Tempo 30 gibt es auf Hauptverkehrsstraßen in Mainz schon seit 2020 siehe Foto!
Passend zum Thema:
"alles wissen": Tempo 30 in der Stadt – was bringt das?
SENDETERMINE
Do. 09.09.21, 20:15 Uhr
Fr. 10.09.21, 04:05 Uhr
Fr. 10.09.21, 09:20 Uhr
So. 12.09.21, 15:30 Uhr
"Mehrere deutsche Großstädte fordern flächendeckend Tempo 30 innerorts. Einige europäische Metropolen wie Brüssel oder Helsinki haben es bereits eingeführt. Was bringt Tempo 30 in der Stadt für Umwelt und Klima? Und kann es den Straßenverkehr sicherer machen?"
Ich bin mal gespannt, wie in der Sendung flächendeckend Tempo 30 innerorts dargestellt wird.
Drei Fragen finde ich besonders spanend:
1. Wird einmal mehr so getan, als sei Tempo 30 innerorts ohnehin kein Thema, weil es in vielen Städten angeblich so viele Staus gäbe, dass ohnehin nicht schneller als Schrittgeschwindigkeit gefahren werden könne? Hoffentlich macht die Sendung deutlich, dass besonders gefährliche Rasereien dann stattfinden, wenn die Straßen weniger voll sind.
2. Wie soll Tempo 30 durchgesetzt werden gegen notorische Raser? Die FAZ schrieb beispielsweise vorgestern: "In Paris kann es für Raser künftig teuer werden. Von Montag an gilt auf fast allen Straßen der französischen Hauptstadt eine Höchstgeschwindigkeit von 30 Stundenkilometern. Bei Überschreitung drohen Geldbußen von mindestens 90 Euro." Na und? Es ist doch reine Polemik, wenn die FAZ weiter schreibt. "Wer mit dem Auto nach Paris fährt, muss künftig das Tacho fest im Blick behalten."
Fast alle Autofahrer*innen fahren heutzutage mit Navigationssystemen, die Tempolimits ansagen können oder per Warnton alarmieren können, wenn das Tempolimit erreicht ist und so den Autofahrer davon entlasten, ständig auf den Tacho zu starren, wie die FAZ schreibt. Aber selbst ohne Navigationssystemen mit entsprechenden Funktionen wäre diese Aussage einfach nur billige Polemik, denn wenn kein Tempo 30 gilt, dann gälte ja Tempo 50, das ebenfalls eingehalten werden müsste, zur Not mit dem Blick auf den Tacho, wenn auf elektronische Helfer verzichtet wird.
3. Wie wird das Thema ÖPNV abgearbeitet? Leider wird immer wieder gerne so getan, als würde Tempo 30 den ÖPNV ausbremsen. Das ist nun wirklich leicht widerlegbar. Aufgrund der regelmäßigen Haltestellenstopps ist der Omnibusverkehr und Straßenbahnverkehr ohnehin deutlich langsamer unterwegs als der Autoverkehr, weil Tempo 50 zwischen zwei Haltestellen nur für eine sehr kurze Distanz erreicht wird. Gilt dagegen Tempo 30, dann gleichen sich die Zeiten von Bus und Auto stärker an als das jetzt bei Tempo 50 max. der Fall ist.
Rechenbeispiel: Busse und Straßenbahn beschleunigen und Bremsen mit 1m/Sek², bzw. -1m/Sek².
Für eine Beschleunigung von 0 auf 50 km/h (das ist ~14m/Sek) benötigt ein Bus 14 Sekunden und legt eine Strecke von rund 100m zurück. (14 Sekunden multiplizieren mit der Durchschnittsgeschwindigkeit während der Beschleunigungsphase, das ist 7m/Sek)
Bei der üblichen Haltestellendichte von 200 bis 300 m ist der Bus also höchstens ein Drittel der Strecke mit Tempo 50 unterwegs, denn für das Beschleunigen auf 50 und das Bremsen braucht das Fahrzeug jeweils 100m.
Für eine Beschleunigung von 0 auf 30 km/h (das ist ~8m/Sek) benötigt ein Bus 8 Sekunden und legt eine Strecke von rund 32m zurück. (8 Sekunden multiplizieren Durchschnittsgeschwindigkeit 4m/Sek)
Bei einer Haltestellendichte von 200 m bis 300 m ist der Bus also eine sehr viel längere Zeitspanne mit der zulässigen Höchstgeschwindigkeit (bei Tempo 30) unterwegs. Und damit die meiste Zeit genau so schnell wie ein Auto.
Hoffentlich hat ein Journalist mit gearbeitet, der einigermaßen gut rechnen kann und sich nicht von irgendwelchen "Autoexperten" einreden lässt, der ÖPNV würde besonders darunter leiden, wenn nur noch Tempo 30 innerorts gefahren wird.
Übrigens gilt diese Überlegung, ob Tempo 30 eine Verbesserung bringt, in ähnlicher Weise auch für Fahrräder und zwar ganz ohne groß zu rechnen. Tempo 25 (mit einem Pedelec leicht erreichbar auch für weniger gut auf Fitness konditionierte Radfahrer*innen) ist eben nur 5km/h langsamer als Tempo 30 km/h.