Beiträge von Ullie


    Der Wiederspruch fällt dir jetzt aber schon selbst auf, oder?

    Die aktuellen Mehrheitsverhältnisse im thüringischen Landtag kann man so beschreiben:

    Es gibt eine relative Mehrheit für eine Rot-Rot-Grüne Regierungskoalition, die auch einen innerhalb dieses Bündnisses konsensfähigen möglichen Ministerpräsidenten vorzuweisen hat.

    Diese Regierungsfraktion müsste als Minderheitsregierung regieren.

    Der Wunsch-Ministerpräsident dieser Koalition kann mit Unterstützung durch andere Fraktionen im ersten oder zweiten Wahlgang oder durch einfache Mehrheit (relative Mehrheit) im dritten Wahlgang gewählt werden.

    Auf der anderen Seite gibt es eine "Absprache-Koalition" aus FDP, CDU und AfD, die über eine absolute Mehrheit der Abgeordneten verfügt. Ich habe das "Absprache-Koalition" genannt, weil die meisten Beobachter davon ausgehen, dass am 5. Februar 2020 Absprachen zwischen diesen Fraktionen stattgefunden hatten mit dem Ziel, die Wahl von Ramelow mit einer relativen Mehrheit im dritten Wahlgang zu verhindern.

    Das Wahlgeschehen am 5. September hat jedoch nur einen Ministerpräsidenten für einen Tag hervorgebracht.

    Ob das Teil der Absprache war, dass Kemmerich nur einen Tag später zurücktreten würde, ist unklar.

    Vielleicht haben den "Ein-Tags-Ministerpräsidenten" nur CDU und FDP so geplant?

    Und vielleicht wurde die AfD damit geködert, einer Wahl Kemmerichs zuzustimmen, indem FDP und CDU der AfD eingeredet haben, dass die AfD an einer möglichen Regierung Kemmerichs in irgendeiner Form beteiligt werden würde oder gar als ordentlicher Koalitionspartner von FDP und CDU in eine Regierungskoalition eingebunden würde?

    Und wo wir schon beim Spekulieren sind:

    Hätte die AfD aufgrund einer anderen Zusammensetzung des Parlaments über eine relative Mehrheit verfügt, dann hätte am 5. Februar im dritten Wahlgang die AfD einen Ministerpräsidenten wählen können. Tatsächlich hatte die AfD einen ehemaligen Bürgermeister aufgestellt, einen parteilosen Kandidaten.

    Vermutlich hätten sich jedoch die anderen Parteien im thüringischen Landtag im Vorfeld auf einen gemeinsamen Ministerpräsidenten-Kandidaten geeinigt, den sie im ersten oder zweiten Wahlgang gewählt hätten, um zu verhindern, dass ein Kandidat der AfD im dritten Wahlgang ihren Kandidaten mit einfacher Mehrheit ins Amt wählt.

    Hätten die Grünen, die SPD und die Linke nicht ein Parteienbündnis geschmiedet mit dem Ziel einen eigenen Kandidaten, nämlich Ramelow, zum Ministerpräsidenten zu wählen, dann hätte die AfD auch in der jetzigen Zusammensetzung des Parlamentes genug Stimmen, ihren Ministerpräsidenten-Kandidaten zum Ministerpräsidenten zu machen. Wenn die anderen Parteien keine eigenen Kandidaten aufstellen oder kein Bündnis gründen, um einen gemeinsamen Kandidaten ins Amt zu verhelfen, dann genügt einem Kandidaten bereits eine Ja-Stimme, um vom thüringischen Landtag als Ministerpräsident gewählt zu werden.

    Wir wollten ja spekulieren: Auch das hätte am 5. Februar passieren können, wenn alle anderen Parteien außer der AfD keinen eigenen Ministerpräsidenten-Kandidaten aufgestellt hätten: Dann hätte ein AfD-Kandidat mit einer einzigen Stimme gewählt werden können.

    Die propagandistische Art der Darstellung, "Ramelow" sei von den Thüringern Wählern abgewählt worden, offenbart das destruktive Demokratie-Verständnis derjenigen, die diese Art der Darstellung verbreiten. Dabei muss es doch den Beteiligten darum gehen, konstruktiv auf eine Regierungsbildung hin zu arbeiten. Die Möglichkeit zur Regierungsbildung war am 5. Februar gegeben.

    Es waren FDP, CDU und AfD, die den FDP-Kandidaten wählten, der nur einen Tag später abdankte. Da sehe ich tatsächlich einen "Widerspruch". Warum wählt ein "informelles Parteienbündnis" einen Ministerpräsidenten, der nur einen Tag später wieder abdankt? Kannst du dir das erklären Adsche?

    Möglicherweise schwebte der CDU ganz was anderes vor, als das, was dann passiert ist. Der mdr berichtete am 31.1.2020 im Vorfeld der Wahl des Ministerpräsidenten davon, dass die CDU erfolglos den Versuch unternommen hatte, festzulegen, dass das Wahlprocedere im dritten Wahlgang so zu bestimmen ist, dass es möglich ist, eine Nein-Stimme gegen einen Kandidaten abzugeben. Möglicherweise sagte sich die CDU auf ihren Misserfolg hin, "wenn wir kein Nein zu Ramelow abgeben können, dann ist unser Ja für den FDP-Gegenkandidaten eben dieses Nein!" ?

    Deine Anhnahme Hane, im Fall einer relativen AfD-Mehrheit im Parlament gegenüber einem rot-rot-grünen Parteienbündnis wäre es auf die CDU (und/oder) die FDP stärker angekommen, einen von der AfD gewählten Ministerpräsidenten zu verhindern, teile ich.

    So offensichtlich schwer die Zusammenarbeit der demokratischen Parteien im Thüringer Landtag ist, wäre es vermutlich keine leichte Aufgabe gewesen, eine solche Parteienallianz zu schmieden und einen Kandidaten aufzustellen, hinter dem sich Unterstützer aus Rot-Rot-Grün plus CDU oder plus FDP oder je nach Notwendigkeit beide, hätten versammeln können.

    Propaganda? Naja ...

    Wie ich oben beschrieben habe, versuche ich die Struktur zu erkennen und die zu bewerten. Deswegen als Denkanstoß: Wie würdest Du eine Enthaltung der Union bewerten, wenn die AfD mehr Stimmen hätte als Rot-Rot-Grün?

