Beiträge von Th(oma)s

    Bezeichnend daran, dass das subjektive Sicherheitsgefühl stieg, die harten Sicherheitsfakten (Überholabstände) sich aber verschlechterten. So viel zum Faktor "Gefühl" ...

    <Gebetsmühle>Überholabstände taugen nicht als Prädiktor für Unfallrisiken.</Gebetsmühle>

    Gerade außerorts ist das Problem, dass die wenigen schweren Auffahr- und Streifunfälle, die es nur gibt, fast ausschließlich das Resultat eines gar-nicht-erst-Ausscherens sind. Solche Kollisionen verhindert man, wenn der Kraftverkehr von vorneherein links neben den Streifen fährt. Wo man gar nicht erst auszuscheren braucht, muss man Radfahrer weder zwingend gesehen haben, um sie zu verfehlen, noch kann man sie aus Versehen durch Fehleinschätzungen beim Timing oder beim Auslenken abschießen.

    Und die Radler fühlen sich dort nicht nur sicherer, sondern sie fahren dem taz-Bericht zufolge dort auch sicherer: "Obwohl die Zahl der Unfälle zurückgegangen ist, will das Bundesverkehrsministerium das Modellprojekt beerdigen", heißt es in dem angegebenen Artikel.

    Der entscheidende Faktor an der Sache dürfe der Umstand sein, dass bei Markierung der Streifen obligatorisch auch Tempo 70 angeordnet werden muss. Welchen positiven/negativen Einfluss die Markierung von Fahrradfirlefanz gehabt hat, können wir leider gar nicht wissen, weil es an systematisch untersuchten Vergleichsstrecken nur mit Limit fehlt.

    Was ist denn deine Lösung?

    Ich fürchte, es gibt keine.

    Es reicht ja nicht, dass wir nur unseren heutigen Strombedarf irgendwann ohne fossile Energie decken. Wir müssen darüber hinaus auch noch alles, was derzeit an Öl, Kohle und Gas im industriellen Prozess direkt und ohne den Umweg Strom verbraten wird, irgendwie ersetzen (Kalkproduktion für Zement, Stahlkochen etc.). Und selbst wenn das gelänge, bestünde immer noch das eigentliche Problem, dass nämlich fossile Energieträger durch das Wegbrechen des Marktes in Europa weltweit größte Begehrlichkeiten bei den Machthabern der sog. Entwicklungsländer wecken werden, die sich wohl noch auf Jahrzehnte hinaus nix dabei denken werden, dank niedrigster Preise noch schnell einen kräftigen Schluck aus der CO2-Pulle zu nehmen, um den Rückstand ihrer Nationen aufzuholen.

    Wenn man Letzteres verhindern wollte, müssten wir also außer die wirtschaftliche Umstrukturierung hier zu stemmen auch noch gleich morgen alle Länder, die davon leben, fossile Energieträger zu fördern, erobern und dort Blauhelmsoldaten an allen Schächten und Förderanlagen postieren, damit kein Idiot mehr auf die Idee kommt, das Zeug für kleines Geld hochholen zu wollen. Gleichzeitig müssten wir aber dann auch in diesem Fall noch viel mehr Soldaten bereitstellen, die die Restwälder des Globus davor bewahren müssten, dass der Planet binnen eines halben Jahres von irgendwelchen Kriminellen komplett kahl geschlagen wird.

    Quatsch. Gerade Strom aus erneuerbaren Energien ist teurer als Kohlestrom.

    Und gerade "Dreck verursachen" ist leider häufig im Preis nicht enthalten.

    Der Punkt ist, dass alles Geld, mit dem der vermeintlich saubere Strom gekauft wird, vorher durch dreckige Mehrwertschöpfung generiert wurde. Darüber hinaus wird der Unternehmer, sofern er mit der Erzeugung von Ökostrom Geld verdient, den von ihm generierten Mehrwert wieder für Sachen ausgeben, die höchstwahrscheinlich unter allerlei Umweltbelastungen produziert worden sind. Wenn der Unternehmer das Geld nur verdient, weil er vom Staat dafür Subventionen erhält, dann entstammt auch dieses Geld wiederum der dreckigen Gesamtwirtschaft, die per Besteuerung den Staatssäckel vor der Ausschüttung an den Öko-Unternehmer aufgefüllt hat.

    Ob es wünschenswert ist, dass fossile Energieträger billiger sind, ist eine ganz andere Frage.

    Wenn etwas teuer ist, dann hat es auch irgendwo in der gesamten volkswirtschaftlichen Mehrwertschöpfungskette entsprechend Dreck verursacht. Man kann ebensowenig sauberes Geld bezahlen, wie man als Stromkunde selektiv Ökostrom verbraucht.

