Beiträge von TheK

    Auffällig ist die Demografie der getöteten Radfahrer: Da ist zum einen der Altersdurchschnitt von 48 – das wären bei uns (und auch in NL) irgendwo die untersten 20%, denn hier steigt das Risiko erst ab Ende 50 deutlich an. Würde niemand über 60 mehr mit dem Fahrrad fahren, hätten wir einen ähnlichen Durchschnitt… Aber halt auch nur ~140 getötete Radfahrer pro Jahr.

    Ähnlich auffällig ist das Geschlechterverhältnis: Dass Männer deutlich häufiger in Unfälle verwickelt sind, ist quer durch alle Verkehrsarten so. Aber 89% sind dann doch auffällig – und passt zu einem anderen Phänomen. Während in den "üblichen Fahrradnationen" Frauen eine teils deutliche Mehrheit der Radfahrenden darstellen, ist das in Ländern, wo Radfahren als eine Mischung als Sport und Survival-Training _gilt_, genau andersherum.

    Es erlauben wohl fast alle Länder, dass (kleine) Kinder auf dem Gehweg fahren _dürfen_. Nur in wenigen Ländern müssen sie es und Deutschland ist meines Wissens das einzige, wo dies auch im Beisein eines Erwachsenen greift und bis 8 ja sogar die Benutzung von Radfahrstreifen verbietet.

    In der Schweiz gilt halt "bis 6 nicht alleine auf der Hauptstraße" (sollte sich aus der Aufsichtspflicht von alleine ergeben…) und in Österreich, Slowenien und noch ein paar K&K-Überbleibseln darf man alleine nur mit den Fahrradführerschein oder >12.

    Die rote Markierung bringt auf alle Fälle etwas, weil sie halt den Radweg wesentlich sichtbarer macht. Die seitlichen Linien gehen halt in dem ganzen Linien-Salat unter, der da sonst auf der Fahrbahn ist. Die ideale Lösung ist allerdings eine Aufpflasterung, denn die gibt auch nochmal ein haptisches Feedback.

    Vergleiche mit dem USA sind ansonsten sehr schwierig, weil die Umstände sehr deutlich anders sind. Diese Pylonen (flex posts?) sind optisch ein starker Gegensatz zu dort vorherrschenden Paradigma der "clear zones": Man plant explizit ein, dass Autofahrer von der Fahrbahn abkommen können und dabei nicht zu Schaden kommen sollen. Entsprechend sind die eh schon wahnsinnig breiten Straßen oft optisch noch breiter. Die Pylone machen dagegen die Fahrbahn so eng, wie sie eigentlich auch sein sollte, so dass man eben nicht 10 Meilen drüber mit Handy in der einen und Burger in der anderen Hand fahren kann.

    Punkt 2 finde ich viel zu wenig beachtet: Die Liste der Abschnitte, wo 30 zum Fußgänger-Schutz eingeführt werden kann, wurde sehr deutlich erweitert. Ich hab aber noch keinen Fall gesehen, wo das schon angewendet wurde. Dagegen ist "Gemeinde stellt Antrag auf 30" hier inzwischen alle paar Wochen.

    Das ist aber auch ein wenig, was ich mit den unterschiedlichen Geschwindigkeiten meinte: Innerorts fährst du weiter links, um Autofahrer davon abzuhalten, eine unangenehme Situation zu erzeugen. Außerorts fährt man so weit wie möglich rechts, weil "jeder Blindflieger, über den ich mich ärgern kann ist ein Blindflieger, den ich überlebt habe".

    Für mich ist die Geschwindigkeit weitaus wichtiger als die Menge – schlicht weil ein einziges Auto, dass an einem vorbei brettert weitaus bedrohlicher ist als eine ganze Horde, die durchaus auch mal längere Zeit dahinter bleiben.

    Bei 30 braucht es eigentlich nur einen Schutzstreifen, wenn es so voll ist, dass man sonst hinter der Ampel-Schlange stecken bleibt. Bei 50 sind 1000 Autos am Tag kein Thema; die 4000 aus der ERA finde ich aber schon grenzwertig; gerade aufm Dorf, wo immer ein paar Kasper dabei sind, deren Zeitmanagement keine Rücksicht zulässt.

