Radfahrer und Rotlichtverstöße

  • Blöde Juristen-Antwort: Das kommt darauf an.

    Das korrespondiert ja sozusagen zur Rechtsprechung zur Umgehung einer roten Ampel über eine an die Kreuzung angrenzende Tankstelle oder einen Parkplatz. Insofern hatte ich ja damals noch Glück, dass ich schon von Anfang an auf der Fahrbahn unterwegs war, auch wenn mir die Rennleitung noch die Missachtung der roten Fußgänger-Ampel vorwerfen wollte.

  • Malte:
    Wie gesagt kenne ich nur Entscheidungen zu kreativen Ampelumgehungen motorisierter Fahrer, wobei zuletzt die Umfahrung über eine Tankstelle auch als legal durchging. Für Radfahrer sind die Ampelregelungen wohl allgemein so unbekannt, dass kaum gezieltes Ausnutzen unterschiedlicher Umlaufzeiten in Frage kommender verschiedener Signale und/oder Ahndung durch die Rennleitung stattfinden.

  • Wenn ein Gericht zu der Überzeugung gelangt, man hätte den Radweg verlassen, um gezielt die für sich ungünstigere Ampelschaltung für Radwegbenutzer zu umgehen, kann man das Fahren bei grüner Fahrbahnampel und roter Fußgängerampel durchaus als Rotlichtverstoß auslegen.

    Wie sieht es denn umgekehrt aus, wenn ich von der Fahrbahn auf den Radweg wechsle und die Fahrbahnampel zufällig "rot" zeigt? Könnte das auch als Rotlichtverstoß ausgelegt werden? Man hat ja als Radfahrer immer eine Hand voll Argumente, warum man auf der Fahrbahn oder auf dem Radweg fährt, ganz abgesehen von roten Ampeln...

  • Warum wollen viele (verkehrsmittelunabhängig) bei Rot "über die Ampel"?

    Ist es mangelnde Zeit? (so viel Zeit kostet das gar nicht, an der nächsten/übernächsten Kreuzung sehe ich die Rotlicht"sünder" meist wieder).
    Gefühlte ungerechte Behandlung? (meiner Meinung nach macht man sich gerade dann, wenn man Verkehrsregeln einfach missachtet zu "Bürgern zweiter Klasse").
    Wissen, dass da ja gerade nichts kommen kann (falls sich die Autofahrer anders als der Radfahrer an das Rotsignal halten würden, tun sie ja aber auch nicht alle, sei es Unachtsamkeit, "Eile", "Da kann ja nichts kommen" oder "Wir Autofahrer sind ja eh sooo benachteiligt")

    Heute morgen zum Beispiel am Knoten Wandsbek Markt (von Süden nach Norden): Eine Fahrbahnquerung (Radweg ist benutzungspflichtig) mit 2 Ampeln und Mittelinsel. Die erste Ampel (Fußgänger + Radfahrer in der Streuscheibe) ist schon Rot. Die zweite noch Grün. Natürlich weiß ich dass ich schneller über der Straße bin als die Räumphase (die ja für langsame Fußgänger ausgelegt ist) der 2. Ampel die noch grün ist. Aber die erste Ampel gilt wohl trotzdem (oder etwa nicht) also halte ich. 2 Sekunden später schaltet auch die 2. Ampel auf rot. Ein Radfahrer fährt an mir vorbei und missachtet beide Ampeln (ohne jemanden zu gefährden). Ich halte das trotzdem nicht für gut (wirft schlechtes Licht auf Radfahrer, ist schlechtes Vorbild (nicht nur für Kinder auch für Fußgänger, Autofahrer,... von denen wir ja selbst dann regeltreue erwarten wenn sie dafür ein paar Sekunden langsamer vorankommen).

    Dass die Ampel gerade umspringt (und man vielleicht noch per Schulterblick schaut ob einen nicht gleich ein rechtsabbieger überholt) kenne ich natürlich auch, dann lege ich auch keine Vollbremsung hin. Aber ansonsten warte ich genauso an einer roten Ampel wie ich langsame Fahrradfahrende/Fußgänger nur bei entsprechendem Platz und Sichtverhältnissen überhole (so wie ich das auch von anderen Verkehrsteilnehmern erwarte) und ansonsten eben "entschleunige".

