Beiträge von obelix

    Dieses Bild von vorgestern von Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann, wie er in voller Montur auf einem nicht sehr breiten, aber dafür sehr kurvigen Weg geschätzte 20 Zentimeter vom Abgrund entfernt mit sicher nicht unerheblicher Geschwindigkeit gefahren ist, hat mir ein grundsätzliches Problem vor Augen geführt: egal wie gut oder schlecht Infrastruktur ausgeführt wird (auf dem Foto eher zweiteres), solange sich eine Mehrheit der Radfahrer verhält wie anno 1937, wird es keine wirklichen Fortschritte geben.

    Es mag regional unterschiedlich sein, aber hier im Süden Deutschlands ist diese Unsitte auch 75 Jahre nach Kriegsende immer noch weit verbreitet. Egal ob auf Radwegen, schmalen Nebenstraßen, breiten Hauptstraßen oder sogar Feldwegen, man sieht von zehn Radfahrern vielleicht einen oder maximal zwei mit ausreichendem Abstand zum rechten Rand fahren. Das ist mitnichten ein Problem der älteren Generation, die das wirklich noch so gelernt hat, selbst junge agile Rennradfahrer drücken sich bei 40+ km/h an den rechten Rand, genau wie Jugendliche mit Rädern aller Art, junge Eltern mit Nachwuchs im Anhänger und sogar Fahrer mit Lastenrädern, denen man ewige Gestrigkeit nun wirklich nicht nachsagen kann.

    Die Probleme sind bekannt und regelmäßig in Lokalzeitungen und Polizeiberichten zu lesen: Stürze durchs Abkommen ins Bankett, gefährliche Überholmanöver und Zusammenstöße auf zu engen Radwegen, "Übersehen" im Längs- und Querverkehr durch PKW-Fahrer, die aus Gewohnheit auf die Fahrbahn und nicht deren Rand schauen. Die zahlreichen Engüberholmanöver mit zu hoher Geschwindigkeit und die dadurch erzeugte Angst und Verzicht aufs Radfahren schaffen es gar nicht in die Medien, sind aber unzweifelhaft vorhanden, wie uns die Coronakrise mit reduziertem PKW- und erhöhtem Radverkehr gezeigt hat.

    Zusätzlich führt dieses Verhalten zu einer falschen Weichenstellung: wenn man für einen normalen Radweg wie im oberen Bild die dort korrekten Seitenabstände annimmt, ist man da bei geschätzten 250 cm Breite mit 75 cm Radfahrerbreite, 50 cm Sicherheitsabstand nach rechts und 100 cm Abstand zum Gegenverkehr als Mindestmaß (in Kurven und Abfahrten noch mehr!) schon bei 225 cm und damit fast der gesamten Breite, Gegenverkehr würde 350 cm benötigen. Wenn sich aber alle so an den Rand drücken und auf der Linie balancieren, die man eigentlich gar nicht überfahren darf, dann erscheinen auch 250 cm noch als ausreichend und es wird gar nicht erst mit vier Metern geplant... besonders absurd, wenn man sich ins Gedächtnis ruft, dass ein einzelner Fahrstreifen für eine Richtung auf einer normalen Straße schon 2,75 bis 3,50 Meter breit ist und das niemand als zu breit für KFZ von 1,60 bis 2,55 Meter Breite ansehen würde. Autofahrer fahren auch höchst selten mit dem rechten Rad im Rinnstein oder halb auf dem Bankett, obwohl es für die wesentlich ungefährlicher ist als für Radfahrer.

    Okay, wie löst man dieses Problem nun? Mein Gefühl sagt mir, dass die meisten Leute das gar nicht absichtlich machen, sondern unbewusst. Vielleicht, weil sie das Rechtsfahrgebot falsch interpretieren, oder es sich von Vorbildern (Eltern, Freunde, Polizei) so abgeschaut haben, oder den Abstand zwischen sich und den Autos erhöhen wollen (und ihn ironischerweise dadurch sogar verkleinern). Aufklärung müsste also ausreichen - aber wie stellt man das an, ohne wie ein Handzettelwerfender Missionar dazustehen bzw. sogar Abwehrreaktionen zu provozieren (niemand mag gerne gesagt bekommen, dass er sich jahrelang falsch verhalten hat)? Informationsangebote online erreichen dagegen die Zielgruppe höchstwahrscheinlich nicht, wenn man nicht ordentlich Geld für Werbung in die Hand nimmt. Bliebe noch der Weg über Verbände wie den ADFC, bei dem es aber wohl laut verschiedener Meinungen stark auf den jeweiligen lokalen Ortsverband und dessen Einstellung ankommen soll. Der politische oder gerichtliche Weg erscheint mir schließlich völlig sinnlos, da man niemandem vorschreiben kann, sich nicht selbst zu gefährden, und weder das Fahren in der Mitte noch am Rand verboten ist.

    Wie seht ihr das? Habt ihr vielleicht sogar schon Erfahrung mit solcher Aufklärung, außerhalb des eigenen Freundes- und Bekanntenkreises? Wie waren die Reaktionen der Leute?

    Warum 30/70/120? Ich vermute du meinst damit max. 30 km/h innerorts / max. 70 km/h auf Landstraßen / max. 120 km/h auf Autobahnen?

    Das ist schon eine recht "stramme" Forderung in den Augen vieler Zeitgenossen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass diese Forderung jedoch weitgehend verpufft, weil viele sagen, das gäbe es doch alles schon.

    Genau das war gemeint. Im Prinzip ist es durch einzelne Schilder und unübersichtliche Straßen an vielen Stellen wirklich schon so, aber ein allgemeines Limit würde zum einen eben diese Schilder einsparen und zum anderen auch die grundlegende Idee ausdrücken, weg vom "Ich will Spaß, ich geb Gas!" und der "autogerechten Stadt" der vergangenen Jahrzehnte, hin zum gleichmäßig effizient fließenden, gleichberechtigten und umweltschonenden Verkehr (z. B. könnten Elektroautos unter solchen Gesichtspunkten günstiger und effizienter entworfen und gebaut werden als unter den derzeitigen).

    Ich gebe natürlich zu, dass das ein hehres Ziel ist, aber man muss sich große Ziele setzen, um in kleinen Schritten hinzukommen. Wenn man schon vorher sich mit wenig zufrieden gibt, wird man auch davon nur einen Teil erreichen, was es eigentlich wieder sinnlos macht, überhaupt anzufangen. Wenn heute z. B. eine Umgehungsstraße um eine Ortschaft geplant wird, dann geht man auch nicht von den aktuellen Zahlen aus, sondern denen in 10, 20 oder 30 Jahren, weil selbst eine so simple Bautätigkeit längere Zeit in Anspruch nimmt und auf Widerstände stößt. Wenn man dann "zu klein denkt", steht man am Ende doof da.

    Tempo 70 auf Landstraßen ist zu schnell, weil Linienbusse nur max. 60 km/h fahren dürfen, wenn im Omnibus Fahrgäste auf Stehplätzen mitfahren. Ich vermute diese Tempobegrenzung für Omnibusse beruht auf einer Gefahrenabschätzung für stehende Fahrgäste und das halte ich für ausschlaggebend. Deshalb ist für mich die klare Vorgabe: Auf Landstraßen, auch auf Bundesstraßen, die gehören ja auch zur Kategorie Landstraße darf max. Tempo 60 gefahren werden. Übrigens dürfen auch schwere LKW nur maximal Tempo 60 auf Landstraßen fahren.

    Das mit den Bussen hatte ich nicht im Kopf, danke für den Hinweis. Solche Busrouten könnte man dann mit Schildern ausstatten, falls notwendig. Rein vom Gefühl der Nützlichkeit würde ich sogar eher für Tempo 80 plädieren, wenn man Radfahrer mal komplett rausnimmt. Dann müssten normale LKW und Reisebusse nicht überholt werden und Linienbusse sowie schwere LKW und schnelle Traktoren (40-60) könnten bei Bedarf mit ausreichend Differenz überholt werden. Man könnte es aber auch einfach angleichen auf 70 für alle (also für die einen weniger und die anderen mehr erlauben), das würde es vereinfachen.

    Die Regeln mit 80/60 stammen aus Zeiten, wo schwere LKW schon von der Motorleistung oft nicht mehr konnten und wirkliche Hindernisse waren. Heute zieht so ein Fahrzeug problemlos auch den Berg hoch richtig an und ist von der Bremsleistung durch den Bodenkontakt und die Bremsen PKWs weit überlegen, dazu häufig mit Assistenten etc. ausgestattet, was in Zukunft sicher noch zunehmen wird. Da könnte man durchaus mal über ein Update nachdenken. Die Schilder "Traktoren/langsame Fahrzeuge dürfen überholt werden" stammen ja auch aus einer Zeit, in der kleine einsitzige Traktoren mit knapp zweistelliger PS-Zahl und Spitzengeschwindigkeiten von 10-20 km/h verbreitet waren - absolut kein Vergleich mit dem, was der durchschnittliche Bauer heute lenkt.

