Beiträge von Malte

    Beim Austauschen der Spacer verstehe ich aber nicht, inwiefern sich die Situation ändert. Wenn ich den oberen Spacer austausche gegen einen kleineren, dann wird das Schutzblech an der Stelle, an der es jetzt zu eng ist, doch noch weiter rangedrückt? Da leuchtet mir das Bohren eines weiteren Loches ja durchaus ein.

    Malte Ich weiß nicht, ob du es schon weißt, aber bei https://www.duh.de/pop-up-radwege-jetzt/ kann man Vorschläge in "seiner" Stadt für die Einrichtung von Popup-Radwegen und Bereichen mit 30 km/h machen. Die DUH verwurstet das dann in einen offiziellen Antrag, den man selber an die Stadtverwaltung schicken muss. Aber mit dem Hinweis auf ein Rechtsgutachten, das das zulässig ist.

    Mach ich jetzt gleich mal für Fürstenfeldbruck, wo es ähnlich elend aussieht wie in Lüneburg. Und wenns noch ein paar tausend machen, tut sich vielleicht was...

    Ich fürchte, es ist tatsächlich so, wie Gerhart vermutet: Die Verwaltung ist hier hinsichtlich der Verkehrswende noch nicht ganz so weit, insofern bin ich mir nicht sicher, ob die ganzen Anträge nicht nach ein paar Tage n in der runden Ablage landen. Es hat sich auch schon ein Radentscheid gebildet, um die Sache voranzubringen.

    Meinetwegen müssen auch nicht gleich Tempo-30-Bereiche eingerichtet werden, auch wenn das natürlich großartig wäre; mir würde es fürs Erste schon reichen, wenn die Benutzungspflicht auf linken Straßenseiten aufgegeben würde (was natürlich mit Popup-Radfahrstreifen korrespondieren könnte…) und ich nicht ständig an irgendwelchen Bettelampeln warten müsste. Ich habe da gerade relativ geringe Ansprüche.

    Obwohl Lüneburg eigentlich weit abseits der Elbe gelegen ist, war die Innenstadt häufiger dem Hochwasser ausgesetzt. Die Flüsse waren früher, als es das Wort „Klimawandel“ noch nicht gab, regelmäßig über Wochen vereist und tauten im Frühjahr auf, wodurch der Wasserspiegel der Ilmenau anstieg und Teile der Lüneburger Innenstadt unter Wasser setzte. Die Melioration der Ilmenau-Niederung nördlich von Lüneburg bis zur Elbe und der Bau des Lösegrabens parallel zur Ilmenau in Lüneburg konnten die jährlichen Fluten unterbinden — nur im Juli 1976, als unweit von Lüneburg der Damm des Elbe-Seitenkanals brach, trat noch einmal Hochwasser auf.

    Auf dieser schmalen Landzunge zwischen Ilmenau und Lösegraben führt heute die mehrstreifige WIlly-Brand-Straße entlang. Mit viel Mühe wurde an einer Seite noch ein Seitenstreifen zum Parken eingerichtet, aber für Fußgänger und Radfahrer bleibt dann leider so wenig Platz, dass Radfahrer, die bislang auf der linken Straßenseite fahren mussten, jetzt rüber auf die rechte Seite wechseln sollen, um dort unten am Lösegraben entlangzukurbeln. Das Schild sagt, wie’s läuft:

    Abgleich mit der Realität. Ich fahre also auf die Fahrbahn herunter, was sich auf der linken Straßenseite sowieso absolut falsch anfühlt. Wenn ich links abbiegen möchte, kann ich locker einen Rotlichtverstoß begehen, denn für mich gilt gar nicht der Signalgeber für den Fahrbahnverkehr auf der linken Straßenseite, der sich hier hinter dem Laternenpfahl verbirgt, sondern der Signalgeber für den Radverkehr gegenüber, der schon deutlich früher rotes Licht zeigt. Wenn ich links abbiegen möchte, darf ich auch nicht der lustigen Fahrbahnmarkierung folgen, die nach links wiederum auf den linksseitigen Radweg führt, denn obwohl es hier total normal ist, auf der falschen Straßenseite zu fahren, soll ich hier eigentlich geradeaus und dann nach links fahren; die Fahrbahnmarkierung gilt nur für Radfahrer, die aus der Querstraße rechts abbiegen.

