Beiträge von Th(oma)s

    Ob es wünschenswert ist, dass fossile Energieträger billiger sind, ist eine ganz andere Frage.

    Wenn etwas teuer ist, dann hat es auch irgendwo in der gesamten volkswirtschaftlichen Mehrwertschöpfungskette entsprechend Dreck verursacht. Man kann ebensowenig sauberes Geld bezahlen, wie man als Stromkunde selektiv Ökostrom verbraucht.

    Mir ist keine Zahl Unfall/km bekannt. Weder aus D noch den NL. Wie sollten diese erfasst werden? [...]

    Betrachtet man nur die Todesfälle im Straßenverkehr stehen die NL mit etwas über 110 Toten in 2018 gegenüber den ca 400 Getöteten in D, relativ schlechter da. Diese Zahl lässt allerdings die Fahrleistung außer acht. Könnte man die Fahrleistung einrechnen bin ich mir relativ sicher dass die erlittenen Unfälle pro km in den NL geringer sind. Unterstellt man den NL eine doppelt so hohe Fahrleistung pro Person und Tag liegt die Wahrscheinlichkeit in D in einen tödlichen Unfall verwickelt zu werden leider doppelt so hoch.

    Der Fehler in dieser Abschätzung steckt in der Zahl 110. Tatsächlich waren es 206. Vermutlich hast du die 110 aus einer Veröffentlichung, die sich auf den Inhalt der Polizeidatenbank BRON bezieht. Die ist aber aufgrund der seit ein paar Jahren fehlenden Nachverfolgung des Schicksals von Schwerverletzten und der Untererfassung von Alleinstürzen kein Maßstab mehr für einen Vergleich. Hinzu kommt, dass die Polizeidatei seit 2015 PDLX-Opfer auch noch separiert unter „sonstige Fahrzeuge“ führt.

    Bei Verletzten ist es ähnlich. Auch hier hat die geänderte Praxis bei der polizeilichen Erfassung dafür gesorgt, dass die Qualität der Informationen über Zahl und Schwere der Verletzungen von Verkehrsopfern in den letzten Jahren massiv abgenommen hat. Die resultierenden Probleme sind in der UDV-Veröffentlichung gut beschrieben. Ein weiters Problem beim Verletztenvergleich besteht darin, dass „Schwerverletzt“ in D was anderes bedeutet als in NL. In D reicht einmal im Krankenhaus übernachten, in NL muss der KH-Arzt dafür zusätzlich ein Trauma „MAIS 2+“ bescheinigen (was schwieriger zu erfüllen ist...).

    Durch den safety in numbers Effekt kann man vielleicht auf 450 hoffen, was immer noch deutlich mehr sind als 100.

    SiN wird im Hinblick auf das Verhalten der Kraftfahrer bei wachsender *Rad*verkehrsstärke maßlos überschätzt. Grund: man muss als Kraftfahrer nicht extra mit Fahrzeugen rechnen, die einen Pedalantrieb haben, so lange man ohnehin mit anderen Fahrzeugen rechnet. SiN hängt primär erstmal von der KFZ-Verkehrsmenge und damit von der Anpassung der Gesamtgesellschaft an das Phänomen „motorisierte Gewalt“ ab.

    Spezifische Fahrrad-SiN resultiert dann mE einfach nur aus mehr Fahrpraxis auf Seiten der Radfahrerschaft, nicht aus mehr Rücksicht durch Kraftfahrer. Hinzu kommt, dass die Radfahrer in Ländern, wo allgemein wenig Radkultur herrscht, eine negative sozioökonomische Filterung erleiden: wo das Fahrrad als Mainstream-Verkehrsmittel ausscheidet, wird es zum Fahrzeug für gesellschaftliche Randgruppen, Kinder und Säufer - mit entsprechend scheinbar höherem Unfallrisiko.

    Nur wo Radfahrer im Seitenraum der Straße fahren (müssen), sieht das wieder anders aus, denn dann kommen plötzlich zur dominierenden Rolle der eigenen Fahrpraxis bei SiN neue Risiken ins Spiel, auf die sich alle Menschen, Rad- wie Kraftfahrer, tatsächlich erst neu einstellen müssen.

    Sehe ich genau so, nur dass in Deutschland leider 30 nicht die Norm wird.

    Hier in Deutschland wird oft so argumentiert. Wenn irgendwo 50 gilt, dann ist das ein Grund Radwege zu bauen. Wenn irgendwo 30 gilt, dann kann man auf Radwege verzichten. Tempo 30 und Radwege statt Zwang zum Fahrbahnradeln, geht das in den Niederlanden besser zusammen als in Deutschland?

    Wie kommst du auf die Idee, T30 sei in D *nicht* die Regel? Wenn ich die Artikel zum Thema richtig verstehe, zieht NL hier nur nach, was in D schon seit längerem Bestandteil der StVO ist. Die Berliner Stadtverwaltung zB gibt an, dass 80% der Berliner Straßen in T30-Zonen liegen.

