Radverkehr in Hannover soll mit durchgehenden roten Streifen sicherer gemacht werden

  • Auf der Hans-Böckler-Allee in Hannover würde eine solche Kombispur wie in Kopenhagen nicht funktionieren:

    Nicht nur in den Hauptverkehrszeiten sieht es auf der Hans-Böckler-Allee oft so aus: (Bzw. die Hauptverkehrszeiten sind auf der Hans-Böckler-Allee sehr, sehr lang.)

    Eine Lösung, die mir in Kopenhagen gut gefallen hat und die dort von allen akzeptiert wurde, sind die Kombispuren. Der Radweg geht dabei in die Rechtsabbiegespur über. Das hat zumindest dort (Verhältnis Fahrrad : PKW mindestens 1:1) sehr gut funktioniert.

    Mag sein, dass das in Kopenhagen gut funktioniert mit der Kombispur auf deinem Foto.

    Wo das Verhältnis PKW-Fahrrad 1:1 ist.

    Aber schau dir mal das Bild von der Hans-Böckler-Allee in Hannover an.

    Da müsste schon einiges passieren, dass das Verhältnis 1:1 ist.

    Aber selbst wenn es so wäre, die Fahrradfahrer würden dann ja zwischen den Schlange stehenden Autos stehen. Ich bin nur froh, dass es an der Hans-Böckler-Allee breite Fahrradwege gibt, auf denen ich an der dreispurigen Autoschlange vorbeifahren kann!

    Aber natürlich würde ich mich noch mehr freuen, wenn es dort nicht diese täglichen Autoschlangen auf zwei, drei und an manchen Stellen sogar fünf Spuren gäbe. Die gibt es aber - leider! Und die gäbe es auch dann, wenn man den Radweg unterpflügt.

    Trotzdem finde ich die Kopenhagener Kombispur für rechtsabbiegende Autos in Kombination mit Fahrrädern interessant. Was mir allerdings noch nicht so ganz klar geworden ist: Die Kombispur ist doch so gedacht, dass Fahrradfahrende rechts abbiegen oder geradeaus fahren können, Autos aber nur rechts abbiegen können. Aber wie sieht es auf der anderen Seite der Kreuzung aus? Gibt es dann dort einen Fahrradweg oder ein Radfahrstreifen, sodass geradeaus fahrende Fahrradfahrer*innen nicht gezwungen sind, sich zwischen die geradeaus fahrenden Autos einzureihen, die auf der Geradeausspur für Autos gestartet sind?

  • Ich bin nur froh, dass es an der Hans-Böckler-Allee breite Fahrradwege gibt, auf denen ich an der dreispurigen Autoschlange vorbeifahren kann!

    Was dann genau dazu führt, dass Sie in dem Moment, wo das vorderste Auto in der Schlange rechts abbiegt, rechts daneben sind.

    Wenn Sie sich die Bilder aus Kopenhagen anschauen, sehen Sie, dass die Separation ca. 20-25m vor der Kreuzung aufgehoben wird. Das ist die Länge, auf der Sie sich in die Autoschlange einreihen müssten, bzw. die Autos sich in die Fahrradschlange einreihen müssen. Vorher können Sie dort auch auf dem Radweg rechts schneller fahren als auf der Fahrbahn, wenn es sich dort staut (was ich allerdings in den drei Tagen, an denen ich dort war, nicht erlebt habe und das ist sicherlich ein Unterschied zu deutschen Großstädten).

    Wenn die Ampel rot ist, müssen Sie sowieso warten und wenn grün ist, kommen Sie auf dem kurzen Stück ebenfalls voran. Das Gefährlichste an der Separation ist immer die Stelle, wo sie aufgehoben wird. Das ist bei der Kombispur der Punkt, an dem noch beide parallel nebeneinander fahren und beim klassischen Radweg die Stelle, an der der Fahrbahnverkehr rechts abbiegt.

    Die Kombispuren fördern auch kein Revierdenken, weil das so gestaltet ist, dass allen klar ist, dass es eine gemeinsam zu nutzende Fläche ist. Jedenfalls in Kopenhagen haben das alle verstanden. Bei den Fahrradweichen hingegen, am besten noch in roter Farbe, gibt es immer die Revierkämpfe: Mein "Radweg", meine Fahrbahn. Wenn auf der Kombispur jemand mit dem Fahrrad mittig oder links fährt, kommt kein Autofahrer auf die Idee, den rechts zu überholen. Bei der Fahrradweiche (Radfahrstreifen in Mittellage) ist das aber Standard.

    In Kopenhagen hatte ich eher das Gefühl, dass die Autos sich auf dem Radweg einordnen, wenn sie rechts abbiegen und nicht, dass man mit dem Fahrrad auf die Rechtsabbiegespur des Autoverkehrs fährt. Das mag aber auch am dortigen Verkehrsklima liegen, das insgesamt deutlich entspannter war als in deutschen Städten.

