Es gibt immer wieder Situationen, bei denen Autofahrer*innen aus verschiedenen Gründen deutlich schneller als erlaubt fahren und daraus schlimme Unfälle entstehen. Kürzlich titelte die Bild-Zeitung: "Klassenfahrt-Tragödie in der Toskana: Auto rast in Fußgänger! Zwei deutsche Schülerinnen tot"
War es nun tatsächlich das Auto, das in die Fußgänger*innen raste oder hat die Autofahrerin das Auto in die Fußgänger*innen rasen lassen, bzw. ist damit in die Fußgänger*innen gerast? In dem Artikel werden keine genauen Angaben zur gefahrenen Geschwindigkeit gemacht: "Dem Bürgermeister zufolge war das Auto mit hoher Geschwindigkeit über zwei rote Ampeln in der Innenstadt gerast." Diese Aussage deutet darauf hin, dass das Auto mit deutlich mehr als 50 km/h in einer geschlossenen Ortschaft unterwegs war. Unabhängig von den möglichen Gründen der Fahrerin, so schnell zu fahren, stellt sich im Hinblick auf die heutigen technischen Möglichkeiten die Frage: Wie kann es sein, dass ein Auto mit vermutlich deutlich mehr als 50 km/h in Fußgänger rast, innerhalb einer geschlossenen Ortschaft, wo 50 km/h max. gilt?
Auch bei Tempo 50 sind von einem Auto angefahrene Fußgänger*innen mit einer hohen Wahrscheinlichkeit tot. Aber sie hätten bessere Chancen auszuweichen, oder der Fahrer/die Fahrerin hätte, soweit er/sie dazu noch in der Lage ist, bessere Chancen rechtzeitig den Aufprall auf Fußgänger*innen zu verhindern.
"Ab diesem Jahr wird der Geschwindigkeitsassistent, bekannt als Intelligent Speed Assistent (ISA), in allen Neuwagen verpflichtend verbaut. Der ISA erkennt Geschwindigkeitsbegrenzungen und warnt die Fahrer sowohl optisch als auch akustisch, wenn die Höchstgeschwindigkeit überschritten wird."
Diese Assistenzsysteme sind ab Juli 2024 Pflicht | Autohaus Friedrich Hoffmann
Jetzt kommt es darauf an, dass ISA nicht nur warnt, sondern auch verpflichtend das Tempo begrenzt. Die einschlägigen Autofahrer-Interessens-Organe führen dagegen einen verbissenen Abwehrkampf, vor allem mit Hinweisen auf bisher noch vorhandene Schwächen des Geschwindigkeitsassistenten, dessen Kamera zum Beispiel Tempolimit-Schilder nicht immer sauber erkennt und dessen Programm beim Zugriff auf elektronische Karten-Daten Pech haben kann, wenn eine Kommune es zum Beispiel versäumt hat, eine Baustelle anzugeben.
Beispiel: Die Kamera erkennt ein Tempolimit 30-Schild, das wegen einer Baustelle aufgestellt wurde. Aber die Kartendaten zeigen kein Tempo 30 an. Soll der Intelligente Geschwindigkeitsassistent nun die Gaszufuhr drosseln, bis Tempo 30 erreicht ist oder weiterhin die Fahrt mit 50 km/h ermöglichen? Würde sich das System entscheiden, den Kartendaten mehr zu vertrauen als den Kamera-Ergebnissen und deshalb weiterhin Tempo 50 zulassen, so kann dennoch die Fahrerin/der Fahrer die Geschwindigkeit durch Gaswegnahme, ggf. zusätzlich durch Bremsen auf 30 km/h reduzieren.
In dem Fall der totgefahrenen Fußgängerinnen in dem italienischen Badeort ist jedoch offensichtlich das Fahrzeug deutlich schneller als 50 km/h gefahren. Und das hätte mit einem Intelligenten Geschwindigkeitsassistenten verhindert werden können, wenn das Assistenzsystem bei der Einfahrt in einen Tempo-50-Bereich, wie im Fall einer geschlossenen Ortschaft, grundsätzlich nur noch Tempo 50 max. zulässt, ohne dass der Geschwindigkeitsassistent abgeschaltet werden kann, um das Fahrzeug auf mehr als 50 km/h zu beschleunigen.
Und natürlich kann man relativ kurzfristig das Tempo innerhalb geschlossener Ortschaften z. B. auch auf Tempo 40 km/h max. reduzieren. Oder auf Tempo 30 max., wie in Stuttgart angestrebt:
Der Stuttgarter Gemeinderat, das ist das Kommunalparlament in Stuttgart, hält gegen den Willen des CDU-Oberbürgermeisters an Tempo 40 fest und geht sogar noch ein Stück weiter: "Es ist fix: Stuttgart schließt sich der Städteinitiative Tempo 30 an. Am Abend stimmte der Gemeinderat mit einer Mehrheit von 32 zu 21 Stimmen dem Beitritt zu und setzte sich somit über den Widerstand von Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) hinweg. Das berichtet die Deutsche Presse-Agentur dpa. Damit gesellt sich Baden-Württembergs Landeshauptstadt zu einer Reihe anderer Kommunen, die den Bund auffordern, ein Pilotprojekt für großflächige Tempo-30-Zonen zu starten."