Das ist eigentlich eine so dröge Thematik, dass ich mich wundere, mit welchem Geschick hier schon wieder aus einer bestimmten Richtung an unserer Demokratie gesägt wurde: In den einschlägigen Gruppen innerhalb der gesellschaftlichen Netzwerke gab es bis vor wenigen Stunden, als die Entscheidung der Bundesregierung, nun doch Leopard-2-Panzer in die Ukraine zu schicken, kein anderes Thema als: „Die Elite will uns Insekten fressen lassen.“
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Wie gesagt: Es lässt mich verwundert und ratlos zurück, dass wir nicht einmal in der Lage sind, eine narrensichere Kommunikation über die Freigabe von zwei Insektenarten zum Verzehr zu führen, ohne eine Angriffsfläche für die geradezu absurdesten Verschwörungsmythen anzubieten. Diese Erzählung, die Eliten in Davos möchten uns mit Insekten vergiften, nachdem es mit der Corona-Impfung schon nicht geklappt hätte, reicht ja mittlerweile weit von rechts in die Gesellschaft herein, dass ich mich langsam nicht mehr einfach entspannt zurücklehnen mag von wegen da regen sich ein paar Hanseln auf. Auch diese Menschen sind wahlberechtigt und schleppen im Zweifelsfall ihre Wut mit zur Urne und dann wundern wir uns, wo die ganzen Stimmen für Parteien wie die AfD herkommen.
Mir fallen zwei Vergleiche ein, an die ich mich persönlich erinnere, die aber nicht übers Internet "viral" gingen, weil's das damals noch nicht gab, bzw. noch nicht so weit verbreitet war.
Die Sicherheitsgurt-Diskussion in den 70ern. Ich erinnere mich wegen eines leicht "cholerischen" Verwandten, der immer wieder bei jeder Gelegenheit "verschwörungstheoretischen Sondermüll" ausspuckte.
Und die Glühlampen-Diskussion, die von EU-Gegnern instrumentalisiert wurde, und bei manchen Zeitgenossen kuriose Blüten trieb.
Ob dass alles schlimmer geworden ist durchs Internet?
Ich weiß es nicht. Einerseits muss man bedenken, dass damals Zeitungen wie die Blöd-Zeitung möglicherweise noch wüsteren Unfug unters "Wahl-Volk" spuckte als heute.
Andererseits kann es sein, dass diese Internet-Mythen doch jeweils nur eine Blase anheizen, die ohnehin schon existiert, aber letztlich wenig Wirkung nach außen entfaltet.
Insekten essen? Ja meinetwegen, Aber warum?
Es gibt doch auch so genug Essen, das nicht umständlich über den Umweg von Tierfütterung "veredelt" werden muss.
Bei denen, die sich über Insekten-Genuss aufregen, kann ich nicht verstehen, was das soll. Insekten sind doch in der Regel eher weniger kuschelig. Und Insekten sind dem Menschen nicht so "nahestehend" wie zum Beispiel eine Kuh, von der wir doch z. B. die Milch trinken. Trotzdem essen wir Rindfleisch, da sollte Insektenfleisch doch erst recht kein Problem darstellen.
Na gut, wir essen andererseits auch Honig, ein Insekten-Produkt. Aber Honigbienen stehen ja bislang nicht auf dem Speiseplan - oder?
Trotzdem: Warum essen manche Leute etwas, das wir als Menschen eher lieb haben, zum Beispiel Kaninchen, aber haben Probleme damit Insekten zu essen, die wir doch eher nicht so kuschelig finden?
Zumindest eignet sich die Insektenessen-Frage nicht zum Antisemitismus, denn in der jüdischen Religion gilt der Verzehr von Insekten als nicht koscher.