    Soweit, so gut, aber wir wollen ja nach rechts abbiegen. Da beachte ich dann auch nicht den Signalgeber gegenüber, denn… dann kollidiere ich ja mit dem Fahrbahnverkehr, der ja ebenfalls grünes Licht hat. Indirektes Linksabbiegen kommt hier auch nicht in Frage, denn erstens biegen wir ja rechts und nicht links ab und zweitens haben wir eine absolut dämliche Ausgangsposition für solche Manöver.

    Okay, wir denken eine Weile nach und finden dann da hinten auf der rechten Seite einen weiteren Signalgeber, der halt irgendwie in unserer neuen Fahrtrichtung grün leuchtet. Es handelt sich um den kleinen zweifeldigen Signalgeber bei der Geisterradlerin; das Ding neben dem Signalgeber für den Fahrbahnverkehr ist für Fußgänger vorgesehen.

    Kann man diese Fahrradampel bei hellem Sonnenlicht aus dieser Position erkennen? Eher nicht. Aber dann fährt man halt los wenn der Verkehr aus der Querstraße links anfährt…

    … und natürlich kann man sich erstmal mit Kraftfahrern herumärgern, die aus ebenjener Querstraße rechts abbiegen und mit Glück noch auf Radfahrer in der gleichen Fahrtrichtung geachtet haben, aber ganz sicher nicht damit rechneten, dass von ganz rechts plötzlich noch jemand in die Kreuzung einbiegt und sich für einen kurzen Moment auf direktem Kollisionskurs befindet. In diese Situation bin ich bereits zwei Mal geraten, habe aber leider kein Foto davon und bin auch nicht scharf drauf, es zugunsten eines Fotos noch mal zu provozieren. Und selbst wenn man nicht mit abbiegenden Kraftfahrern aneinander gerät, muss man sich halt irgendwie so Schlängel-Schlängel in den Strom der von links nach rechts geradeaus fahrenden Radlinge und gehenden Fußgänger einordnen. Das fühlt sich schon ziemlich nach einem Rotlichtverstoß an, was hier aber offenbar so vorgesehen ist.

    Nach dem lustigen Manöver zum Rechtsabbiegen soll der Radverkehr wohl hier erneut warten, um anschließend links abzubiegen. Dank des Signalgebers gegenüber weiß ich, dass indirektes Linksabbiegen im Sinne der reinsten Lehre nicht vorgesehen ist und ich hier artig den gegenüberliegenden Signalgeber beachten soll:

    Wenn man das dann geschafft hat, fährt man übrigens quasi kopfüber runter auf einen Weg unten am Lösegraben — aber das schauen wir uns ein anderes Mal an.

    Manchmal, wenn man Pech hat, kommt man an dieser Ampel an und sieht dann diese Situation: Fahrbahnampel rot, gegenüberliegender Signalgeber für Radfahrer grün, da muss man echt erst eine Weile hirnen, dass das Linksabbiegen von dieser komischen Position aus jetzt erlaubt ist, das Rechtsabbiegen aber nicht.

    Und die nach meinem Dafürhalten spannende Frage ist dann doch tatsächlich: Ist dieses seltsame Hereinschummeln zum Rechtsabbiegen nicht ein qualifizierter Rotlichtverstoß?

    An meinem Fahrrad sind Schutzbleche namens „SKS Bluemels 35mm“ montiert; wir hatten ja ein paar Beiträge davor schon mal drüber gesprochen. Das Schutzblech am Hinterrad ist ein biiiischen eng montiert, so dass es bei nicht exakt geradem Einbau des Hinterrades dort schleift und grunzt wie ein alter Nadeldrucker.

