Art. 13 und ähnliches: Die nächste Internet-Bedrohung

  • Also über Uploadfilter müssen wir nicht reden. Die halte ich für absolut überzogen und gefährlich.

    Interessanter finde ich die Diskussion über das Leistungsschutzrecht. Denn der Grundgedanke ist ja erstmal nicht schlecht:

    Google verdient sehr viel Geld damit, fremde Inhalte darzustellen. Da ist es nur sinnvoll, den Erzeugern dieser Inhalte die rechtlichen Mittel einzuräumen, daran zu partizipieren: der Markt würde regeln, ob Google am Ende tatsächlich dafür bezahlt oder doch nicht.

    Volkswirtschaftlich betrachtet kann das ja in erster Näherung nicht verkehrt sein.

    Problematisch sind mMn eher die Rahmenbedingungen: Wer darf zitieren und wie hoch sind die Kosten bei einem Verstoß?

    Gerade das Abmahnungsrecht ist hier ja wirklich eine Seuche. Das ist nicht einfach zu regeln. Die Suchmaschine Google ist hier sicherlich fein raus. Problematisch ist es nur für die vielen Forumsbetreiber.

    Bin gespannt, welche Regelungen tatsächlich verabschiedet werden.

  • Google verdient sehr viel Geld damit, fremde Inhalte darzustellen. Da ist es nur sinnvoll, den Erzeugern dieser Inhalte die rechtlichen Mittel einzuräumen, daran zu partizipieren: der Markt würde regeln, ob Google am Ende tatsächlich dafür bezahlt oder doch nicht.

    Mit Google News, auf das die Verlage dauernd abzielen, dürfte Google allerdings in Ermangelung von dortigen Werbeanzeigen kaum Geld verdienen. Und selbst wenn: Sobald Google die Webseiten der Verlage auslistet, was jene mit einer simplen robots.txt-Datei auch heute schon könnten, wird es wohl auch wieder nicht recht sein.

  • 1. Google verdient bei Google-News nix. Keine Werbung, kein bißchen.

    2. Google führt den Online-Publikationen der Verlage Leser zu, erbringt für diese also eine Dienstleistung - gratis. Dafür soll es nun also bezahlen, was völlig absurd ist. Der Vergleich mit Taxifahrten zu einer Lokalität, für die der Taxifahrer eine Lizenz an die Lokalität bezahlen soll, drängt sich geradezu auf.
    3. Das Leistungsschutzrecht ist grandios gescheitert (Deutschland und Spanien), sofern man die proklamierten Ziele für die tatsächlichen hält.

    4. Das LSR verfestigt Monopole und Oligopole, da es insbesondere kleine Suchmaschinenbetreiber, aber auch andere "gewerbliche" Online-Angebote, die "nach draußen" verlinken, massiv behindert. Damit ist es eine Behinderung der Diskurs- und Verlinkungskultur im Internet, denn:


    Internet = Verlinkung.

    5. Es ist komplett überflüssig, es versucht gescheiterte Geschäftmodelle der Verlage zu konservieren.

    Im übrigen verweise ich auf IGEL, denn das wurde alles schon viele male durchgekaut. Das LSR ist eine auf Lügen basierende freiheitsfeindliche Totgeburt von Lobbyknechten wie Axel Voss & Co. Es ist komplett abzulehnen.

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    Peter Viehrig

    "Glaube ist die Überzeugung, dass etwas wahr ist, weil die Belege zeigen, dass es falsch ist."
    (Andreas Müller)

  • Wenn Google mit News nichts verdient, werden die Verlage von Google auch nichts bekommen. Das wäre dann das Marktergebnis und nicht zu beanstanden.

    Das Geschäftsmodell der Verlage würde ich mal volkswirtschaftlich betrachten:

    Es geht darum, dass Güter, die positive externe Effekte haben, zu wenig angeboten werden.

    Nehmen wir mal das klassische Beispiel: Ein Autohaus bietet eine ungewöhnliche gute Beratung. Die kostet natürlich Geld, weshalb die Autos in diesem Autohaus teurer sind als bei einem anderen Autohaus. Nun gibt es aber Kunden, die die gute Beratungsleistung in Anspruch nehmen und anschließend das Auto woanders günstiger kaufen. Das ist ein positiver externer Effekt: Das Autohaus erbringt eine kostenlose Leistung.

    Wenn das aber von zu vielen Kunden missbraucht wird, wird das Autohaus mittelfristig weniger Beratung anbieten.

    Und - das ist ganz wichtig - obwohl es eine Nachfrage nach der guten Beratung gibt und viele Menschen bereit sind, den höheren Preis zu zahlen. Durch die "Nebennutzung" wird das Geschäftsmodell aber behindert oder ganz zerstört.

