Fundstücke der Woche

  • 2009 ist das Kölner Stadtarchiv eingestürzt. Da ging die Hälfte meiner Hausunterlagen verschütt, also der halbe Ordner. Der andere halbe Ordner ist in 1a-Zustand. Eine Anordnung aus dem Jahr 2012 ging da leider auch verschütt (hat die Stadt schriftlich in einem anderen Verfahren behauptet). Ebenso natürlich die Anordnung einer Straße, die erst 2015 gebaut wurde. Klar, die Anordung wurde vor 2009 geschrieben (möglich) und als die Straße gebaut wurde, hat man das Radwegschild hingestellt, weil sich der Sachbearbeiter auch ohne Unterlagen daran erinnert hat ;)

  • Beim Landkreis STD hat man mir erzählt, dass viele Anordnungen durch einen Wasserschaden vernichtet wurden. Es hat sich seitdem aber niemand die Mühe gemacht, neue zu erstellen. Bei der Hansestadt Stade hingegen ist man der Meinung, dass es für das blaue Altmetall einen "Bestandschutz" gibt und man eine verkehrsbehördliche Anordnung erst schreiben muss, wenn die Straße komplett umgebaut wird.

    Da der Eine (Landkreis) die Fachaufsichtsbehörde für die Andere (Stadt) ist, dürfte sich von alleine auch nichts ändern.

  • Ich frage mich, warum das überhaupt alles (wenn überhaupt) in Papierform existiert und nicht digital.

    Meine Vorstellung: Verkehrsbehörden und Straßenbauämter nutzen gemeinsam ein GIS, das alle Standorte von Verkehrszeichen, sowie die Strecke, für die sie gültig sind, enthält und deren verkehrsbehördliche Anordnung verlinkt ist. Die Anordnung von Verkehrszeichen könnte teilautomatisiert erfolgen, indem die jeweils erforderlichen Voraussetzungen über Eingabemasken abgefragt werden.

    Bei temporären Anordnungen könnten die zuständigen Stellen eine Erinnerung erhalten, wann Verkehrszeichen wieder zu entfernen sind. Wenn sich die Rechtslage für die Anordnung bestehender Verkehrszeichen ändert, könnte es eine Erinnerung geben, dass die Anordnung zu überprüfen und ggf. zu ändern / aufzuheben ist.

    Seitens der Straßenbauämter könnte das System mit Daten über den Zustand der Straßen gefüttert und mit den aktuellsten Bauunterlagen verlinkt werden. Der Verkehrsbehörde würden damit auch die Informationen über die Aufteilung des Straßenquerschnitts zur Verfügung stehen. Dazu könnten noch die Daten aus der aktuellsten Verkehrszählung hinterlegt sein, falls vorhanden.

    Bei Abweichungen von den Vorgaben würde das System Warnungen ausgeben. Widersprüchliche und unsinnige Beschilderungen (z.B. [Zeichen 240]+[Zeichen 274.1]) könnten automatisch erkannt und vom System abgewiesen werden.

    Abweichungen von den Vorgaben der VwV-StVO, die in ganz besonderen Fällen doch möglich sein können, müssten ausführlich mit Freitext begründet werden. Diesen Freitext könnte abschließend noch eine KI prüfen und automatisch um Hinweise ergänzen.

    In einem Land, in dem es bereits als erfolgreiche Digitalisierung gilt, wenn man sich von der Internetseite der örtlichen Verwaltung ein Antragsformular als pdf-Datei herunterladen kann, um es sich zum Ausfüllen auszudrucken und bei der Behörde in den Briefkasten zu werfen, werde ich das aber nicht mehr erleben. Aber man wird ja noch träumen dürfen.

  • VAO ist nicht vorhanden. sowas aber auch. und nu?

