Sie kommt, sie kommt nicht ... warten auf die Maut für den Autoverkehr

  • "Gebühr fürs Autofahren - Wieso jetzt wieder über die Pkw-Maut gestritten wird"

    Spiegel vom 19.5.24

    Vorstoß der »Wirtschaftsweisen«: Wieso jetzt wieder über die Pkw-Maut gestritten wird
    Soll das Autofahren auf deutschen Straßen Gebühren kosten? Beliebt ist die Idee nicht gerade. Aber manches spricht dafür, dass sie sich durchsetzt. Der…
    www.spiegel.de

    Wir erinnern uns:

    Maut-Skandal: Warum Ex-Verkehrsminister Scheuer nicht zahlen muss
    WDR vom 29.12.2023:

    "243 Millionen Euro muss der Bund an einen Mautbetreiber zahlen - quasi für nichts. Verantwortlich für den geplatzten Deal war Ex-Verkehrsminister Scheuer. Doch ihn schützt das Gesetz."

    Maut-Skandal: Warum Ex-Verkehrsminister Scheuer nicht zahlen muss
    243 Millionen Euro muss der Bund an einen Mautbetreiber zahlen - quasi für nichts. Verantwortlich für den geplatzten Deal war Ex-Verkehrsminister Scheuer. Doch…
    www1.wdr.de

    In dem WDR-Bericht wird deutlich gemacht, dass Regress-Forderungen an Scheuer nur geringe Erfolgsaussichten gehabt hätten.

    Abgesehen davon wirft jedoch die ganze Affäre Fragen auf, die jetzt wieder aktuell werden, weil die Wirtschaftsweisen zur Einführung eines Mautsystems für den privaten Autoverkehr raten.

    Zunächst ein Rückblick: Viele, die Scheuer damals öffentlich für seine angebliche Unfähigkeit bei der Einführung bei der Einführung der PKW-Maut kritisierten, waren ihm in Wirklichkeit sehr dankbar dafür. In dem eingangs zitierten Spiegel-Artikel wird die für 2019 einmal geplante Pkw-Maut in Deutschland als "Prestigeprojekt der CSU in der damaligen Bundesregierung" bezeichnet. Dass es der CSU zu keinem Zeitpunkt darum ging, tatsächlich eine PKW-Maut in Deutschland einzuführen, um damit zum Beispiel die negativen Umwelt- und Klimafolgen des Autoverkehrs einzudämmen, war von vornherein klar. Der CSU-Vorstoß hatte einen anderen Grund:

    ""Fast alle unsere europäischen Nachbarn [damit meint er vor allem Österreich] erheben eine Maut, können bei uns aber gratis durchfahren. Ich werde da nicht lockerlassen." (CSU-Chef Horst Seehofer am 5.10.2011 in der "Passauer Neuen Presse")" zitiert bei:

    Pkw-Maut im Bundeskabinett: Zitate aus zehn Jahren Maut-Streit
    Die Bundesregierung beschließt am Mittwoch die Einführung einer Pkw-Maut. Der Weg dorthin war mühsam, voller Wendungen und seltsamer Widersprüche. Ein…
    www.spiegel.de

    Die CSU bewertete es als Abzocke, dass Österreich von bayrischen Autofahrer*innen eine Maut erhebt, während umgekehrt die österreichischen Autofahrer*innen kostenfrei deutsche Autobahnen benutzen. Es lohnt sich den angegebenen Link aufzurufen, weil da auch noch ältere und ganz anders klingende Positionierungen abgedruckt sind.

    Das angebliche "Maut-Desaster" war in Wirklichkeit eine raffinierte Finte, um das Thema PKW-Maut ein für allemal auszuradieren. Die CSU forderte die PKW-Maut aus "Rache" dafür, dass man in Österreich für die Autobahnnutzung Geld bezahlen muss. Allerdings zahlen dort alle, auch die Österreicher selbst. Das auf Deutschland zu übertragen, ging den CSU-Granden zu weit. Zahlen sollten nur die Ausländer, die Deutschen sollten das Mautgeld zurückerstattet bekommen. Und genau das sollte Scheuer umsetzen gegen den Widerstand aller anderen europäischen Länder. Ramsauer und Dobrindt, Scheuers Vorgänger im Amt des Verkehrsministers schoben das an und Scheuer vollendete. Dabei schloss er bereits Verträge mit Firmen, die das Abrechnungssystem installieren sollten. Erst der EUGH stoppte Scheuer, doch da hatte Scheuer schon Aufträge erteilt und die beauftragten Firmen entsprechende erhebliche Vorarbeiten geleistet, die nun nicht mehr benötigt wurden. Und trotzdem ging die geheime "Rechnung" der CSU auf. Denn die CSU hatte ein politisches Klima geschaffen, in der das Thema PKW-Maut zu einem Hassobjekt aufgebaut wurde. Dass die PKW-Maut am Ende gar nicht gekommen ist, das hat einige schmunzeln lassen und Scheuer als unfähig erscheinen lassen. Aber es wagte niemand, auch die Grünen nicht, für eine EU-konforme PKW-Maut in Deutschland einzutreten. Die Kritik des EUGH richtete sich nicht gegen das geplante Vorhaben PKW-Maut auf deutschen Straßen zu erheben, sondern dagegen, dass diese PKW ausschließlich von ausländischen Autofahrern erhoben werden sollte.