    Mir ist keine Zahl Unfall/km bekannt. Weder aus D noch den NL. Wie sollten diese erfasst werden? [...]

    Betrachtet man nur die Todesfälle im Straßenverkehr stehen die NL mit etwas über 110 Toten in 2018 gegenüber den ca 400 Getöteten in D, relativ schlechter da. Diese Zahl lässt allerdings die Fahrleistung außer acht. Könnte man die Fahrleistung einrechnen bin ich mir relativ sicher dass die erlittenen Unfälle pro km in den NL geringer sind. Unterstellt man den NL eine doppelt so hohe Fahrleistung pro Person und Tag liegt die Wahrscheinlichkeit in D in einen tödlichen Unfall verwickelt zu werden leider doppelt so hoch.

    Der Fehler in dieser Abschätzung steckt in der Zahl 110. Tatsächlich waren es 206. Vermutlich hast du die 110 aus einer Veröffentlichung, die sich auf den Inhalt der Polizeidatenbank BRON bezieht. Die ist aber aufgrund der seit ein paar Jahren fehlenden Nachverfolgung des Schicksals von Schwerverletzten und der Untererfassung von Alleinstürzen kein Maßstab mehr für einen Vergleich. Hinzu kommt, dass die Polizeidatei seit 2015 PDLX-Opfer auch noch separiert unter „sonstige Fahrzeuge“ führt.

    Bei Verletzten ist es ähnlich. Auch hier hat die geänderte Praxis bei der polizeilichen Erfassung dafür gesorgt, dass die Qualität der Informationen über Zahl und Schwere der Verletzungen von Verkehrsopfern in den letzten Jahren massiv abgenommen hat. Die resultierenden Probleme sind in der UDV-Veröffentlichung gut beschrieben. Ein weiters Problem beim Verletztenvergleich besteht darin, dass „Schwerverletzt“ in D was anderes bedeutet als in NL. In D reicht einmal im Krankenhaus übernachten, in NL muss der KH-Arzt dafür zusätzlich ein Trauma „MAIS 2+“ bescheinigen (was schwieriger zu erfüllen ist...).

    Durch den safety in numbers Effekt kann man vielleicht auf 450 hoffen, was immer noch deutlich mehr sind als 100.

    SiN wird im Hinblick auf das Verhalten der Kraftfahrer bei wachsender *Rad*verkehrsstärke maßlos überschätzt. Grund: man muss als Kraftfahrer nicht extra mit Fahrzeugen rechnen, die einen Pedalantrieb haben, so lange man ohnehin mit anderen Fahrzeugen rechnet. SiN hängt primär erstmal von der KFZ-Verkehrsmenge und damit von der Anpassung der Gesamtgesellschaft an das Phänomen „motorisierte Gewalt“ ab.

    Spezifische Fahrrad-SiN resultiert dann mE einfach nur aus mehr Fahrpraxis auf Seiten der Radfahrerschaft, nicht aus mehr Rücksicht durch Kraftfahrer. Hinzu kommt, dass die Radfahrer in Ländern, wo allgemein wenig Radkultur herrscht, eine negative sozioökonomische Filterung erleiden: wo das Fahrrad als Mainstream-Verkehrsmittel ausscheidet, wird es zum Fahrzeug für gesellschaftliche Randgruppen, Kinder und Säufer - mit entsprechend scheinbar höherem Unfallrisiko.

    Nur wo Radfahrer im Seitenraum der Straße fahren (müssen), sieht das wieder anders aus, denn dann kommen plötzlich zur dominierenden Rolle der eigenen Fahrpraxis bei SiN neue Risiken ins Spiel, auf die sich alle Menschen, Rad- wie Kraftfahrer, tatsächlich erst neu einstellen müssen.

    Sehe ich genau so, nur dass in Deutschland leider 30 nicht die Norm wird.

    Hier in Deutschland wird oft so argumentiert. Wenn irgendwo 50 gilt, dann ist das ein Grund Radwege zu bauen. Wenn irgendwo 30 gilt, dann kann man auf Radwege verzichten. Tempo 30 und Radwege statt Zwang zum Fahrbahnradeln, geht das in den Niederlanden besser zusammen als in Deutschland?

    Wie kommst du auf die Idee, T30 sei in D *nicht* die Regel? Wenn ich die Artikel zum Thema richtig verstehe, zieht NL hier nur nach, was in D schon seit längerem Bestandteil der StVO ist. Die Berliner Stadtverwaltung zB gibt an, dass 80% der Berliner Straßen in T30-Zonen liegen.