    Wenn in Thüringen die AfD bei der letzten Wahl mehr Abgeordnetensitze errungen hätte und zwar so viele, dass sie mehr Abgeordneten hätte als Rot-Rot-Grün (aber keine absolute Mehrheit), dann hätte die AFD vermutlich versucht, im dritten Wahlgang einen Ministerpräsidentenkandidaten aus ihren Reihen aufzustellen. Das hat sie am 5. Februar 2020 ja auch so gemacht, obwohl die AfD alleine nicht mehr Stimmen hatte als Rot-Rot-Grün, wie du es in deinem Beispiel annimmst.

    Ein AfD-Ministerpräsident hätte dann nur dadurch verhindert werden können, wenn eine Mehrheit der Abgeordneten im Parlament einen Gegenkandidaten gemeinsam gewählt hätte. Dabei hätte eine einfache Mehrheit genügt.

    Hätte sich die Union in dieser von dir angenommenen Situation nicht daran beteiligt, gemeinsam mit den anderen Parteien einen anderen als den AfD-Kandidaten zu wählen, dann hätten die Menschen in Thüringen einen AfD-Ministerpräsidenten bekommen, weil die CDU nicht bereit war, durch ein gemeinsames Vorgehen mit den anderen Parteien im Parlament, das zu verhindern.

    Hätte sich die CDU bei der Ministerpräsidentenwahl im dritten Wahlgang enthalten, dann hätten die CDU-Abgeordneten damit zum Ausdruck gebracht, dass sie keinen tragfähigen alternativen Kandidaten aufstellen konnten und den von der FDP (Kemmerich) ebensowenig wählen wollten wie den Kandidaten der AfD. (Der ja im dritten Wahlgang nicht einmal von den Abgeordneten seiner eigenen Fraktion gewählt wurde.)

    Die Darstellung, damit hätten sie implizit Ramelow gewählt, ist Polemik mit dem Ziel Ramelow zu diskreditieren als einen Politiker, der aufgrund seiner Parteizugehörigkeit angeblich auch für "einen sehr hohen Preis" verhindert werden muss.

    Es ist sehr bezeichnend, wer an dieser Stelle immer wieder darauf insistiert, Ramelow sei "abgewählt worden" bei der Landtagswahl im Herbst vergangenen Jahres: "Wenn man die Wahlprogramme von CDU, AfD und FDP zusammenlege, finde man viele Gemeinsamkeiten. "Ich mache Ihnen hier nochmal das Angebot: lassen Sie uns gemeinsam einen bürgerlichen Kandidaten finden", sagte Höcke. Unter dem linken Ministerpräsidenten Bodo Ramelow sei Thüringen in den vergangenen fünf Jahren zu einem "Biotop für Linksextremismus" geworden, sagte der AfD-Partei- und Fraktionschef weiter. Man dürfe das Land "nicht noch einmal diesen Gesellen ausliefern". Rot-Rot-Grün sei bei der Landtagswahl am 27. Oktober vergangenen Jahres abgewählt worden." mdr Thüringen 30.1.2015 https://www.mdr.de/thueringen/thu…ow-auf-100.html

    Höckes Ausführungen sind alleine schon deshalb Unfug, weil der Ministerpräsident nicht direkt von den Wahlberechtigten gewählt wird. Vielmehr wählen die Wähler ein Parlament und die Abgeordneten dieses Parlamentes entscheiden in freier und geheimer Wahl darüber, wer Ministerpräsident wird und den Regierungsauftrag erhält. Und dafür genügt eine einfache Mehrheit im dritten Wahlgang.

    Ein "implizit gewählt" anzunehmen ist nicht zuletzt auch deshalb Unfug, weil es ja darum, geht, einen Ministerpräsidenten zu wählen, es geht eben gerade nicht darum, die Wahl eines Ministerpräsidenten zu verhindern, ohne konkret einen geeigneten und mehrheitsfähigen eigenen Kandidaten benennen zu können.

    Kemmerich erhielt zwar eine Mehrheit, aber geeignet war er ganz sicher nicht. Nicht so sehr deshalb, weil er sich im Wahlkampf ironisch als "Glatze" bezeichnet hat und weil er Cowboy-Stiefel trägt (da gab es einen anderen, der trug bei seiner Vereidigung zum hessischen Umweltminister Turnschuhe und der wurde später deutscher Außemminister Minute 1:40 von 2:36 in diesem Tagesschau-Beitrag von 1985

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    ), sondern vor allem deshalb, weil Kemmerich mit den Stimmen der AfD-Abgeordneten gewählt wurde und sich jeder die Frage stellen muss, was er dafür für Zusagen gegenüber der AfD abgegeben hat.

    Der verlinkte Tagesschaubeitrag von 1985 ist auch deshalb interessant in dieser aktuellen Diskussion, weil er zeigt wie die Grünen 1985 von der CDU (und der FDP) dämonisiert wurden!

    Natürlich kann jeder, der das will, davon reden, die CDU hätte Ramelow im dritten Wahlgang implizit gewählt, wenn sie sich enthalten hätte. Schließlich gibt es Redefreiheit. Wer so daherredet, der muss sich aber mit dem Vorwurf auseinander setzen, dass er sich damit gefährlich dicht an die AfD-Propaganda annähert, und an die Propaganda von dem Teil der CDU, der eine aktive Zusammenarbeit mit der AfD befürwortet, um der Partei Die Linke (und der SPD und den Grünen) zu schaden, weil diese Parteien von diesem Teil der CDU offenbar für noch gefährlicher gehalten werden als die AfD.

    Hätte sich die CDU im dritten Wahlgang enthalten, dann hätte sie Ramelow nicht gewählt. Punkt! Eine Option mit "Nein" zu stimmen gibt es übrigens nicht bei der Wahl zum Ministerpräsidenten in Thüringen.

    2. Sie enthalten sich oder wählen zersplittert verschiedene Kandidaten. In diesem Fall sorgensie durch Ihr Abstimmungsverhaten dafür, dass Ramelow mit einfacher Mehrheit ins Amt gewählt wird, was ja wie du selbst erkannt hast im 3. Wahlgang geht. Dies würde ich schon als implizite Abstimmung für Ramelow bezeichnen, da man eben in einer Art und weise abstimmt, an deren Ende (vorhersehbar) die Wahl Ramelows steht. Würdest du das nicht so bezeichnen? Wenn nein, warum nicht?