    Als ich gestern fachmännisch und mit sagenhafter Geschicklichkeit den Antrieb erneuert habe (das Rad befindet sich momentan in keinem fahrbereiten Zustand), fiel mir plötzlich auf, wie sehr der Mantel in den letzten vier Jahren am Schutzblech geschrubbt hat. Anhand der Stromleitung für die Versorgung des Rücklichtes kann man ungefähr abschätzen, wie viel da auf der linken Seite fehlt:

    Nehmen wir mal an, ich bestelle mir ein neues Schutzblech, dann müsste ich ja an diesen beiden Abstandhaltern in irgendeiner Weise etwas ändern, um ein bisschen mehr Luft zwischen Hinterrad und Schutzblech zu bekommen? Nur: Was muss da getan werden?

    Desillusionierung ist ein Konzept, das mir in Zeiten einer Pandemie allgegenwärtig erscheint. Ich bin desillusioniert, dass wir diese Pandemie mit einem wissenschaftlichen Ansatz in den Griff bekommen hätten, ich bin desillusioniert, dass ich in absehbarer Zeit eine Impfung bekomme, ich bin desillusioniert, dass wir die Klimakrise überhaupt in irgendeiner Art und Weise in den Griff bekommen, wenn wir noch nicht einmal ein relativ einfach umzusetzendes Maßnahmenpaket hinbekommen, um im Vergleich zur Klimakrise überschaubare Pandemie in den Griff zu bekommen.

    Und in diesen leicht depressiv angehauchten Trott reiht sich die Stadt Lüneburg perfekt ein.

    Nachdem ich im Herbst 2018 zu Lischen-Radieschen von Hamburg nach Kiel gezogen bin, sollte es planmäßig zweieinhalb Jahre später nach Abschluss ihres Studiums wieder näher an Hamburg rangehen. Lisa-Marie wollte gerne in ihre Heimat nach Niedersachsen, ich wollte eine regelmäßige ICE-Anbindung mit überschaubarer Fahrzeit nach Hamburg, da kommt man dann zwangsläufig bei Lüneburg raus. Außerdem hat Lüneburg eine bezaubernde Altstadt, die den Krieg besser überlebt hat als den vorherigen Salzabbau, denn die Löcher, die das weiße Gold hinterlassen hat, lassen einige Häuser eindrucksvoll schief stehen.

    Was mich bei meinen sporadischen Besuchen in der Hansestadt an der Ilmenau auffiel, waren abseits der schiefen Häuschen und mit Kopfsteinpflaster ausgelegten Gässchen die vielen Fahrräder, die hier im Stadtbild zu sehen waren. Wo in anderen Städten der angeblich überlebenswichtige Kraftverkehr hofiert wird, reihten sich hier an den Seitenstreifen, auf den Plätzen und vor den Häusern voll Fahrradbügel aneinander. Das war für mich der vorsichtige Inbegriff einer Art Fahrradstadt, vielleicht nicht vergleichbar mit Groningen, Utrecht, Amsterdam, Kopenhagen, aber hier sind Radfahrerïnnen willkommen, hier fuhren Alltagsradlerïnnen neben Rennradlerïnnen, dort sauste der Lieferdienst einer hippen Burgerkette vorbei und überholte das Lastenrad einer Buchhandlung namens Lünebuch.

    Monat fuhr Monat besuchte ich pflichtbewusst die Critical Mass Lüneburg, kurbelte eine Stunde mit der örtlichen Fahrrad-Gang durch den Montagabend und sprang wieder in den ICE nach Kiel.

    Nun wohnen wir seit zweieinhalb Monaten in Lüneburg und ich bin… desillusioniert.

    Das hier ist keine Fahrradstadt.

    Ganz im Gegenteil: Für mich als jemand, der wirklich gerne Fahrrad fährt und aus Hamburg und Kiel schon so einiges gewohnt ist, rangiert Lüneburg noch einmal mit einem gewissen Abstand hinter Hamburg.