    Es sind überhaupt sehr viele Regeln der StVO für die 50er-Jahre entworfen und nie aktualisiert worden - man nehme nur mal das Hupen beim Überholen außerorts: sehr sinnvoll in einer Zeit, in der die normale Landstraße vier Meter breit war, teilweise unbefestigt, kurvig und hügelig. Wenn dort dann ein langsamer Traktor einen breiten Anhänger mit 10 km/h zieht, dann ist ein kurzes Hupen sinnvoll, damit er von der Mitte der Straße nach rechts fahren und den Hintermann vorbeilassen kann. Wenn vielleicht alle 10 Minuten mal ein einzelner Kraftfahrzeug kommt, dann ist das durchaus eine für alle sinnvolle Regelung. Heute dagegen, mit breiten Straßen mit Mittelmarkierungen oder gar mehrspurig, massiv erhöhtem KFZ-Aufkommen und deutlich höheren Geschwindigkeiten ist das einfach ein sinnloser, teilweise schädlicher Anachronismus. Könnte man problemlos entfernen, interessiert nur niemanden.

    Thesen? Das ist ja schon ein Teil des Problems. Dass Radwege gefährlich sind, ist keine These sondern eine Tatsache.

    Das interessante ist, dass die durch Radwege erst eingeführten Probleme (die dein Profilbild ja perfekt auf den Punkt bringt) überhaupt nicht in den Diskussionen auftauchen: Ein komplett vom restlichen Straßensystem getrenntes Radwegenetz ähnlich einem U-Bahn-System, ausreichend breit dimensioniert (3 bis 15 Meter), beschildert und optimiert (Gefälle, Biegungen, Belag, Zielführung ohne Umwege) wäre im Sinne der Verkehrssicherheit nicht zu beanstanden und würde keine zusätzlichen Probleme schaffen, im Gegenteil von Radfahrern aller Art sicher gern angenommen.

    Davon spricht aber niemand - stattdessen werden ohne jegliche einheitliche Linie wild durcheinander qualitativ minderwertige "Lösungen" geschaffen, damit "man was für die Radfahrer getan hat". Dass genau dadurch erst ein Wust an neuen Problemen geschaffen wird, ist den Verantwortlichen entweder nicht bewusst oder schlicht egal. Dabei ist ja selbst ein komplett getrennter Radweg ohne Kreuzungen und in ausreichender Breite mit zwei neuen Problemen versehen, nämlich am Start und am Ende. Das gilt umso mehr für jede einzelne Kreuzung, Abzweigung usw., und nochmal mehr bei mehreren Fahrspuren, Gegenverkehr und Fußgängern.

    Im Prinzip holt man sich willentlich den "wilden Westen" von vor 1900, als es eine Straße gab, auf der jeder sich seinen Weg gesucht hat (und dementsprechend viele Konflikte und Unfälle) zurück und baut das ganze nochmal in teuer nach. Dabei werden die über die Jahrzehnte bewährten Grundregeln der StVO ignoriert, als hätte es sie nie gegeben: Rechtsabbieger links von Geradeausfahrern, zu geringe Seitenabstände beim Überholen durch falsch gepinselte Linien, Tempoerhöhung statt Reduzierung und dadurch höhere Unfallschäden, doppelte Haltelinie an allen einmündenden Seitenstraßen, zusätzlicher Straßenseitenwechsel ohne Not, Gegenverkehr auf engen Wegen und unerwartet, um nur mal einige Beispiele zu nennen.

    Dabei wäre es so einfach, wie man gleichzeitig Radverkehr fördern, Sicherheit erhöhen und dabei noch Geld sparen könnte: grundsätzliches Tempolimit (mit massiven Bußen überwacht und sanktioniert) von 30/70/120 nimmt hohe Aufprallenergien und unnötige Überholmanöver aus dem System. Entfernung vieler unnötiger Schilder und Linienmarkierungen spart Erhaltungsaufwand und fördert vorsichtigere Fahrweise. und konsequente Optimierung der StVO hinsichtlich einfacher, zentraler und verständlicher Regeln ermöglicht eine rücksichtsvollere Fahrweise für alle. Unabhängig davon könnten Städte zusätzlich noch Straßen für Autos sperren und Parkplätze entfernen, was die Attraktivität des Rads steigern würde.

    Der einzige Nachteil an dieser Idee: der gesamte Verkehr wird entschleunigt und somit sinkt der Bedarf an hochmotorisierten Autos und auch Autos allgemein. Damit ist aus meiner Sicht auch klar, wieso wir das hier in Deutschland erst hinbekommen, wenn die Autoindustrie abgewickelt oder reformiert worden ist.

    Ich finde beim Liefern die Zerstückelung grässlich. Hier kommt täglich:

    Niemand(!) liefert für zwei Transportunternehmen gleichzeitig aus, obwohl das fast alles Subunternehmer sind, denen doch völlig egal sein dürfte, wessen Pakete im Lieferwagen sind. Niemand(!) hebt im Shop Pakete für zwei Transportunternehmen auf. Warum kann ein Kiosk nicht Pakete für DHL und Hermes entgegennehmen?

    Das wäre dann doch Sozialismus, oder so... der Markt hat das offensichtlich geregelt! :evil:

    Geht mir genauso, seit Jahren schon. Auch dass es niemand stört, dass die Transporter sinnlos rumfahren, weil sie zu der Zeit zustellen, wo viele gar nicht zuhause sind bzw. es versuchen und die Pakete dann wieder mitnehmen und es wieder und wieder versuchen, ist verwunderlich. Hätte man auch leicht lösen können, indem Paketannahmeboxen ähnlich dem bisherigen Briefkasten verwendet werden, sozusagen Packstation light, aber an jedem Haus (oder wenigstens eine alle paar hundert Meter). Abholung per QR-Code (ausgedruckt oder auf dem Handy) oder per eigenem privaten Schlüssel, wäre alles seit 20 Jahren problemlos möglich. Aber da es keinen gesetzlichen Druck gibt, findet auch keine Innovation statt - die Kunden können weder einen alternativen Dienst wählen noch einen selbst aus dem Boden stampfen und müssen mit dem Oligopol leben.

    Genauer: ... zur Tempo-30-Zone?

    Es ist kaum einer da.

    Rein theoretisch wäre ein wichtiger Unterschied, dass man auch durch Nebeneinanderfahren mit dem Rad Kraftfahrzeuge behindern darf, so dass sie nicht überholen können. Da aber die allermeisten Fahrradstraßen sowieso nur auf schmalen Neben- und Wohnstraßen eingerichtet werden, wo durch die verfügbare Breite auch einzelne Radfahrer nicht überholt werden dürfen, ist das hinfällig. Liegt aber nicht an der Idee dahinter, sondern an der mangelhaften Umsetzung durch die verantwortlichen Behörden.

    Ist nicht zu befürchten, dass eine Corona-Handyapp ebenso wie das Liste-Führen als Vorwand benutzt wird, um Öffnungen vorzunehmen, die besser noch unterbleiben sollten? Zumindest hatte ich in der Diskussion häufig den Eindruck, dass ähnlich wie bei den Masken der Zusammenhang hergestellt wurde, wenn wir jetzt die Masken alle tragen, dann können wir auch wieder mehr Geschäfte und andere Besuchermagneten öffnen.

    Bis die App verfügbar ist, ist doch sowieso schon wieder alles auf... im April wurde das als Ausblick für den Sommer diskutiert, Lockerungen ja, aber nur mit entsprechenden Gegenmaßnahmen wie u.a. der App. Als dann im Mai durch Vorstöße einiger Politiker, die um das Wohl der Küchenbauer besorgt waren, eine allgemeine Öffnungshysterie ausgebrochen war, die App aber noch in weiter Ferne, wurde das einfach stillschweigend fallen gelassen und gar nicht mehr groß erwähnt. Das was du als Befürchtung äußerst, ist leider in den letzten zwei bis drei Wochen bereits passiert, und wenn es keine Listen geben würde, wäre ihnen etwas anderes eingefallen, vielleicht ein Sprechverbot - Hauptsache aufmachen.

    Dass es den Wirten genauso wenig hilft, wenn die Hälfte der Kundschaft aus Angst wegbleibt und die andere Hälfte vollkommen sorglos ist und dann nach neuen Fällen wieder zugesperrt werden muss wie aktuell gerade in Leer/Ostfriesland, das interessiert nicht wirklich. Jeder hofft, dass es den Konkurrenten erwischt und nicht ihn selbst, und die Politik ist fein raus, weil sie keine Hilfen mehr zahlen muss - "Selber Schuld, wenn Sie Ihren Laden aus Rücksichtnahme weiter geschlossen halten, Sie könnten ja aufmachen, also ist das Ihr persönliches Risiko!".

    Wenn wir die Corona-App haben, dann können wir ja die Virusherde schnell entdecken und die entsprechenden Gebiete isolieren.

    Vielleicht ist das auch ein Grund der Abneigung gegen die Corona-App erzeugt. Nämlich die Furcht davor, zu denen zu gehören, die dann isoliert werden? Dann doch lieber Beschränkungen für alle gleichermaßen.

    Das sehe ich jetzt nicht so schwarz, selbst im unkontrollierten und panischeren Modus Ende März gab es hier keine großartigen Isolierungen, es wurden keine Wohnblocks versiegelt, es patrouillierte weder Polizei noch Militär, um Spaziergänger einzusperren, selbst offiziell quarantänisierte Menschen wurden nur einmal täglich durch einen Besuch oder gar nur einen Anruf zu Hause kontrolliert und nicht durch Fußfesseln oder Einzelhaft. Es besteht wenig Anlass zur Sorge, dass das jetzt plötzlich anders werden sollte.