    NL hat übrigens derzeit je Einwohner mehr Schwerverletzte im Verkehr als D.

    In Amsterdam hingegen müssen seit 2018 hingegen auch 25er Roller jetzt mit Hem auf die Fahrbahn was den dortigen Absatz von 25ern masssiv einbrechen ließ und den Absatz von 45ern beflügelte

    ...was (also der Krad-Klassenwechsel, nicht etwa die Verbannung der Kräder vom Radweg) wahrscheinlich der Verbesserung der Verkehrssicherheit nicht unbedingt gedient haben dürfte.

    Praktisch sieht das hier im benachbarten Venlo so aus, dass in Venlo Moped+Mofafahrer auf dem Radweg sind, ich gucke aber nächsten Besuch nochmal genauer auf die Beschilderung.

    Achte v.a. darauf, ob auch Mopeds (45km/h max-Kleinkrafträder) den Radweg benutzen. Da es in NL AFAICS auch zahlreiche zum Mofa gedrosselte "Vespa"-Type Roller gibt, kann man das wohl nur nach einem Blick aufs Nummernschild (Moped schwarz-gelb/Mofa weiß-blau) entscheiden.

    Wäre auch eine Idee für zweispurige KFZ.

    Wieso „auch“? *Nur*!

    Funfact: in NL fahren seit Jahr und Tag 45er „Bromfiets“-Verbrenner-Mopeds auf vielen per Schild dafür freigegebenen Radwegen mit, wobei dann ein Tempolimit von 30 km/h für diese KFZ gilt. Hat AFAICS noch nie jemanden gejuckt, ob sie sich penibel an diese Grenze halten.

    „Snorfiets“-Verbrenner-Mofas mit 25km/h müssen ohnehin alle Radwege mitbenutzen, und auch hier stört es scheinbar bisher niemanden, wenn sie bis zur Abregelung Vollgas geben.

    Paris und Barcelona schlagen Berlin - Deutschland verpasst die Verkehrswende

    Ist SPON vom Tagesspiegel unterwandert worden, dass die jetzt auch mit der Verkehrswende-Agitation anfangen?:evil:

    Berlin hatte schon vor Corona (und der dadurch bewirkten Radverkehrssteigerung wg. ÖPV-Meidung) einen Fahrradmodalsplit von 18%. Bis dahin müssen sich Paris und Barcelona aber noch bisschen anstrengen.

    Oder wäre es besser, auf das "holländische Design" zu verzichten

    Zum Thema "holländisches Design": den Stand der Forschung fasst die niederländische Verkehrsforschungsanstalt SWOV in einem Factsheet aus dem Jahr 2015 zusammen.

    Wundert es noch jemanden, dass darin nicht ein einziges Sterbenswörtchen über den Einfluss der baulichen Kreuzungsgestaltung verloren wird, und dass auch die gezeigten Führungsformen keinerlei Hinweise auf das angeblich in NL als Standard und Wundermittel empfohlene "Schutzdesign" enthalten?

    Zu schnell zu fahren ist meistens eine bewusste Entscheidung.

    Die Grenze zwischen „zu schnell“ und „angemessen schnell“ ist hochvariabel. In den seltensten Fällen ist sie durch fahrphysikalische Limits (Bodenhaftung, Zentrifugalkräfte) bedingt.

    Wenn wir heutzutage unsere Kinder so lange einsperren, bis dass sie groß genug sind, sich einigermaßen kompatibel mit einem 50km/h schnellen Kraftverkehr zu verhalten, dann ist es natürlich kein Wunder, wenn bei Einhaltung dieser Geschwindigkeit nur wenig passiert. Manche kommen dann auf den Trugschluss, damit wäre erwiesen, dass es erst ab 50 gefährlich zu werden beginnen würde. Tatsächlich handelt es sich bei dieser Geschwindigkeit aber nicht um eine Naturkonstante, sondern eben um das in einem (träge) fließenden Prozess befindliche Produkt aus gesellschaftlich tolerierter Anmaßung und Unterwerfung.

    Das ist hier gleich um die Ecke bei mir.

    Dass ein Auffahrunfall auf einer schnurgeraden Strecke geschieht, ist nichts besonderes. Das ist quasi Standard, so wie auch außerorts, Dunkelheit/Gegenlicht und keine Zeugen/Verkehrsstille.

    Schreib bitte mal, gerne auch als PN, wenn du mehr Details erfährst. Für meine Statistik fehlt mir zB noch Alter von Opfer und Täter, da war die Polizei in der Pressearbeit sehr wortkarg.

    Wenn es zutrifft, dass das Autofahrerverhalten in den Niederlanden beim Abbiegen ein anderes ist als in Deutschland, nämlich so, dass in den Niederlanden die Autofahrer gewohnheitsmäßig während des Abbiegens ein zweites Mal schauen und ggf. halten, weil dort stets damit zu rechnen ist, dass vorrangberechtigte Radfahrer auf einem Radweg die eigene Weiterfahrt unterbrechen...