    Die Darstellung, Ramelow würde von seinen politischen Gegnern "implizit" ins Amt gewählt werden, wenn sich Ramelows politische Gegner im dritten Wahlgang enthalten, ist politische Propaganda derjenigen, die damit den Eindruck von Zerfall und Staatskrise erwecken wollen. In dieser Situation wollen diejenigen, die diese politische Propaganda betreiben, als Retter und Erlöser wahrgenommen werden, die vom Volk legitimiert seien, die alleinige Regierungsgewalt zu übernehmen.

    Diejenigen, die diese Propaganda betreiben, müssen sich jedoch fragen lassen, warum sie nie die thüringische Landesverfassung in Frage gestellt haben, die die Wahl eines Ministerpräsidenten mit einfacher Mehrheit im 3. Wahlgang zulässt. Wenn es tatsächlich so wäre, dass die Wahl eines Ministerpräsidenten im 3. Wahlgang mit einfacher Mehrheit ein gravierendes Problem darstellen würde, warum haben diejenigen, die das behaupten nicht lange schon auf eine Verfassungsänderung gedrungen?

    Ein Beispiel für einen mit einfacher Mehrheit gewählten Ministerpräsident ist der sozialdemokratische spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez:

    "Sánchez erhielt 167 Ja-Stimmen gegenüber 165 Nein-Stimmen bei 18 Enthaltungen. Seine Sozialistische Arbeiterpartei (PSOE) wird künftig gemeinsam mit dem linken Bündnis Unidas Podemos (UP) die Geschicke des Landes lenken." ZDF vom 7.1.2020 https://www.zdf.de/nachrichten/he…waehlt-100.html

    Und Sánchez ist nicht nur der Ministerpräsident eines Bundeslandes mit etwas mehr als 2 Millionen Einwohner, sondern Regierungschef in einem EU-Staat mit über 46 Millionen Einwohnern.

    Eine andere, ähnliche Form von politischer Propaganda ist übrigens die häufig bemühte Behauptung eine Regierung sei nicht hinreichend legitimiert, wenn es bei der Wahl eines Parlamentes nur eine geringe Wahlbeteiligung gab. Oder wenn es bei einer Direktwahl in ein Regierungsamt nur eine geringe Wahlbeteiligung gab. So hatte mir kürzlich in Hannover jemand erklären wollen, der neu gewählte Oberbürgermeister sei nicht hinreichend legitimiert, weil er ja nur von rund einem Viertel der Wahlberechtigten gewählt wurde. Belit Onay hatte im 2. Wahlgang bei der entscheidenden Stichwahl mit 52,9 % gewonnen. Die Wahlbeteiligung lag bei 43,5 %. Auf die Frage, wie er denn dazu komme, dass diejenigen, die Onay nicht gewählt haben oder die erst gar nicht zur Wahl gegangen sind, ihn nicht als Oberbürgermeister haben wollten, kam die Antwort, das sähe man ja an den vielen Hass-E-Mails, die Onay erhalten würde. :(

    Der Regierungsauftrag hat nichts mit der Größe der Fraktion zu tun (sonst hätte Ramelow beim letzten Mal ja gar nicht dürfen), sondern wird dem Ministerpräsidenten durch die Mehrheit der Thüringer vertreten durch die Abgeordneten erteilt. Und die Thüringer haben ihm die Mehrheit entzogen.

    Zunächst mal ist es wichtig festzustellen, dass die Abgeordneten im Thüringer Landtag keinem imperativen Mandat folgen müssen. Die Abgeordneten im Landtag sind frei denjenigen zum Ministerpräsidenten zu wählen, den sie für den Richtigen halten. Du schreibst ja selbst, Hane, dass die Abgeordneten nicht verpflichtet sind, nur einen solchen Kandidaten zum Ministerpräsidenten zu wählen, der von der größten Fraktion als Kandidat benannt wird.

    Genau so verhält es sich mit einem von dir vermuteten Wählerauftrag. Die Thüringer haben Ramelow nicht das Vertrauen entzogen. Formal können sie das gar nicht und wenn man das als eine politische Floskel benutzt, dann trifft es erstens nicht zu, denn Ramelow genießt über die Parteigrenzen hinweg großes Ansehen bei allen Thüringern. Und es trifft auch nicht zu, weil keine der Parteien im Wahlkampf explizite Angaben darüber gemacht hat, wie sie sich bei der Wahl eines neuen Ministerpräsidenten verhalten wird, weil vor der Wahl die Mehrheiten im erst noch zu wählenden Landtag gar nicht feststehen.

    Die ganz allgemeinen Angaben, die die Kandidaten der Parteien im Wahlkampf dazu gemacht haben, wen sie zum Ministerpräsidenten wählen werden, habe ich mir angeschaut und vergeblich nach der am 5.2.2020 getroffenen Entscheidung gefahndet. Keine der Parteien hatte angekündigt, einen FDP-Kandidaten zum Ministerpräsidenten zu wählen. Die FDP selbst hatte auch niemanden als Ministerpräsidenten-Kandidaten aufgestellt.

    Deshalb frage ich mich, wie du zu der Einschätzung kommst, die Mehrheit der Thüringer hätte Ramelow bei der Landtagswahl das Vertrauen entzogen. Und deshalb sei es richtig, dass ein von Rechtspopulisten unterstützter FDP-Kandidat zum Ministerpräsident gewählt wurde. Da ist nichts dran zu rechtfertigen.

    Damit erscheint ja dann sogar wieder das Wahlverhalten der AFD (im 3. Wahlgang dann Kemmerich statt Kindervater zu wählen) eher getrieben durch die Umstände und weniger als gezielte Provokation. Denn mit jedem anderen Abstimmungsverhalten hätte die AFD implizit Ramelow ins Amt gewählt. Das wiederum dürfte für die AFD aber wiederrum den eigenen Wählern gegenüber nicht kommunizierbar sein.

    Ach ja? Die AfD hatte auch im 3. Wahlgang ihren eigenen Kandidaten antreten lassen.

    Diesen nicht zu wählen, aber stattdessen den FDP-Kandidaten zu wählen, das ist also dem gemeinen AfD-Wähler vermittelbar?

    Wie verträgt sich das denn mit der ständig wiedergekäuten AfD-Propaganda, dass alle anderen Parteien in Deutschland sogenannte "Systemparteien" seien?

