Es türmen sich in dem scheinbaren und manchmal auch tatsächlichen Chaos, in welchem in einer der Hauptverkehrsachsen der Großstadt Reiter, Fuhrwerke, Fußgänger, Radfahrer, Automobile, Pferde- und Seilzugbahnen unterwegs sind, nur deshalb keine Leichenberge, weil die Fahrzeuge alle ein für heutige Verhältnisse recht gemächliches Tempo haben. Dann kommt man, wie zu sehen ist, weitgehend ohne Verkehrsregeln aus. Heutzutage, mit all den Vorschriften, würde das sogar besser funktionieren und wäre nochmal deutlich entspannter
Die heutigen Verkehrsregeln verführen aber auch dazu, missverstanden zu werden und einseitig zu Gunsten von Autofahrern ausgelegt zu werden:
"Sanitäter haben das Opfer (64) lange behandelt, schließlich ins Krankenhaus gebracht. Am Steuer des Peugeots saß ein 74-jähriger Mann. Der Unfall geschah um 9.15 Uhr an einem Zebrastreifen. Nach Angaben der Polizei wollte die Frau über den Zebrastreifen fahren - "widerrechtlich", sie hätte eigentlich absteigen müssen. Durch den heftigen Aufprall ist die Frontscheibe des Autos kaputt gegangen.", so lautete die Neue Presse Hannover-Berichterstattung zu einem Unfall, der sich kürzlich in Hannover ereignete.
Tatsächlich ist es nicht ausgeschlossen, dass das Verhalten der Radfahrerin den Unfall begünstigt hatte, zum Beipiel wenn sie mit hohem Tempo auf den Zebrastreifen zugefahren sein sollte in der Erwartung, dass ihr dort ja nichts passieren könne, weil sie auf dem Zebrastreifen in jedem Falle geschützt davor sei, von einem Autofahrer angefahren zu werden.
Allerdings ist auch nicht ausgeschlossen, dass der Autofahrer viel zu schnell unterwegs war. Über das Tempo des Autofahrers werden in dem Artikel keine Spekulationen angestellt.
Dabei kann selbst Tempo 50 auch dann schon deutlich zu schnell sein, wenn ein Autofahrer eine Radfahrerin am Straßenrand wahrnimmt, die sich anschickt den Zebrastreifen mit dem Fahrrad zu überqueren.
Die Autor des Berichtes erweckt jedoch eindeutig den Eindruck, dass es sich bei dem 64-jährigen Unfallopfer um eine Art "Kampfradlerin" handelt, die nun das "bekommen" hat, was sie schon längst mal "verdient" hätte. ("Jedem das Seine.") Der Artikel erklärt quasi den Autofahrer zum Unfallopfer.
Die Straße gehört nun mal den Autofahrern, das ist die unausgesprochene Botschaft zwischen den Zeilen.
Gibt es auch eine Mitschuld der Verkehrsbehörden? Warum besteht zum Beispiel nicht neben dem Zebrastreifen eine Radfahrerfurt? Warum wurde dort nicht schon längst ein niedrigeres Tempolimit angeordnet?
Solche Fragen braucht sich eine Verkehrsbehörde freilich nicht zu stellen, wenn die Presseberichterstattung so klar den Radfahrer, bzw, die Radfahrerin als Alleinschuldige darstellt, obwohl doch ganz viele Fragen ungeklärt sind. Zu der Radfahrer auf Zebrastreifen Rechtsfrage habe ich folgenden Hinweis im Forum "Radfahren in Stuttgart" in der Rubrik "häufige Irrtümer zur StVO" gefunden: "1. Radfahrer dürfen nicht auf einem Zebrastreifen die Fahrbahn queren. Doch. Sie dürfen, nur tragen sie eine Mitschuld, wenn sie dabei von einem Auto angefahren werden. Es sei denn, sie schieben oder rollen mit nur einem Fuß auf dem Pedal stehend und dem andren Bein auf derselben Seite im Roller-Modus. Achtung: Vorrang vor den Autofahrern haben sie nicht! (Den haben nur die Fußgänger an Zebrastreifen.)"
Alleine um solche "Irrtümer" aufzudecken lohnt es sich, den Film über San Franziskos Market street im Jahr 1906 anzusehen!