    Dass einzelne Menschen aber aus Angst vor zwei Wochen zuhause-rumsitzen sich tatsächlich nicht melden und dann andere anstecken, diese Gefahr besteht denke ich immer und der ist auch schwer zu begegnen, wenn man nicht zu wirklich drakonischen Maßnahmen greifen will. Dagegen wirken Strafen bzw. die Angst erwischt zu werden auf der einen Seite und der Appell an die Vernunft bzw. Mitarbeit andererseits. Schließlich wirken die allgemeinen Maßnahmen ja auch weiterhin, denn wenn ein Infizierter Quarantäneverweigerer nicht ins Kino, die Bar oder die Disco kann, weil sie zu sind, und ihm alle Menschen mit Maske aus dem Weg gehen dann kann er - egal ob absichtlich oder unwissend - auch kaum jemand außerhalb des eigenen Hausstands anstecken, ohne negativ aufzufallen. Das ist ein positiver Nebeneffekt der allgemeinen Schließungen, sie reduzieren die notwendigen Einzelmaßnahmen.

    Wie schätzt du folgende Gegenüberstellung ein: Wenn jetzt einer käme und sagte: Das Maskentragen muss jetzt nicht mehr sein, wir haben jetzt die Corona-App, da brauchen wir keine Masken mehr. (Eine solche Gegenüberstellung ist natürlich eigentlich Quatsch, aber ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass genau so argumentiert würde.) Hältst du es dann für eher wahrscheinlich, dass sich die Menschen sich mehrheitlich für das Maskentragen entscheiden würden und gegen die App oder umgekehrt?

    Oder würde eine Mehrzahl sagen: Ist doch klar, wir brauchen beides.

    Die Frage kann man reduzieren auf "Sind die Menschen da draußen dumm?", und da weiß ich keine zufriedenstellende Antwort.

    Da ich persönlich an das Gute im Menschen glaube, würde ich sagen, es kommt auf die Vermittlung an. Wichtig ist, dass klar und eindeutig kommuniziert wird, was Sache ist. Dazu gehört natürlich, eigene Fehler aus der Vergangenheit offen anzusprechen, aber auch klarzustellen, dass jetzt eben Ende Mai und nicht Anfang März ist und die Lage eine andere. Darauf aufbauend müsste eine einheitliche (bundesländerübergreifende) und verständliche Verhaltensweise auf wissenschaftlicher Basis geschaffen werden, die die Menschen verstehen und die nicht willkürlich ist, denn der einzelne Bürger hat ein feines Gespür für Willkür (z. B. diese Parkbank-Buchlesen-Bußgeldstreits im März/April).

    Neuseeland ist da ein gutes Vorbild, die haben verschiedene Eskalationsstufen und eindeutige Kriterien, aufgrund deren die Stufen geändert werden. Sowas könnte man hier auch einführen. Dabei muss dann die jeweilige Maßnahme sich am aktuellen Wissensstand orientieren, und konkrete Handlungsempfehlungen für jeden Tag bieten. Bei uns wäre das z. B. aktuell:

    • Zuhause bleiben und Homeoffice, falls möglich
    • Wenn unterwegs, dann besser draußen als drinnen
    • Wenn drinnen, dann gut belüftet und möglichst kurz
    • Wenn länger drinnen, dann möglichst wenige Leute
    • Wenn viele Leute, dann Kontakte notieren und sich möglichst danach isolieren
    • Allgemein möglichst zueinander Abstand halten, wenig singen/husten/schreien/niesen/sprechen und Maske tragen (drinnen nochmals viel wichtiger als draußen)

    Das wären ein paar grundlegende Verhaltensweisen, von denen man dann auch die Verbote/Erlaubnisse ableiten könnte:

    • Gastronomie draußen mit Abstand okay, drinnen noch nicht
    • Freiluftveranstaltungen wie Zoos, Parks, Golfplätze, Berge, Open-Air-Auftritte, Freibäder jeweils mit Einzelfalleinschränkungen erlaubt, Indoor-Varianten noch nicht
    • Große Läden mit wenig Besuchern eher erlauben als kleine mit vielen

    Das ist natürlich absolut unfair, aber dem Virus ist das egal, also können wir damit nicht argumentieren. Stattdessen müssten wir für die, die dabei Pech gehabt haben, eben Geld locker machen, damit sie über die Runden kommen. Das wäre dann wahre Fairness, nicht einfach alles aufmachen, damit sich keiner ungleich behandelt fühlt. Das würde diese sinnlosen "Aber der da hinten darf seinen Frisörsalon aufmachen, wieso ich nicht mein Nagelstudio?"-Diskussionen beenden und gleichzeitig die Zahlen unten halten.

    So wie es jetzt aktuell ist, dass jedes Bundesland andere Sachen anders erlaubt, die erlaubten Sachen jeder wissenschaftlichen Grundlage entbehren (Beispiel Bayern: Biergärten bis 20 Uhr auf, Innenräume aber bis 22 Uhr, absolut kontraproduktiv), die meisten Situationen mangels Polizeistärke gar nicht kontrolliert werden können, die Wirte und Geschäftsinhaber sinnlose Konzepte wie Abstände in Räumen mit stehender Luft sklavisch umsetzen, weil sie dann aufmachen dürfen, das ist alles ein Haufen Mist, das muss man leider so deutlich sagen. Und dann ist es auch nicht verwunderlich, dass der normale Bürger nicht mehr durchblickt und es ihm irgendwann egal wird. Klare und nachvollziehbare Kommunikation hätte diese Situationen verhindern können.

    Was sind denn "begründete technische Zweifel"? Dass es zu Fehlarmen kommt? Dass Kontakte unentdeckt bleiben?

    Gibt es überhaupt irgendjemanden, der das bestreitet?

    Bei der App geht es darum, die Verfolgbarkeit von Ansteckungen zu verbessern. Selbst wenn sie am Ende nur 10 % der sonst nicht verfolgbaren Ansteckungen aufdeckt, ist schon einiges gewonnen.

    Das ist die deutsche Gründlichkeit: eine neuartige Lösung muss zu 100% in jeder Situation funktionieren und von Anfang an absolut perfekt sein, oder man lässt es gleich ganz bleiben oder torpediert es sogar noch.

    Hat man schön bei den Masken im März und April gesehen: während Länder wie China, Tschechien oder Österreich sich die Datenlage zur jeweiligen Zeit angeschaut haben und dann daraus folgernd gesagt haben "Masken sind wohl nicht ganz verkehrt, kosten fast nichts und schaden auch nichts, probieren wir einfach mal aus!", gab es bei uns erst Abstreiten von offizieller Seite (weil man nicht genug Masken gekauft hatte), dann vorsichtiges "wäre vielleicht doch nicht so ganz dumm...", ellenlange Diskussionen auf allen Ebenen und in allen Talkshows, und schließlich am Ende wieder einen Flickenteppich von Vorgaben, weil jede Grafschaft ihre eigene Suppe kochen durfte. Durch dieses Hin und Her vergingen im Ganzen fast zwei Monate ohne nennenswerte Maskendichte und als alles ausgeknobelt war, waren die Fälle aufgrund anderer Maßnahmen und dem zeitlichen Verlauf (inklusive der vermeidbaren Todesfälle) schon so weit gesunken, dass der Nutzen wieder verhältnismäßig klein war, was natürlich prompt die Verweigerer auf den Plan gerufen hat, die das ganze ja sowieso sinnlos fanden und weiterhin finden und außerdem hätten wir ja eh kaum noch Fälle... ja logisch, wenn ich zwei Monate nur mit palavern statt handeln verbringe, dann können die Masken in der Zeit ja nichts bewirken, wenn man sie nichtmal aufsetzt. Wenn man sich aber mal die Statistiken von Deutschland, Österreich und Tschechien im Vergleich anschaut, dann sieht man, dass das wohl eine ziemlich gute Idee gewesen wäre (und immer noch ist, Stichwort zweite Welle). Interessiert nur wieder keinen, weil die Maske ja nicht 99,999% aller Viren filtert, und mit weniger gibt man sich natürlich nicht zufrieden, da atmet man lieber gleich 100% ohne Maske ein!

    Das ist übrigens im Straßenverkehr sehr ähnlich, um mal bei der Grundidee dieses Forums zu bleiben: anstatt einfach mal testweise für 3 Monate eine Tempo-30-Zone einzurichten und mittels Verkehrszählung, Fragebögen und Beschwerden rauszufinden, ob das in der jeweiligen Situation eine gute Idee ist und beibehalten werden sollte, wird nur dann eine eingerichtet, wenn quasi schon im Voraus hieb- und stichfest bewiesen wurde, dass sie eigentlich längst hätte eingerichtet werden müssen - aber durch diesen Aufwand passiert das erst Jahre später oder verläuft sich im Sande der Bürokratie. "Das haben wir schon immer so gemacht", "Wo kämen wir denn da hin?" und "Da könnte ja jeder kommen" vereinen sich hier zu einer unheiligen Allianz der Blockadehaltung.