    Siehe zum Beispiel diesen Text auf der AfD-Inernetseite über die Verhältnisse im NRW-Parlament in dem sich die AfD als "im Grunde die einzige Opposition gegen ein Kartell aus Systemparteien" sieht. https://afd.nrw/aktuelles/2017/07/planspiele/

    In diesem Text von der Internetseite der Thüringen AfD wird ausdrücklich die CDU mit zu den Systemparteien gezählt. "

    Pikanterweise unterstützte auch die CDU den Boykott. „Uns begegnet hier in jeder Sitzung eine unselige Koalition der Systemparteien, ..."https://www.afd-thueringen.de/kv-gera-jena-s…iskriminierung/

    Interessanterweise konnte ich feststellen, dass auf der AfD-Bundes-Internetseite die Suche nach dem Wort Systemparteien keine Treffer erzielt. Während auf verschiedenen AfD-Länder-Internetseiten stets mehrere Treffer erzielt werden können, wenn man mit dem Suchwort "Systemparteien" sucht.

    In ihrer Propaganda verunglimpft die AfD die CDU also als so genannte "Systempartei", den Thüringern Wählern aber mutet die AfD es zu, dass ihre Landtagsabgeordneten mit "Systemparteien" gemeinsame Sache machen?

    Hane: Übrigens hätte niemand auch die CDU und die FDP nicht Ramelow implizit ins Amt gewählt, wenn sich deren Abgeordnete beim 3. Wahlgang enthalten hätten. Die Thüringer Verfassung ermöglicht ja ganz explizit die Wahl eines Ministerpräsidenten mit einfacher Mehrheit im dritten Wahlgang! Und es war ausdrücklich von der Bundes-CDU darauf hingewiesen worden, dass eine Enthaltung im dritten Wahlgang nicht gegen das "Parteidogma" verstößt, mit dem "Erzgegner", der Partei Die Linke, zusammenzuarbeiten.

    Und jetzt kommt Hane und erklärt, dass er es besser weiß als die Bundes-CDU und die vielen anderen CDU-Gliederungen, die das Abstimmungsverhalten der Thüringer CDU kritisieren, weil eine solche Zusammenarbeit mit der AfD nicht verabredet gewesen ist. Entschuldige Hane, aber das ist doch wohl ein bisschen weit hergeholt, wie du die Sache beurteilst.

    Übrigens muss Ramelov möglicherweise tatsächlich befürchten, dass die CDU erneut im dritten Wahlgang gemeinsame Sache mit der AfD macht. Dann wird es allerdings die CDU endgültig zerreißen. Zumindest wäre dann umgehend der Rauswurf der Thüringer Parteigliederungen nötig, die einen solchen Unfug mitmachten. Überhaupt hätte AKK das besser gleich am 5.2.2020 machen sollen!

    Um mal einen der vielen interessanten Links konktret anzupacken: In der WELT vom 18.2.2020 schreibt Boris Palmer (das ist übrigens an sich schon eine Aussage, "In der WELT schreibt Boris Palmer");) :

    "In den Städten ist der Platzbedarf der Autos das größte Problem, gleich nach der Unfallgefahr und den Lärm- und Schadstoffemissionen. Wie sollen wir diese Probleme lösen, wenn wir gezwungen sind, das Parken mit solchen Beträgen zu subventionieren? Erhielten wir endlich die Freiheit, diese Subventionen zu beenden und jeden Parkplatz in der Stadt mit 30 Euro im Monat zu bepreisen, würde uns das genügend Einnahmen verschaffen, um den gesamten Nahverkehr in Tübingen kostenlos anzubieten. Das wäre einmal ein kraftvoller Anreiz für umwelt- und stadtverträgliche Mobilität!"

    https://www.welt.de/debatte/kommen…festsetzen.html

    Und da möchte ich Palmer energisch widersprechen!

    Warum?

    Der ÖPNV darf nicht ein "Abfallprodukt" des ÖPNV sein und er darf nicht wie ein "Abfallprodukt" des ÖPNV finanziert werden!

    Alle Autos müssen weg nicht nur aus der Stadt sondern auch im ländlichen Raum. Und es sind Mobilitätsstrukturen auszubauen, die eine autofreie Mobilität für alle Menschen ermöglicht. Palmers Vorschläge dagegen laufen darauf hinaus, dass diejenigen, die es sich kein Auto leisten können am Tropf der Parkplatzeinnahmen hängen um ihre Mobilitätsbedürfnisse zu befriedigen und weiterhin von den zahlreichen Einschränkungen betroffen sind, die vom Autoverkehr erzeugt werden.

    Und ÖPNV muss Geld kosten. Benutzer des ÖPNV können wie es bereits heute der Fall ist von Vergünstigungen profitieren, bzw. haben freie Fahrt (Schwerbehindertenausweis mit entsprechendem Sichtvermerk). Würde der ÖPNV zum Hauptverkehsträger, dann würden zahlreiche Synergie-Effekte zu einer deutlichen Vergünstigung der ÖPNV-Preise führen. ÖPNV gratis anzubinden wäre dagegen ein völlig falsches Signal. Denn auch der ÖPNV belastet die Umwelt und verbraucht Ressourcen.

    Autoverkehr muss sich beschränken auf ganz wenige unumgängliche Anwendungsfälle, wie zum Beispiel Rettungsfahrzeuge.

    Rettungswagen auf der autofreien Insel Spiekeroog

    Um noch mal Palmers Zitat gegen den Strich zu lesen: "In den Städten ist der Platzbedarf der Autos das größte Problem, gleich nach der Unfallgefahr und den Lärm- und Schadstoffemissionen".

    Will Palmer damit sagen, wenn genug Platz geschaffen ist für die Autos, diese keine Unfälle mehr erzeugen und die Lärm- und Schadstoffemissionen zurückgehen (meint Palmer Elektroautos?), dann ist das Auto kein Problem mehr?

    Das ist genau so ein verhuschtes Wischiwaschi wie Fegebanks autoarm, ""Das ist irre und funktioniert so einfach nicht", sagte Fegebank zu der Forderung einer Bürgerinitiative nach autofreien Zonen." https://www.ndr.de/nachrichten/ha…utofrei352.html

    Ich glaube, Herrn Aukes hätte ich auch nicht gewählt.