    Auch dass die Regeln (ob eine Ampel für mich gilt und wenn ja welche) nicht immer klar sind ist natürlich zu berücksichtigen.
    So weiß ich bis heute nicht, wann ich an der ampelgesteuerten "Kreuzung" (Nord/Süd-Richtung ist nur für Fußgänger/Radfahrer) Wiesenstieg/Südring von Norden oder Süden kommend auf den Südring einbiegen darf (am sinnvollsten erscheint mir hier aufgrund des geringen verkehrsaufkommens eine Schlafampel, in anderen Fällen in denen ich von einem Radweg an einer Kreuzung mit Ampel rechts-abbiegend auf die Fahrbahn wechsele bin ich mir aber genauso unsicher ob die Fußgängerampel dann für mich gilt)
    Die "Kreuzung" bei Google

  • Warum wollen viele (verkehrsmittelunabhängig) bei Rot "über die Ampel"?


    Man sollte die Frage andersherum stellen: Warum willst du dich an diese Regeln halten?

    Zitat


    Aber die erste Ampel gilt wohl trotzdem (oder etwa nicht)


    Ja, gilt.

    Zitat


    Ein Radfahrer fährt an mir vorbei und missachtet beide Ampeln (ohne jemanden zu gefährden).


    War die Fahrbahn-Ampel noch grün bzw. früh gelb? Dann stört mich sowas nicht.

    Zitat


    So weiß ich bis heute nicht, wann ich an der ampelgesteuerten "Kreuzung" (Nord/Süd-Richtung ist nur für Fußgänger/Radfahrer) Wiesenstieg/Südring von Norden oder Süden kommend auf den Südring einbiegen darf (am sinnvollsten erscheint mir hier aufgrund des geringen verkehrsaufkommens eine Schlafampel, in anderen Fällen in denen ich von einem Radweg an einer Kreuzung mit Ampel rechts-abbiegend auf die Fahrbahn wechsele bin ich mir aber genauso unsicher ob die Fußgängerampel dann für mich gilt)

    Von Norden kommend rechts abbiegen kannst du die Ampel ignorieren, hast aber trotzdem keine Vorfahrt. Alle anderen Richtungen würde ich drauf tippen, dass du die Ampel beachten musst.
    Wenn du direkt an einer Kreuzung vom Radweg auf die Fahrbahn rechts abbiegst obwohl du Rot hast, dürfte das ein Rotlichtverstoß sein. Wenn du auf dem Radweg abbiegst und erst nach 50m auf die Fahrbahn fährst, dürfte das in Ordnung sein. Die entsprechenden Paragraphen erscheinen mir hier unklar zu sein, aus könnte man folgern, dass auch Radfahrer auf dem Radweg beim Rechtsabbiegen die Ampeln beachten müssen, aber das kann ich mir nicht vorstellen.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • Warum wollen viele (verkehrsmittelunabhängig) bei Rot "über die Ampel"?

    Ein paar Gründe:
    1.) Nachteilige Signalisierung an großen Kreuzungen: Ich werde als Radfahrer bei Benutzung von Radverkehrsanlagen gezwungen, zunächst die Rechtsabbiegerspur ampelgeregelt zu queren, auf einer Mittelinsel zu warten, dann die Geradeausfahrbahn und ggf. anschließend noch eine weitere Phase für die nächste Rechtsabbiegerspur abzuwarten. Solche Situationen umgehe ich inzwischen indem ich auf der Fahrbahn fahre und die gesamte Kreuzung mit einer Grünphase quere. Radwegbenutzungspflicht dürfte bei solchen Situationen schon wegen der fehlenden fahrbahnbegleitenden Vorfahrtregelung grenzwertig sein.

    2.) Auf Fußgänger ausgerichtete Räumzeiten. Während man auf der Fahrbahn 20 Sekunden oder länger grün hat, springt der Signalgeber für die Fuß/Radwegquerung schon nach 5 Sekunden wieder auf rot. Da nutze ich mal gerne die kürzerer Räumzeit des Fahrrads aus.