    NL hat übrigens derzeit je Einwohner mehr Schwerverletzte im Verkehr als D.

    In Amsterdam hingegen müssen seit 2018 hingegen auch 25er Roller jetzt mit Hem auf die Fahrbahn was den dortigen Absatz von 25ern masssiv einbrechen ließ und den Absatz von 45ern beflügelte

    ...was (also der Krad-Klassenwechsel, nicht etwa die Verbannung der Kräder vom Radweg) wahrscheinlich der Verbesserung der Verkehrssicherheit nicht unbedingt gedient haben dürfte.

    Praktisch sieht das hier im benachbarten Venlo so aus, dass in Venlo Moped+Mofafahrer auf dem Radweg sind, ich gucke aber nächsten Besuch nochmal genauer auf die Beschilderung.

    Achte v.a. darauf, ob auch Mopeds (45km/h max-Kleinkrafträder) den Radweg benutzen. Da es in NL AFAICS auch zahlreiche zum Mofa gedrosselte "Vespa"-Type Roller gibt, kann man das wohl nur nach einem Blick aufs Nummernschild (Moped schwarz-gelb/Mofa weiß-blau) entscheiden.

    Wäre auch eine Idee für zweispurige KFZ.

    Wieso „auch“? *Nur*!

    Funfact: in NL fahren seit Jahr und Tag 45er „Bromfiets“-Verbrenner-Mopeds auf vielen per Schild dafür freigegebenen Radwegen mit, wobei dann ein Tempolimit von 30 km/h für diese KFZ gilt. Hat AFAICS noch nie jemanden gejuckt, ob sie sich penibel an diese Grenze halten.

    „Snorfiets“-Verbrenner-Mofas mit 25km/h müssen ohnehin alle Radwege mitbenutzen, und auch hier stört es scheinbar bisher niemanden, wenn sie bis zur Abregelung Vollgas geben.

    Paris und Barcelona schlagen Berlin - Deutschland verpasst die Verkehrswende

    Ist SPON vom Tagesspiegel unterwandert worden, dass die jetzt auch mit der Verkehrswende-Agitation anfangen?:evil:

    Berlin hatte schon vor Corona (und der dadurch bewirkten Radverkehrssteigerung wg. ÖPV-Meidung) einen Fahrradmodalsplit von 18%. Bis dahin müssen sich Paris und Barcelona aber noch bisschen anstrengen.

    Oder wäre es besser, auf das "holländische Design" zu verzichten

    Zum Thema "holländisches Design": den Stand der Forschung fasst die niederländische Verkehrsforschungsanstalt SWOV in einem Factsheet aus dem Jahr 2015 zusammen.

    Wundert es noch jemanden, dass darin nicht ein einziges Sterbenswörtchen über den Einfluss der baulichen Kreuzungsgestaltung verloren wird, und dass auch die gezeigten Führungsformen keinerlei Hinweise auf das angeblich in NL als Standard und Wundermittel empfohlene "Schutzdesign" enthalten?

    Zu schnell zu fahren ist meistens eine bewusste Entscheidung.

    Die Grenze zwischen „zu schnell“ und „angemessen schnell“ ist hochvariabel. In den seltensten Fällen ist sie durch fahrphysikalische Limits (Bodenhaftung, Zentrifugalkräfte) bedingt.

    Wenn wir heutzutage unsere Kinder so lange einsperren, bis dass sie groß genug sind, sich einigermaßen kompatibel mit einem 50km/h schnellen Kraftverkehr zu verhalten, dann ist es natürlich kein Wunder, wenn bei Einhaltung dieser Geschwindigkeit nur wenig passiert. Manche kommen dann auf den Trugschluss, damit wäre erwiesen, dass es erst ab 50 gefährlich zu werden beginnen würde. Tatsächlich handelt es sich bei dieser Geschwindigkeit aber nicht um eine Naturkonstante, sondern eben um das in einem (träge) fließenden Prozess befindliche Produkt aus gesellschaftlich tolerierter Anmaßung und Unterwerfung.

    Das ist hier gleich um die Ecke bei mir.

    Dass ein Auffahrunfall auf einer schnurgeraden Strecke geschieht, ist nichts besonderes. Das ist quasi Standard, so wie auch außerorts, Dunkelheit/Gegenlicht und keine Zeugen/Verkehrsstille.

    Schreib bitte mal, gerne auch als PN, wenn du mehr Details erfährst. Für meine Statistik fehlt mir zB noch Alter von Opfer und Täter, da war die Polizei in der Pressearbeit sehr wortkarg.