    Unter Bezugnahme auf die verlinkte Stellungnahme schreibst Du eine eine Aufforderung an die "Untere Verkehrsbehörde Weimarer Land", die rechtswidrigen Verkehrszeichen umgehend (2 Wochen) zu entfernen/entfernen zu lassen oder innerhalb der selben Frist eine VAO zu erstellen und Dir eine Ausfertigung davon zukommen zu lassen.

    Bei Nichtreaktion empfehle ich keinen Widerspruch, sondern direkt die Klage auf Entfernung, denn die Rechtswidrigkeit ist ja bereits amtlich festgestellt. Und da Dir das ja nun bekannt ist, könnte Dir ein Widerspruchsverfahren dümmstenfalls als Kostentreiberei vorgehalten werden.

    Aber frag dazu vorher lieber einen Anwalt.

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    Peter Viehrig

    "Glaube ist die Überzeugung, dass etwas wahr ist, weil die Belege zeigen, dass es falsch ist."
    (Andreas Müller)

  • Neeein, du meinst nicht jede Stadt braucht Mitarbeiter, die mehr oder weniger geschult sind und alles entscheiden, sondern es gibt deutschlandweit ein Amt, das Vorgaben aufgrund bestimmter Daten macht? Ein Fall für DOGE ;)

    Ich hatte mich kürzlich nochmal mit dem Thema Verkehr beschäftigt und die Zählstelle einer Autobahn angeschaut. Da gibt es die Rohdaten und dann einen Bericht (alle paar Jahre). Die Rohdaten werden grob unterteilt in korrekt gezählt, verkehrt gezählt und gar nicht gezählt. Korrekt gezählt ist, wenn die automatisierte Schätzung nahe dem echten Wert ist, verkehrt gezählt, wenn sie das nicht ist und gar nicht gezählt, wenn da 0 Fahrzeuge waren. Entsprechend gibt es dann automatisierte Schätzungen, wobei bei verkehrt gezählt nur eine Warnung erscheint.
    Auf dieser Basis schaut sich das dann (alle paar Jahre) ein Amt an und erstellt eine offizielle Verkehrszählung. Verkehrt gezählt und gar nicht gezählt machen in manchen Wochen oder gar Monaten deutlich über 50% aus.
    Der Mitarbeiter schätzt dann die echten Daten ab, veröffentlicht diese und ein weiteres Amt schätzt dann den Verkehr ab, der die nächsten Jahre dort stattfinden wird. Aufgrund dieser Schätzung werden dann die entsprechenden Anordnungen/Maßnahmen eingeleitet. Nochmal klar:
    Automatisierte Schätzung jetzt -> Manuelle Schätzung jetzt -> Manuelle Schätzung Zukunft

    Klar, im Idealfall ist die Verkehrzählung korrekt und wird direkt vom Programm ausgewertet und beim Mitarbeiter erscheint eine rote Lampe, wenn zu viel / zu wenig Verkehr da ist und eine Anordnung nicht passt. Aber das geht momentan einfach nicht. Zumal du eine wichtige Regel der IT vergisst:
    "Kein wesentlicher Geschäftsprozess kommt ohne mindestens einen Schritt mit Excel aus."

    Achso, ganz vergessen: Wenn die Schätzung des einen Amtes dem anderen Amt nicht passen, ordnet man direkt neben der automatisierten Zählstelle eine manuelle Zählstelle für einen Tag an. Also mit Menschen, die da sitzen und zählen. Abweichungen von 30% sind da normal. Anschließend nimmt man die Zahlen, die besser zur eigenen politischen Position passen. Rechenbeispiel:
    - Automatisierte Zählstelle letztes Jahr 10.000 KFZ / Stunde.
    - Automatisierte Zählstelle dieses Jahr 10.000 KFZ / Stunde. (wird gestrichen, weil manuelle Zählung besser ist)
    - Manuelle Zählstelle dieses Jahr 13.000 KFZ / Stunde.
    -> 3.000 KFZ mehr innerhalb von einem Jahr
    => 20.000 KFZ / Stunde in 3 Jahren ;)

    Das ist alles so eine Farce.

