Beiträge von Schwachzocker

    Du wirst lachen, aber im Grunde läuft die Entwicklung jeder Rechtsnorm seit unsere Vorfahren angefangen haben, ihre etablierten Verhaltensregeln aufzuschreiben, auf genau das hinaus. Soziologen nennen dies die "normative Kraft des Faktischen).

    Tja, dann weißt Du doch, warum die Abschaffung der Benutzungspflicht nicht funktioniert.

    Ich will die komplette Abschaffung, aber wie realistisch ist die denn derzeit? Nachdem viele Leute auf dem Rennrad den Benutzungszwang eh meist ignorieren, wäre das zumindest eine rechtliche Anpassung an die tatsächlichen Gegebenheiten.

    ...

    Das wäre es in der Tat. Etwas merkwürdig ist diese Argumentation aber schon:

    "Nachdem viele Leute gegen die Hausmauer urinieren, sollte es gestattet werden, denn es wäre ja nur eine Anpassung an die tatsächlichen Gegebenheiten."


    ...

    Wobei klar: auch nach der Streichung aus § 2 Abs. 4 StVO wird sich ja faktisch eh erst einmal nicht viel ändern.

    Theoretisch wird sich dann auch nichts ändern, denn die Verkehrszeichen hätten dann noch immer die gleiche Bedeutung.

    Schwachzocker - Gibt es eigentlich einen besonderen Grund, warum du hier im Forum schon fast zwanghaft des Teufels Advokaten mimen musst?

    Ja, ich habe mir vorgenommen, Eure Filterblase mal etwas aufzulösen.

    Einher geht dies meist mit in vielerlei Hinsicht zweifelhaften (finanziellen) Deals zwischen den beteiligten Gebietskörperschaften. Dass das einfach so getan wird heißt nicht, dass es richtig oder rechtmäßig wäre.

    Richtig! Dass es dann gleich ein Betrug ist, heißt es aber auch nicht.

    Dass der Gemeinde unter Vorspielung falscher Tatsachen ein finanzieller Vorteil verschafft wird.

    Seit wann darf man anderen keine finanziellen Vorteile verschaffen? Es geht hier auch nicht um Tatsachen, sondern man ist eben der Meinung, dass hier eine Radwegebenutzungspflicht hingehört. Ob eine bestimmte Person bei der Straßenverkehrsbehörde diese Meinung nun teilt oder nicht, ist ohne Bedeutung.

    Tja, das mit der finanziellen Förderung steht halt leider, leider nirgendwo in der (einzig einschlägigen) Ermächtigungsgrundlage, nämlich der StVO. Vielleicht muss da echt mal jemand auf die Nase fallen, wenn es heißt: naja, die Benutzungspflicht ist weggeklagt, deshalb zahlen wir die Kosten für den Radweg nicht. ...

    Genau das ist bei uns bereits mehrfach passiert. Die Fördergelder wurden zurückgezahlt, und das tut weh.

    Es musste aber nicht zurückgezahlt werden, weil die Benutzungspflicht fehlte, sondern weil sich die versprochenen Sicherheitsgründe für den Bau des Radweges nicht darlegen ließen.

    ...Nur: irgendjemand muss die Herstellung ja am Ende bezahlen...

    Ja, gebaut wird aber vorzugsweise das, was andere bezahlen oder zumindest bezuschussen.

    Wenn man Mitarbeiter in der Verwaltung ist, bekommt man den Auftrag: "Finde Du mal heraus, wofür es Fördergelder gibt, und genau das machen wir dann."

    Ob die jeweilige Angelegenheit überhaupt notwendig ist, interessiert da niemanden. Und erst recht interessiert sich niemand für die Folgekosten (Pflege, Instandhaltung usw.). Die werden nämlich regelmäßig nicht gefördert.

    Der LBM baut die Dinger - und dann will er auch, dass Radfahrer die benutzen; auch unter Verweis darauf dass eine finanzielle "Förderung" von angeordneten Benutzungspflichten abhinge (wozu ich bislang jedenfalls nichts gefunden habe).

    1.) Das ist Unsinn. Gefördert werden Radwege, die aus Sicherheitsgründen erforderlich sind. Und daraus schließen manche nun, dass sie auch benutzungspflichtig sein müssen. Das ist aber kein zwingender sachlogischer Rückschluss.

    2.) Unabhängig davon ist es eine sachfremde Überlegung, die Anordnung von Benutzungspflicht von den zuvor geflossenen Fördermitteln abhängig zu machen, mithin ermessensfehlerhaft.

    Nein. Es gibt keine "allgemeine Ortskenntnis", die auch noch zu meinen Lasten ausgelegt werden darf...

    Es gibt ganz sicher allgemeine Ortskenntnis. Und diese wird Dir nicht zu Deinen Lasten ausgelegt. Wenn Du von der Aufhebung einer Radwegebenutzungspflicht nichts mitbekommst, dann entsteht Dir kein Nachteil.

    Ein Verkehrszeichen wird mir erst in dem Moment bekanntgegeben, wenn ich es sehe.

    Definitiv: Nein!

    Es ist dann bekannt gegeben, wenn es aufgestellt ist. Das ist wie mit einem öffentlichen Aushang. Wer die nicht lies, hat halt Pech gehabt. Entscheidend ist, dass man Gelegenheit dazu hatte.