  • Aber wie sieht es auf der anderen Seite der Kreuzung aus? Gibt es dann dort einen Fahrradweg oder ein Radfahrstreifen, sodass geradeaus fahrende Fahrradfahrer*innen nicht gezwungen sind, sich zwischen die geradeaus fahrenden Autos einzureihen, die auf der Geradeausspur für Autos gestartet sind?

    Auf der anderen Seite der Kreuzung geht es auf dem Radweg weiter.

    Hier gibt es solch eine Kreuzung, an der man beide Varianten sieht: Google Maps

    Im Gl. Kongevej und Smallegade die Kombispuren und in der kreuzenden Richtung noch Radfahrstreifen rechts neben der Rechtsabbiegerspur. Auch bei den benachbarten Kreuzungen findet man oft die Kombispuren.

  • Trotzdem wird von der weit überwiegenden Mehrzahl der Fahrradfahrer*innen der Hochbordradweg weiter benutzt.

    So zu sehen in meiner alten Heimatstadt Bremerhaven.

    Die hatten vor 1997 schon wenig Radwegschilder, nur 240er bei kombinierten Wegen, und ab 1998 als arme Stadt wohl kein Geld zum Nachbeschildern ... Der lokale adfc hat wohl die 240er gemeuchelt, die so alleine ein unsinniges Netz bildeten, so dass fast die ganze Stadt (außer Überseehafen (stadtbremische Zuständigkeit), Elbinger Platz und Fischereihafen*) bis nach Bohmsiel rein) radwegschilderlos ist bei straßenbegleitenden Radwegen. Trotzdem fahren die meisten drauf und die Autofahrer regen sich auf, wenn nicht, wie bei mir, der mal die Freiheiten nutzen will ... ;)

    *) mit teils total untermaßigem Zweirichtungsradweg bei Am Lunedeich-

  • Eine Möglichkeit ist die Abschaffung der Radwegebenutzungspflicht. Allerdings vermute ich, dass das alleine nicht viel bewirken wird.

    Da bist du wohl auf der Seite der Gewinner. Landauf, landab sehen alle das Heil in "mehr Radwegen". Von Autos-raus-aus-Städten-und-Dörfern ist so gut wie nichts mehr zu hören. Die Verkehrswende-Aufbruchstimmung ist dahin, das heißt jetzt vornehm Mobilitätswende. Und nach 1,5 Jahren Bundestagswahl kann man ziemlich sicher vorhersagen: Bzgl. innerörtlichem Autoverkehr kommt von da sowieso nichts...

    Wenn die letzten Klimakleber auch noch weggesperrt sind, sind wir endlich wieder da, wo wir vor 5 Jahren waren. Bei uns aufm Dorf ist sowieso Land unter...

  • Da bist du wohl auf der Seite der Gewinner. Landauf, landab sehen alle das Heil in "mehr Radwegen". Von Autos-raus-aus-Städten-und-Dörfern ist so gut wie nichts mehr zu hören. Die Verkehrswende-Aufbruchstimmung ist dahin, ...

    Viel lieber wäre ich auf der Seite der Verlierer! Will heißen: Wir brauchen keine Radverkehrsinfrastruktur mehr, weil das Mobilitätssystem Privat-KFZ-Verkehr komplett ausgedient hat und verschwunden ist.

    In Spanien habe ich einmal vor vielen Jahren einen Stierkampf besucht. Keinen in einer riesengroßen Arena, mehr so ein kleiner beim jährlichen Dorffest. Dabei ist es üblich, dass die jungen Leute vor dem eigentlichen Stierkampf ein kleines Spektakel machen und sich mit einer Kuh in der Arena aufhalten, die durchaus auch mal Anlauf nimmt und richtige Hörner hat. So eine Art Mutprobe.

    Hier ein paar Beispiele:

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    Eigentlich lehne ich Stierkämpfe ab, aber trotzdem hatte ich die Gelegenheit nutzen wollen, herauszufinden, was viele Menschen so toll daran finden. Und an der Stelle, an der die jungen Leute mit der Kuh kämpften, dachte ich mir, wenn die ihre überbordenden Hormone damit stillten, mit einer Kuh zu kämpfen und dafür keiner mehr Auto fahren würde, dann könnte ich glatt vergessen, dass es so was wie Tierschutzgesetze gibt. Aber leider ist es nicht so, vielleicht findet sogar das Gegenteil statt: Der in der Arena ausgelebte Jagdtrieb kompensiert nicht die Lust am Autofahren. Vielleicht wird diese Lust sogar noch angeheizt.

