Wenn es eine 100-prozentige Quote an vollständig autonom fahrenden Fahrzeugen geben würde, könnte man sich ja von einigen Verkehrsregeln verabschieden, wie z. B. die Pflicht auf gegenseitige Rücksichtnahme oder auch das aktuell gültige Tempolimit gemäß StVO. Die Höchstgeschwindigkeit der einzelnen autonom fahrenden Fahrzeuge bemisst sich dann aufgrund der aktuellen Verkehrssituation und der Schnelligkeit der Rechner an Bord und in der Cloud. Es gibt keinen Grund mehr, an den bisherigen starren Vorgaben festzuhalten. Dies wäre vergleichbar mit der Linienzugbeeinflussung bei Schienenfahrzeugen, die Signale auf der Strecke überflüssig machen wie z. B. bei vielen ICE-Schnellfahrstrecken oder auch bei der Münchener S-Bahn-Stammstrecke. Hierzu ist es jedoch erforderlich, dass SÄMTLICHE Verkehrsteilnehmer an diesem System teilnehmen, also auch Fußgänger und Radfahrer. Oder man sorgt dafür, das solche "Störfaktoren" ausgesperrt werden. Das klappt ja bereits heute vielerorts prima.
Auf die allermeisten Verkehrsschilder kann dann ebenfalls sogar verzichtet werden, da der Passagier hierauf ohnehin nicht mehr mit seinem bewussten Agieren antworten und in das Verkehrsgeschehen eingreifen kann. Dies wäre sogar kontraproduktiv, da dies für das System unvorhergesehene und willkürliche Eigriffe darstellt, auf die das System dann wiederum unverzüglich reagieren müsste.
Auch ist es nicht mehr erforderlich, dass Passagiere die Verkehrsregeln lernen, kennen, befolgen, eine Prüfung ablegen und einen Führerschein erlangen müssen. Das müssen Bus- Bahn- oder Fluggäste ja schließlich auch nicht. Die Verkehrsregeln kennt dann nur noch der Programmierer, die dann vom globalen System in Echtzeit umgesetzt werden. Auch wären dynamische Verkehrslenkungen denkbar oder sogar Standard. So könnte man zeitliche Prioritäten bezüglich bestimmter Wegebeziehungen oder Großraumziele setzen. Ballungsräume wären besser erreichbar oder auch verlassbar, wenn der verfügbare Platz optimal gemäß der Auslastung aufgeteilt würde.
Und eine "gegenseitige Rücksichtnahme" kennen Computer meines Wissens ebenfalls nicht. Diese wird vielmehr kompensiert durch die Berechnung einer Vorausschau der in Frage kommenden Möglichkeiten der einzelnen Verkehrssituationen, was meiner Meinung jedoch Voraussetzung ist, um vollautonomes Fahren überhaupt erst zu ermöglichen. Somit kennt das System bereits jetzt, wie das Verkehrsgeschehen in wenigen Sekunden aussehen wird, da sich die Teilnehmer untereinander automatisch anpassen und jedes Fahrzeug seinen "Korridor" erhält. Ähnlich also wie im Flugverkehr. In diesem Sinne ist das dann doch schon eine Art "Rücksichtnahme", aber nicht in dem Sinne, was wir Menschen darunter verstehen, sondern eine Vorausschau auf die bereits angemeldeten und eventuell wartenden Verkehrsbewegungen.
Vergleicht man das mit dem Betrieb einer führerlosen U-Bahn oder mit einem stinknormalen Aufzug, so ist die Höchstgeschwindigkeit durch den Programmierer vorab vorgegeben. Sicherheitsreserven (z. B. Verschleiß) oder konstruktionelle Aspekte dürften hier eine Rolle spielen. Dennoch ist die vorprogrammierte Höchstgeschwindigkeit rein willkürlich, wenn auch technisch erforderlich. Theoretisch könnte das System durchaus höhere Geschwindigkeiten berechnen und auch betreiben, wenn die übrigen Parameter und Komponenten angepasst würden.
Der allerbeste Weg zur Lösung des globalen Mobilitätsproblems der Menschheit ist jedoch, Mobilität überhaupt erst gar nicht erforderlich zu machen.