Das bedeutet, wenn ich bei grün eine Kreuzung überquere, habe ich einfach Pech gehabt, wenn mir von rechts ein Radfahrer in die Rippen fährt?
Warum sollte dir ein Radfahrer in die Rippen fahren? Fährst du, wenn du mit dem Rad unterwegs bist, Fußgänger an?
Ampeln sind doch vor allem zu dem Zweck gebaut, Autoverkehr mit möglichst hohen Geschwindigkeiten zu ermöglichen. Das funktioniert dann, wenn ich Fußgängern klar mache, dass die Fahrbahnen für sie komplett tabu sind, sozusagen Todesstreifen.
Am perfektesten verwirklicht auf Autobahnen. Gelegentlich habe ich den Verdacht, dass manche Autofahrer nur deshalb Autobahnen ohne Tempolimit wollen, weil sie meinen, mit den unbegrenzt hohen Geschwindigkeiten noch effektiver Eindringlinge abwehren zu können als das bei Tempo 130 oder 120 oder 100 ohnehin schon der Fall ist.
Da geht es nicht um rationale Erwägungen oder Umweltschutz-Fragen, da geht es in Wirklichkeit um Revierverhalten. Autofahrer verhalten sich wie Tiere, die "Artfremde" nicht den Zutritt gestatten.
In Ortschaften und Städten funktioniert das nicht so ohne weiteres. Die Anzahl der Fußgänger*innen ist zu hoch. Ampeln werden deshalb gebaut, damit Fußgänger*innen verdeutlicht wird: Ihr seid tot, wenn ihr es wagt außerhalb der Ampelfurt, außerhalb der Grünphase die Fahrbahn zu betreten. Und wenn einer von euch Fußgänger*innen es trotzdem wagt und bei dem Versuch umkommt, dann werden alle sagen: Wie kann die Person auch nur so blöd sein, bei Rot über die Kreuzung zu gehen. Oder wie kann die Person nur so blöd sein, außerhalb der ampelgesicherten Fußgängerfurt die Straße überqueren zu wollen.
Fahrradfahrer*innen sind deutlich langsamer unterwegs. Ein halbwegs gut trainierter Läufer ist so schnell wie viele Alltags-Durchschnittsradfahrer. Die Zeit zu reagieren ist länger, die Bremswege sind kürzer. Und die Gefahr bei einem Zusammenstoß mit einem Fußgänger sich selbst erheblich zu verletzen ist bei einem Radfahrer deutlich höher als bei einem Autofahrer. Und die Trefferfläche ist kleiner. Alles Gründe, warum ich mich nicht übermäßig davor fürchte, dass mir ein Radfahrer in die Rippen fährt. Auch dann nicht, wenn ich bei Grün auf einem Fußgängerüberweg über die Fahrbahn gehe und anschließend noch einen Radweg ohne Ampelsicherung quere.

Eine Kombination aus Rad- und Fußverkehr kommt ohne Ampeln aus, auch bei einem recht hohen Verkehrsaufkommen. Wenn Autos dazu kommen, besonders dann, wenn die höhere Geschwindigkeiten fahren wollen oder fahren können sollen, dann werden Ampeln notwendig. Etwas Sorge bereitet mir die zunehmende Anzahl von Pedelecs. Möglicherweise ist 25 km/h eine zu hohe Geschwindigkeit bei der die Tretkraftunterstützung abgeriegelt wird.
Für diejenigen Radfahrer*innen, die aufgrund ihrer körperlichen Fitness hohe Geschwindigkeiten fahren können, muss ebenso wie es für die Speed-Pedelec-Fahrer bereits jetzt die Möglichkeit geschaffen werden, die Fahrbahn zu benutzen. (=Aufheben der Radwege-Benutzungspflicht.) Jedoch darf das nicht auf Kosten der Radwege-Qualität gehen, dort wo Fahrradwege oder Radfahrstreifen weiter ihre Berechtigung haben.
Wo alle Verkehrsteilnehmer zuverlässig (!) mit niedrigen Geschwindigkeiten (15 - 30 km/h max.) unterwegs sind, sind nur dort Ampeln und ggf. Fahrradwege notwendig, wo sehr hohe Verkehrsmengen zu managen sind.