  • Auf dem Blog der Stuttgarter Fahrradaktivistin Christine Lehmann habe ich diesen Beitrag zum Thema Fahrradstreifen gefunden, in dem es unter anderem heißt: "Es scheint also, als nützte eine Farbmarkierung des Radstreifens an einer Einmündung durchaus etwas. Eine optische Fahrbahnverengung durch eine physische Begrenzung des Radfahrstreifens hilft, dass Autofahrende aufmerksamer und langsamer fahren. Und das nützt letztlich auch den Fußgänger:innen beim Überqueren von Fahrbahnen. Überhöhte Geschwindigkeit mit dem Auto ist einer der häufigsten Ursachen für Zusammenstöße mit anderen Verkehrsteilnehmer:innen."

    Radstreifen schützen auch Fußgänger:innen vor dem Autoverkehr
    Macht ein Radstreifen die Fahrbahn schmaler, wird langsamer Auto gefahren. Es gibt weniger Crashs.
    dasfahrradblog.blogspot.com

    In dem Blog berichtet sie über eine Untersuchung aus den USA. Darin heißt es:

    „Wir liefern Ihnen weitere Beweise dafür, dass Fahrradwege Leben retten“, sagt die Hauptautorin Hannah Younes, eine Postdoktorandin am Alan M. Voorhees Transportation Center der Rutgers University, in einer Pressemitteilung. „Und es sind nicht nur die Leben von Radfahrern, die gerettet werden könnten. Es geht um mehr als das – auch um Autofahrer und Fußgänger.“ An der Cookman Avenue und Asbury Avenue in New Jersey ist die zweispurige Straße eine beliebte Route zu den beliebten Stränden der Stadt am Atlantik."

    Bike lanes 'calm traffic,' make roads safer for everyone
    Research studying traffic patterns in a high-traffic intersection in a Jersey Shore town shows that drivers were more likely to slow down when they approached…
    studyfinds.org

    Freilich sind solche Untersuchungen mitunter nur bedingt vergleichbar mit den Verhältnissen in Europa oder Deutschland. Trotzdem oder gerade deswegen habe ich mal auf streetview die angesprochenen Straßen gesucht:

    Street View · Google Maps
    Ort in Google Maps noch intensiver erleben.
    www.google.com

    Auf diesem Foto aus der Cookman Avenue sieht man ein Fahrradpiktogramm auf die Fahrbahn gesprüht ist und dazu eine Doppelpfeil-Markierung. Das Bild ist von 2022 und an den Straßenrändern sieht man, dass Parkplätze umgewandelt werden sollen in Radfahrstreifen.

    In dem Text der Studie heißt es:

    "Younes erklärt, dass Autofahrer eher langsamer fahren, wenn sie einen mit Pylonen gesäumten Fahrradweg sehen, da die Fahrspur schmaler ist und mehr Konzentration erfordert, um an ihnen vorbeizufahren. Außerdem sind Pylonen leichter zu erkennen als aufgemalte Linien auf der Straße."

    Leider scheinen diese Pylonen zum Zeitpunkt der streetview-Aufnahme noch nicht gestanden zu haben. Auch von den Radstreifen in der Asbury Avenue ist noch nichts zu sehen. Ohnehin fand das Experiment nur auf einem sehr kurzen Abschnitt der wirklich sehr langen beiden genannten Straßen statt.

    In Hannover wird indes weiter die Rotfärbung von Radfahrstreifen und Furten vorangetrieben. Vielleicht wird es ja mal zu einer Vorzeigestadt für diese Form von Radverkehrsinfrastruktur?

    Hier ein paar Beispiele, meines Wissens neueren Datums:

    Kreuzung Limmerstraße, Wunstorfer Straße, Zimmermannstraße, Friedhofstraße:

    Google Maps
    Find local businesses, view maps and get driving directions in Google Maps.
    www.google.de

    Streetview-Foto:

    Street View · Google Maps
    Ort in Google Maps noch intensiver erleben.
    www.google.com

    Aegidientorplatz:

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    www.google.de

    Streetview-Foto:

    Street View · Google Maps
    Ort in Google Maps noch intensiver erleben.
    www.google.com
  • Die rote Markierung bringt auf alle Fälle etwas, weil sie halt den Radweg wesentlich sichtbarer macht. Die seitlichen Linien gehen halt in dem ganzen Linien-Salat unter, der da sonst auf der Fahrbahn ist. Die ideale Lösung ist allerdings eine Aufpflasterung, denn die gibt auch nochmal ein haptisches Feedback.

    Vergleiche mit dem USA sind ansonsten sehr schwierig, weil die Umstände sehr deutlich anders sind. Diese Pylonen (flex posts?) sind optisch ein starker Gegensatz zu dort vorherrschenden Paradigma der "clear zones": Man plant explizit ein, dass Autofahrer von der Fahrbahn abkommen können und dabei nicht zu Schaden kommen sollen. Entsprechend sind die eh schon wahnsinnig breiten Straßen oft optisch noch breiter. Die Pylone machen dagegen die Fahrbahn so eng, wie sie eigentlich auch sein sollte, so dass man eben nicht 10 Meilen drüber mit Handy in der einen und Burger in der anderen Hand fahren kann.