Indirektes Linkabbiegen

  • Es gibt ja zwei verschiedene Interpretationen zu § 9 Abs. 2 StVO:

    [stvo]Wer mit dem Fahrrad nach links abbiegen will, braucht sich nicht einzuordnen, wenn die Fahrbahn hinter der Kreuzung oder Einmündung vom rechten Fahrbahnrand aus überquert werden soll. Beim Überqueren ist der Fahrzeugverkehr aus beiden Richtungen zu beachten. Wer über eine Radverkehrsführung abbiegt, muss dieser im Kreuzungs- oder Einmündungsbereich folgen.[/stvo]

    Die eine sagt, man brauche beim indirekten Linksabbiegen keine eventuell in der neuen Fahrtrichtung gültigen Lichtzeichen beachten, weil in der Straßenverkehrs-Ordnung explizit nur die Beachtung des Fahrzeugverkehrs aus beiden Richtungen gefordert wird — wozu solle man den denn beachten, wenn man beim indirekten Linksabbiegen ohnehin auf das grüne Licht der beispielsweise dort aufgestellten Fußgängerampel wartete?

    Die andere sagt, man müsse natürlich und selbstverständlich die Ampel beachten — wo kämen wir sonst dahin?

    In Hamburg fährt man diesbezüglich zweigleisig und denkt sich mal dies, mal jenes. In der Regel werden solche Aufstellflächen so aufgemalt, dass man die Fußgängerampel in der neuen Fahrtrichtung sehen kann — ganz unabhängig davon, ob im Sinne von § 37 Abs. 2 Nr. 6 StVO diese Zeichen überhaupt gültig sind oder nicht, aber lassen wir solche Details jetzt mal außer Acht. Manchmal werden auch zusätzliche Signalgeber neben der Aufstellfläche installiert, was wohl verdeutlichen soll, dass Radfahrer tatsächlich nicht „einfach so“ links abbiegen sollen.

    Dem gegenüber stehen aber solche Wunderwerke wie hier am Wiebischenkamp oder dort an der Stresemannstraße:

    Egal aus welchem Blickwinkel man in der Aufstellfläche steht: Man kann von dort keinen Signalgeber sehen. Auf der anderen Straßenseite gibt es keinen, die Signalgeber für den Fahrbahnverkehr sind entsprechend abgeschirmt und unsichtbar. Weil hier eine für Radfahrer durchlässige Einbahnstraße beginnt, gibt es noch nicht einmal hupenden Kraftfahrer hinter einem. Nun weiß ich bei solchen Situationen wieder nicht: Hat man einfach ohne Sinn und Verstand diese Fläche aufgemalt oder hat man sich hier irgendetwas bei gedacht?

    Hat mit so etwas irgendjemand Erfahrungen, eventuell schon mal eine Ansprache von der Polizei bekommen?

  • Vorab: Ich kenne weder Aussagen der Polizei noch irgendwelche Urteile dazu.

    Meine Meinung: Wo es explizite Signalgeber für die Situation gibt, sind sie zu beachten. Ansonsten darf man unter Berücksichtigung vom Verkehr fahren.
    Andere Ampeln kann man als unverbindlichen Hinweis nehmen, wann man sicher fahren kann.

    Ich mag indirektes Linksabbiegen überhaupt nicht. Man steht 90° versetzt zur Fahrtrichtung, hat schlechtere Sicht nach hinten und in die Gegenrichtung. Man weiß nicht so recht, wann wirklich frei ist. Dazu kostet das im Gegensatz zum direkten Abbiegen auch noch Zeit. in Kopenhagen bin ich auch nicht glücklich damit geworden.

    Auch wenn es sicher nicht erlaubt ist: Ich würde auf der linken Spur fahren und mich kurz nach der Mittelinsel positionieren und warten bis der Gegenverkehr abbricht, dann fahren. Gibt eine Stelle wo ich das regelmäßig tue, noch gab's da keinerlei Probleme, ich glaube noch nichtmal Gehupe.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • Auch wenn es sicher nicht erlaubt ist...

    Warum sollte es nicht erlaubt sein? Wäre dem so, hätte man im Rahmen der gerichtlich festgelegten AUfhebung der RWBP in der Hoheluftchaussee nicht dieses Schild extra neu geschaffen(!) und aufgestellt:

    Dort wurde Radfahrern das direkte Linksabbiegen nur deshalb verboten, weil man anschließend für einige Zeit nicht auf den rechten Fahrstreifen wechseln kann.

    "Terrorismus ist der Krieg der Armen und der Krieg ist der Terrorismus der Reichen"
    Peter Ustinov

  • Da wurde aber das Befahren der Straße links verboten, nicht das Abbiegen (auch wenn es in diesem Fall im Ergebnis aufs gleiche kommt)

    Gäbe einen anderen Grund, sich auf den linken Fahrstreifen zu begeben (auf dem man abbiegen muss)? ?(

    Ich meine das direkte Linksabbiegen dort, wo auf den Fahrstreifen nur geradeaus markiert ist und es keinen Linksabbieger gibt.