    Es gibt ja auch Maßnahmen der Nachverfolgung von Ansteckungswegen, die auf ganz konventionelle Weise ablaufen. Zum Beispiel muss man sich bei einem Restaurantbesuch vom Wirt registrieren lassen. Da kann es einem schon mal durch den Kopf schießen: "Du hast jetzt da deine Adresse und Telefonnummer hinterlassen. Muss ich damit rechnen, dass in ein paar Tagen möglicherweise jemand vom Gesundheitsamt anruft und mir mitteilt, dass ich jetzt erst mal 14 Tage unter Quarantäne stehe?" Natürlich muss ich genau damit rechnen, sonst macht es ja keinen Sinn, seinen Namen und Anschrift zu hinterlassen.

    Und das ganze jetzt automatisiert mit einer Handy-App. Was ist zum Beispiel, wenn wer die automatisierte Nachricht nicht ernst nimmt? Vielleicht nach dem Schema, ist bestimmt blinder Alarm und ich hab' grad was Besseres vor. Gut, auch bei einem Restaurantbesuch könnte natürlich jemand den falschen Namen angeben usw. Aber gefühlt ist das für mich so ähnlich wie bei den Wahlen, da trau ich auch mehr der traditionellen Methode mit Stift und Wahlzettel und auszählen von Hand. Bin ich einfach zu altmodisch?

    Die Telefonnummernsache wird gemacht, weil wir a) noch keine brauchbare App haben und b) die Gaststätten öffnen möchten, obwohl sie eigentlich noch zu bleiben sollten. Das ist lediglich ein Kompromiss, den sich die verantwortlichen Politiker ausgedacht haben, damit sie dann bei Ausbrüchen wenigstens ein bisschen was vorzuweisen haben. Dass niemand die Nummern auf Echtheit überprüft, das Zusammentragen der Listen und Anrufen von Personen im Ernstfall auch einen ziemlichen zeitlichen Aufwand bedeutet, man damit nicht zuverlässig die jeweilige Situation (Sitzordnung, Aufenthaltsdauer, Raumgröße, Belüftung, Sprechdauer/-art etc.) einschätzen kann, die datenschutztechnischen Fragen der kompletten Weitergabe solcher Listen, etc. sind alles Nachteile, die der Offlineerfassung geschuldet sind. Kompromisse, die man eingeht, um wenigstens irgendwie wieder aufmachen zu können.

    Manche davon wären mit einer entsprechend gestalteten und breit genutzten App leicht lösbar: z. B. würde da jeder eine Meldung erhalten, dass er Kontakt hatte, ohne dass das Gesundheitsamt davon weiß. Die Weitergabe ganzer Nummernlisten oder deren Verlust entfiele komplett, das Weitergeben der eigenen Nummer ebenfalls. Es werden nicht alle Dinge gelöst, z. B. ist die Erkennung relativ ungenau und kann damit zu deutlich mehr False Positives führen als gewünscht, was dann mehr (negative) Tests kostet, oder zu mehr False Negatives, was zu neuen unerkannten Herden beitragen kann. Aber zweiteres ist nahezu egal, denn das wäre ohne App auch passiert, und ersteres könnte man dann je nach Stärke anpassen (bei vielen Fällen nur Quarantäne, bei wenigen mit Testen).

    Das mit Wahlsystemen zu vergleichen ist nicht zielführend, weil es völlig verschiedene Situationen sind. Bei Wahlen ist enorm wichtig, dass das Ergebnis nachträglich und jederzeit überprüft werden kann, und zwar von jedem Bürger. Gleichzeitig darf keine unerkannte Manipulation möglich sein. Es gibt mathematische Verfahren, die diese Eigenschaften gewährleisten (habe vor einigen Jahren dazu ein Paper gelesen, aber gerade nicht zur Hand) und die in Verbindung mit Opensource-Wahlmaschinen genau das gewährleisten würden. Das Problem daran: a) niemand hat bis jetzt solche Maschinen gebaut, die auf dem Markt verfügbaren sind untauglich, b) selbst wenn man welche hat, ist der Nutzen gering, da Wahlen nur sehr selten sind und die Stimmen schnell ausgezählt, c) das Verfahren selbst relativ kompliziert zu verstehen ist und deswegen nicht von jedem Bürger nachvollziehbar (das bisherige braucht nur Addition, die versteht jeder).

    Bei Corona-Tracing ist die Geschwindigkeit von zentraler Bedeutung, selbst Verzögerungen von wenigen Stunden können fatal sein. Falsche Ergebnisse sind nicht so schlimm, wenn sie nicht Überhand nehmen und wenn eher sehr aggressiv gewertet wird (und damit mehr getestet). Das Verfahren ist zwar nicht so simpel wie Addition, aber doch relativ einfach und ohne mathematische Kenntnisse nachvollziehbar. Und schließlich wird es nur für einen definierten Zeitraum gebraucht, dort aber dann rund um die Uhr und überall, was mit Zettel und Stift enorm viel mehr Aufwand bedeutet oder teils gar nicht möglich ist (ÖPNV, Supermarkt).

    Den Bildern nach zu urteilen bezieht sich das [Zeichen 301] auf die nächste Einmündung in Fahrtrichtung, und das ist die schräg zulaufende Jessenstraße bzw. genauer gesagt deren östlich gerichtete Richtungsfahrbahn, da das eine mit breitem Mittelstreifen baulich getrennte Straße ist. Jetzt müsste man schauen, ob der Radweg (ich habe den erst auf den zweiten Blick erkannt, so schmal ist der) überhaupt ein echter Radweg ist und nicht nur alte Farbe, und ob er von den Vorfahrtsregeln her zur Jessenstraße gehört oder nicht. Das würde dann auch festlegen, wer zuerst darf, oder ob es aufgrund von Unklarheit auf Anhalten und gegenseitig Aushandeln rausläuft.

    Falls er dazugehört, müsste zum besseren Verständnis [Zeichen 205] aufgestellt sein und die meisten Radfahrer würden einfach absteigen und schieben, anstatt zu warten. Falls er nicht dazugehört, wäre es entweder Vorfahrt durch RvL und das [Zeichen 301] wäre zu 50% sinnlos, oder es würde §10 StVO greifen und der Linksabbieger hat Vorfahrt. In beiden Fällen würden wahrscheinlich die meisten Radler einfach absteigen und mit Vorrang über den Zebrastreifen laufen.

    Pragmatische Lösung: Radweg entfernen, Radverkehr auf der Fahrbahn führen, Beschilderung beibehalten. Mehr Platz für Fußgänger, mehr Platz für Radfahrer, Schilder müssen nicht geändert werden, alle Situationen eindeutig geregelt, rote Klinkersteine können für Häuserbau verwendet werden. ;)

    Edit: Ich weiß nicht, warum ich von dieser Stelle kein besseres Foto habe, aber hier kann man zum Beispiel durchaus mit einigem Tempo ankommen; entweder dank Muskelkraft und dem leichten Gefälle oder eben aufgrund eines Elektromotors mit 25 Kilometern pro Stunde. Und dann schält sich plötzlich im Gegenlicht hinter der Kuppe dieser miese Belag aus der Oberfläche. Dann lass es noch ein bisschen nass sein, angesichts des anwachsenden Gefälles will man bremsen, noch ein bisschen in der Kurve, Zack.

    Da hat das OLG des Saarlands doch einen lebensnahen Tipp für dich parat!

    Es liegt gewissermaßen in der Natur der Sache, dass es immer wieder Verkehrssituationen gibt, in denen es der Radfahrer nicht vermeiden kann, die asphaltierte Fahrbahn zu verlassen. Diese Gefahr ist einem Radweg gewissermaßen immanent. Allerdings sind die Interessen zwischen Radfahrer und Verkehrssicherungspflichtigem gegeneinander abzuwägen: Wollte man verlangen, dass der Verkehrssicherungspflichtige ein mehr oder weniger gefahrloses Überfahren der Fahrbahnbegrenzung ermöglichen muss, so liefe diese Forderung im Ergebnis darauf hinaus, unbefestigte Bankette zu verbieten. Eine so weitgehende Verkehrssicherung ist nach den unter lit. c) genannten Gründen nicht zumutbar. Sie ist auch im wohlverstandenen Interesse der Radfahrer nicht erforderlich, die sich auf die erkennbare Gefahr einrichten können. Die Nutzer eines Radwegs gehen das Risiko, aufgrund einer Unwägbarkeit dennoch über den Rand fahren zu müssen, bewusst ein. Ein Radfahrer, der die fehlende Befestigung des Banketts erkennt, weiß, dass das Überfahren der asphaltierten Fläche mit Gefahren verbunden ist. Er wird sein Fahren vernünftigerweise so einrichten, dass er an der fraglichen Unfallstelle den asphaltierten Belag nicht verlässt. Kommt es ausnahmsweise doch zu einem Schadensfall, so muss der Geschädigte - so hart dies im Einzelfall sein mag - den Schaden selbst tragen.

    Wer Radwege in gutem Galuben nutzt, ist selber Schuld und muss auch damit rechnen, dass er gar nicht mehr auf ihnen fahren kann, und deshalb sollte er sie dann in so einer Situation auch nicht verlassen!