    Die Verlage befinden sich in einer ähnlichen Situation: Sie stellen die Artikel her, die anschließend von anderen genutzt werden. Das ist auch so ein positiver externer Effekt. Und auch er führt dazu, dass Artikel in geringerer Zahl oder schlechterer Qualität hergestellt werden, als volkswirtschaftlich eigentlich wünschenswert wäre.

    Und genau darum ist es es wert, über ein anständiges Leistungsschutzrecht nachzudenken.

    Ich behaupte nicht, dass das einfach ist. Und schon gar nicht behaupte ich, dass die jetzt angedachte Lösung angemessen ist. Ich stelle nur fest, dass ein Leistungsschutzrecht etwas ist, worüber es sich lohnt, nachzudenken.

  • Die Verlage befinden sich in einer ähnlichen Situation: Sie stellen die Artikel her, die anschließend von anderen genutzt werden.

    Inwiefern? Durch Auflistung einer Überschrift nebst Link zum Artikel? Das ist Internet. Wenn die Verlage das nicht wünschen, können sie sich jederzeit mittels robots.txt davon befreien.

    Das ist auch so ein positiver externer Effekt. Und auch er führt dazu, dass Artikel in geringerer Zahl oder schlechterer Qualität hergestellt werden, als volkswirtschaftlich eigentlich wünschenswert wäre.

    Ich wiederhole mal einfach die Frage: Inwiefern? Allenfalls ist es umgekehrt. Google erbringt eine kostenlose Dienstleistung für die Verlage, führt ihnen nämlich Kunden zu, mit denen sie im Gegensatz zu Google bei Google-News - über Werbung auf ihren Seiten mehr Umsatz generieren, was sie, wenn sie das gar zu sehr stört, - wie bereits geschrieben - jederzeit unterbinden können. Ganz ohne LSR.

    Die Argumentation für ein LSR ist auch volkswirtschaftlich kompletter Unfug.

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    Peter Viehrig

    "Glaube ist die Überzeugung, dass etwas wahr ist, weil die Belege zeigen, dass es falsch ist."
    (Andreas Müller)

  • Eigentlich könnte Google von den Verlagen sogar noch Geld für die Dienstleistung verlangen.

    Wenn ich eine Anzeige in meiner Tageszeitung schalten lassen will, wollen die schließlich auch Geld von mir haben.

    Von der Verlinkung profitieren eigentlich alle. Google schaltet mehr Werbung und bekommt mehr Daten. Der Verleger kriegt mir Klicks und verdient mit Werbung oder anderen Angeboten, der User findet mehr interessante Inhalte. Werbende Unternehmen verkaufen mehr Zeug, usw.

    Die sollen einen technischen Standard erarbeiten oder einen vorhandenen nutzen. Wie wäre es, wenn die Verleger einen RSS-Feed mit Anreißtexten anbieten, und nur die kriegen die User zu sehen? Wenn ein Verleger eine Paywall hat, könnte er mit Newsaggregatoren Vereinbarungen treffen nach dem Motto "Du kriegst die ganzen Texte kostenlos um sie durchsuchbar zu machen, der User darf sie aber nicht sehen, sondern nur den Anreißtext."

    Wozu braucht man da ein LSR?

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • Der letzte Schwung an Linktipps vor der morgigen Abstimmung:

    Die taz bemängelt hingegen, dass der Initiator von #SaveYourInternet auch eigene Interessen damit vertrete, weil er eine Plattform zum Teilen von Memes betreibe. Ich bin mir aber nicht sicher, ob ihn das nun so sehr diskreditiert: Jeder ist in irgendeiner Form von dieser Reform betroffen.

    Wikimedia Deutschland antwortet auf Axel Voss. Lesenswert.

    Passend zur Abstimmung sendet das ZDF noch mal eine laut Titel recht einseitige Dokumentation zu der Reform: Zeitungen in Not: Was ist uns Journalismus noch wert?

  • Herr Voss beklagt sich in seinem Video zurecht, (fast) niemand hätte mal §2 gelesen. Tatsächlich scheint mir dieser in deinen ganzen Links auch nicht reflektiert zu sein.

    Hier ist er zu finden: Hier könnte ein Anreißtext stehen.

    Dort nach "Article 2 – paragraph 1 – point 4 b (new)" in blauer Schrift gucken.

    Warum ist das eigentlich nur in Englisch verfügbar, und dazu in einem Englisch, dass nicht einfach zu verstehen ist?

    Hier mal eine Übersetzung:

    Zitat

    Mit "Online-Diensteanbieter zum Teilen von Inhalten" ist ein Anbieter einer Dienstleistung der Informationsgesellschaft gemeint, der als eine der Hauptaufgaben die Speicherung und öffentliche Weitergabe von urheberrechtlich geschützten Werken und anderen geschützten Gegenständen hat, welche durch die User hochgeladen werden und durch den Dienst optimiert werden.