    3.) Rechtsabbieger. Ein Fahrrad ist nun mal schmaler als ein Kfz. Insbesondere wenn ich von einem Radweg/Radstreifen nach rechts in einen anderen abbiege, habe ich nur auf ggf. kreuzende Fußgänger zu achten. Sind keine da -"Vorfahrt gewähren"

    4.) Schwach frequentierte / übersichtliche Einmündungen. Besonders nachts oder frühmorgens sind Ampeln trotzdem auf Festphase programmiert und schalten auf Rot, wenn kein Querverkehr kommt. Sinngemäß dasselbe wie in der Rechtsabbieger-Situation.

    Ich weiß, die StVO-Getreuen werden jetzt wieder entrüstet aufschreien. Aber mal ganz ehrlich: Befolgt man Regeln der Regeln willen oder weil sie Sinn ergeben? Und wenn sie in bestimmten Situationen keinen Sinn ergeben, ist es dann nicht sinnvoller den gesunden Menschenverstand zu gebrauchen? Gefährde ich andere? Gefährde ich mich? Nein? Dann kann die Regelüberschreitung so schlimm wohl nicht sein.

  • Wie sieht es denn umgekehrt aus, wenn ich von der Fahrbahn auf den Radweg wechsle und die Fahrbahnampel zufällig "rot" zeigt?

    Grundsätzlich ist das natürlich auch in der Gegenrichtung denkbar. Wenn das Gericht in freier Beweiswürdigung zu der Überzeugung gelangt, der Wechsel einer Verkehrsfläche diene der Umgehung einer Ampel, so kann es auch auf einen Rotlichtverstoß erkennen. Natürlich kann man diverse Gründe für den Wechsel von Radweg auf Fahrbahn und selbst andersrum geltend machen. Bei einem kurzen Schlenker über die vermeintlich einer grünen Ampel zugeordnete Verkehrsfläche und zurück kann man das Gericht aber evtl. nicht davon überzeugen, dass dies nicht der Umgehung einer roten Ampel diente.

  • Warum wollen viele (verkehrsmittelunabhängig) bei Rot "über die Ampel"?

    Gute Frage.
    Dazu zwei Beispiele:

    München, Dachauer Straße in Höhe MAN.
    Mit Auto: an die Kreuzung heranfahren, ca. 60% Grünzeit.
    Mit Fahrrad: bis an die Bettelampel der Rechtsabbiegespur (Rot, auf Anforderung Grün), 2 min. dekorativ auf die Hauptkreuzung schauen (dabei kein einziger Rechtsabbieger), dann rüber. Anschließend warten bis Hauptkreuzung grün ist (kann auch Bettelampel sein, weiß ich nicht mehr, mein Blutdruck war da schon gefühlt bei über 250 mmHg), dann nochmal Bettelampel bei zweitem Dreieck.

    Dachau, Münchner Straße Ecke Schleiheimer, aus Schleißheimer Straße kommend.
    Auto: An die Kreuzung heranfahren, Wagen wird von Kamera erfasst, normalerweise nach 10-20 Sekunden Grün.
    Fahrrad: an die Kreuzung heranfahren. Warten bis ein Wagen hinter einem steht der dann den Sensor auslöst (das kann morgens um 5h "etwas" dauern). Dann bei Grün durchfahren.

  • Gute Frage.
    Dazu zwei Beispiele [...]


    Das zweite Beispiel ist natürlich ärgerlich.

    2 Beispiele meinerseits:

    Autos:
    In Karlsruhe nahm ich in 10 Jahren 2 Rotlichtverstöße durch Autofahrer war.
    In Hamburg sieht man pro Minute einen Rotlichtverstoß durch Autos, LKWs und Busse. Dazu noch Gelblichtverstöße (Beschleunigen) und Einfahren in die Kreuzung obwohl abzusehen ist dass man sie innerhalb der Räumzeit nicht räumen kann.
    Daher denke ich dass es sowohl am Verkehrsklima liegt ("machen doch alle so") als auch daran wie "entspannt" man selbst am Verkehr teilnimmt.

    Fahrräder:
    Während sich Autofahrer bei mir bisher auf Androhung von Gewalt (knapp Überholen, "Das nächste Mal überfahre ich dich", "Euch sollte man Teeren und Federn",....) beschränkten ärgerte sich ein bei Rot über die Kreuzung fahrender Geister-Radfahrer dermaßen darüber dass er nicht an mir vorbeikam, dass er mir (nach einem kleinen Streitgespräch) mit voller Kraft gegen die Schläfe boxte.