  • Neeein, du meinst nicht jede Stadt braucht Mitarbeiter, die mehr oder weniger geschult sind und alles entscheiden, sondern es gibt deutschlandweit ein Amt, das Vorgaben aufgrund bestimmter Daten macht? Ein Fall für DOGE

    Nein, ich meine ein Tool zur Unterstützung der bestens geschulten Mitarbeiter vor Ort, damit die zuständigen Stellen untereinander besser koordiniert sind, immer auf aktuelle Daten zurückgreifen können und immer den Überblick haben, was gerade der aktuelle Stand ist. :)

    Dein Beispiel zeigt aber, woran es eigentlich hapert: Es ist in vielen Fällen keine Unkenntnis, sondern böse Absicht. Die wollen es gar nicht richtig machen, sondern ihr Ding durchziehen. Das "Ding" ist das, was man die letzten 70 Jahre schon gemacht hat und wovon man sich auch von neuen Regeln, Vorschriften und Verordnungen nicht abbringen lassen will.

  • Meine Vorstellung: Verkehrsbehörden und Straßenbauämter nutzen gemeinsam ein GIS, das alle Standorte von Verkehrszeichen, sowie die Strecke, für die sie gültig sind, enthält und deren verkehrsbehördliche Anordnung verlinkt ist. Die Anordnung von Verkehrszeichen könnte teilautomatisiert erfolgen, indem die jeweils erforderlichen Voraussetzungen über Eingabemasken abgefragt werden.

    Das wäre ratzfatz eine Datenbank mit dezilliarden Einträgen. Mal abgesehen davon, daß -wenn überhaupt - nur Hochleistungsrechner in der Lage sind, solche Datenbanken bei gleichzeitig tausenden parallelen Zugriffen performant zu halten. Das ebenfalls gleichzeitig damit einhergehende und aktuell zu haltende Rechte- und Protokollsystem, wer was und wann eintragen darf/muß und dann tatsächlich eingetragen hat, sprengt jede Vorstellungskraft. Das funktioniert nicht mit gleichzeitiger kommunaler Selbstverwaltung. Das sind kompensatorische Überlegenheits- oder Ausgleichsphantasien, die aus einer gefühlten Ohnmacht resultieren. Sich dessen bewußt zu werden und das mögliche zu tun und das unmögliche zu lassen, ist ein erster Schritt zur Besserung.

    Wenn Quantencomputer dereinst mal Alltag sein sollten, ziehen die ersten davon 20 Jahre später bei den Behörden ein. Im Optimalfall. Aber auch dann will ich das nicht umgesetzt wissen, denn es würde in manifestierter Verantwortungslosigkeit aller Entscheidungsebenen münden.

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    Peter Viehrig

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    (Andreas Müller)

  • Das wäre ratzfatz eine Datenbank mit dezilliarden Einträgen. Mal abgesehen davon, daß -wenn überhaupt - nur Hochleistungsrechner in der Lage sind, solche Datenbanken bei gleichzeitig tausenden parallelen Zugriffen performant zu halten.

    Mir würde es reichen, wenn jede Verwaltungseinheit ein solches System für ihren Bereich hätte. Darin müssten nur die Schnittstellen zu den jeweiligen Nachbarkommunen enthalten sein. Gleichzeitige Zugriffe hätte man hier maximal 10. In einer Großstadt wie Berlin wären es vielleicht 100 gleichzeitige Zugriffe.

    Im Prinzip ist es doch nichts Anderes als Openstreetmap für Behörden und daher nicht "Open". Da kann man doch auch per Mausklick auf einen Weg oder eine Straße Informationen abrufen, sowohl über die Beschaffenheit der Straße/des Weges und auch über verkehrsrechtliche Dinge (herabgesetzte zHg, vbB, T30 Zone, ...). Wie viele gleichzeitige Zugriffe verkraftet Openstreetmap?