    Aber Spaß beiseite, es ist leider tatsächlich so, dass Radwege als Wege zweiter Klasse gesehen werden, was die Verkehrssicherungspflicht angeht. Je nach Bundesland bestehen nicht einmal Pflichten, schlechte Wege überhaupt instand zu setzen, und wenn, dann auch nur in Extremfällen (z. B. wenn sonst kein Durchkommen möglich ist). Der Tenor im Verkehrslexikon ist da ähnlich - Sicherung nur insoweit, dass gar nicht erwartbare Hindernisse entfernt werden müssen oder davor gewarnt werden muss. Ansonsten muss man im Prinzip mit allem rechnen, was die jeweilige Straßenkategorie hergibt, und das ist bei kleinen Landstraßen dann auch unbefestigter Belag, bei Bäumen Wurzeln, bei schlechtem Zustand Schlaglöcher etc. - und wegen Sichtfahrgebot kriegt man sowieso immer eine Teilschuld bzw. bleibt auf einem Teil des Schadens sitzen. In diesem Fall käme noch hinzu, dass sowieso nur Schrittgeschwindigkeit erlaubt ist und daher im Prinzip nie ein Unfall passieren kann...

    Benutzungspflichtige Wege haben höhere Anforderungen, der Belag muss geeignet sein. Im "Recht für Radfahrer" von Dietmar Kettler steht das am Beispiel eines Rennrades bei mangelnder Asphaltdecke allgemein drin, aber ohne Bezug auf konkrete Urteile. Online habe ich dazu nur ein Urteil von vor 1997 gefunden, in dem ein Rennradfahrer auf der Fahrbahn trotz Radweg mit unbefestigtem Belag fuhr (damals war ja alles verpflichtend) und ihm die Vorfahrt genommen wurde. Da entschied das Gericht, dass es für den jeweiligen Fall unerheblich war, weil die andere Verletzung so schwerwiegend war, dass es auf die Radwegfrage gar nicht mehr ankäme. Ich vermute mal, es gibt dazu wenig Urteile, weil die Situation so selten ist - ich habe z. B. schon sehr viele unbefestigte Radwege befahren, aber noch nie einen straßenbegleitenden unbefestigten mit Schild gesehen.

    So etwas gibt es dann auch mit Benutzungspflicht und über aberthunderte Meter.

    Rein nach grober Augenschätzung ist der Weg doch locker zehn Meter von der Straße entfernt und unabhängig vom Belag eh nicht dazugehörig. Dazu noch von Graben, Büschen und Bäumen getrennt und in anderem Material, würde mich nicht wundern, wenn am Ende noch ein [Zeichen 205] wartet...

    Das einzige Problem, das ich bei "klein und leicht" sehe, ist die Koexistenz mit Brummern à la Cayenne und Cherokee, weil bei einem Crash der Kleine und Leichte auf Briefmarkengröße zusammengestaucht wird, denn es ist ja auch die Sicherheitstechnik, die Gewicht kostet.

    Dieses Problem ist real und hält viele Leute vom Umstieg ab - stattdessen rüsten sie durch SUVs selbst noch weiter hoch. Die Angst um das eigene Leben ist menschlich nachvollziehbar, aber gesamtgesellschaftlich leicht lösbar: geringere Maximalgeschwindigkeiten von 30/80/120 und drastische einkommensabhängige Strafen bei spätestens 10 km/h drüber (Vorbild: andere europäische Länder, die das seit Jahren so halten und bei denen deswegen keine Massenverelendung eingetreten ist) führen zu weniger Unfällen und weniger starken Sach- und Personenschäden.

    Zusätzlich sollten kleine und leichte Fahrzeuge steuerlich und im Verkehr selbst besser gestellt werden: Berechnung der KFZ-Steuer auch aufgrund des Gewichts, Zusatzabgaben beim Verkauf und Weiterverkauf von sehr schweren Fahrzeugen, Reduzierung der maximal zulässigen Geschwindigkeit von KFZ über 2,0 t (später 1,5 t, noch später 1,0 t) auf 30/60/80 ähnlich wie heute bei LKW über 7,5 t, sowie Fahrverbote auf bestimmten Straßen bzw. Prioritätsstreifen für leichte Fahrzeuge. Das hat neben der erhöhten Sicherheit den positiven Nebeneffekt, dass automatisch der Gütertransport per Bahn gestärkt wird und die Kosten für die Straßeninstandhaltung sinken (schwere Fahrzeuge belasten die Straßen exponentiell stärker als leichte, also muss ihre Menge reduziert werden).

    Auch auf Firmenparkplätzen ließe sich sicherlich ganz gut durchsetzen, dass auf Stellplätzen mit Lademöglichkeit wirklich nur die Autos stehen, die sie brauchen, was im öffentlichen Raum eher nur so mittel funktioniert.

    Genau. Außerdem entsteht dadurch ein Nachfrageeffekt - wenn 50% der E-Autos tagsüber gar keine Ladesäule bräuchten, dann besteht für eine Firma (genau wie eine Gemeinde) immer die Abwägung, dass ja selbst bei 100% E-Quote unter den Mitarbeiterwagen nur die Hälfte eine Säule bräuchten. Stattdessen könnten ja die Mitarbeiter eigentlich auch die passenden Fahrzeuge kaufen und man könnte sich die Errichtung, Pflege und Verwaltung auch sparen. Für den einzelnen Mitarbeiter ist dann die Frage beim Autokauf "Mit den Kollegen um die wenigen freien Ladesäulen morgens streiten oder doch lieber ein Modell kaufen, das einen großen Akku hat?"... da ist die Antwort meistens klar.

    Wenn stattdessen 90% der Fahrzeuge kleine und mittlere Akkus haben, stellen sich diese Fragen und Probleme gar nicht, weil selbstverständlich alle Plätze mit Ladesäulen ausgestattet werden müssen, da andernfalls die Mitarbeiter nicht mehr zuverlässig zur Arbeit kommen können. Ähnliche Effekte gibt es bei Schutzausrüstung: wenn sie vorgeschrieben ist, muss der Arbeitgeber sie bezahlen und zur Verfügung stellen und sie wird benutzt. Wenn sie optional ist, hat der einzelne Mitarbeiter Nachteile und wird eher auf sie verzichten, während sich der Arbeitgeber auf die Freiwilligkeit als Ausrede für seine Untätigkeit berufen kann.

    Du meinst ernsthaft es sei eine sinnvolle Strategie zur Förderung von E-Autos, den Leuten zu erzählen, "wenn ihr etwas weiter fahren wollt, müsst ihr halt einen Mietwagen nehmen"? Das würde das eh schon schlechte Image von E-Autos komplett versenken.

    Also es ging hier um die 10.000 € Fahrzeuge von Obelix, das ist ja noch weit unter einem E-Golf.

    Es kommt immer auf die Definition von "etwas weiter" an. Es wird weiterhin Leute geben, die sehr weite Strecken fahren, aber die sind für die Gesamtmenge irrelevant. Genau deswegen krankt die Umsetzung aktuell - es wird versucht, ein Fahrzeug zu bauen, das 1000 km am Stück fahren kann, obwohl die meisten unter 20 fahren. Dadurch steigen die Preise enorm, aber es werden dennoch (aktuell) nur 100 bis 500 km erreicht. Dafür müsste der Käufer aber das dreifache zahlen und fragt (zu Recht), wieso er denn bei so einem hohen Preis nicht auch 1000 km bekäme. Die Alternative für wenig Reichweite zum kleinen Preis existiert aktuell nur in Nischen, und dort ist durch Kleinserienfertigung der Preis weiterhin unverhältnismäßig hoch und dementsprechend die Kaufzahlen niedrig.

    Wieso also kann ich kein E-Auto für unter 10.000 Euro kaufen (4.000 mit Bonus, und damit erschwingbar für die meisten Leute)?

    Die Automobilfirmen haben wirtschaftlich gesehen wenig Interesse an einer sinnvollen Angebotspalette. Sie verdienen an großen und schweren Fahrzeugen pro Fahrzeug mehr und die Kosten für Maschinen, Mitarbeiter, Logistik und Verwaltung bei der Herstellung sind nahezu gleich. Da Elektrofahrzeuge durch weniger bewegliche Teile und einfachere Technik auch weniger Wartung benötigen und im Schnitt länger halten, fallen zukünftige Einnahmen bei den Neuverkäufen und bei den (Vertrags-)Werkstätten weg. Dazu kommt, dass bei entsprechendem Angebot mehr Leute zu den günstigen und ausreichenden Modellen greifen würden und die teureren sich schlechter verkaufen würden, da damit auch ein Sinneswandel vom Auto als Statussymbol hin zum Auto als ein Gebrauchsgegenstand unter vielen einhergeht.