    In Büdelsdorf, in Wedel, in Hamburg, in Kiel, überall dort, wo ich bislang längere Zeit gewohnt habe, war Radfahren nicht so ganz der Hit. Diese Städte waren gespickt mit schlechter, aber benutzungspflichtiger Infrastruktur, unfreundlichen Kraftfahrern, untätigen Behörden und einer Polizei, die im Falle eines Unfalles offenbar zunächst mal Klingel und Speichenreflektoren des Unfallopfers kontrolliert. Aber: Man kam halt doch mehr oder weniger gut durch die Stadt. In der Regel verlief in Fahrtrichtung rechts eine Art Infrastruktur, meistens ein benutzungspflichtiger Radweg, mitunter auch ein Radfahrstreifen oder ein Schutzstreifen oder man fuhr auf der Fahrbahn und die Ampelschaltungen waren zwar im Regelfall unfreundlich gegenüber nichtmotorisierten Verkehrsteilnehmern, aber ich legte für mich ein einigermaßen okayes Tempo an den Tag. Selbst in Hamburg denke ich mir mit bald drei Jahren Abstand: Es geht noch deutlich schlimmer, es war für eine Großstadt mit unterschiedlichen Zuständigkeiten schon okay.

    Nun also Lüneburg. Ich halte mich mal zurück und schmeiße lediglich eine Ecke als Symbolfoto rein:

    Gut, der direkte Weg über die Bundesstraße 4 ist gefährlich. Das ist lustig, denn bei der Straße im Hintergrund handelt es sich mitterweile gar nicht mehr um die Bundesstraße 4, sondern um eine stinknormale innerörtliche Straße, die nach der Verlegung der Bundesstraße 4 auf eine Umgehungsstraße sogar gar nicht mal soooo stark befahren ist, dass man hier nicht queren könnte. Stattdessen werden Fußgänger auf dem Weg durch dieses Naherholungsgebiet angehalten, doch Bitteschön einen Umweg von 1,2 km zu latschen; Bettelampel inklusive.

    Das ist interessant, denn das macht natürlich kein Mensch. Aber man wollte wohl damals irgendwas machen (vulgo: Aktionismus zeigen, und hat diese Schilder der Einfachheit halber stehen lassen. Mittlerweile sollte es das Verhältnis vom Fahrbahnverkehr zum querenden Verkehr wenigstens im Sommer zulassen, eine Bedarfsampel zu installieren, aber die kostet halt Geld und das muss man auch wollen und einfach Fußgänger auf eigene Gefahr queren zu lassen geht natürlich auch.

    Und dieser Geist der autogerechten Stadt weht immer noch durch Lüneburgs Gassen.

    Wo ich in Hamburg oder Kiel, ja sogar in Berlin oder im Ruhrgebiet einen benutzungspflichtigen Radweg in Fahrtrichtung vorfinde, muss ich in Lüneburg überraschend oft auf der falschen Straßenseite fahren. Da gibt’s dann nur einen Weg, der sich mal hier und mal da irgendwie so durch die Gegend schummelt, dann in einer Unterführung verschwindet und woanders wieder auftaucht und im Endeffekt kann ich an überraschend vielen Stellen sehen, wo ich dann wohl mit dem Rad abbleibe.

    Es gibt Bettelampeln ohne Ende, sogar an Stellen, an denen ich tatsächlich einfach nur entlang der Vorfahrtstraße geradeaus fahren möchte, aber damit das Warten nicht so nervig wird, wurden den Bettelampeln irgendwann gelbe Haltegriffe spendiert — mit dem Ergebnis, dass ich bei der Nutzung von Bettelknopf und Haltegriff den übrigen Radfahrern auf dem engen Geh- und Radweg zwischen Fahrbahn und Hauswand erst recht im Weg stehe. Vielleicht hat niemand damit gerechnet, dass pro Umlauf auch mal zwei Radfahrer queren könnten.