    Die Entscheidungshilfe wäre ein Add-On: Jemand, der die Berechtigung hat, Verkehrszeichen anzuordnen, erhält bei der Auswahl dieses Verkehrszeichens relevante Texte der StVO, VwV-StVO und ggf. technischer Regelwerke. Sofern in der VwV-StVO etwas steht wie "kommt nur in Betracht, wenn...", muss man einen Haken setzen, dass diese Voraussetzung gegeben ist. Wo es nicht mit einem Haken getan ist, muss man Freitext formulieren, z.B. eine besondere Gefahrenlage aufgrund örtlicher Besonderheiten benennen für alle Anordnungen, die eine Beschränkung des fließenden Verkehrs darstellen, oder eine Begründung, vor welcher besonderen Gefahr durch ein Gefahrzeichen gewarnt werden soll.

    Vielleicht wäre dem zuständigen Sachbearbeiter in diesem Fall aufgefallen, dass das Gefahrzeichen nur davor warnt, dass Radfahrer, die bereits auf der Fahrbahn fahren, das nach dem Ende der T30 Zone auch weiterhin tun werden und nicht mehr auf den vormaligen "Radweg" wechseln werden. Welche Gefahr soll das bitte sein, die so gewaltig ist, dass man sogar noch extra eine Trägertafel mit erläuterndem Text anfertigen lassen hat?

    vorher

    nachher

    denn es würde in manifestierter Verantwortungslosigkeit aller Entscheidungsebenen münden

    Ich sehe es genau andersrum: Denjenigen, die die Entscheidungen treffen, würde damit bewusst gemacht, welche Verantwortung sie haben. Wenn jemand z.B. bei einer Anordnung eines [Zeichen 240] innerorts bei max. 200 Kfz/h auf einem 1,60m breiten, linksseitigen Gehweg anklickt, dass er das trotzdem machen will, obwohl sämtliche Voraussetzungen dafür nicht vorliegen, sollte er merken, dass er sich gerade über Regeln und Vorschriften hinweggesetzt hat.

  • Unter Bezugnahme auf die verlinkte Stellungnahme schreibst Du eine eine Aufforderung an die "Untere Verkehrsbehörde Weimarer Land", die rechtswidrigen Verkehrszeichen umgehend (2 Wochen) zu entfernen/entfernen zu lassen oder innerhalb der selben Frist eine VAO zu erstellen und Dir eine Ausfertigung davon zukommen zu lassen.

    Bei Nichtreaktion empfehle ich keinen Widerspruch, sondern direkt die Klage auf Entfernung, denn die Rechtswidrigkeit ist ja bereits amtlich festgestellt. Und da Dir das ja nun bekannt ist, könnte Dir ein Widerspruchsverfahren dümmstenfalls als Kostentreiberei vorgehalten werden.

    Aber frag dazu vorher lieber einen Anwalt.

    Zumindest das VG München meint: keine Akten/keine verkehrsrechtliche Anordnung --> Verkehrszeichen ist ein Scheinverwaltungsakt und damit unbeachtlich.

    Urteil des VG München vom 11.08.2020 (Az. M 23 K 20.467), dort ab Randnummer 19.

    Richtige Klageart wäre damit eine Nichtigkeitsfeststellungsklage, welche die Behörde aber durch einen entsprechenden Neuerlass natürlich ins Leere laufen lassen kann.

  • Richtige Klageart wäre damit eine Nichtigkeitsfeststellungsklage, welche die Behörde aber durch einen entsprechenden Neuerlass natürlich ins Leere laufen lassen kann.

    Sie könnte sogar dahingehend leerlaufen lassen, daß sie die Nichtigkeit anerkennt, aber die Schilder trotzdem stehen läßt. Den Kläger trifft keine Beschwer mehr, da ihm die Unbeachtlichkeit der Vz nun bekannt ist. Damit entfällt für ihn die Klagemöglichkeit.

    Es würde mich nicht überraschen, wenn es eine StVB genau so versucht.

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    Peter Viehrig

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