    Aber raffiniert ist er schon: "Auf seiner Internetseite betont er: "Die FDP fordert seit langem ein ganzheitliches Verkehrskonzept: ... und die Abschaffung der P+R-Gebühren."

    https://www.fdp-hh-mitte.de/ewald-aukes-mdhb/

    Leider fallen viele drauf rein und denken es wäre was Tolles, wenn jemand kostenloses Parken auf Park and Ride Perkplätzen fordert. Tatsächlich wird damit die Flächenzersiedelung noch mal zusätzlich angeheizt.

    In der sog. "Weimarer Republik" gab es drei liberale Parteien, die als Vorgänger der heutigen FDP bezeichnet werden können. Am radikalsten rechts außen unter den liberalen Parteien der Republik und am nächsten dran an Hitlers NSDAP stand die Deutsch-Nationale Volkspartei (DNVP) .

    Gemäßigter und nach und nach zunehmender pro-demokratisch agierte die Deutsche Volkspartei (DVP). Sie hatte mit Gustav Streesemann (Außenminister 1923 bis zu seinem Tod 1929) einen der bekanntesten deutschen Politiker der 20er jahre hervorgebracht.

    Im heutigen Sinne links-liberal kann man die Deutsche Demokratische Partei (DDP) bezeichnen. Allerdings habe ich den Eindruck, dass das Erbe der FDP, das sie von der DDP erhalten hat, insbesondere auch in Hamburg verloren gegangen ist. Und das mache ich nicht zuletzt an deren Spitzenkandidatin, Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein, fest, die aufgrund ihres Engagements in einer sogenannten "Bürgerinitiative" bei der FDP Karriere machte, mit der sie die sechsjährige Grundschule in Hamburg verhindert hat, um die Privilegien ihres Standes und ihrer gesellschaftlichen Klasse zu sichern."

    Quelle: https://www.bundestag.de/resource/blob/…publik-data.pdf

    Leider ist zu befürchten, dass die FDP mit ihrer Spitzenkandidatin gerade auch in der außenpolitischen Opposition einiges unternehmen wird, um auch nur die kleinsten, leisesten und geringsten Schritte in Richtung einer Verkehrswende zu sabotieren.

    Bevor wir uns hier in Spitzfindigkeiten zur Frage der sogenannten "Zwangsvereinigung" von SPD und KPD zur SED erschöpfen. Und um noch mal direkter auf die Thüringer Ereignisse zurückzukommen:

    Nach meiner Beobachtung gibt es in der CDU und der FDP sehr unterschiedliche Bewertungen zu der Frage, wie eine "Unterstützung" Ramelows und damit eines linken Ministerpräsidenten gehen kann, ohne das Partei-Prinzip zu verletzen, mit der Partei die Linke zusammenzuarbeiten.

    Offensichtlich war beim ersten Versuch einen neuen Ministerpräsidenten zu wählen, das CDU-Prinzip "keine Zusammenarbeit mit der Linken" von der Mehrheit der Bundespartei so ausgelegt worden, dass keine aktive Wahl Ramelovs stattfinden sollte. Ramelov sollte im dritten Wahlgang nicht unterstützt werden. Es sollte aber auch keine Unterstützung eines anderen Kandidaten stattfinden, wenn der andere Kandidat von der AfD unterstützt werden würde.

    Die Thüringer CDU jedoch fühlte sich dazu verpflichtet, die Chance zu ergreifen, mit Hilfe der AfD zu verhindern, dass Ramelov erneut zum Ministerpräsidenten gewählt wird, indem sie gemeinsam mit der AfD für den FDP-Kandidaten Kemmerich stimmt.

    An der Stelle bin ich zunächst davon ausgegangen, dass der Vorstoß der Thüringer CDU und der FDP von den anderen Parteimitgliedern in den anderen Bundesländern und auf Bundesebene geduldet werden würde, wenn auch zum Teil nur mit lautem Zähneknirschen.

    Und tatsächlich zählt Meuthen in seiner Youtube-Ansprache vom 13.2.2020, also rund eine Woche nach dem Thüringer Ministerpräsidenten-Wahldebakel auch eine Reihe prominenter Politiker*innen auf, die die Wahl Kemmerichs seinen Angaben zu Folge zunächst begrüßten:

    https://www.bing.com/videos/search?…23EA711B8FF5999

    In Minute 1:25 bis 1;30 nennt Meuthen:

    Wolfgang Kubicki, Zweiter FDP Bundesparteivorsitzender: "Es ist ein großartiger Erfolg für Thomas Kemmerich. Ein Kandidat der demokratischen Mitte hat gesiegt." aus. inSüdthüringen vom 5.2.2020 https://www.insuedthueringen.de/region/thuerin…rt83467,7120645

    Dorothee Bär, CSU, Bundesministerin für Digitalisierung, gratulierte ebnfalls Kemmerich: "Bär schrieb via Twitter: "Herzlichen Glückwunsch, lieber Thomas Kemmerich!"" aus: inFranken.de vom 6.2.2020 https://www.infranken.de/ueberregional/…rt89930,4844479

    Alexander Mitsch, Vorsitzender der Werteunion, (eine extrem konservative Parteigliederung innerhalb der CDU): "Einen Sieg des bürgerlichen Lagers sah auch der Vorsitzende der "Werteunion", einem Verein von CDU- und CSU-Mitgliedern. Alexander Mitsch gratulierte "Thüringen und Deutschland, die Vernunft und das bürgerliche Lager haben gesiegt"." aus: tagesschau.de vom 5.2.2020 https://www.tagesschau.de/inland/afd-fdp-thueringen-101.html
    Und was ist mit Christian Lindner, FDP-Parteivorsitzender, der von Meuthen ebenfalls zum kreis der Gratulanten gezählt wird? Seine Gratulation an die Adresse von Kemmerich fiel schon deutlich reservierter aus: "Parteichef Christian Lindner schloss eine Kooperation mit der AfD kategorisch aus. Dass die AfD offenbar den Liberalen Kemmerich mit gewählt habe, sei rein taktisch gewesen. Linder betonte, dass Landtagsfraktion und Landespartei der FDP in eigener Verantwortung handelten.