    Dass irgendwann mal irgendwo eine Regelung bestanden hat, lässt keine Rückschlüsse zu, dass diese noch fortbesteht.

    Eben genau doch!

    Verkehrszeichen gelten generell nur für eine ganz konkrete Straße.

    Nein! Das kommt auf den Regelungshalt des Verkehrszeichens an.

    Und innerhalb eines Netzes folglich auch nur bis zur nächsten Kreuzung mit einer anderen Straße, aus der anderer Verkehr einmünden kann, der von einer bis dahin geltenden Regelung nicht betroffen sein kann, wenn sie dahinter nicht wiederholt wird.

    Ganz sicher ist das zumindest bei Streckenbeschränkungen nicht so, denn Streckenbeschränkungen gelten eben für die Strecke (sonst würde man sie nicht Streckenbeschränkungen nennen).


    Was spielt das bei der Beurteilung der Frage, wie weit eine Radwegebenutzungspflicht reicht, für eine Rolle?

    Wie gesagt: Sie gilt bis zur nächsten Kreuzung. Dann muss sie wiederholt werden.

    Das war aber keine Antwort auf meine Frage.

    So langsam verstehe ich den Unwillen von Behördenmitarbeitern ggü Deiner Person. Keine Sachinhalte, nur: "Das ist so!"

    Ich bin nur von Verwaltungsakten betroffen, die mir gegenüber bekanntgegeben werden. Das geschieht im Straßenverkehr mittels Verkehrszeichen (Allgemeinverfügungen).

    Die Argumentation, man sei ortskundig und wisse daher, dass irgendwo Schilder stehen, die für einen eine Rechtswirkung entfalten, ist hanebüchen...

    Ob es hanebüchen ist oder nicht spielt hier keine Rolle und ist auch nicht zu prüfen. Wenn Dir das Vz aufgrund von allgemeiner Ortskenntnis bekannt ist, dann ist es ja bekanntgegeben.

    Denn jene Schilder können grundsätzlich auch jederzeit wieder verschwinden bzw. verschwunden sein.

    Ja, das kann sein. Was spielt das bei der Beurteilung der Frage, wie weit eine Radwegebenutzungspflicht reicht, für eine Rolle?

    Wenn das Schild da ist, gilt eben Radwegebenutzungspflicht. Und wenn es nicht da ist, gilt es eben nicht. Ob jemand im Einzelfall davon gewusst hat, ist doch eine ganz andere Fragestellung, die nichts mit der grundsätzlichen Geltung von Verkehrszeichen zu tun hat.


    Hier ein Link zu einem "richtigen" Urteil. Das ist von 1996. Ich wüsste aber nicht, was sich speziell in dieser Sachfrage geändert haben sollte.

    BGH Urteil vom 29.10.1996 - VI ZR 310/95 - Benutzungsbefugnis eines für die Gegenrichtung freigegebenen linken Radwegs nach Beginn eines rechten Fahrwegs

    Zitat

    Die Beklagte hatte den für sie links neben der Fahrbahn gelegenen Radweg seit seinem Beginn befahren. Dort war der Radweg in ihrer Fahrtrichtung durch das Verkehrszeichen 240 gekennzeichnet. Durch diese Freigabe war die Beklagte befugt, den Radweg in ihrer Fahrtrichtung zu benutzen (§§ 2 Abs. 4 Satz 2, 41 Abs. 2 Nr. 5 StVO). Eine Wiederholung des Freigabezeichens ist nicht vorgeschrieben. Die Beklagte war damit berechtigt, ihre Fahrt auf diesem Radweg über die Straßenkreuzungen und -einmündungen hinweg fortzusetzen, obwohl dieser Weg in ihrer Fahrtrichtung keine weitere Beschilderung aufwies.

    Amtsgerichtlicher EInzelfall.

    ...die Du so gern zur Unterstützung Deiner Meinung heranziehst.

    Dann müsste nach dieser Argumentation der Richterin jeder Ortskundige auch weiterhin auf "Radwegen" fahren, nachdem die Benutzungspflicht aufgehoben und die Schilder entfernt wurden? Schließlich weiß er ja auch ohne Schild, dass er den "Radweg" benutzen muss. Was für ein Quatsch. ^^

    Nein, Deine Aussage ist Quatsch.

    Wenn eine Benutzungspflicht aufgehoben wurde, muss auch niemand mehr den Radweg benutzen. Wer nichts von der Aufhebung weiß, hat eben Pech gehabt.

    Ich verstehe nicht, wieso Ihr Euch so schwer mit der Erkenntnis tut, dass es zig Gründe geben kann, warum man keine Kenntnis von einem Vz hat. Das heißt aber nicht, dass dieses Vz allgemein nicht mehr gilt.

    Natürlich ist die Argumentation Quatsch. Das hieße ja, dass man bei der Einfahrt in eine 30er-Zone (wo in München durchaus noch bauliche Radwege vorhanden sind) überall ein Blauschild mit "Ende" vorfinden müsste, was nun definitiv nirgendwo der Fall ist.

    Nein, das heißt es nicht, kann es aber im Einzelfall heißen. Ich weiß auch nicht, wo da das Problem sein soll?