtsverordnungen steht die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer über der Flüssigkeit des Verkehrs.

    Nochmal: Das hier steht bereits in der Verwaltungsvorschrift zur StVO.

    Zitat

    Die Flüssigkeit des Verkehrs ist mit den zur Verfügung stehenden Mitteln zu erhalten. Dabei geht die Verkehrssicherheit aller Verkehrsteilnehmer der Flüssigkeit des Verkehrs vor. Der Förderung der öffentlichen Verkehrsmittel ist besondere Aufmerksamkeit zu widmen.

    Die VwV-StVO ist kein Vorschlag und keine unverbindliche Empfehlung, sondern eine Vorschrift. Das heißt, dass die StVO von den Behörden nicht so ausgelegt werden darf, dass der ungehinderte Kfz-Verkehr auf Kosten der Verkehrssicherheit von Fußgängern und Radfahrern ermöglicht wird.

    Hier ist die Missachtung dieser Vorschrift in einem einzigen Bild zusammengefasst: Ein benutzungspflichtiger kombinierter Geh- und Radweg, der an dieser Straße und in dieser Form gar nicht angeordnet werden dürfte, führt mitten durch den Warte, Ein- und Ausstiegsbereich einer Bushaltestelle, die als Haltebucht ausgeführt wurde, damit der Kfz-Verkehr ungehindert an haltenden Bussen vorbeifahren kann.

    Wenn man bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung des ÖPNV die Einsparungen durch vermiedene Schäden des Autoverkehrs einpreist, steht er sehr viel besser da, als wenn man das nicht tut.

    Ich bin mir sicher: Würde man dem Autoverkehr die tatsächlich verursachten Kosten auferlegen und alle Subventionen streichen, wäre Autofahren massiv teurer als ein kostendeckender ÖPNV. Es gäbe dann auch eine deutlich gesteigerte Nachfrage, die auch im ländlichen Raum einen rentablen Betrieb ermöglichen würde.

    In einem System, das den Autoverkehr über alles andere stellt, muss man sich nicht wundern, dass die Leute hauptsächlich Auto fahren.

    Paradoxerweise klammert die FDP, die sonst immer davon redet, dass der Markt regulieren soll, am festesten an der Marktverzerrung durch Autosubventionen. Würde man tatsächlich den Markt regulieren lassen, wären die Busse voller und es gäbe ein Angebot, bei dem man nicht eine Stunde Fahrzeit für 15km bräuchte.

    Also, als Bürger, der auf dem Land wohnt und ca. 20 min. Fußweg zur nächsten Bushaltestelle bzw. 3,5 km zum nächsten Bahnhof hat, bin ich ganz entschieden dagegen, dass jeder Steuerzahler den ÖPNV noch mehr subventioniert.

    Bist du auch dagegen, dass jeder Steuerzahler den Autoverkehr subventioniert? Das wäre konsequent.

    In der Tat darf sich eine Förderung des ÖPNV aber nicht nur an die richten, die bereits ein Angebot haben, sondern muss vor allem auch dazu dienen, das Angebot auszubauen.

    Dass Radverkehrtanlagen den Radverkehr fördern soll, ist bestenfalls(!) unbelegt. Ich gehe vom Gegenteil aus.

    Allerdings ist auch das Gegenteil unbelegt. :) Ich gehe davon aus, dass brauchbare Radverkehrsanlagen in der Tat den Radverkehr fördern können. Dass in Deutschland Vieles unbrauchbar ist, bestreite ich hingegen nicht. Die Frage ist, ob es nur Placebos sind, oder ob Radverkehrsanlagen wirklich dafür geplant sind, das Radfahren attraktiver (nicht nur flauschiger) zu machen. Viele "Radwege" in Deutschland empfinde ich eher als abstoßend und als Hindernis der Radverkehrsförderung, s.o. sozialer Abstieg in der Verkehrshierarchie.

