Beiträge von TheK

    Das aktuelle Tempo-30 Wunder Bologna (380k) ist davon jedenfalls noch meilenweit entfernt. Die hatten im letzten Jahr 10 Verkehrstote.

    Ohnehin hat Bologna jetzt das, was in deutschen und niederländischen Städten seit Jahrzehnten üblich ist: 30 auf Nebenstraßen, 50 auf Hauptstraßen. Und dass Italien wenig als Vorbild taugt (innerhalb der EU zuletzt auf Platz 20, nachdem inzwischen auch Polen sicherer ist…), hatten wir ja neulich schon.

    Aber so eine Statistik mit der Unterscheidung nach Verkehrsarten wäre hilfreich, um dieses Hausieren mit statistischen Ausreißern mal zu beenden.

    Ein dämlicher "$Stadt im Ausland kann Vision Zero, warum kriegt Deutschland nix auf die Kette?"-Artikel mal wieder. Diese von der DEKRA gehostete Seite listet alle VZ-Städte weltweit auf. Darunter sind 163 deutsche Städte mit >50.000 Einwohnern, die in den letzten Jahren mindestens einmal VZ erreicht haben. Würde man das noch auf Fußgänger eingrenzen, wären non-VZ-Städte eher die große Ausnahme als die Regel.

    Wobei die Größe wichtig ist: >200k gibt es in ganz Europa nur noch eine Hand voll Treffer (auffallend viele, vor allem langjährige in Spanien!). Andersherum sind 33 deutsche Städte erfasst, die nie eine 0 hatten – 31 davon >200k. Und über 300k bleiben in ganz Europa noch zwei (im Rest der Welt 0): Wandsworth, UK (1x) und Espoo, Finnland (3x!).

    Interessant auch, dass das in den USA so gefeierte Hoboken, NJ nichtmal im eigenen Land den Rekord hält – und für deutsche Städte dieser Größe sind 7 Jahre (wenn auch vielleicht nicht als eine Reihe) völlig normal.

    oha, direkt der Einstieg geht ja gut los mit dem Schutzstreifen:

    Damit kann jetzt auch auf ultra-schmalen Fahrbahnen überall Farbe hingekleistert werden. :rolleyes:

    Das passierte ja bisher schon: Die Autos bekamen 4,5 Meter, die Radfahrer "was übrig bleibt", was dann dann nicht selten 1 Meter + Gosse war – eine Lösung, die geradezu zum extrem engen überholen aufruft. Die unsägliche Restbreite ist hier jetzt schonmal weg; jetzt muss nur noch die ERA entsprechend geändert werden.

    In den Niederlanden dürfen übrigens keine Restbreiten zwischen 3,8 und 4,8 Meter entstehen: In diesen Fällen sind die Schutzstreifen zu verbreitern. Unter 3,8 bleiben die Autofahrer aus Liebe zu ihrem linken Außenspiegel dahinter; über 4,8 ist (zumal die Schutzstreifen selbst 1,7 Meter Mindestbreite haben) genug Platz. Die "vierspurige" Lösung, die den Planern wohl oft vorschwebt erfordert damit mindestens 8,4 Meter Gesamtbreite (in DE legal 7, de Facto 6,5).

    Das man in der VWV hierzu keine expliziten Zahlen nennt, sehe ich ebenfalls positiv, denn so müssen die Leute eben doch mal in die ERA gucken und können sich nicht auf veraltete oder missverständlich verkürzte Mindestwerte aus der VWV berufen.

    Zitat

    Die Bereitstellung angemessener Flächen […] nicht aber streckenbezogene Geschwindigkeitsbeschränkungen mit Zeichen 274).

    Das wiederum ist Murks, denn die Einrichtung von Tempo 30 ist in vielen Fällen die beste Lösung.