    Der Markt versagt hier offensichtlich massiv, da externe Kosten nicht eingepreist sind: die Straßenbelastung durch schwere Fahrzeuge wird gleichmäßig von allen getragen statt den Verursachern, es werden weder Stickoxide und Feinstaubbelastung in Rechnung gestellt noch die Gewinnung von Rohstoffen im Ausland menschlich und umweltverträglich eingepreist. Es muss keine Abgabe anhand des Flächenverbrauchs eines stehenden oder fahrenden Autos geleistet werden, und Unfallschadenbehebung wird durch ein überbordendes Netz aus Versicherungen und KFZ-Werkstätten der Unfallvermeidung in den Gesetzen und deren Umsetzung vorgezogen, da auch hier niemand selbst, sondern die Allgemeinheit zahlt. In einem so unfreien Markt funktionieren dementsprechend die Mechanismen nicht mehr und es bleibt nur noch übrig, aktiv einzugreifen, um das gewünschte Ergebnis zu erhalten. Dieses aktive Eingreifen ist z. B. der Umweltbonus, der aber aktuell völlig falsche Anreize setzt.

    Dass sparsame und sinnvolle Fahrzeuge technisch möglich sind, hat schon Greenpeace vor fast 25 Jahren mit dem Twingo Smile gezeigt - die Autoindustrie hatte leider kein Interesse daran und der Gesetzgeber blieb untätig, deswegen sind auch heute noch die Verbräuche doppelt so hoch wie damals. Bei den E-Autos wiederholt sich diese Situation aktuell, und den Schaden tragen wieder wir alle.

    Also ich habe ein Problem mit den bestehenden konfliktfreien Schaltungen. Die Grünphase für Radfahrer ist meist einfach viel zu kurz. Und dann steht man da 10 oder 20 Sekunden lang während Autos geradeaus weiterfahren und häufig kein einziger abbiegt.

    Ich hatte mal das Erlebnis an einer innerstädtischten einspurigen Hauptverkehrsstraße mit Hochbordradweg und Fahrradampeln: alle 50 Meter eine Querstraße, überall Ampeln. Während die Fahrbahnampel eine grüne Welle hatte, wurde jede Fahrradampel zuverlässig für 30 Sekunden rot, während kein Auto abbiegen wollte (kein getrennter Linksabbieger). Es war völlig egal, ob man schnell oder langsam ankam, man musste immer warten. Hatte was von versteckte Kamera, du wartest bei Rot an einer völlig freien Straße, an der die Autos schon längst vorbeigezogen sind, und sowieso nur 30 fahren durften. Sofern ich da jemals wieder vorbeikommen sollte, werde ich die Fahrbahn wählen, selbst bei dem minimalen Risiko, erwischt zu werden. Sowas ist einfach nur Schikane.

    Ich hatte weiter oben schon den Verdacht geäußert, dass diese Diskussion über die Sicherheit in öffentlichen Personennahverkehrsmitteln von interessierter Seite aus gefördert wird, um den ÖPNV zu desavouieren. Ich habe kürzlich einen Artikel gelesen über den Flugverkehr. Dort besteht mindestens ebenso sehr wie im ÖPNV das Problem der Ansteckungsgefahr. Trotzdem habe ich nicht in dem Maße wahrgenommen, dass der Personen-Flugverkehr in Frage gestellt wird.

    Das liegt wahrscheinlich daran, dass aktuell nahezu niemand mehr fliegt: 98 Prozent weniger Personenflugverkehr

    Dagegen fahren Bahnen und Busse zwar verringert, aber doch nicht in solchem Maße reduziert, und dann stellt sich natürlich auch eher die Frage nach Schutzmaßnahmen. Außerdem ist es bei Flügen einfach, die Fluggesellschaft entscheidet einfach "ohne Maske kein Boarding", und wem das nicht passt, der bleibt unten. Bei ÖPNV ist das schwieriger, weil er Teil der Grundversorgung ist und viel offener und schwerer zu kontrollieren.

    Das verstehe ich nicht. Mit deinem Modell würde die Elektromobilität für immer in der Nische bleiben, weil die günstigen E-Fahrzeuge nicht in der Reichweite mit den Verbrennern konkurrieren können.

    Tatsächlich ist es zur Zeit ja wohl auch so, dass die CO2-Flottengrenzen die Verbrenner-Kleinstwagen ausrotten, weil die CO2-Strafe die bei Kleinstwagen geringere Marge auffrisst. Ich frage mich, ob das so sinnvoll ist.

    Wenn man die Zahlen anschaut, ist die wirkliche Nische der "Ich muss 100 km einfach jeden Tag zur Arbeit, am Wochenende 600 km zum Ferienhaus auf Sylt und dann noch der Pferdeanhänger der Tochter, und was wenn die Mutter mal zur Reha muss!"- Angstfahrer, den die Bedenkenträger seit Jahr und Tag als einzig wahren deutschen Durchschnittsautofahrer hochjubeln. Stattdessen stehen die meisten Fahrzeuge den lieben langen Tag lang rum (bei der Arbeit, beim Einkaufen, zuhause über Nacht, bei Besuch von Freunden, beim Sport, etc.) und werden ziemlich wenig gefahren. Die durchschnittliche Pendelstrecke hat sich zwar in den vergangenen Jahren erhöht (auch problematisch, aber das nur am Rande), aber liegt dennoch deutlich unter 50 km:

    Für gut die Hälfte der Erwerbstätigen in Deutschland lag 2016 die Arbeit in einem Umkreis von 10 km zu ihrer Wohnung. 30 % hatten täglich 10 km bis 25 km in eine Richtung zu pendeln und fast jeder Fünfte musste täglich einen mehr als 25 km langen Weg zur Arbeit zurücklegen. Darunter waren 5 % Fernpendlerinnen und Fernpendler mit einer einfachen Wegstrecke von mindestens 50 km. Die Entfernungsklassen sind in allen Bundesländern in dieser Reihenfolge besetzt, das heißt am häufigsten ist der Arbeitsweg kürzer als 10 km und am seltensten 50 km und länger.

    Dabei sind natürlich auch die Bahnfahrer mit dabei, aber selbst wenn wir 100% PKW-Quote annehmen würden (worst case), dann ist für 95% der Berufspendler ein Auto mit 100 km Reichweite selbst dann ausreichend, wenn der Arbeitgeber keine Lademöglichkeit anbietet. Es macht demnach wenig Sinn, E-Autos für die Masse auf 800 km Reichweite hin zu optimieren - ähnlich wie auch heute schon ein Geländewagen mit 120-Liter-Tank und 6x20 Litern extra in der Wüste sehr sinnvoll ist, zum pendeln eher nicht.

    Du sprichst das aktuelle Problem ja sehr treffend an - es gibt kaum gute E-Fahrzeuge, weil sie den Verbrennern nachempfunden werden, anstatt von Grund auf neu entwickelt zu werden. Aus technischen Gründen ist ein E-Fahrzeug, das die gleiche Reichweite wie ein Verbrenner hat, aktuell massiv teurer und für die Mehrheit nicht erschwinglich (siehe Tesla). Eine Förderung, die dieses Problem durch Geld versucht zu mildern, wird scheitern, weil es sich für den Einzelnen erst dann lohnen würde, wenn (geschätzt) 60.000 Euro zugeschossen würden... kann man machen, aber dann sicher nicht für alle, die das gerne haben würden.

    Stattdessen muss aus meiner Sicht die Förderung dieses Dilemma von der anderen Seite her überwinden - nicht die bestehenden Nachteile mit einem "Schmerzensgeld" versuchen auszugleichen, sondern solche Fahrzeuge fördern, die sich stattdessen auf die Vorteile konzentrieren. Da durch den Elektroantrieb sehr viele Bauteile wegfallen, sind sehr kleine und platzsparende, damit auch leichte Fahrzeuge möglich, bei denen die Reichweite dadurch auch mit geringeren Kapazitäten ausreichend groß dimensioniert sein kann. Es wäre sinnvoll, solche Fahrzeuge (sowohl von Kleinserien als auch großen Herstellern) entsprechend zu fördern, damit sie eine ausreichende Verbreitung erlangen. Ich denke da an Fahrzeuge mit 1-2 Sitzen und evtl. 1-2 Notsitzen (alternativ Stauraum), weit unter 800 kg, Reichweite 50-150 km, Geschwindigkeit 90-120 km/h, und eben durch den Bonus einen Preis unterhalb von 10.000 Euro. Durch den geringen Preis könnte man dann einen Mietwagen für die wenigen besonderen Fälle hinzuziehen und wäre insgesamt immer noch günstig unterwegs.

    Die CO2-Sache ist eine andere Baustelle, zeigt aber dasselbe Problem in der Denkweise: anstatt als Ziel zu definieren "wir wollen sparsame, kleine und leichte Fahrzeuge, was können wir dafür tun?" wird eine Regel definiert, die auf dem Papier dasselbe zu wollen scheint, aber tatsächlich zum Gegenteil führt. Ob das jetzt Unfähigkeit oder absichtlicher Lobbyismus ist, ist fast egal, weil das Ergebnis in jedem Fall beschämend ist. In diesem Zusammenhang ist ein Blick auf spritmonitor.de immer wieder erleuchtend: im Jahr 2020 sind die sparsamsten zwei Dieselfahrzeuge der Audi A2 3L und der VW Lupo 3L (gleiche Technik) von 1999, 21 Jahre alte Technik. Unter den ersten 10 sind ansonsten nur Kleinstwagen, während der A2 ausreichenden Raum bietet. Bei den Benzinern findet sich unter den ersten 10 überhaupt kein deutsches Fabrikat, es teilen sich die Plätze Kleinstwagen mit sehr kleinem Motor und Hybride aus Fernost, deren Technik (wenngleich hochwertig) prinzipiell auch schon über 20 Jahre alt ist.