    Wir wissen leider nicht, ob sich der NL-Autofahrer anders als sein deutscher Kollege verhält. Der wichtigste Grund dafür ist, dass die NL gar keine systematische Unfallstatistik führen wie wir sie aus DE kennen, in der Unfälle mit Verletzten oder Toten im Hinblick auf Hergang (Unfallart, Unfalltyp) und Schuldverteilung genau erfasst werden. Beim Radweg-Rechtsabbieger-Unfall kommt zweitens noch erschwerend hinzu, dass auch in DE Unfälle mit PKW-Beteiligung nur in Einzelfällen tödlich enden, so dass der Versuch eines Verhaltensvergleichs zwischen den PKW-Fahrern (vulgo "Autofahrern") beider Nationen über die Analyse der tödlichen Rechtsabbiegerunfälle mit LKW gleich doppelt scheitern muss.

    Was wir einigermaßen abschätzen können ist, dass es in NL pro gefahrenem Rad-km nur etwa die Hälfte an LKW-Abbieger-Todesopfern gibt wie in DE. Das mag aber durchaus auch daran liegen, dass die NL die LKW erfolgreicher von den notorischen Rechtsabbieger-Konfliktstellen (nämlich den Ampelkreuzungen der Innenstädte) fernhalten, indem sie großzügig in Autobahnen und LKW-Zentren am Stadtrand investieren. Es kann ebenso daran liegen, dass in NL die LKW-Piloten selbst auch eher mal Erfahrungen als Radfahrer haben. Das wäre dann aber jedenfalls weder ein Verdienst der Kreuzungsgestaltung, noch würde es als Nachweis für irgendwas mit erfolgreicher "Verkehrswende" durch Radwegebau taugen.

    Der NDR war da: Bewährungsstrafe für Lkw-Fahrer

    Was ich ja hinreichend tragisch finde, ist die Tatsache, dass der Lkw-Fahrer schon einmal einen Menschen überfahren hat und der Unfall an der Großen Bahnstraße sein zweiter tödlicher Unfall war.

    Ich denke, die Beteiligung an einem tödlichen Verkehrsunfall ist mit „Pech“ ausreichend erklärt.

    Jeder Kraftfahrer füllt quasi mit dem Umdrehen des Zündschlüssels einen Lotto-Tippschein aus. Und so wie es beim Lotto regelmäßig einen strahlenden Gewinner gibt, gibt es beim Kraftfahren unweigerlich am Ende des Tages irgendwo in Deutschland auch zerknirschte Verlierer. Beide, sowohl der Lottogewinner, als auch der kraftfahrende Totschläger, können jedoch für ihr Schicksal nicht mehr als du und ich. Dafür verantwortlich ist allein die große Zahl der Mitspieler, die vor der Ausspielung alle die gleiche 1 zu 1 Billion-Unwahrscheinlichkeit geteilt haben, dass sie die Teilnahme diesmal mit Gewinn/Todesunfall beenden werden.

    Wer von uns ohne Fehler ist, der werfe den ersten Stein.

    Und ja, es gibt durchaus auch Menschen, die schon zweimal in ihrem Leben 6 Richtige hatten.

    Am 1. Oktober wurde in Wuppertal ein Radfahrer von einem Lastkraftwagen überrollt. Beide fuhren in die gleiche Richtung, es kam aus ungeklärer Ursache zu einer Kollision, dann wurde der Radfahrer überrollt.

    Bei der WDR-Lokalzeit wissen natürlich wieder alle Bescheid, dass natürlich der Radfahrer bei rot gefahren wäre. Von einer roten Ampel war zwar gar nicht die Rede, aber dem Stammtisch war wohl gleich wieder der Kragen geplatzt und es mussten die obligatorischen Argumente aufgefahren werden.

    Die Kollisionsstelle befindet sich unmittelbar (20m) hinter der Haltlinie an einer beampelten Einmündung von links. Bis zur Haltlinie besitzt die Straße einen Schutzstreifen, ab der Kreuzung wird die Markierung nicht mehr fortgeführt, da sich der Straßenquerschnitt wegen der örtlichen Topografie merklich verjüngt.

    Mapillary-Track der Unfallstelle

    Es handelt sich nach Lage der Dinge um eine besondere Spielart vom "Toter Winkel"-Typ, da der LKW-Fahrer offensichtlich nicht mit Radverkehr rechts von ihm gerechnet hat und durchgezogen ist, und der Radfahrer wiederum nicht damit gerechnet hat, dass der LKW-Fahrer nebenan ihm am "Flaschenhals" den Weg abschneidet, und ebenfalls einfach weitergefahren ist.

    Wie immer sitzen die Schuldigen für solche Tragödien sich in Rathäusern und Verkehrsplanungsbüros den Hintern breit, während der von Fakten unbedarfte Stammtisch sich trotz aller Anfeindungen ebenfalls wie immer in einem Punkt bemerkenswert einig ist: "wir brauchen unbedingt noch viiiel mehr von dem gefährlichen Separationsfirlefanz!":cursing: