Weil es die Realität völlig ausblendet?
Ein Facharbeiter bei DIEHL/MBDA/AIRBUS/... verdient im Jahr 50-100.000€, in Russland deutlich unter 10.000€
Energie kostet im Oligarchenreich Putin für die Rüstungsindustrie kaum was. Stahl ist dementsprechend billiger zu haben.
Man könnte auch die Frage stellen, mit wie viel, bzw. mit wie wenig Geld (oder welchen Produkten) die nordkoreanischen Soldaten bezahlt wurden. Allerdings muss auch in Rechnung gestellt werden, dass die "Arbeitseffektivität" eines Nato-Soldaten deutlich über dem liegt, was ein russischer Soldat zu leisten vermag, der mit weniger effektivem "Material" arbeiten muss.
Andererseits ist auch zu bedenken, dass die Bereitschaft der Bevölkerung, Front-Rückkehrer in Zinnsärgen hinzunehmen, in Demokratien deutlich weniger ausgeprägt ist als in Diktaturen, wo Proteste dagegen brutal unterdrückt werden.
Demgegenüber steht wiederum eine größere Bereitschaft im Verteidigungsfall als Soldat tätig zu werden im Vergleich zum befohlenen Angriffskrieg.
Andererseits darf die Wirksamkeit der Indoktrination nicht unterschätzt werden, die autoritäre Regime, wie das Putin-Regime auf Soldaten und Bevölkerung ausüben.
Solches Spekulieren ist nicht gut für die Seele. Ich habe deshalb oben "Arbeitseffektivität" statt Tötungseffizienz geschrieben und "Material" statt Vernichtungsmaschinen. In Bezug auf den Wahlkampf finde ich es übrigens erschreckend, wie leichtfertig viele Zeitgenossen gegenwärtig anscheinend bereit sind, die Wiedereinführung der Wehrpflicht hinzunehmen.
Immerhin, bei der Grünen Jugend ist man alarmiert: "In der Debatte um eine mögliche Wiedereinführung der Wehrpflicht hat die Grüne Jugend Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) heftig kritisiert. "Wenn die Berichterstattung stimmt, machen die Vorschläge von Boris Pistorius für eine Musterungspflicht unsere Generation zum Notnagel der Bundeswehr", sagte Co-Chefin Svenja Appuhn der Nachrichtenagentur dpa."
Zeit vom 30.5.24 https://www.zeit.de/politik/deutsc…boris-pistorius
Bei der Jungen Union dagegen liest man zum Beispiel das hier: "Die Junge Union Reinickendorf bezieht in diesem Positionspapier klar Stellung: Wir sprechen uns für die Wiederbelebung der Wehrpflicht in einer modernen und angepassten Form aus. Ziel ist es, die Wehrpflicht als Instrument zur Stärkung der gesellschaftlichen Kohäsion und der Landesverteidigung zu nutzen." ju-reinickendorf vom 13.12.24
Und die jungen Frauen will die Junge Union gleich mit verpflichten: "Es wird oft argumentiert, dass die Wehrpflicht mit der Wehrgerechtigkeit kollidiert. Durch ein modernes System, das allen Geschlechtern offen steht und alternative Dienstformen anbietet, kann dieses Problem gelöst werden." ebenda
Leider sehe ich da auch bei manchen Grünen kein Erbarmen, wenn schon Wehrpflicht, dann auch für die Frauen ist mir in Gesprächen am Wahlkampfstand schon gesagt worden. 
Warum das? "Wenn schon Wehrpflicht ..." Was soll das? Wozu dient oder wem nutzt diese Diskussion gerade? Sollen wir drauf eingestimmt werden, dass die "fetten Jahre" vorbei sind? Jetzt heißt es, den Gürtel enger schnallen?
Und selbst wenn man von einem sehr stark gestiegenen militärischen Bedrohungsszenario ausgeht. So müsste doch zumindest mal diese Frage gestellt werden:
Wieviel würde es kosten, den militärischen Schutz deutlich zu verstärken, um dieser angenommenen gestiegenen Gefahr zu begegnen?
A) Kosten für den Fall A: Wenn man die Wehrpflicht wieder aufleben lässt?
B) Kosten für den Fall B: Wenn man mehr Geld für eine Bundeswehr-Berufsarmee ausgibt.
Gemessen an der heute üblichen Ausstattung mit militärischem Gerät macht es keinen Sinn, eine Wehrpflichtigen-Armee zu unterhalten. Warum also nicht die Wehrpflicht ganz abschaffen? Stattdessen wird von CDU und AfD (und eingeschränkt auch von SPD und FDP) so getan, als sei eine Wiedereinführung der Wehrpflicht dringend geboten. Und es wird so getan, als müssten Männer UND Frauen dringend verpflichtet werden, Wehrpflicht zu leisten oder einen Ersatzdienst anzutreten.
Ich halte dem entgegen, dass es effektiver und kostengünstiger wäre, die Landesverteidigung mit einer Berufsarmee zu gewährleisten. Aber selbst wenn diese Einschätzung nicht zutreffen sollte, so müsste doch diskutiert werden, was es uns wert ist, weiterhin an der Aussetzung der Wehrpflicht festzuhalten. Selbst wenn es zuträfe, dass eine Wiedereinführung der Wehrpflicht unumgänglich wäre, weil andernfalls eine reine Berufsarmee zu teuer wäre, so müssten doch dafür Zahlen in den Raum gestellt werden, um darüber entscheiden zu können.