    Nichtkommerzielle Dienste wie Online-Enzyklopädien, und Anbieter von Onlinediensten bei denen die Inhalte mit Erlaubnis aller Rechteinhaber hochgeladen werden, wie beispielsweise bildende und wissenschaftliche Speicherdienste, sollten nicht als Diensteanbieter zum Teilen von Inhalten im Sinne dieser Direktive betrachtet werden.

    Anbieter von Cloud-Diensten zur individuellen Nutzung, die keinen direkten öffentlichen Zugriff bieten, Open-Source-Soft

    ware-Entwicklungs-Plattformen und Onlinemarktplätze die hauptsächlich online mit physichen Gütern handeln, sollten nicht als Diensteanbieter zum Teilen von Inhalten im Sinne dieser Direktive betrachtet werden.


    Herr Voss will das so interpretiert sehen, dass wirklich nur große Plattformen gemeint sind.

    Mir persönlich sind Google, Facebook und Baidu herzlich egal, die Firmen kann man gerne dichtmachen.

    Aber wie sieht's aus mit einem kleinen Web-Forum mit Schwerpunkt Fahrrad?

    User laden dort Texte und Bilder hoch. Diese Inhalte sind urheberrechtlich geschützt, zumindest wenn sie eine gewisse Schöpfungshöhe erreichen.

    Es ist auch eine der Hauptaufgaben des Forums, solche Inhalte zu speichern und zu teilen.

    Das Forum ist auch kommerziell, gibt ja schließlich Bannerwerbung. Man kann auch nicht immer davon ausgehen, dass alle Inhalte stets mit Erlaubnis aller Rechteinhaber hochgeladen werden. Es kommt hin und wieder mal vor, dass irgendein Bild illegal reingestellt wird oder Texte aus einer Zeitung kopiert werden.

    Leider ist §2 ein typischer Gummiparagraph. Wie die Rechtsprechung den auslegt, sieht man erst wenn es soweit ist.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • Hier mal eine Übersetzung:

    ...

    Auf die Sorge des Wikipedia-Gründers Jimmy Wales über das "desaströse EU-Copyright-Gesetz", antwortet die EU-Kommission, es ginge nur um Plattformen, auf denen "große Mengen unautorisierter, geschützter Inhalte" hochgeladen werden. Die betreffende Formulierung könnte einschränkend wirken und stand im ursprünglichen Entwurf - aber sie wurde im morgen abzustimmenden Gesetzestext gestrichen. Die EU-Kommission kennt den aktuellen Gesetzestext nicht - ist das noch Unfähigkeit oder schon Lüge?

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    Peter Viehrig

    "Glaube ist die Überzeugung, dass etwas wahr ist, weil die Belege zeigen, dass es falsch ist."
    (Andreas Müller)

  • Das EU-Parlament hat sich mit 318 zu 278 Stimmen gegen die vorliegende Fassung der Uploadfilter und Linktax ausgesprochen: https://twitter.com/Senficon/status/1014814460488413185

    Ein großes Dankeschön an alle Beteiligten, die ihre Abgeordneten angeschrieben, angerufen und sonstwie kontaktiert haben. Jetzt haben wir immerhin noch Zeit bis Mitte September, um schlimmeres zu verhindern.

  • Das Forum ist auch kommerziell, gibt ja schließlich Bannerwerbung.

    Das spricht aber erst einmal für einen „geschäftlichen Betrieb“ — ich verdiene mit der Bannerwerbung schließlich kein Geld. Ein geschäftlicher Betrieb wäre allerdings bei einem Forum auch ohne Bannerwerbung anzunehmen.

    User laden dort Texte und Bilder hoch. Diese Inhalte sind urheberrechtlich geschützt, zumindest wenn sie eine gewisse Schöpfungshöhe erreichen.

    Mit „Notice and take down“ habe ich ja bislang ganz gute Erfahrungen gemacht. Wenn hier tatsächlich jemand ein urheberrechtlich geschütztes Foto ohne die notwendigen Nutzungsrechte eingebunden hat, war es selten länger als eine halbe Stunde zu sehen. Da greife ich schnell durch.

  • Mit „Notice and take down“ habe ich ja bislang ganz gute Erfahrungen gemacht. Wenn hier tatsächlich jemand ein urheberrechtlich geschütztes Foto ohne die notwendigen Nutzungsrechte eingebunden hat, war es selten länger als eine halbe Stunde zu sehen. Da greife ich schnell durch.

    Hätte nicht gedacht, dass sich Rechteinhaber für das Forum hier interessieren.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • Hätte nicht gedacht, dass sich Rechteinhaber für das Forum hier interessieren.

    Naja, in diesem Forum war’s tatsächlich eher die „Notice“ seitens anderer Nutzer über den Melden-Button. Bei anderen Projekten, bei denen ich irgendwie technisch involviert war, gab’s dann aber durchaus mal eine freundlich formulierte Mail.