    Wieso ist in den letzten 20 Jahren kein Fortschritt beim Verbrauch passiert, obwohl laufend neue Modelle rauskamen? Weil kein Zwang bzw. Anreiz zur Optimierung bestand. Die Spritpreise sind aus verschiedenen Gründen seit etwa 2007/2008 stark gefallen anstatt wie eigentlich erwartet gestiegen, gleichzeitig hat die Politik es versäumt, Anreize für sparsame Fahrzeuge zu schaffen, bzw. aktiv dagegen gearbeitet, z. B. durch Festsetzung des Energielabels in Abhängigkeit des Gewichts, die unkontrollierte Abwrackprämie oder die laschen Regelungen bzgl. Flottenverbrauch und Plugin-Hybride. Durch solche Fehlplanungen haben wir im Prinzip 20 Jahre vergeudet, ein Armutszeugnis.

    Wie kommst du darauf? Die Förderung ist so weit ich weiß für teure Fahrzeuge sogar geringer.

    Das hatte ich falsch in Erinnerung, danke für den Hinweis. Ich habe jetzt nochmals nachgeschaut:

    Bis Februar 2020 gab es nur einen festen Satz von 4.000 Euro, der bis 60.000 Euro Kaufpreis gezahlt wurde. Allerdings musste das Fahrzeug dabei auf der Liste der förderfähigen Fahrzeuge des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle gelistet sein. Mittlerweile beträgt der Bonus für Fahrzeuge bis 40.000 Euro 6.000 Euro und für 40.001 bis 60.000 Euro dann 5.000 Euro (wobei seltsamerweise 3 Audi- und ein Jaguar-Modell über 60.000 Euro trotzdem in der Liste sind...).

    Da allerdings der Hersteller 50% des Bonus zahlen muss und die Margen bei teuren Autos größer sind (unabhängig ob Elektro oder Verbrenner), benachteiligt das weiterhin kleinere bzw. günstigere Fahrzeuge, wenn auch nicht direkt auf dem Papier. So finden sich in der Liste dann auch bis 15.000 Euro kein einziger und bis 20.000 Euro nur 17 Einträge, gegenüber 85 im Bereich von 40.000 bis 65.000 Euro. Zum Vergleich, Verbrenner gibt es ab 7.000 Euro Neupreis, da kommt man selbst mit dem neuen höheren Bonus bei Weitem nicht hin.

    Wenn das Ziel gewesen wäre, Elektromobilität für alle zu fördern, dann hätten Fahrzeuge über 30.000 Euro aus meiner Sicht gar keine Prämie verdient (bzw. nur als freiwillige Leistung des Herstellers, nicht des Staats), und darunter so gestaffelt, dass kleine, leichte und günstige Fahrzeuge die höchste Prämie erhalten. Dadurch steigt allgemein die Motivation, umweltfreundlichere Modell zu wählen und zu produzieren, und die Prämie kommt mehr Bürgern zu Gute bzw. führt zu mehr E-Autos auf den Straßen anstatt günstiger Verbrenner.

    Diese Wassersprudler scheinen mir grundsätzlich die einzig sinnvolle Alternative zum Wasserkistenschleppen für die meisten Haushalte zu sein. Wenn ich das aber in den üblichen Debatten zum Vorschlag bringe, ist die Begeisterung eher gering, weil diese Systeme als unhygienisch gelten oder man sich einfach nicht umgewöhnen möchte. Dass die Leute aber selbst stilles Wasser kistenweise in Plastikflaschen kaufen, was in nicht unbedingt schlechterer Qualität direkt aus dem Wasserhahn kommt, verstehe ich tatsächlich nicht.

    Es kommt natürlich immer auf das spezielle System an - die älteren "Flasche in ein Gerät stellen und CO2 hinzufügen" finde ich jetzt auch nicht so prickelnd, aber die fest unter der Spüle installierten mit großen Tanks sind schon deutlich besser. Das könnte man dann z. B. mit variablen Mineralzusätzen, Kalkzusatz oder -entfernung so kombinieren, dass es dem bevorzugten Mineralwasser nahe kommt, oder verschiedene Varianten zum Wechsel anbieten. Bei ausreichend großer Verbreitung und standardisierter Hardware würden auch die Preise ausreichend sinken. Damit verbunden wären natürlich regelmäßige Tests inkl. der "letzten Meile" am Hahn auf Verunreinigungen, Rohrrückständen etc. notwendig, eben so wie es in den Mineralbrunnen derzeit auch gemacht wird.

    Bitte nicht das Klischee vom bettelarmen Radfahrer verbreiten. Danke!

    Aber man sieht daran mal wieder klar, wo die Prioritäten liegen. In Fahrrad-Konzernen gibt es nach Ende der politischen Laufbahn wohl nicht viele lukrative Jobs.

    Bettelarm war nicht gemeint, sorry falls das falsch rüber kam. Aber wenn man sich die Preisspannen anschaut, dann liegen neue KFZ eben im Bereich von 8.000 bis 90.000 Euro, während Fahrräder 200 bis 10.000 kosten (grob gesagt, Ausreißer vorhanden). Und bei Elektroautos sind die Förderregeln auch noch so, dass der volle Betrag nur bei sehr teuren Fahrzeugen abrufbar ist (die zufällig fast alle von deutschen Herstellern kommen, der Ausländermaut-Trick!), was bei dem aktuellen Vorschlag nicht der Fall wäre. Somit wäre die Pauschale unabhängig vom Vermögen der Bürger und würde ärmeren im Verhältnis natürlich mehr zu Gute kommen, was ja auch absolut sinnvoll ist.

    Fragst du allerdings die Leute selbst, dann wirst du sehr häufig die Antwort erhalten: Ich bin dringend auf mein Auto angewiesen, wie soll ich denn sonst eine Kiste Mineralwasser vom Supermarkt nach hause transportieren.

    Willst du die selbst festgestellte Notwendigkeit, für den Einkauf einer Kiste Mineralwasser das Auto zu benutzen, als Kriterium oder Eintrittskarte für die von dir vorgeschlagene Restautomobilitäts-Gruppe gelten lassen?

    Radikalität gerne, sofern es darum geht, alternative Angebote zu entwickeln bzw. vorhandene auszubauen. Gerne auch bei der Einschränkung des MIV. Dann wird sich das mit dem Kasten Wasser von selbst regulieren.

    Der Kasten Wasser ist ein gutes Beispiel, dass die Diskussion üblicherweise von der falschen Seite her geführt wird: es besteht ein Problem (Getränke vom Erzeuger zum Haushalt transportieren) und es gibt verschiedene, gewachsene Lösungen (früher waren das Bierkutscher und Dorfwirtschaften, heute sind es LKW-Flotten und Supermärkte). Um dieses Problem jetzt von seinen negativen Seiten (Abgase, Platzverbrauch, Kosten) her zu lösen, werden die bestehenden Lösungen auf ihre Vor- und Nachteile abgeklopft und versucht, dort etwas zu optimieren. Also Elektro-LKW statt Bierkutscher und LKW oder Lastenrad statt Auto zum Supermarkt. Das kann natürlich ausreichend sein, wenn die Infrastruktur entsprechend angepasst wird, aber es nimmt die Grundannahmen immer als fest hin und versucht nur bestimmte Variablen zu optimieren.

    Völlig außen vor bleiben die anderen Alternativen, die das Problem mindern oder lösen (auch in Kombination), z. B.:

    • Herstellung von Mineralwasser aus Leitungswasser am Hahn durch Einsatz von Filterungs- und Mineralstoffzugabesystemen (gibt es schon lange von verschiedenen Herstellern)
    • Zustellung, Lagerung und Abgabe in Kellern von Mehrfamilienhäusern, auch automatisiert (gibt es nichtautomatisiert schon lange in Studentenwohnheimen und manchen Hochhäusern)
    • Zustellung durch Lieferfahrzeuge mit individueller Auswahl (gibt es schon lange von verschiedenen Brauereien und Handel)
    • Herstellung für den eigenen Gebrauch (aktuell ist Bierbrauen aber eher ein Hobby weniger, Saftherstellung eher lokal begrenzt)
    • Bessere Gebindelösungen (gibt es bei Wein in den 3-Liter-Packs schon lange und ist sogar besser als in den schweren Flaschen)
    • Zustandsveränderungen (ähnlich Milchpulver oder Saftkonzentrat, das dann mit Wasser wieder zusammengemischt werden kann und deutlich weniger Volumen und Gewicht benötigt)
    • Zustellung über Pipelines (funktioniert bei Wasser schon seit 100 Jahren, würde theoretisch auch bei anderen Getränken funktionieren) oder über unterirdische Förderbänder/Rohrpostvariationen)

    Das sind jetzt nur einige Beispiele für den Getränkefall, aber es wird deutlich, dass die alle das eigentliche Problem unabhängig vom Transportmittel verbessern können - trotzdem tauchen sie in solchen Diskussionen kaum auf, was ich sehr schade finde. Ich vermute, das liegt daran, dass an der aktuellen Situation bestimmte Kreise verdienen und sich das dann verschieben würde - z. B. würden Getränkemärkte überflüssig und Supermärkte einen Teil ihrer Einnahmen einbüßen, genau wie Flaschenhersteller und Pfandsystembetreiber. Durch eine Optimierung würde insgesamt weniger Arbeit notwendig werden und Lebenszeit eingespart - aber natürlich auch gleichzeitig Arbeitsplätze reduziert, also ein Fortschritt, der mit unserem aktuellen System nicht kompatibel ist.