    Außerorts Nebenstraßen, wo de facto ~70 gefahren wird und ein Auto pro Kilometer vorbeikommt ist einmal kurz unangenehm, geht aber eigentlich – hängt aber stark davon ab, wie schnell man selbst ist (Steigungen!). Eine Hauptstraße mit 100 ist dagegen immer eklig, selbst wenn ausnahmsweise mal mit genug Abstand überholt wird – die Differenzgeschwindigkeit ist halt, als ob man steht.

    Wäre dann hier, die Frage, ob der Radfahrer geisterradelnd von rechts kam, was vlt. eher realistisch klingt für Übersehen oder ob er die tolle Furt in Richtung Gehweg genutzt hat.

    Die Verkehrsführung dort lässt zumindest einige Fragen offen… Wenn es wirklich ein Geisterradler war, wäre da mal die Kreuzung einen weiter nördlich zu hinterfragen – wie man dort rechtskonform links abbiegen müsste, muss man sich glaube ich über Geisterradler nicht wundern. Spannend auch der Abrieb der roten Farbe auf der Luftaufnahme… Zum einen so viel in nur zwei Jahren (in Street View von 2022 ist noch alles top), zum anderen wo da offenbar lang gefahren wird…

    Und die "Benutzunspflichtig, aber ohne Winterdienst"-Schilder überall setzen dem irgendwie noch die Krone auf.

    Der Ring in München ist mehr eine "gelbe Autobahn" – wo immer es wie eine Stadtstraße aussieht, wurden einfach weitere Spuren verbuddelt, womit es in Summe dann bis zu 10 sind. Diese Abschnitte sehen allerdings teils wirklich gut aus.

    In Hamburg ist der Ring 2 die meiste Zeit wirklich nur eine 4-spurige Stadtstraße mit allem, was dazu gehört: Parkstreifen, Hochbord-Radwege und 5 Myriaden Ampeln für Seitenstraßen und Fußgänger. Und weil es ähnliche Straßen reichlich gibt, hat der Ring auch nicht diese dominante Rolle.

    Ganz anders. NL-Radwege gelten im Hinblick auf bauliche Sicherheit und Ausstattung als vorbildlich.

    Wobei es in NL durchaus auch Buckelpisten und Waldwege gibt – aber wenn diese Stellen Unfallschwerpunkte wären, wäre das längst thematisiert worden. Klar sind Dinge wie Glatteis oder irgendwelches auf dem Radweg abgestelltes Gerümpel ein Problem – aber das mit Abstand meiste dürfte schlicht Unaufmerksamheit sein. Und was im Auto eben ein Parkrempler oder eine am Bordstein angeschlagene Felge ist, ist bei einem Zweirad eben ein Flug auf die Fresse.

    Die Anteil von Alleinstürzen bei "Krafträdern mit amtl. Kennzeichen" ist auch nicht unbedingt geringer

    Laut der amtlichen Statistik von 2021 (S102) gab es 8221 Alleinunfälle bei insgesamt 21992 erfassten Unfällen mit Personenschäden Was einer Quote von 37% entspricht.

    Selbst Autofahrer schaffen das noch mit einer Rate von rund 10%. Und dass sich 80 PKW-Fahrer (!) innerorts (!) alleine (!) ins Jenseits befördert haben, ist… erschreckend.

    Bizarr daran ist das angeblich dreifache Risiko der Kinder und Jugendlichen.

    Bizarre Verzerrungen der Zahlen zu im Straßenverkehr verletzten und getöteten Kindern sind doch geradezu normal – es gab ja dieses Jahr auch jede Menge Horror-Meldungen, wie viele Kinder denn verunglücken würden. Dass diese Zahlen noch viel schneller sinken als bei Erwachsenen oder dass wir 2023 die geringste Zahl an im Straßenverkehr getöteten Kindern in der Geschichte der Bundesrepublik hatten, wird dabei mit keinem Wort erwähnt.

    Gerade mal in deine Tabelle geguckt, danach sind langjährig ~3,8% der getöteten minderjährig und für 2023 gar nur ~2,7%. Das ist aber eine Bevölkerungsgruppe von etwa 16,5% – und dass die nur 1/6 der Radverkehrsleistung (nicht gesamt!) eines durchschnittlichen Erwachsenen haben, kann man allenfalls dem Weihnachtsmann erzählen.