    Lindner forderte CDU, SPD und Grüne in Thüringen zur Zusammenarbeit auf. Sollten sie sich weigern, wären Neuwahlen notwendig."

    mdr vom 5.2.2020 https://www.mdr.de/nachrichten/po…enwahl-100.html

    Ich habe mir jetzt nicht die Arbeit gemacht außer den vier von Meuthen genannten "prominenten Gratulanten" des neuen Ministerpräsidenten Kemmerichs auch all die vielen oft noch sehr viel prominenteren Politiker*innen aufzuzählen, die Kemmerich nicht gratulierten und von denen viele sehr scharfe Kritik an Kemmerichs Wahl zum Ministerpräsidenten durch die AfD formulierten. Die alle aufzuzählen macht alleine schon deshalb keinen Sinn, weil Meuthen in seinem Filmbeitrag garantiert weitere insbesondere noch prominentere Politiker*innen genannt hätte, wenn es sie denn gegeben hätte.

    Leider ist die CDU anscheinend nach wie vor nicht bereit, einen Ministerpräsidenten Ramelov aktiv zu wählen. Und der wiederum befürchtet einen erneuten Verfahrenstrick der AfD: Die hat nämlich angekündigt, Ramelov im ersten Wahlgang zu wählen, so dass Ramelov im ersten Wahlgang eine absolute Mehrheit der Stimmen erreichen würde, eine absolute Mehrheit, die allerdings mit dem Makel behaftet wäre, dass sie mit Hilfe von AfD-Stimmen zustande gekommen ist, und die deshalb Ramelov dazu zwingen würde, die Wahl nicht anzunehmen, damit er sich nicht hinterher nachsagen lassen muss, er sei mithilfe der AfD Ministerpräsident geworden.

    Aber kann er das nicht dadurch vermeiden, dass Ramelov sowohl im ersten als auch im zweiten Wahllgang tatsächlich seine Wahl einfach nicht annimmt (mit der Begründung, es seien AfD-Stimmen darunter), so dass ein dritter Wahlgang stattfindet, bei dem dann die einfache Mehrheit reicht? Wenn dann die AfD immer noch für ihn stimmt, dann kann ihm das egal sein, weil ja die Stimmen von SPD+Grüne+Linke bereits für eine einfache Mehrheit reichen.

    Oder fürchtet Ramelov und Die Linke, dass FDP, AfD und CDU erneut sich zusammenschließen, und m dritten Wahlgang einen anderen Kandidaten wählen, um Ramelov erneut zu verhindern?

    Texte und Ereignisse sind stets aus ihrer Zeit heraus zu beurteilen. Erst danach ist die Wirkungsgeschichte des Textes oder des Ereignisses zu erforschen und dabei wird man in der Regel feststellen, dass es immer wieder Umdeutungen gibt und dass unterschiedliche Interessensgruppen verschiedene Deutungen ein und deselben Ereignisses oder Textes vornehmen.

    Und erst dann kann man auf das Heute schauen und versuchen festzustellen, welche Rolle das Ereignis aktuell spielt und in welche Richtungen es gedeutet wird.

    Wer diese Vorgehensweise als "Destruktivismus" diskreditiert, der versucht möglicherweise, sich um eine ausführliche Bewertung drumherum zu kommen, oder es irritiert zu sehr sein Weltbild.

    Um mal von dem Text auszugehen, den du verlinkt hast: "Im Berliner Admiralspalast vereinigen sich am 21./22. April 1946 (Ost-)SPD und KPD zur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED). Der Zusammenschluss soll die historische Spaltung der Arbeiterschaft beenden. Sozialdemokraten, die den Zusammenschluss ablehnen, beugen sich Druck und Täuschung der sowjetischen Militärregierung, die sie als "Feinde der Arbeiterklasse" diffamiert."

    Diese Form der Darstellung dessen was passiert ist, legt es nahe, von einer "Zwangsvereinigung" zu sprechen. Aber diese Darstellung vom Haus der Geschichte verdeutlicht eben auch, dass es Sozialdemokraten gab, die den Zusammenschluss von SPD und KPD einforderten. Und das waren ganz sicher nicht wenige, denn in dem Text wird ausgesagt, dass es Sozialdemokraten gab, die den Zusammenschluss ablehnten.

    In dem Text heißt es:

    "Sozialdemokraten, die den Zusammenschluss ablehnen..."

    Dort steht eben gerade nicht:

    Die Sozialdemokraten, die den Zusammenschluss ablehnten ..."

    Das heißt es gab auch Sozialdemokraten, die den Zusammenschluss befürworteten. Zahlen werden zwar nicht genannt, aber man kann wohl davon ausgehen, dass es viele Befürworter eines Zusammengehens von Sozialdemokraten und Kommunisten gab, und die Gründung der SED nicht ausschließlich aufgrund von Zwangsmaßnahmen zustande gekommen ist.

    Es ist erfreulich, dass eine Partei mit plumpen Anti-Stau-Sprüchen beim Wähler nicht punkten kann. Andererseits erschöpfen sich Tschentschers verekehrspolitischen Ambitionen darin, eine U-Bahn zu bauen. Die tut Autofahrern nicht weh. Und der Bau braucht lange Zeit, in der man diejenigen vertrösten kann, die eine echte Verkehrswende einfordern. Und dass die Grünen überhaupt noch zu denjenigen gehören, die eine echte Verkehrswende einfordern, muss leider bezweifelt werden. Beide Rot und Grün werden sich im Falle einer Fortsetzung der Koalition mit Hinhalte-Taktik begnügen, befürchte ich.

    Sollte die AfD es tatsächlich schaffen in die Bürgerschaft zu kommen, wonach es zur Zeit leider aussieht, und die FDP scheitern, dann wird es die FDP doppelt ärgern, dass sie dieses absurde Kemmerich-Theaterstück in Thüringen durchgezogen hat. Denn der AfD hätte es weniger geschadet, als der FDP. Schade ist nur, dass diese Ereignisse rund um die Ministerpräsidentenwahl in Thüringen im Endspurt die eigentlichen Themen der Hamburger Bürgerschaftswahl so stark überlagert haben.

    Ursprünglich eine große Rolle spielten in Hamburg die Umwelt únd Verkehrsthemen. Und da hatten die Grünen die besten Ideen, auch wenn Fegebank mit ihrem Rückzieher auf die "autoarme" Innenstadt, das Potenzial der Grünen entwertete.

    Das ist eine historische Tatsache.