    Jetzt also eine neue Runde auf Anraten der Wirtschaftsweisen hin?

    Greenpeace ist dafür: "Greenpeace-Verkehrsexpertin Marissa Reiserer ... sagte: »Klug ausgestaltet kann eine Pkw-Maut die Modernisierung im Straßenverkehr voranbringen.« Würden sich die Gebühren nach dem Fahrzeuggewicht richten, ließe sich der Verkehr von schweren SUV auf sparsame Kleinwagen verlagern; nach Verkehrsdichte, von der Rushhour zu Randzeiten mit weniger Stau; nach vorhandenen ÖPNV-Alternativen, ganz raus aus dem Auto zu Bus und Bahn. Im Straßenverkehr fehle das Verursacherprinzip: Wer die Öffentlichkeit belaste, solle an den Kosten beteiligt werden."

    FDP und CDU dagegen: "Thomas Bareiß (CDU) befand, die Autofahrer seien »ohnehin schon finanziell mehr denn je belastet und werden durch die rot-grüne Politik immer stärker geschröpft«." Das ist schon fast Original "AfD-Sprech"

    Die SPD "laviert" und die Grünen kommen in dem Spiegel-Artikel erst gar nicht vor.

    "Auf der Europakarte zählt Deutschland zu den wenigen weißen Flecken, die keine generelle Benutzungsgebühr für Autobahnen kennen." heißt es in dem Spiegel-Artikel Und bereits ganz zu Anfang steht da zur PKW-Maut geschrieben:

    "Beliebt ist die Idee nicht gerade. Aber manches spricht dafür, dass sie sich durchsetzt."

  • Einwurf von der Seitenlinie: Der populistische Mist, das die Ausländer gefälligst bei uns zahlen sollen war eine Forderung der Mautbefürworter. Es wäre aber völlig egal gewesen welche Nationalität und Aufenthsltsstatus Fahrzeugführende gehsbt hätten. Selbst ET hätte am Steuer eines in DEU angemeldeten Kfz keine Maut bezahlen müssen.

  • Clever eingefädelt von den Echsen-Menschen... :thumbup: Ich möchte fast laut "Chapeau!" rufen. :rolleyes:

    :|

    Meinetwegen war es nicht eingefädelt, im Ergebnis ist es dasselbe: PKW-Maut ist in Deutschland zu einem Tabu-Wort geworden, für die meisten politischen Parteien, die zu einer Wahl antreten. Und das war nicht zuletzt der Verdienst Scheuers, ob es nun politisches Kalkül war oder Dusseligkeit. Hätte Scheuer vernünftigerweise auf das EUGH-Urteil gewartet, bevor er die entsprechenden Verträge zur Umsetzung einer PKW-Maut absegnet, dann wäre das Thema mehr oder weniger lautlos in der Versenkung verschwunden. Wenn die PKW jetzt doch noch kommt, dann müsste das schon möglichst lautlos und ohne großes Herumgeeiere möglichst weit parteiübergreifend zielgerichtet umgesetzt werden. Das ist kaum zu erwarten. Spannend ist nur, wie lautstark die CSU sich dann plötzlich wieder gegen die PKW-Maut aussprechen wird.

  • Einwurf von der Seitenlinie: Der populistische Mist, das die Ausländer gefälligst bei uns zahlen sollen war eine Forderung der Mautbefürworter.

    Es gab verschiedene Gruppen von Mautbefürwortern. Der aktuelle Artikel mit der Greenpeace-Stellungnahme Pro Maut macht das deutlich. So hatte Greenpeace auch früher schon für eine PKW-Maut argumentiert. Die CSU dagegen hatte das Thema PKW-Maut nicht aus umweltpolitischen Gründen ins Spiel gebracht. Es kommt jetzt darauf an deutlich zu machen, dass die PKW-Maut zu einer Verkehrswende einen positiven Beitrag leisten kann, obwohl die CSU recht erfolgreich PKW-Maut zum Reizwort gemacht hat.