In Kiel haben wir mehrere Kreuzungen, an denen teilweise für Radfahrer und Fußgänger in allen Richtungen gleichzeitig grünes Licht signalisiert wird. Das passiert beispielsweise entlang der Holtenauer Straße an drei Kreuzungen (Knooper Weg/Düppelstraße, Lehmberg und Dreiecksplatz) nach einem Umlaufplan, der mir nicht so richtig bekannt ist. Wenigstens am Lehmberg herrscht auch zeitweise ein recht großes Radverkehrsaufkommen in alle vier Richtungen, so dass es schon ein bisschen blöd werden kann — denn als normaler Verkehrsteilnehmer rechne ich ja nicht damit, dass bei meinem grünen Licht noch jemand von rechts oder links kommt, der ebenfalls grünes Licht sieht.
Das nennt man ja, wenn es um Kraftfahrzeuge auf der Fahrbahn geht, „feindliches Grün“ und wird mit technischen Mitteln unterbunden: Eine Lichtzeichenanlage muss sich selbst nach spätestens 0,3 Sekunden abschalten, wenn sie aus irgendeinem Grunde zwei in Konflikt stehende Verkehrsströme mit grün signalisiert.
Und irgendwie schwanke ich jetzt zwischen der Vermutung, dass man in Kiel Fußgängern und Radfahrern etwas Gutes tun wollte und dem obligatorischen „mit nichtmotorisierten Verkehrsteilnehmern kann man’s ja machen“. Nett gemeint ist beispielsweise, dass ich als Fußgänger theoretisch zwei Arme der Kreuzung in einem Zug überqueren kann; doch reicht die Zeit meistens nur für anderthalb Überquerungen. Man sitzt im Endeffekt also auf der nächsten Mittelinsel fest — da kann man dann auch lieber in „der Ecke“ der Kreuzung warten.
Mit dem Fahrrad schafft man theoretisch auch eine komplette Umrundung der Kreuzung, hat aber das Problem, dass überall feindliche Verkehrsströme lauern. Es gibt weder ein Schild, dass hier mit Vier-Wege-Grün zu rechnen ist, noch zeigt mir irgendeine Art von Signalgeber an, dass auch bei grünem Licht von rechts und links Radfahrer kommen können, die im Angesichte ihres eigenen grünen Lichts von ihrer Vorfahrt überzeugt sind.
Auf eine solche Weise lernte ich bei meinem Umzug vor relativ genau zwei Jahren dieses Vier-Wege-Grün kennen: Eines morgens fuhr ich zum Bahnhof und mir knallte ein pöbelnder Radfahrer von rechts beinahe in die Seite. Dann stellte ich fest, dass er grünes Licht hatte und geriet ins Schwitzen, weil ich davon ausging, einen Rotlichtverstoß begangen zu haben — stellte dann aber fest, dass alle Signalgeber für Fußgänger und Radfahrer grünes Licht zeigten. Damit hatte ich nicht gerechnet, so etwas kannte ich bislang nur aus den Niederlanden.
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Und auch heute passiert es regelmäßig, dass die Lichtsignalanlage grünes Licht in alle Richtungen zeigt und ich bemerkte, dass ein Radfahrer aus dem Querverkehr so richtig Gas gibt, um mich als vermeintlichen Rotlichtsünder schneiden zu können. Besonders in der Bergstraße, in der ich dank der vorgelagerten Lichtsignalanlage meistens pünktlich zum Vier-Wege-Grün ankomme, halten die Leute im Querverkehr echt drauf. Da kann man dann beim sommerlichen Radverkehrsaufkommen auch schon mal eine ganze Grünphase lang auf eine Lücke warten.
… was ja gleich zum nächsten Problem führt: Die Vorfahrt wird in solchen Fällen vermutlich mit § 1 StVO geregelt? Denn weder in § 8 StVO oder § 37 StVO ist vorgesehen, dass kollidierende Verkehrsströme gleichzeitig grünes Licht sehen.
Eigentlich würde ich gerne anregen, dass wenigstens kleine Schilder installiert werden, dass es an dieser Kreuzung ein so genanntes Vier-Wege-Grün gibt, aber ich habe den Eindruck, dass weder in der Straßenverkehrs-Ordnung noch in den einschlägigen Verwaltungsvorschriften eine solche Schaltung überhaupt vorgesehen ist? Ließe sich so etwas noch als Verkehrsversuch im Sinne von § 45 StVO verbuchen? Und liegen zufällig jemandem die Richtlinien für Lichtsignalanlagen vor? Die haben doch sicherlich auch eine Meinung zu diesem Sachverhalt?