    Ebenfalls weiter Murks ist leider die Regelung zu Tempo 30 vor Schulen und co. Es muss immer noch mit allem möglichen Halligalli abgewogen werden und von der Verlängerung auf 500 Meter ist auch nichts mehr zu sehen…
    Hier wäre mein Vorschlag:

    "Im Eingangsbereich von Schulen etc. ist die Höchstgeschwindigkeit an allen Straßen auf maximal 30 km/h zu begrenzen. Nach Möglichkeit ist hierfür die Einrichtung einer 30-Zone zu prüfen; wo dies nicht möglich ist, ist eine streckenbezogene Beschränkung (VZ 274) vorzunehmen. Die Einhaltung der Geschwindigkeit ist strikt zu gewährleisten. eine zeitliche Beschränkung der Geschwindigkeitsbegrenzung ist nicht zulässig, da diese die meist erforderliche Durchsetzung durch bauliche Maßnahmen ausschließen würde. Die Länge dieser Abschnitte ist im Regelfall auf 300 Meter begrenzt, um mehrere Eingänge und/oder dicht folgende Einrichtungen abzudecken, können sie jedoch unbegrenzt verlängert werden."

    Jo, der ist teilweise nur 1 Meter breit, da muss man eben mal dahinter bleiben – da steht aber auch unglaublich viel Gedöns rechts und links der Radwege herum, der ein Ausweichen erschwert. Dank übrigens (mal wieder…) an die Mopo wenigstens halbwegs einen Ort zu nennen.

    Die Gehwegbenutzungspflicht für radfahrende Kinder gilt laut LG Ingolstadt (72 O 516/23 V vom 14.06.2024) auch nicht uneingeschränkt. Sobald der Gehweg unbenutzbar ist ...

    Interessant, dass es dazu wenigstens Urteile gibt – in der StVO wird ja (anders als bei Fußgängern!) nicht einmal auf den Fall eines völlig fehlenden Gehwegs eingegangen. Interessant wäre dennoch, wie "unbenutzbar" definiert ist. 1,5 Meter zwischen parkenden Autos und Maschendrahtzahn sind sicherlich auch mit einem 24"-Rad kaum zumutbar.

    Nur investiert die Wirtschaft traditionell lieber in das Suchen rechtlicher Schlupflöcher als in das eigentliche Ziel. Und gerade der Verkehrssektor mit seinen relativ kurzen Nutzungszyklen (Häuser oder Kraftwerke werden viel länger genutzt als Autos) könnte halt sehr schnell etwas erreichen.

    Auffällig ist die Demografie der getöteten Radfahrer: Da ist zum einen der Altersdurchschnitt von 48 – das wären bei uns (und auch in NL) irgendwo die untersten 20%, denn hier steigt das Risiko erst ab Ende 50 deutlich an. Würde niemand über 60 mehr mit dem Fahrrad fahren, hätten wir einen ähnlichen Durchschnitt… Aber halt auch nur ~140 getötete Radfahrer pro Jahr.

    Ähnlich auffällig ist das Geschlechterverhältnis: Dass Männer deutlich häufiger in Unfälle verwickelt sind, ist quer durch alle Verkehrsarten so. Aber 89% sind dann doch auffällig – und passt zu einem anderen Phänomen. Während in den "üblichen Fahrradnationen" Frauen eine teils deutliche Mehrheit der Radfahrenden darstellen, ist das in Ländern, wo Radfahren als eine Mischung als Sport und Survival-Training _gilt_, genau andersherum.

    Es erlauben wohl fast alle Länder, dass (kleine) Kinder auf dem Gehweg fahren _dürfen_. Nur in wenigen Ländern müssen sie es und Deutschland ist meines Wissens das einzige, wo dies auch im Beisein eines Erwachsenen greift und bis 8 ja sogar die Benutzung von Radfahrstreifen verbietet.

    In der Schweiz gilt halt "bis 6 nicht alleine auf der Hauptstraße" (sollte sich aus der Aufsichtspflicht von alleine ergeben…) und in Österreich, Slowenien und noch ein paar K&K-Überbleibseln darf man alleine nur mit den Fahrradführerschein oder >12.

    Die rote Markierung bringt auf alle Fälle etwas, weil sie halt den Radweg wesentlich sichtbarer macht. Die seitlichen Linien gehen halt in dem ganzen Linien-Salat unter, der da sonst auf der Fahrbahn ist. Die ideale Lösung ist allerdings eine Aufpflasterung, denn die gibt auch nochmal ein haptisches Feedback.