    Nach dem bebettelampelten Abbiegen kann ich in der nächsten Straße dann gucken, wie ich mich dort im Sinne der Straßenverkehrs-Ordnung wieder auf der Fahrbahn oder aber auf dem benutzungspflichtigen Radweg einfinde und eine Kreuzung weiter ist das Abbiegen dann dermaßen kompliziert, dass ich als neu zugezogener tatsächlich erst einmal absteigen und mir einen Überblick verschaffen muss, wie ich denn eigentlich vom benutzungspflichtigen Radweg geradeaus fahren kann, während der Fahrbahnverkehr fröhlich an mir vorbei saust.

    Wenn wir mit dem Fahrrad zum Einkaufen wollen, landen wir auf dem Weg dahin beinahe zwangsläufig auf der linken Straßenseite, sofern wir denn nicht irgendwelche großen Umwege fahren wollen. Dann beginnt das übliche Ritual: Kraftfahrerïnnen möchten links abbiegen, achten auf den entgegenkommenden Kraftverkehr, fahren dann in einer Lücke an, stellen fest, oh Mist, Radfahrer aus der falschen Richtung, legen eine Vollbremsung hin, stehen dann dem entgegenkommenden Fahrbahnverkehr im Weg und müssen sich entscheiden: Lieber die beiden Radlinge gefährden oder vom Fahrbahnverkehr anhupen lassen? Ihr kennt das Ergebnis.

    Natürlich kann ich auch einfach auf der Fahrbahn bleiben, kommt aber halt nicht so gut an. Mitunter werde ich vom Kraftverkehr mit tosenden Fanfaren darauf hingewiesen, dass irgendwo ein Radweg durch die Windschutzscheibe sichtbar ist, selbst wenn es sich überhaupt nicht um einen Radweg handelt, sogar von der Polizei bekam ich schon mal den Hinweis, doch bitte im Interesse meiner eigenen Sicherheit auf dem für den Radverkehr freigegebenen Gehweg zu kurbeln. Der Betreiber des öffentlichen Nahverkehrs heißt hier praktischerweise wie In Kiel KVG, da muss ich mich gar nicht groß umgewöhnen, denn die Leute fahren hier ähnlich robust wie in der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt.

    Und dann gibt es hier dermaßen viele Straßen, bei denen ich mich echt nur noch wundern kann. Megaviel Platz für den motorisierten Verkehr auf der Fahrbahn, Fußgänger und Radfahrer teilen sich ein schmales Handtuch namens benutzungspflichtiger Fuß- und Radweg, und im Verlauf der Straße werde ich auf dem Fahrrad angehalten, mehrmals die Straßenseite zu wechseln und wenn ich das nicht möchte, werde ich auf der Fahrbahn abgedrängt und im Endeffekt…

    … endet alles damit, dass heute einer der wenigen warmen Tage dieses Frühlings ist und ich absolut gar keine Motivation habe, aufs Fahrrad zu steigen. Es ist einfach nur noch nervig.

    Ich werde versuchen, hier in unregelmäßigen Abständen Bilder reinzuschmeißen, wie sich das Radfahren in Lüneburg so anfühlt.

    Und mein Eindruck von dieser ganzen Aktion geht eher in die Richtung, dass es gar nicht so sehr um die Sicherheit radfahrender Verkehrsteilnehmer geht. Natürlich hält man Radlinge davon ab, eine rote Ampel zu ignorieren wenn man die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass es dafür 60 Euro und einen Punkt in Flensburg gibt, ja. Aber man schützt Radfahrer nicht mit Kontrollen in Fußgängerzonen, so ärgerlich Radfahrer in Fußgängerzonen auch sein mögen, und nicht mit kostenlosen Klingeln, weil Klingeln in solchen Situationen absolut nichts bringen. Ich behaupte mal frech: Am meisten wäre wenigstens in Lüneburg für den Radverkehr getan worden, wären konsequent alle Falschparker im Bereich der Innenstadt angesprochen und im Zweifelsfall abgeschleppt worden.

