Über das Grundgesetz und die Vereinigung wurde hält nur in den parlamentarischen Gremien verhandelt.
Eine Abstimmung über die Wiedervereinigung in der BRD hätte sich damals in der Regierung niemand getraut. Mal abgesehen von der Euphorie in der direkten Nachbarschaft in W-Berlin, und natürlich in Bonn, wäre eine Mehrheit für die Wiedervereinigung völlig unklar gewesen. Ich würde sogar behaupten, die hätte es ziemlich sicher nicht gegeben.
Das halte ich auch für eine gefährliche Legendenbildung zu behaupten, eine Mehrheit der Westdeutschen hätte eine Wiedervereinigung abgelehnt. Und die Ostdeutschen hätten die Wiedervereinigung ja nur deshalb gewollt, weil sie denselben luxuriösen Lebensstil wie die Westdeutschen anstrebten.
Bei den entsprechenden hochprozentigen Stammtisch-Dampfplaudereien kommt dann oft noch hinterher, wir Westdeutschen hätten dass nie zulassen dürfen, dass die Mauer abgerissen wird.
Ob es ein Fehler war, dass es keine Abstimmung über die Wiedervereinigung gegeben hat, da lässt sich mit gebührendem Abstand trefflich drüber diskutieren. Und diese Diskussion wird gern benutzt, um Ressentiments anzustacheln. Ich bin sicher eine Abstimmung wäre Pro-Wiedervereinigung ausgegangen. Und letztlich hatten die ersten gesamtdeutschen Wahlen eine satte Mehrheit für die Parteien beschert, die die Wiedervereinigung im Anschlussverfahren befürwortetet hatten. So gesehen gab es durchaus eine gesamtdeutsche Abstimmung über die Wiedervereinigung und über das Verfahren der Wiedervereinigung im Westen, wenn auch erst im Nachhinein.
In der DDR wiederum siegten bei der ersten demokratischen Volkskammerwahl am 18. März 1990, also ca. ein halbes Jahr vor der Wiedervereinigung ebenfalls mehrheitlich die Parteien, die die Wiedervereinigung in der Form befürworteten, in der sie dann durchgeführt wurde, als Anschluss der ehemaligen DDR an die Bundesrepublik Deutschland. Dabei sind leider Errungenschaften der DDR untergegangen, bzw. nicht von der alten BRD übernommen worden, zum Beispiel eine stärkere staatliche Verpflichtung die Familien bei der Erziehung der Kinder zu unterstützen, als dass in der BRD.
Aber heute rumzuerzählen, es wäre alles ganz anders gekommen wenn... oder der ganze Einigungsvertrag basierte nur auf Lug und Trug sind Aussagen, für die sich Belege finden lassen, aber die letztlich nicht der damaligen Gesamtsituation gerecht werden.
Es lässt sich auch nicht an den Wahlergebnissen festmachen, die bei der ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl am 2. Dezember 1990 erzielt wurden, dass es eine große Unzufriedenheit gegeben hätte damit, wie die Wiedervereinigung stattfand. Weder bei den Wahlergebnissen im Westen noch bei denen im Osten.