    Vergleiche mit dem USA sind ansonsten sehr schwierig, weil die Umstände sehr deutlich anders sind. Diese Pylonen (flex posts?) sind optisch ein starker Gegensatz zu dort vorherrschenden Paradigma der "clear zones": Man plant explizit ein, dass Autofahrer von der Fahrbahn abkommen können und dabei nicht zu Schaden kommen sollen. Entsprechend sind die eh schon wahnsinnig breiten Straßen oft optisch noch breiter. Die Pylone machen dagegen die Fahrbahn so eng, wie sie eigentlich auch sein sollte, so dass man eben nicht 10 Meilen drüber mit Handy in der einen und Burger in der anderen Hand fahren kann.

    Punkt 2 finde ich viel zu wenig beachtet: Die Liste der Abschnitte, wo 30 zum Fußgänger-Schutz eingeführt werden kann, wurde sehr deutlich erweitert. Ich hab aber noch keinen Fall gesehen, wo das schon angewendet wurde. Dagegen ist "Gemeinde stellt Antrag auf 30" hier inzwischen alle paar Wochen.

    Das ist aber auch ein wenig, was ich mit den unterschiedlichen Geschwindigkeiten meinte: Innerorts fährst du weiter links, um Autofahrer davon abzuhalten, eine unangenehme Situation zu erzeugen. Außerorts fährt man so weit wie möglich rechts, weil "jeder Blindflieger, über den ich mich ärgern kann ist ein Blindflieger, den ich überlebt habe".

    Für mich ist die Geschwindigkeit weitaus wichtiger als die Menge – schlicht weil ein einziges Auto, dass an einem vorbei brettert weitaus bedrohlicher ist als eine ganze Horde, die durchaus auch mal längere Zeit dahinter bleiben.

    Bei 30 braucht es eigentlich nur einen Schutzstreifen, wenn es so voll ist, dass man sonst hinter der Ampel-Schlange stecken bleibt. Bei 50 sind 1000 Autos am Tag kein Thema; die 4000 aus der ERA finde ich aber schon grenzwertig; gerade aufm Dorf, wo immer ein paar Kasper dabei sind, deren Zeitmanagement keine Rücksicht zulässt.

    Außerorts Nebenstraßen, wo de facto ~70 gefahren wird und ein Auto pro Kilometer vorbeikommt ist einmal kurz unangenehm, geht aber eigentlich – hängt aber stark davon ab, wie schnell man selbst ist (Steigungen!). Eine Hauptstraße mit 100 ist dagegen immer eklig, selbst wenn ausnahmsweise mal mit genug Abstand überholt wird – die Differenzgeschwindigkeit ist halt, als ob man steht.

    Wäre dann hier, die Frage, ob der Radfahrer geisterradelnd von rechts kam, was vlt. eher realistisch klingt für Übersehen oder ob er die tolle Furt in Richtung Gehweg genutzt hat.

    Die Verkehrsführung dort lässt zumindest einige Fragen offen… Wenn es wirklich ein Geisterradler war, wäre da mal die Kreuzung einen weiter nördlich zu hinterfragen – wie man dort rechtskonform links abbiegen müsste, muss man sich glaube ich über Geisterradler nicht wundern. Spannend auch der Abrieb der roten Farbe auf der Luftaufnahme… Zum einen so viel in nur zwei Jahren (in Street View von 2022 ist noch alles top), zum anderen wo da offenbar lang gefahren wird…

    Und die "Benutzunspflichtig, aber ohne Winterdienst"-Schilder überall setzen dem irgendwie noch die Krone auf.

    Der Ring in München ist mehr eine "gelbe Autobahn" – wo immer es wie eine Stadtstraße aussieht, wurden einfach weitere Spuren verbuddelt, womit es in Summe dann bis zu 10 sind. Diese Abschnitte sehen allerdings teils wirklich gut aus.

    In Hamburg ist der Ring 2 die meiste Zeit wirklich nur eine 4-spurige Stadtstraße mit allem, was dazu gehört: Parkstreifen, Hochbord-Radwege und 5 Myriaden Ampeln für Seitenstraßen und Fußgänger. Und weil es ähnliche Straßen reichlich gibt, hat der Ring auch nicht diese dominante Rolle.