    Ich sehe es nicht als eine "historische Tatsache" (falls es so was überhaupt gibt), dass der Zusammenschluss in der SBZ nicht freiwillig stattgefunden habe, "sondern ausschließlich nur unter Zwang der sowjetischen Besatzer" zu Stande gekommen sei. Genau so habe ich es nämlich geschrieben. Dass der Zwang der sowjetischen Besatzungsmacht eine wesentliche Rolle bei der Gründung der SED gespielt hat, das habe ich gar nicht in Abrede gestellt. Aber so sehr dabei auch der von der sowjetischen Besatzungsmacht ausgeübte Druck eine Rolle gespielt hat, dieser Zusammenschluss war eine durchaus populäre Idee in der Sozialdemokratie (und in der kommunistischen Partei) in der unmittelbaren Nachkriegszeit und zwar sowohl in den westdeutschen Besatzungszonen als auch in der SBZ.

    Es war das Erschrecken und das Bedauern darüber, dass die gegenseitige Ablehnung von sozialdemokratischer und kommunistischer Partei und die zum Teil mörderischen Auseinandersetzungen in der Weimarer Republik dazu geführt haben, die Gefahr von Rechts zu vernachlässigen, so dass gegen die NSDAP nicht der notwendige gemeinsame Widerstand geleistet wurde, der Hitler hätte verhindern können.

    Die CDU versuchte (und versucht zum Teil auch heute noch) aus wahltaktischen Gründen alles, was sich in der sowjetischen Besatzungszone und der späteren DDR abgespielt hat, ausnahmslos unter dem Begriff Unrechtsstaat zu subsumieren. Und gleichzeitig mit dem Unrechtsstaat der Nazidiktatur möglichst viele Parallelen aufzuzeigen, um den Eindruck zu erwecken, dass es unbedingt notwendig ist, rechte und linke Parteien gleichermaßen zu bekämpfen. Und in der Geschichte der Bundesrepublik ist die CDU dabei oft genug so weit gegangen, dass sie die Sozialdemokratie gleichgesetzt hat mit Kommunismus. Oder wie würdest du dieses bekannte CDU-Plakat aus den 50er-Jahren interpretieren? Titel: Alle Wege des Marxismus führen nach Moskau.

    https://www.nachdenkseiten.de/upload/bilder/140304_marxismus.jpg

    Vielen Dank für den Link zu dem Artikel von 2014. Das hört sich so an als habe die Partei "Die Linke" in Thüringen die Partei-interne Vereinbarung getroffen, nicht zuzulassen, dass die DDR als Unrechtsstaat bezeichnet wird. Und dass das die Eintrittskarte gewesen ist für eine Koalition mit SPD und Grünen.

    Dieses Papier kam laut dem Bericht auf Drängen der Grünen zustande. Vermutlich weil Mitglieder der Bürgerrechtsbewegung Bündnis 90, mit denen die Grünen 1990 fusionierten, als Bürgerrechtler in der DDR sehr empfindlich unter dem DDR-Unrecht zu leiden hatten.

    Dein Zitat, "In der DDR gab es kein gesetzliches Unrecht", das in dem in dem Artikel angeführt wird, stammt nicht von Gregor Gisy, sondern das wurde von einer Rednerin bei einer parteiinternen Veranstaltung gesagt.

    Gisy dagegen betont, "dass es Unrecht, auch grobes Unrecht, in der DDR gab".

    Und Gisy stellt die Ablehnung gegen die Bezeichnung Unrechtsstaat für die DDR in dem Artikel in einen konkreten Zusammenhang: "Wenn ich die DDR als Unrechtsstaat bezeichne, dann erkläre ich, dass die drei Westmächte das Recht hatten, die Bundesrepublik zu gründen, die Sowjetunion aber als Antwort nicht das Recht hatte, die DDR zu gründen."

    Das geht dann natürlich weiter in einen Streit um Fragen der Gründung eines gesamtdeutschen Staates. Auch die Frage der Rechtmäßigkeit des Zusammenschlusses von SPD und KPD zur SED ist davon betroffen. Da hat ja die SPD in Westdeutschland stets behauptet, dass dieser Zusammenschluss in der SBZ nicht freiwillig stattgefunden habe, sondern ausschließlich nur unter Zwang der sowjetischen Besatzer zu Stande gekommen sei.

    Wenn ich mit Mitgliedern der Partei Die Linke spreche, dann frage ich sie häufig nach ihrer Haltung zu den Kirchen. Und da gibt es dann schon einige deren Haltung zur Kirche ich für inakzeptabel halte. Aber deshalb würde ich nicht grundsätzliche eine politische Zusammenarbeit mit der Partei Die Linke anlehnen.

    Deinen Kommentar von weiter oben,

    Die Linke weigert sich, für die DDR den Begriff "Unrechtsstaat" zu akzeptieren. Das ist für mich aufgrund des schon der Verfassung der "Deutschen Demokratischen Republik" inhärenten undemokratischen Charakters und in der Praxis ausgeübten Überwachung, von der die Gestapo geträumt hätte, inakzeptabel.

    Nicht zuletzt stellt es einen Schlag ins Gesicht für die Opfer des staatlichen Terrors dar. Ich kenne nicht nur diverse Stasi-Akten, Brigadetagebücher und andere Quellen zu dieser Thematik, sondern habe mich mit vielen Zeitzeugen unterhalten, die in Bautzen oder Berlin Hohenschönhausen einsaßen.

    den habe ich so gelesen, wie er gerne von CDU-Mitgliedern, besonders im Wahlkampf zu hören ist. Da wird dann gerne den Grünen, aber auch der SPD vorgeworfen, dass es ein Unding sei, mit einer Partei zusammenzuarbeiten oder Koalitionen einzugehen, die nicht bereit sei, sich dazu zu bekennen, dass die DDR ein Unrechtsstaat gewesen sei.

    Ich habe bislang nur mit zwei Leuten gesprochen, die einmal in Bautzen inhaftiert waren (und das ist schon eine ganze Weile her, dass ich mit denen gesprochen habe). Das Unrecht, das ihnen widerfahren ist, hat aber nicht dazu geführt, dass sie eins zu eins die Linke (damals war es noch die PDS) mit ihrer Vorgängerpartei SED gleichsetzen.

