Du kannst zwar eine Benutzungspflicht weg klagen, du kannst aber keinen Radwegebau erzwingen.
Ich vermute, dass 1998, also vor 25 Jahren zumindest einige Menschen die (Teil-)aufhebung der Radwegebenutzungspflicht begrüßten, weil sie damit die Hoffnung verbunden hatten, dass in absehbarer Zeit die Autodominanz deutlich zurückgeht und viele Straßen quasi vom Fahrradverkehr "erobert" würden.
Nüchtern betrachtet muss man leider feststellen, dass sich diese Hoffnung nicht erfüllt hat, oder nur sehr partiell Verbesserungen in der Fahrradverkehrsinfrastruktur eingetreten sind.
Trotzdem hat die Diskussion um die Benutzungspflicht unter den 1998 ermöglichten neuen Vorzeichen einiges bewirkt. Zwar ist immer noch sehr weit die Einstellung verbreitet, wenn es für den Fahrradverkehr keine Fahrradwege gibt, dann fahre ich auch kein Fahrrad. Aber diese Haltung ist eher in solchen Kreisen verbreitet, die eine faule Ausrede dafür suchen, am gewohnten Autokonsum unbeirrt festzuhalten.
An anderer Stelle sagen solche notorischen Autofahrer*innen entsprechend: Weil es ja keinen gut ausgebauten ÖPNV gibt, sehe ich auch gar nicht ein, dass ich jetzt mein Auto abschaffen soll.
Wo ein Wille ist, da ist ein Weg. Aber der ist mitunter mühsam und umständlich und viele sagen sich: "Lass andere vorangehen und dann schau ich mal, ob ich ihnen vielleicht nachfolge! Auf keinen Fall will ich hier der Vorreiter sein, weil ich dann von vielen anderen als der Depp (der unverbesserliche Weltverbesserer oder als der verbissene Ideologe oder als der ein schlechtes Gewissen verbreitende Heilapostel etc.) verlacht, verspottet, beleidigt oder sonst wie gedisst werde."
Wer über das Stadium hinaus ist und das "Wagnis" eingegangen ist, mit dem Fahrrad mobil zu sein, der kann in der (Teil-)Aufhebung der Radwegbenutzungspflicht schon die Vorteile erkennen.
Auch die Vorteile für den Radwegebau! So wird zumindest bei Neubau-Plänen häufiger als früher auf eine ausreichende Fahrradweg-Breite geachtet, während davor oft schon ein Taschentuch-schmaler Hochbord-Fahrradweg als große Errungenschaft für den Fahrradverkehr abgefeiert wurde.
Beispiel Egestorffstraße: Vor 25 Jahren mal ein benutzungspflichtiger Radweg. Zwischenzeitlich ein Angebotsradweg mit Konfliktpotenzial mit dem Fußverkehr, heute ein reiner Fußweg. Das Schild
steht vor allem deshalb an der Stelle, damit die Fahrradfahrer*innen nicht die frühere Auffahrt auf den früheren Angebotsradweg nutzen. Das alte Radwegpflaster und die alte Absenkung müssten eigentlich mal dringend zurückgebaut werden. Dann könnte vermutlich das
auch weg.
Es gibt natürlich auch Leute, die glauben, es wäre besser, wenn es keine Vorschriften für die Mindestbreiten von Fahrradwegen gäbe, weil dann mehr Radwege gebaut würden.
Das ist ungefähr so, wie Leute, die meinen, es sei besser, wenn es keine Vorschriften für einen Mindestlohn gäbe, weil dann mehr Jobs angeboten würden.
Oder Leute, die meinen, es sei besser, wenn es keine Vorschriften für die Wärmedämmung bei Häusern gäbe, weil dann mehr Wohnungen gebaut würden.
Der ADFC Hamburg schreibt zu den Mindestbreiten:
"Während zuvor jeder vorhandene Radweg von den Radler*innen benutzt werden musste, das Fahren auf der Fahrbahn also generell verboten war, wird seit dem 1.10.1998 zwischen benutzungspflichtigen Radwegen und anderen Radwegen unterschieden.
Damit ein Radweg als benutzungspflichtig ausgewiesen werden kann, muss dieser nach der Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung (VwV-StVO) gewisse Mindestkriterien erfüllen. Diese Kriterien spiegeln die Erkenntnis wider, dass nicht jeder Radweg sicher zu befahren ist. Die Kriterien sind u.a. mindestens 1,50 m Breite, eindeutige, sichere und stetige Führung, einwandfreie Oberflächenbeschaffenheit, Sicherheitsabstand zu parkenden Autos und anderen Hindernissen."
Auch ist Hannover einer der ganz wenigen Orte, die explizit Angebotsradwege bauen.
Ist das so? Mein Eindruck ist eher der, dass in Hannover halt schon sehr früh (bereits in den 70er Jahren relativ viele Fahrradwege gebaut wurden. Die waren mal benutzungspflichtig. Besonders bei solchen an breiten und viel befahrenen Straßen waren (und sind sie noch) in beide Richtungen freigegeben. Und das ist gut so!
Darunter gibt es auch einige nicht benutzungspflichtige Fahrradwege. Die sind auch ohne Ausschilderung für die legale Benutzung durch den Fahrradverkehr freigegeben. Aber nur in Fahrtrichtung.
In Hannover gibt es darüber hinaus mehrere Beispiele dafür, dass Zweirichtungs-Fahrradwege, die früher mit
+
(in Fahrtrichtung) und mit
+
entgegengesetzt der Fahrtrichtung beschildert waren, heute nur noch mit den früheren Zusatzschildern beschildert sind. Also
in der üblichen Fahrtrichtung und mit
für die Fahrt entgegengesetzt der üblichen Fahrtrichtung. Diese Beschilderung ist rechtlich einwandfrei möglich. Wenn ein Angebots-Fahrradweg jedoch nur in eine Richtung befahrbar ist, dann wird er nicht extra ausgeschildert.
Beispiel Allerweg in Hannover-Linden:
Wo hast du denn gesehen, dass in Hannover Angebotsradwege neu gebaut werden? Ich will das nicht ausschließen, aber mir fällt grad kein Beispiel ein. Es wäre ja besonders dahingehend interessant, um zu sehen, ob bei solchen Neubauten die Mindestmaße für Fahrradwege eingehalten werden.