Ich habe mich ja gestern ein bisschen über die Polizeikontrollen in Hamburg aufgeregt.
Oben an der Christuskirche stand die Rennleitung und wartete auf die üblichen Radlinge mit Rot-Grün-Schwäche, auf der falschen Straßenseite, auf dem Gehweg, mit Kopfhörern und so weiter und so fort. Drüben auf der anderen Straßenseite wartete auch noch ein Beamter und meldete Rotlichtverstöße per Funk an seine Kollegen hier vorne.
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Das finde ich eigentlich auch schon ein bisschen sportlich, denn nördliche Teil des Weidenstiegs ist momentan eine größere Arbeitsstelle; es ist nur ein Fahrstreifen befahrbar, für den Kraftverkehr nur Richtung Norden, für den Radverkehr in beide Richtungen. Trotzdem landen viele Radfahrer auf dem linksseitigen Radweg — sei es aufgrund renitenter Kraftfahrer oder aufgrund der regelmäßig wechselnden Beschilderung der Arbeitsstelle: Mal ist das ein Gehweg, mal nicht, mal doch wieder ein Gehweg. Naja. Jedenfalls halte ich das aufgrund der Gesamtumstände, bei der der Radverkehr nachlässig irgendwie so an die Kreuzung herangebummelt wird, für eine ambitionierte Stelle für die Kontrolle, aber okay. Man hat sich sicher etwas dabei gedacht.
Aber gut, okay, wir blicken durch.
Während ich die Kreuzung im obigen Bild überquerte, kam mir ein Wagen der Hochbahn entgegen. Auf dem Radweg. Jaja, so läuft das hier in Hamburg: Hast als Radfahrer grünes Licht und willst eine Kreuzung überqueren, aber da schiebt sich noch schnell ein Kraftfahrzeug über die Haltlinie und kommt dir auf dem Radweg entgegen (okay, ich will mich jetzt nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, womöglich hat er die Haltlinie auch noch bei grünem Licht überquert, das kann ich nicht genau beurteilen). Interessiert aber auch niemanden, ist offenbar nicht so gefährlich wie… als Radfahrer einfach mal so entgegen der Fahrtrichtung auf der Fahrbahn fahren. Rücksicht ist halt keine Einbahnstraße, nä, und gilt auch für Radfahrer. Außerdem: Der Wagen muss ja irgendwo parken. Ist ja quasi gottgegeben, unvermeidbar.
So. Dann geht’s weiter durch südlichen Weidenstieg. Ach nee, geht’s ja nicht, denn der ist ja schließlich gesperrt, das sieht man nur nicht, weil da zwei Polizeiwagen parken:
Immerhin kann man das und die Absperrgitter gerade noch eben so erahnen — den Radfahrer hinter den beiden Wagen leider nicht. Während ich das erste Foto schoss, wurden gleich zwei Mal hintereinander Radfahrer von abbiegenden Kraftfahrern „übersehen“. Ist ja auch ganz klar wie das läuft: Der abbiegende Kraftfahrer hat zuvor gar keine Beschilderung, dass er in den Weidenstieg nicht abbiegen darf, er erfährt sieht das erst, wenn die Absperrung hinter den Polizeiwagen auftaucht. Dann wäre die logische Konsequenz, dass man abbremst und sich einen anderen Weg zum Ziel sucht, aber der andere Weg besteht darin, dass man eben um die Absperrung herumkurvt — für den querenden Radverkehr sind aber keine Kapazitäten im Gehirn mehr frei, zumal man Radfahrer dank der Polizeiwagen erst im letzten Moment erkennt.
Es ist echt superwitzig: Man warnt dauernd vor dem „Toten Winkel“, bastelt sich dann aber selbst just neben einer Kontrollstelle eine solche Falle zurecht. Die Beamten haben wahrscheinlich gedacht, wenn dort eh keiner einfahren darf, dann können wir da auch parken — tja.
Weiter geht’s unten an der Glacischaussee, da sah es dann so aus:
Als ich ankam, war immerhin der querstehende Streifenwagen umgeparkt worden. Besser wurd’s aber trotzdem nicht:
Was wird wohl passieren? Die Radfahrer steigen ab, tragen ihr Rad über die Absperrbügel den Kantstein herunter und ordnen sich inmitten der Kontrollstelle in den Fahrbahnverkehr ein? Ooooooder: Es wird auf dem Gehweg weitergekurbelt. Ordnungswidrig. Was oben an der Christuskirche noch €€€ kostete, ist aber hier irgendwie okay, weil… Großkontrolle. Naja. Höhöhö, oben an der Christuskirche war doch auch eine Großkontrolle, warum war denn das Gehwegradeln dort nicht okay?
Schade, dass man ansonsten nur wieder Kopfhörer und ähnliches im Blick hatte. Auf der anderen Straßenseite durften Radfahrer bei fast jeder Grünphase durch den dichtgestauten Kraftverkehr balancieren:
Sowas halte ich für deutlich riskanter als Kopfhörer oder fehlende Speichenreflektoren, aber so etwas wird eben erst gar nicht kontrolliert. Da rollt man dann vorsichtig zwischen den Stoßstangen durch, wird aber dauernd „übersehen“, weil die blockierenden Kraftfahrer natürlich so schnell wie möglich von der Kreuzung herunterwollen, bevor ihnen jemand mit der Hupe die Hölle heiß macht, aber natürlich nicht daran denken, dass vor und hinter ihnen noch Radfahrer und Fußgänger unterwegs sind. Super Sache, da habe ich schon Dutzende gefährliche Situationen auf Band.
Aber… das interessiert halt niemanden. Man darf zwar eigentlich nicht in die Kreuzung reinfahren, wenn man absehen kann, auf der anderen Seite nicht mehr rauszukommen, aber… die Kraftfahrer müssten ja stundenlang an der Haltlinie warten, denn die anderen Kraftfahrer halten sich auch nicht an diese Vorgabe, also muss man seinen Platz erkämpfen und als Radfahrer muss man dann auch mal Rücksicht nehmen, nä?
Ist schon witzig: Man kontrolliert den Radverkehr, um das Fehlverhalten der Radfahrer zu ahnden und die Sicherheit im Straßenverkehr zu erhöhen, aber die Hauptunfallursachen bezüglich unachtsames Abbiegen oder lustiger Fahrmanöver sind egal, denn… die kann man nicht so gut kontrollieren. Wenn ein Radfahrer über eine rote Ampel fährt, gibt’s ’ne Ordnungswidrigkeiten-Anzeige, wenn ein Kraftfahrer vor den Augen der Polizei entgegen der Fahrtrichtung auf dem Radweg fährt, ist das okay.
Ich weiß nicht — ein bisschen angesäuert bin ich schon. Klar, man kann bei einer Kontrolle nicht alles im Blick haben und sich nicht um jeden kümmern. Trotzdem: Dass man Sinne der Sicherheit den Radverkehr kontrolliert, sich gleichzeitig eine Tote-Winkel-Falle bastelt und noch untätig zuschaut, wie ein Kraftfahrer entgegen der Fahrtrichtung auf dem Radweg zugange ist, nee, das ist an Komik kaum zu überbieten. Da mangelt’s mir leider wirklich an jeglichem Verständnis.