    Mich stört die in der politischen Propaganda benutzte Gleichsetzung von DDR-Unrechtsstaat und NS-Unrechtsstaat. Du kritisierst, dass die heutige Generation von Politikern der Partei "Die Linke" sich nicht vom DDR-Unrechtsstaat distanziere. Ein Beleg dafür, dass die PDS das getan hat, ist die Erklärung zum 40 Jahrestag des Mauerbaus: "

    "In der Erklärung, die den Titel »Die PDS hat sich unwiderruflich vom Stalinismus der SED befreit« trägt, wird festgestellt, dass die Schließung der Sektorengrenzen zu Westberlin am 13. August 1961 in der Logik der damaligen weltpolitischen Entwicklungen gelegen habe. Dies sei eine Antwort auf den drohenden Exodus der DDR gewesen, habe die Aufteilung der Welt im Ergebnis des zweiten Weltkrieges gefestigt und die Einflusssphäre der Sowjetunion hinein gesichert.

    Trotz aller historischen Umstände könne die PDS jedoch nicht den Rettungsversuch der DDR mit Hilfe der Mauer rechtfertigen, heißt es in der Erklärung. Der Preis dieser Art Rettung seien »die endlos aufgeschobene und nie eingelöste Demokratisierung der Gesellschaft«. Sozialismus, so schlussfolgert die PDS, »gedeiht eben nicht als Befehlssystem, nicht unter Bajonetten, nicht im Schatten von Panzern, nicht hinter Mauern. Der Sozialismus, für den PDS eintrete, gründe »auf den werten von Freiheit, Gleichheit und Solidarität«."

    Das bedeutet doch, dass die PDS ganz klar davon ausgeht, dass die DDR in puncto Mauerbau aber auch in sehr vielen weiteren Bereichen, die mit genannt werden, ein Unrechtsstaat war.

    Hallo Malte,

    vielen Dank für die Nachricht. In meinem Beitrag 1 und 2 habe ich die Fotos noch mal hochgeladen, aber jetzt sind sie doppelt zu sehen. Ich lasse das erst mal so stehen und schaue mir dann noch mal 3 und 4 an.

    Da sind die Fotos bislang auch noch zu sehen.

    Viele Grüße

    Ullie

    Man setzt sie dadurch nicht gleich. Wenn das deine Schlussfolgerung aus meinem Kommentar ist, bitte ich darum, nochmals zu lesen. Und zwar auch deinen eigenen Einwurf.

    Nur kurz: Es gab in der Geschichte und gibt gegenwärtig mehrere totalitäre Staaten. Setzt man sie durch diesen Begriff gleich? Nein.

    Sie haben aber ein tertium comparationis und werden darum alle so kategorisiert.

    Dass das NS-Regime in negativer Hinsicht durch den industriell organisierten Massenmord an Juden, Schwulen, Kommunisten u. a. m. eine Singularität der Geschichte ist, wird damit nicht in Abrede gestellt.

    Das sehe ich genau so, dass man zwei Staaten, die man Unrechtsstaaten nennt, deshalb nicht automatisch gleichsetzt. Und in der "akademischen" Debatte mag das auch funktionieren, dass man Vergleiche anstellt, welche Elemente eines Unrechtsstaates auf Nazideutschland und welche auf den DDR-Staat zutreffen, ob es zum Beispiel Elemente gibt, die auf beide zutreffen und wo es Unterschiede gibt.

    In der politischen Debatte jedoch wurde und wird immer noch von der CDU der Begriff "Unrechtsstaat" unterschiedslos auf Nazi-Deutschland und die DDR angewendet. Daraus leitet die CDU für sich selbst eine Position der Mitte her, um mit einem Alleinstellungsmerkmal bei Wahlen antreten zu können: Wir sind die einzige Partei, die nicht mit Linksradikalen und nicht mit Rechtsradikalen zusammenarbeitet.

    Wenn man sich jedoch alleine die Namens-Geschichte der Partei Die Linke anschaut, dann wird deutlich, dass sie mit der SED nicht einfach gleichgesetzt werden darf als die "Partei des Schießbefehls und der Mauertoten". Was übrigens nicht nur Meuthen von der AfD gerne tut, sondern auch in CDU-CSU-Kreisen verbreitet ist.

    Ganz am Anfang steht ein Zusammenschluss von SPD und KPD. Und diese Idee einer Einheitspartei war zur Zeit ihrer Entstehung breit diskutiert worden, auch in den westdeutschen Besatzungszonen. Und die SED war durchaus nicht alleine von den sowjetischen Besatzern in der SBZ erzwungen worden.

    Die CDU ihrerseits nennt sich Union, nicht Partei, weil sie ein Zusammenschluss von protestantisch ausgerichteten Parteien und der katholischen Zentrumspartei ist. Da hat also ebenfalls ein Zusammenschluss von Parteien stattgefunden, die in der Weimarer Republik ähnlich heftig gegeneinander arbeiteten wie SPD und KPD.

    Nach dem Mauerfall gründet sich die PDS an Stelle der SED. Es folgt die Umbenennung in Linkspartei, dann ein Zusammenschluss mit der WASG (Wähleralternative Soziale Gerechtigkeit) und damit ein Zusammenschluss mit linken westdeutschen Gruppierungen. Und erst mit diesem Zusammenschluss gründet sich die heutige Partei "Die Linke".

    Die Linke weigert sich, für die DDR den Begriff "Unrechtsstaat" zu akzeptieren. Das ist für mich aufgrund des schon der Verfassung der "Deutschen Demokratischen Republik" inhärenten undemokratischen Charakters und in der Praxis ausgeübten Überwachung, von der die Gestapo geträumt hätte, inakzeptabel.

    Die CDU/CSU, aber auch andere Parteien benutzen den Begriff Unrechtsstaat sowohl für den SS-Staat der Nazis, als auch für den DDR-Staat.

    Ich sehe nicht, dass die Partei Die Linke verkennt, dass die DDR in vielfacher Hinsicht ein Unrechtsstaat war. Und es gibt Unrechtsstaat-Elemente der DDR, die es auch im nationalsozialistischen Deutschland gab. Trotzdem halte ich es für falsch, beide Staaten einfach gleichzusetzen unter dem Siegel "Unrechtsstaat".

    Da müsste man schon genauer hinschauen, welche Elemente eines Unrechtsstaates jeweils zutreffend sind. Den Begriff einfach nur zum "Polemisieren" zu benutzen ist nicht in Ordnung.