    Vermutlich ist das der gleiche Grund, wieso auch im Jahr 2020 die Supermärkte im Prinzip genauso unpraktisch arbeiten wie im Jahr 1980, von wenigen neuen Dingen wie bargeldlosem Zahlen mal abgesehen, obwohl eine effizientere Warenverteilung mit unserer aktuellen Technologie problemlos möglich wäre. Würde man einmal annehmen, dass alle Dinge des täglichen Bedarfs, wie Gemüse, Obst, Milch, Mehl, Zucker, Reis, Nudeln, Konserven, Klopapier etc. bereits ähnlich wie bei den Getränken zu Hause automatisiert geliefert oder vorgehalten wären, dann müsste man nur noch für sehr spezielle Dinge überhaupt noch in Läden einkaufen, und das ginge dann auch problemlos mit einem E-Bike mit 30 km/h in der Stadt oder einem Elektrokleinfahrzeug mit 70 km/h auf dem Land. Wenn wir ehrlich sind und unsere Einkäufe anschauen, werden die meisten doch Woche für Woche sich sehr ähnlich ernähren, also je nach Person 50 bis 90% identische Waren kaufen. Dafür jedes Mal in einen Supermarkt zu fahren, bei dem man hunderte Male komplett verschiedene Warenkörbe zusammenstellen könnte, ist eigentlich ziemlich unsinnig.

    Die Linke will nach dem Vorbild Frankreichs den Radverkehr stärken, indem jeder Bürger 50 Euro zur Reparatur seines alten oder Anschaffung eines neuen Rads erhält.

    Zitat

    Die Unionsfraktion im Bundestag sieht eine solche Kostenübernahme für Fahrradreparaturen skeptisch. "Ich halte diese Maßnahme nicht für sinnvoll", sagte der verkehrspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Alois Rainer.

    "Sie kostet viel Geld - mehr als in Frankreich, da wir mehr Einwohner haben - und es ist nicht sicher, dass dadurch auch tatsächlich mehr Menschen als bisher regelmäßig das Fahrrad nutzen." Das Geld werde nun vor allem gebraucht, um Menschen in Kurzarbeit und in Not geratene Unternehmen zu unterstützen.

    Lieber einem Bürger, der 50.000 Euro für ein Kraftfahrzeug auf der hohen Kante hat 4.000 Euro Elektroautoprämie schenken, als 80 Bürgern ohne großen finanziellen Spielraum unkompliziert umweltfreundliche und gesunde Mobilität ermöglichen. Guter Plan, Alois!

    Beim ersten Video ist ja nahezu gar nichts los? Müsste bei diesen Zahlen nicht alles voller Autos sein, sowohl fahrend als auch stehend? Das sieht eher aus wie ein Gewerbegebiet am Sonntagnachmittag.

    Abgesehen davon gehen die Radwege ja locker 10 Meter weit von der Fahrbahn weg, gehören also gar nicht mehr zu dieser Straße - ich würde auf der Fahrbahn fahren, das ist ja auch ordentlich Platz an den meisten Stellen.

    Was mich aber etwas irritiert hat - wieso ist da an allen Übergängen Kopfsteinpflaster? Im historischen Stadtkern bzw. auf historischen 100 Jahre alten Radwegen kann ich das aus Denkmalschutzgründen nachvollziehen, aber wieso hier? Davor und danach und auf der Fahrbahn sowieso ist ja Asphalt, wieso also Kopfsteinpflaster? Als Blindenmarkierung kaum, weil nicht richtig und durchgängig ausgeführt, und für Überreste ist es zu konsistent angelegt...

    Als Lösungsvorschlag würde ich für die einfachste Variante plädieren: Straße verbreitern, Markierungen entfernen, Radweg einstampfen (Hälfte an den Gehweg und Hälfte an die Fahrbahn schlagen), Parkverbot durchgängig. Das reduziert die Dooringgefahr auf nahezu Null, verringert die Geschwindigkeit der KFZ (mangels Linien), erhöht die Überholabstände (mangels Linien und durch mehr Platz), vereinfacht Instandhaltung und Winterdienst und schützt Fußgänger im Besonderen. Dazu benötigt es nahezu keine zusätzliche Planung, ergibt keine unnötigen Klagen und spart einige Schilder ein. Win-Win für alle Seiten, wird also sicher nicht passieren. ^^

    Der Hintergrund ist meines Wissens nach, dass das Auto, das neben dem Radfahrer steht, ja nicht plötzlich zur Seite springen kann, um 1,5 m Abstand herzustellen. Und eine Wartepflicht für den Autofahrer, bis der Radfahrer vor ihm ist, wäre mMn nicht angemessen.

    Dann könnte man es aber vom Wortlaut auf die direkt neben einem KFZ stehenden Radfahrer beschränken - es sind aber explizit alle mit erwähnt, die vorher rechts überholt haben und vor dem KFZ stehen, nicht daneben.

    Die Situation „mehr als ein Radler überholen mehrere Autos rechts“ dürfte es in der Praxis wohl nur mit Schutzstreifen geben. Und da gilt, dass unabhängig von irgendwelchen Mindestabständen (auch) der Radfahrer nicht über die Markierung kreuzen/ragen darf, wenn jenseits davon wer ist. IOW: der Radler muss notfalls solange stehenbleiben, bis alle FZ links von ihm weg sind, wenn er es nicht schafft, loszufahren, ohne dabei über den Strich zu eiern.

    Der 1,5m-Abstand soll mE Radfahrer v.a. davor schützen, von einem wesentlich schneller fahrenden FZ von hinten überrascht und dadurch zu gefährlichen Schreckreaktionen veranlasst zu werden. Der Überraschungseffekt dürfte sich beim gemeinsamen Anfahren allerdings ebenso in Grenzen halten wie auch die angeblich so mörderische Magnet-Windschleppe:evil:, von der alle immer reden, sobald es um Mindestabstände geht

    Schutzstreifen sind doch Teil der Fahrbahn, ohne dass man sie benutzen muss. Man darf also als Radler immer und jederzeit die Linien kreuzen, wie man lustig ist, aber ein Autofahrer darf das nur in bestimmten Situationen (Zufahrt zu Parkplätzen und Hofeinfahrten, Rechtsabbiegen und Ausweichen im Begegnungsverkehr), aber in all diesen Situationen auch nur dann, wenn kein Radfahrer behindert wird (faktisch also erst dann, wenn alle Radfahrer durchgefahren und weg sind). An der Ampel ist die Situation "Schutzstreifen" nichts anderes als eine Menge von Autofahrern, die sich links statt rechts eingeordnet haben und somit an der rechten Seite Platz gelassen haben.

    Der Sicherheitsabstand ist ein grundsätzlicher Mindestabstand (bei höheren Geschwindigkeiten und z. B. LKW sind laut Gerichtsurteilen mehr nötig als 1,5 bzw. 2,0 m) und dient der Sicherheit des Radfahrers bei Stürzen - deshalb ist er so bemessen, dass selbst bei einem Umfallen aus dem Stand (z. B. durch Klickpedale oder Gleichgewichtsverlust) ein nachfolgender PKW den Radler nicht unabsichtlich überfahren kann. Dass das Anfahren in den Augen des Gesetzgebers nicht so harmlos ist, wie du schreibst, sieht man schon an den Urteilen zum Rechts-Vorbeifahren an wartenden KFZ - mit "ausreichend Abstand" und unter "äußerster Vorsicht" ist es erlaubt, aber nur, solange die KFZ stehen oder sich nur unwesentlich (Schrittgeschwindigkeit) bewegen. Fahren sie bereits wieder an, ist es streng verboten, eben aus diesem Sicherheitsgedanken heraus.

    Diese Regel sorgt für zusätzliche Ungleichbehandlung und Verwirrung, z. B. wenn ein Radler als erster an die Ampel kommt, gilt für ihn der Mindestabstand, für die dahinter nur der ausreichende Abstand, weil sie an den wartenden KFZ vorbeigefahren sind. Und wenn z. B. ein KFZ an der Ampel wartet und Radfahrer 1 sich hinter diesem aufstellt statt rechts vorbeizufahren, danach aber dann Radfahrer 2 doch dran vorbeifährt, darf ein zweites KFZ dahinter dann RF 1 nur mit 1,5 Metern überholen, danach RF 2 weiter vorne aber mit gegebenenfalls geringerem Abstand, und ein drittes KFZ das noch später kam muss bei beiden den 1,5er-Abstand einhalten. Das ist einfach unlogisch, wenn man es aus Sicherheitsaspekten betrachtet - es macht nur Sinn, wenn man ein "Jetzt hab ich diese nervigen Radfahrer grade überholt und jetzt sind die wieder vor mir und ich darf nicht vorbei!" als Motivation einsetzt...