Warum sollte man das auch versuchen, aufzuhalten? Wenn Radfahren für mehr Menschen dadurch attraktiv wird, dass sie mit weniger Anstrengung schneller an ihr Ziel kommen, ist das eine positive Entwicklung.
Was wäre daran schlimm? Ich fahre Fahrrad, weil ich damit günstig und schnell meine Ziele erreiche. Derzeit bin ich noch fit genug, dass ich mindestens genauso schnell fahre wie ich es mit einem Pedelec könnte. Wenn meine Fitness nachlässt und es einen Zeitvorteil für mich bringt, mit Motorunterstützung zu fahren, werde ich es in Erwägung ziehen, mir ein Pedelec anzuschaffen. Und zwar nicht, weil ich mit irgendwem mithalten möchte, sondern weil ich weiterhin schnell meine Ziele erreichen will. Das Selbe gilt für den Fall, dass mein Arbeitsweg aufgrund einer beruflichen Veränderung länger würde.
Warum man versuchen sollte, die Entwicklung hin zum E-Bike aufzuhalten?
Ich nehme mal den Satz aus Ihrem Beitrag:
"Wenn Radfahren für mehr Menschen dadurch attraktiv wird, dass sie mit weniger Anstrengung schneller an ihr Ziel kommen, ist das eine positive Entwicklung."
Und formuliere den so um, wie er vermutlich einmal benutzt wurde um die Verbreitung des Automobils zu begründen:
Wenn Autofahren für mehr Menschen dadurch attraktiv wird, dass sie mit weniger Anstrengung schneller an ihr Ziel kommen, ist das eine positive Entwicklung.
Die Gefahr die in dieser Entwicklung, dass die Menschen "mit weniger Anstrengung schneller an ihr Ziel kommen" ist das unter anderem von Peter Borscheider beschriebene Tempovirus:
"Tempo und Beschleunigung waren der Welt bis zum Spätmittelalter völlig fremd. Mit dem Aufstieg des Fernhandels jedoch setzte seit dem 15. Jahrhundert eine Entwicklung ein, bei der sich das Prinzip Geschwindigkeit zunächst im Transport-, Militär- und Produktionssektor, mit der Industrialisierung auch in den meisten Arbeits- und Lebensbereichen durchsetzte."
Peter Borscheid: Das Tempo-Virus. Eine Kulturgeschichte der Beschleunigung - Perlentaucher
In ähnlicher Weise beschreibt Hermann Knoflacher das Phänomen in Virus-Auto 4.0: "Das Buch des österreichischen Verkehrsexperten Hermann Knoflacher analysiert und beschreibt die Fehlentwicklungen unserer vom »Virus Auto« befallenen Gesellschaft und zeigt eindrucksvoll auf, wie die autogerechte Planung zur Zerstörung sozialer, urbaner und ländlicher Strukturen geführt hat. Trotz der enormen Umweltschäden und hohen Unfallzahlen wachsen Jahr für Jahr die Autobahnlandschaften, steigen die Belastungen durch Abgase und Lärm, sodass sich die Frage stellt, warum der Mensch sein Verhalten nicht ändert."
VIRUS AUTO 4.0 - Alexander Verlag
Und wenn wir nicht aufpassen, dann erstrahlt das Fahrrad nicht in neuem Gewand als Pedelec, sondern es schafft sich peu à peu selber ab, bis nur noch Fahrzeuge mit starken Elektromotoren das Verkehrsgeschehen beherrschen. Darum sollte man versuchen, die Entwicklung hin zum E-Bike aufzuhalten, denn ein E-Bike im engeren Sinne, das hatten wir weiter oben schon erläutert, ist ein Zweirad mit Elektromotor, dass ohne Pedalieren nur mit dem "Gasgriff" auf bis zu 45 km/h beschleunigt und dauerhaft mit dieser Geschwindigkeit gefahren werden kann. Immerhin darf ein E-Bike bis zu 4000 W Nenndauerleistung haben, das entspricht immerhin 5 PS. Damit kommt man mit weniger Anstrengung ans Ziel als mit einem Pedelec, dass maximal 250 Watt Nenndauerleistung haben darf.
Und mit einem Auto kommt man sogar noch schneller und mit noch weniger Anstrengung ans Ziel.