    Für das angeblich höhere Risiko sehe ich allerdings nahezu alleine die Meldepflicht als Ursache, zumal es ja auch noch um Fußgänger geht. Da werden vermutlich weit überwiegend Unfälle gemeldet werden, die ein Erwachsener mit "Idiot!" "Selber Idiot!" zu den Akten legt.

    An beiden Enden der Altersverteilung weicht die berechnete Säule vom homogenen Verlauf dazwischen ab; das dürfte vor allem daran liegen, dass die Fahrleistungskurve bei MiD erst bei 5 Jahren einsetzt und bei 85 aufhört, wodurch der Schätzfehler hier besonders groß ist.

    Wobei ich vermute, dass genau da ein Großteil des Unterschieds zwischen Deutschland und den Niederlanden her kommt: Die Niederländer radeln auch im hohen Alter weiter, oft sogar mehr als jüngere (gerade mit der Rente gibt es da nochmal einen massiven Peak). Und dieser Effekt ist es IMHO auch, der sich durch Pedelecs noch verstärkt. In den bergigen Teilen Deutschlands fehlt dagegen zum einen die Gewohnheit, auf der dieses Verhalten basiert und zum anderen sind Pedelecs zwar eine Unterstützung, aber auch kein Allheilmittel bei Steigungen.

    Die Gefahr bei einer einstündigen Autofahrt oder einer einstündigen Fahrradtour tödlich zu verunglücken, ist dreimal höher als bei einem einstündigen Spaziergang "in die ewigen Jagdgründe" zu gehen.

    Vorsicht, in dem Satz steckt genau der ursprüngliche Fehlschluss. Der einstündige Spaziergang ist eben nicht der "typische Fußgänger". Das ist der Gang zur Bushaltestelle oder zum Laden "um die Ecke" – die meisten Fußmärsche sind nicht mehr als 5-10 Minuten am Stück; bei mehr nehmen die Leute idr. ein Fahrzeug. Ich wäre nichtmal überrascht, wenn ein langer Spaziergang (gar am Stadtrand?) deutlich tödlicher ist als die zeitlich vergleichbare Summe "Alltagswege".

    Ich denke es ist tatsächlich so, dass Fahrradfahrende und potenzielle Fahrradfahrende eine separate Radverkehrs-Infrastruktur gut finden, ohne dass sie deshalb an jeder Wohnstraße einen Fahrradweg haben wollen.

    Und genau da ist der Unterschied, denn in den USA wird genau DAS oftmals gefordert und auch umgesetzt. Ich schätze, 2/3 der amerikanischen Radwege sind in Straßen, wo man in DE oder NL einfach nur [Zeichen 274.1] und ggf. [Zeichen 220-20][Zusatzzeichen 1022-10] aufstellen würde. Ich hab mich schon öfters mit Leuten anlegt, weil ich geschrieben habe, dass eine 30-Zone ("mixed traffic at bike speed") sicherer wäre als die dort häufige Einbahnstraße mit linksseitigem Zweirichtungs-Radweg.

    Das hängt aber auch damit zusammen, dass die Rahmenbedingungen anders sind: Extrem große Autos; Straßengestaltung wie bei uns in den 60ern (nur oft ohne Gehwege); Geschwindigkeitsbegrenzungen sind einzig ein (recht unscheinbares) Schild ohne jeden Bezug zur Straßengestaltung; Vorfahrts- und Haftungsregeln bevorzugen massiv den Autoverkehr (und sind ungefähr in jedem County anders); teils völlig gruselige "Radwege" (1 Meter "painted bike gutter" bei >70 km/h) und allem oben drauf eine extrem aggressive Stimmung.

    In den USA z.B. sind sogar noch nicht einmal Alleinstürze mit dem Fahrrad sowie Unfälle Rad vs Rad oder Rad vs Fußgänger in der amtlichen Unfallstatistik enthalten.

    Das heißt, diese Zahlen wie im Schlachthaus (40.000 Tote, obwohl schon fast alle im dicken Panzer unterwegs sind) sind aus unserer Sicht noch nichtmal komplett…? Na hurra.