Es völlig egal ob ein Landwirt Landwirt ist im Nebenerwerb oder in Vollzeit. Er ist Landwirt, er hat den Grund & Boden. Er arbeitet als Landwirt. Wir haben freie Berufswahl.
Berufsfreiheit bedeutet nicht, dass die Allgemeinheit es jeder Person ermöglichen muss jeden Beruf an jedem Ort auszuüben. Da liegt bei dir ein Missverständnis vor. Wenn einige Berufe nicht für alle Interressenten wirtschaftlich tragbar sind, gehen am Ende einige leer aus.
Und dass die Landwirtschaft bei dir in der Gegend sich aktuell nicht wirklich trägt hast du ja bereits zugegeben, auch wenn du es vermutlich gar nicht gemerkt hast. Denn warum sollten all die Landwirte im Teilerwerb den ganzen Weg nach München auf sich nehmen, wenn auf ihren Höfen Vollerwerb eine Option wäre? Mit Blick auf den deutlich höheren Personaleinsatz, mit denen in den alten Bundesländern die Flächen bewirtschaftet werden ist es auch kein Wunder, dass am Ende pro Nase nicht genug hängen bleibt um allein von der Landwirtschaft zu leben.
Wir haben es hier mit ineffizienter Landwirtschaft zusammen mit ineffizienten Siedlungsstrukturen zu tun, die sich auf den wirtschaftlichen Gegebenheiten längst vergangener Zeiten gründen.
Und nochmal, was willst Du den Leuten anbieten, dass sie umziehen?
Warum sollte man da ein Angebot machen? Ich frage mich manchmal wirklich wo diese ländliche Ansprunchshaltung herkommt, dass alles was für das eigene Leben nützlich ganz selbstverständlich Teil der staatlichen Daseinsfürsorge ist, während alles andere ebenso selbstverständlich als Privatvergnügen Angesehen wird. Und wehe das wird in irgendeiner Form angezweifelt! ÖkOdIkTaTuR!
Einfamilienhäuser finden sich auch überall in der Stadt und in den Großgemeinden. Wo genau wäre da der Unterschied?
Fangen wir doch hiermit an. Dass diese Strukturen problematisch sind, habe ich hier im Thread bereits angemerkt. Mehrfach sogar. Der Unterschied ist, dass diese Siedlungen sich in direkter Nachbarschaft von sehr dichter Bebauung befindet. Wenn man solche Strukturen zu sehr ausufern lässt landet man in der Hölle von Suburbia, mit denen an sich in Nordamerika so gern die kommunalen Finanzen ruiniert.
Denn: Straßen sind teuer. Und die Kosten pro Kopf sind um so geringer, je mehr Menschen sie direkt nutzen. Bis zu einer gewissen grenze natürlich. Umgekehrt gilt aber auch: Die Kosten pro Kopf sind um so höher je weniger Menschen sie direkt nutzen können. Ganz besonder, wenn erst einmal längere Strecken ohne Anrainer überbrückt werden müssen um überhaupt bei den eigentlichen Nutzern anzukommen. Dass es einen wichtigen Unterschied macht, ob ein Stück Straße von zwei oder 20 Parteien finanziert werden muss habe ich in diesem Thread ebenfalls schon einmal angemerkt. Bei Einfamilienhäusern auf dem Land kommen all diese Kosten noch on top. Das ist der Unterschied.
Und wenn je die Infrastrukturkosten pro Kopf immer höher werden, je weniger Nutzer sie finanzieren, dann stellt sich auch unmittelbar die Frage wo diese Grenze eigentlich liegt. Autobahnanschluss an jeden Weiler? Wohl kaum.
Das Leben im eigenen Häuschen mit Garten drum herum ist ein Luxus den man sich leisten wollen, aber auch leisten können muss. Dass es Aufgabe der Gesellschaft sein soll, dem Nebenerwerbslandwirt die tägliche Reise nach München in erträglicher Zeit zu ermöglichen, ganz gleich unter welchen Randbedingungen, mutet schon ein wenig bizarr an.
Ganz Nebenbei: Die Ankündigung zumindest einiger Hamburger Bezirke für Einfamilienhäuser keine Baugenemigung zu erteilen hat landauf landab schon für ordentlich Schnappatmung gesorgt. Gar nicht unähnlich den Reaktionen hier im Thread. Der Unterschied zu den Einfamilienhaussiedlungen auf dem Land ist also der Umstand, dass es zumindest in einigen Städten vorsichtige Bestrebungen gibt daran etwas zu ändern. Vollkommen anders als die Reaktionen hier im Thread.
Um es mal ganz drastisch zu formulieren: Es ist nicht Aufgabe der Gesellschaft einigen Leuten ihr Bedürfniss danach Farmville IRL zu spielen zu finanzieren. Das Gleiche gilt für den Zimmerer mitten im Nirgendwo. Die Konsolidierung des ländlichen Raums ist schon lange überfällig. Und das Ende der Befeuerung des Flächenfraßes durch immer weiteren Infrastrukturausbau ist da einer der wichtigsten Faktoren.
Wenn jemand von Augsburg nach München pendelt und in einem Einfamilienhaus wohnt, wo genau ist der Unterschied zu jemandem, der in Odelzhausen in einem Einfamilienhaus wohnt und nach München pendelt?
Den Versuch mir ein vielfaches der durchschnittlichen Pendeldistanz als Normalzustand unterzujubeln gehe ich jetzt mal nicht weiter ein. Wenn du mir schon etwas vom Pferd erzählen möchtest kannst du dir ruhig etwas mehr Mühe geben.
Ich brauch nur nach Freiham schauen und weiß, wo ich nicht leben will. Obwohl es da sogar eine Fahrradstraße gibt.
Zwingt dich ja auch niemand. Nur wenn man die Zeche für die Anbindung ins Grüne nicht mehr zum Großteil von Dritten zahlen lassen kann, macht die Party womöglich nur noch halb so viel Spaß.