    Ach so..., sorry ;)

    "Terrorismus ist der Krieg der Armen und der Krieg ist der Terrorismus der Reichen"
    Peter Ustinov


  • Dort wurde Radfahrern das direkte Linksabbiegen nur deshalb verboten, weil man anschließend für einige Zeit nicht auf den rechten Fahrstreifen wechseln kann.

    Da wurde aber das Befahren der Straße links verboten, nicht das Abbiegen (auch wenn es in diesem Fall im Ergebnis aufs gleiche kommt). ;(

    Nö. Da wurde gar nichts verboten.
    Die Wiedergabe von Vz 254 (Verbot für Radfahrer) auf einer Fahrstreifentafel ist nur ein Hinweis auf eine irgendwo folgende Regelung. Weder ist die darunterliegende Abbildung eine Trägerplatte, noch entspricht das dort gezeigte Vz den einschlägigen Sichtbarkeits- und Größenvorgaben.
    Soll Vz 254 nur auf dem linken Fahrstreifen gelten, so ist dieses Verkehrszeichen über dem linken Fahrstreifen anzubringen.

    Twitter: @Nbg_steigt_ab

  • Nö. Da wurde gar nichts verboten.
    Die Wiedergabe von Vz 254 (Verbot für Radfahrer) auf einer Fahrstreifentafel ist nur ein Hinweis auf eine irgendwo folgende Regelung. Weder ist die darunterliegende Abbildung eine Trägerplatte, noch entspricht das dort gezeigte Vz den einschlägigen Sichtbarkeits- und Größenvorgaben.
    Soll Vz 254 nur auf dem linken Fahrstreifen gelten, so ist dieses Verkehrszeichen über dem linken Fahrstreifen anzubringen.

    Bist Du Dir da ganz sicher, dass es für die Behörde die einzige Möglichkeit ist, dem Radverkehr das direkte Linksabbiegen zu verbieten, indem sie das Schild über dem linken Fahrstreifen anbringt? Wo kann man das nachlesen? Oder geht das indirekt aus anderen Vorschriften hervor?

    "Terrorismus ist der Krieg der Armen und der Krieg ist der Terrorismus der Reichen"
    Peter Ustinov

  • Das regelt zuallererst die Straßenverkehrsordnung. Etwas anderes muss der gewöhnliche Verkehrsteilnehmer nicht kennen.
    § 39(2) StVO

    Zitat

    Als Schilder stehen sie regelmäßig rechts. Gelten sie nur für einzelne markierte Fahrstreifen, sind sie in der Regel über diesen angebracht.

    iVm
    §41(2)/§42(3) StVO

    Zitat

    stehen vorbehaltlich des Satzes 2 dort, wo oder von wo an die Anordnung zu befolgen ist.


    Das einschlägige Verkehrszeichen der StVO ist Vz 254 [Zeichen 254] , so wie es in Anlage 2 (Vorschriftszeichen) gezeigt wird und ausnahmsweise auch auf einer weißen Trägertafel angebracht sein kann (§39(4) StVO).
    Spurleittafeln und Ankündigungen von Fahrstreifenverschwenkungen gemäß Anlage 3 (Richtzeichen) können verkleinerte Abbildungen von Verkehrszeichen enthalten, die aber nur als Hinweis auf eine andernorts folgende Regelung verstanden werden können/müssen. Oder würdest Du bei Zeichen 458, so wie es in der StVO abgebildet ist, eine Gültigkeit des Vz 250 zeichen-250.png am Aufstellort der Planskizze bejahen?

    Das gilt übrigens auch für die häufig auf Autobahnen in Spurverschwenkungstafeln integrierte Breitenbegrenzungen. Diese erlauben keine Ahndung einer Ordnungswidrigkeit, wenn ein breiteres Fahrzeug die Spur befährt, solange nicht das Vz 264 auch tatsächlich aufgestellt wurde.

    Twitter: @Nbg_steigt_ab

  • die neuen Fantasieschilder in München...

    Würde ich als unverbindlichen Hinweis sehen, wo man angeblich sehen soll, was gemeint ist.
    Offensichtlich handelt es sich nicht um eine Trägertafel mit aufgebrachten Vz, sondern um eine Art Planskizze ("hier rechts einer baulichen Trennung Radfahren verboten, dort links irgendwann später benutzungspflichtige Radverkehrsführung").

    Twitter: @Nbg_steigt_ab

  • Hmmm..., das bedeutet nicht weniger, als dass die Straßenverkehrsbehörde ein neues Verkehrszeichen "herausgebracht" hat und das Verwaltungsgericht diesem zugestimmt hat, ohne dass irgend jemandem aufgefallen ist, dass es umwirksam ist? ?(

    "Terrorismus ist der Krieg der Armen und der Krieg ist der Terrorismus der Reichen"
    Peter Ustinov