    Für den Alltagsradverkehr sind insbesondere direkte und schnelle Verbindungen wichtig, die ganzjährig und bei jedem Wetter nutzbar sind. Wassergebundene Oberflächen fallen da schonmal raus und entlang von Hauptstraßen steht man an jeder zweiten Ampel. Auch auf der Fahrbahn, wenn die grüne Welle auf eine Geschwindigkeit von 50km/h abgestimmt ist. Aber da man in der Stadt ohnehin fast nirgends 50km/h fahren kann, könnte man grüne Wellen ja auch gleich auf realistische Geschwindigkeiten abstimmen, die dann auch mit dem Fahrrad erreichbar sind.

    Eine Radwegstrategie, die nur darauf abzielt, mehr Radwege zu bekommen, muss natürlich zum Scheitern verurteilt sein, wenn man sich nicht für den bestehenden Schrott interessiert und wenn nicht auch das Ziel verfolgt wird, Radfahrer als gleichwertige Verkehrsteilnehmer zu behandeln.

    Genau sowas meine ich (auch) mit "Fahrradfirlefanz": ein kurzer Streifen verblasstes rotes Pflaster hier, eine vergessene Furtmarkierung da, eine linksseitige Gehwegfreigabe dort, fertig ist der Eindruck "hier sind Revanchefouls erlwünscht".

    Aber genau gegen diesen Firlefanz gehe ich doch die ganze Zeit vor. Das habe ich auch immer wieder in den Abstimmungsrunden mit dem ADFC betont, dass man in Niedersachsen Firlefanz bekommt, wenn man Radwege fordert und dass wir nicht zu wenige Radwege haben, sondern zu viele: Nämlich "Radwege", die gar keine sind und die man nicht braucht.

    Deshalb lehne ich aber Radwege nicht grundsätzlich oder aus Prinzip ab. Wenn ein Außerorts-Radweg in einem brauchbaren Zustand und breit genug für sichere Begegnungen und Überholen ist, wenn er an Kreuzungen dicht an der Fahrbahn im Sichtbereich geführt wird und wenn man auf freie Rechtsabbieger und ähnliche Kfz-Beschleunigungen verzichten würde, könnten die sicher sein und entspannter wäre es ohnehin. Dass Radwege in Deutschland diese Voraussetzungen oftmals nicht erfüllen, ist eine andere Sache.

    Was ich in Dänemark vorgefunden habe, fand ich allergrößtenteils benutzbar und stimmig (teilweise allerdings ebenfalls unnötig). Die typischen Radweg-Gefahrensituationen habe ich nicht erlebt, weil sich die Autofahrer dort anders verhalten haben als man es aus Deutschland gewohnt ist. Wechsel der Straßenseite waren nur selten erforderlich, weil es meistens auf beiden Straßenseiten Radwege gab oder eben gar keinen.

    Radfahrer in Kopenhagen haben sich regelkonform verhalten, aber auch selbstbewusst, ohne sich devot unterzuordnen. Das war etwas ganz Anderes als wenn man hier den ADFC in Opfer-Uniform und mit Pool-Nudel fahren sieht.

    Zunächst einmal wäre auch eine Klarstellung durch [Zeichen 239] wichtig, dass auf einem Weg, auf dem zuvor aus angeblichen Gründen der Verkehrssicherheit mit dem Rad gefahren werden musste, nun aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht mehr gefahren werden darf. Es wäre auch sehr hilfreich, wenn die Kommunen das Thema nicht über Jahre hinweg hinziehen, weil sich die Leute dann natürlich fragen, warum an einer Straße diese Regel gilt und an einer anderen Straße mit ganz ähnlichen Bedingungen eine andere.

    Außerdem muss das öffentlichkeitswirksam kommuniziert und nicht klammheimlich die Verkehrszeichen abmontiert werden. Wenn darüber gestritten wird, ist es gut, weil es dann noch mehr Aufmerksamkeit erhält. Wichtig ist, dass die Kommunen nicht gleich beim ersten Gegenwind einknicken. Hilfreich ist es auch, den Schutz der Fußgänger hervorzuheben, der damit einhergeht.