Fahrbahnradeln im Ausland - Polen

  • Ich war über Pfingsten mal in Polen unterwegs.
    Genauer gesagt: 1 Tag in einer polnischen Kleinstadt (Kostrzyn nad Odra, rund 18.000 Einwohner)

    Radwegetechnisch sind die auf dem Stand von Hamburg. Mal Benutzungspflicht, mal rote Pflasterung ohne Verkehrszeichen, vielfach ohne Radwege.
    Die Verkehrsbelastung ist dort deutlich höher als in ähnlich großen Städten. Vermutlich, weil viel mehr Leute pendeln.

    Viele Radfahrer (also ein hoher Anteil) fahren auf der Fahrbahn! Aber so Quietsch rechts, dass die Pedale schon Funken am Bordstein schlägt. Nahezu ausnahmslos werden Radfahrer trotz Gegenverkehr mit 40cm Seitenabstand überholt.

    Das ist so ein krasses Missverhältnis zwischen Gefährdungspotential und Straßenradleranteil - ich konnte mich nur wundern.


    Mir war das aber schon nach 500m, 2 Nahtoderfahrungen, der Angst um den Inhalt meiner Packtaschen und der Unlust, einem polnischen Beamten der Rennleitung im Falle eines Unfalles irgendwas erklären zu wollen, einfach zu viel. Ich bin kampfradelnd auf dem Gehweg weitergekrochen und bei jedem Zebrastreifen abgestiegen.
    Dort hab ich auf Einheimische gewartet, um mit denen zusammen über den Zebrastreifen zu gehen. Denn ich hatte keine Lust, mich von Autofahrern dann dort umnieten zu lassen. Da wird nur gehalten, wenns denn uuuuuuuuunbedingt sein muss und der Fußgänger nun wahrhaftig schon mitten auf der Fahrbahn steht. Gruselig. Kannte ich bisher nur aus Italien und Griechenland - war hier aber nochmal 2 Runden krasser.

    Fazit:
    - ich werde nie wieder länger als unbedingt nötig mit dem Fahrrad nach Polen fahren
    - mich wundert das Verhalten von Lenkern mit polnischen Kennzeichen hier in Hamburg jetzt noch weniger. Die fahren hier einfach genauso beschissen wie "drüben"

    Schönstes Erlebnis dort:
    - beschrankter Bahnübergang, die roten Signale gehen los, die Schranken beginnen, sich zu senken. 45° ... von hinten hör ich den Motor aufheulen. mit Vollgas drüber.
    Jeder querende Zug hupte übrigens. Die wissen wohl, warum.
    :whistling:

  • Ich bin der positiven Überzeugung, dass das eine Art Evolution ist. In Warschau wird es höchstwahrscheinlich schon besser gehen, was den Umgang mit Fahrradfahrern angeht als auf dem Land (Masa Krytyczna). Ähnlich wie bei uns, nur insgesamt ausgeprägterer Nachholbedarf. Ohne es zu wissen, vermute ich mal, dass das Fahrrad verkehrspolitisch in Polen kaum eine Rolle spielen dürfte, selbst touristisch ist das kaum ein Thema, außer vielleicht an der Ostsee.

    Zur alltäglichen Praxis auf den Nationalstraßen: Es wird in Polen auch trotz Gegenverkehr mit dem Auto quasi dreispurig überholt. Dafür fährt der Gegenverkehr dann auf dem Seitenstreifen, der nebenbei auch für Radfahrer und Fußgänger gedacht ist. Die müssen dann auch dort sehen, wo sie bleiben. Ist halt eine andere Einstellung zu den "schwächeren" Verkehrsteilnehmern. Wie gesagt, in England ist das auch nicht anders. ;)


  • Da wird nur gehalten, wenns denn uuuuuuuuunbedingt sein muss und der Fußgänger nun wahrhaftig schon mitten auf der Fahrbahn steht. Gruselig. Kannte ich bisher nur aus Italien und Griechenland - war hier aber nochmal 2 Runden krasser.

    Italien habe ich diesbezüglich eigentlich ganz angenehm in Erinnerung. Da hält an einer Fahrbahn zwar kein Auto an, wenn man am Fußgängerüberweg wartet — der ja auch locker mal fünfzig Meter über eine extrem breite Fahrbahn führen kann — aber wenn man einigermaßen selbstbewusst hinüberschreitet, hat man eigentlich keine Probleme ?( Ist halt gewöhnungsbedürftig — und vermutlich sind mehrstreifige Fußgängerüberwege bei uns genau aus diesem Grunde unzulässig.

  • aber wenn man einigermaßen selbstbewusst hinüberschreitet, hat man eigentlich keine Probleme

    So funktioniert das in Mumbai auch: Wenn man über die Straße will, muss man einfach loslaufen - auch ohne Zebrastreifen.
    Ich bin immer soweit in den Weg gelaufen, dass ich falls notwendig noch hätte zurück springen können, der Fahrer aber eigentlich bremsen musste, um mich nicht zu überfahren :)

  • Ich war im Mai 2013 in Polen unterwegs. Auf dem Ostseeradweg zwischen Danzig und Usedom sind wir auch häufig auf der Fahrbahn gefahren und haben die Abstände beim Überholen eigentlich in positiver Erinnerung. Dafür wurde unabhängig von den Sichtverhältnissen überholt, gerne vor uneinsichtigen Kurven.

    Die Verkehrsdichte war angenehm niedrig und es gibt noch in jedem Dorf einen kleinen Laden in dem man sich mit Getränken und Nahrungsmitteln versorgen kann, nicht so wie in den ausgestorbenen Dörfern entlang des Oder-Neiße Radwegs in Deutschland.

    Wir haben aber auch einige Warnungen vor dem Straßenverkehr in Polen gelesen, bei den Verkehrstoten pro Einwohnern liegt Polen glaub ich auch im Vorderfeld. Allerdings waren unsere Erfahrungen gut, lag aber vielleicht auch daran, dass noch Vorsaison und dementsprechend wenig los war.