    In den Pressemitteilungen, die im Nachgang des Aktionstages von den jeweiligen Polizeibehörden verschickt wurden, klingt das dann doch etwas umfassender. Die Hamburger Polizei vermeldet nach 555 kontrollierten Fahrzeugen (auch Fahrräder?) und 559 kontrollierten Personen (auch Fahrräder???):

    Zitat
    • 73 x Missachtung des Rotlichtes von Autofahrern
    • 123 x Missachtung des Rotlichtes von Radfahrern
    • 281 x Parkverstöße (Parken auf Rad- und Gehwegen, Einmündungen/Kreuzungen)
    • 215 x Befahren der falschen Radwegseite, Gehwegen, Fußgängerzonen
    • 22 x zu geringer Seitenabstand beim Überholen
    • 30 x Handynutzung als Autofahrer
    • 4 x Handynutzung als Fahrradfahrer
    • 617 x Geschwindigkeitsverstöße (davon 18 x Bußgeldverfahren)
    • 6 x sonstige Ordnungswidrigkeiten

    Ich finde es ja angenehm, dass sogar 22 Mal der geringe Seitenabstand beim Überholen geahndet wurde. Die Polizei kann ja mal den Wördemannsweg oder den Nedderfeld ein paar Mal rauf und runter fahren, da ist dann ja nur noch der zeitliche und personelle Aufwand zum Sanktionieren der Engüberholer der limitierende Faktor.

    Radfahrstreifen mit Zeichen 237 sind ja in Hamburg eine Seltenheit, weil man in Hamburg der Meinung ist, das ginge auch kraft des Rechtsfahrgebotes für Radfahrer ohne Zeichen 237, aber mit Zeichen 241 geht es schon mal auf gar keinen Fall:

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    Aufzählung ohne Garantie einer Vollständigkeit.

    Was bei mir auf dem Video zu kurz gekommen ist und in deiner Aufzählung auf jeden Fall enthalten sein sollte, ist der Taststreifen für Seheingeschränkte, der immer noch als Bestandteil der Radverkehrsführung genutzt wird. Das ist echt ein Unding, das der Behörde viel kräftiger um die Ohren gehauen wird. Seit bald vier Jahren sind diese Taststreifen nicht nutzbar und irgendwie hätte man es dann auch glatt bleiben lassen können.

    Ach Malte, war der Akku leer oder warum bist Du keine 500 Meter weiter gefahren? Dann hättest Du die todsicherer Kreuzung mit dem Wördemanns Weg und den Brückenpfeiler auf dem Radweg auch noch drauf gehabt ;)

    Tja — ich bin die Schleife ab dort noch ein zweites Mal gefahren, um wenigstens die Highlights noch mal mit der Digitalkamera zu fotografieren.

    An der besagten Kreuzung mit der Bettelampel hat dann sogleich ein Kraftfahrer die rote Ampel „übersehen“, sicherlich aufgrund der tiefstehenden Sonne im Rücken, und ist beinahe mit dem Bus kollidiert. Das Foto ist etwas unscharf, so schnell konnte die Kamera wohl nicht fokussieren, aber so spare ich mir immerhin das Anonymisieren des Kraftfahrers:

    Hier ist dann die schöne Brücke. Ich bin dort aus Protest immer abgestiegen, damit mir niemals jemand ans Bein pinkeln kann, ich wäre ordnungswidrig auf dem Gehweg gefahren:

    Ich war vor ein paar Tagen bei meinem Zahnarzt am Eidelstedter Platz und habe bei der Gelegenheit die Arbeitsstelle überprüft. Anstatt abertausender Fotos schmeiße ich hier einfach mal ein Video rein:

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    Am gestrigen Mittwoch wurde offenbar ein bundesweiter Kontrolltag gegen für Radfahrer veranstaltet. Das bekam ich mit, weil ich in einer kurzen Regenpause mit dem Rad durch Lüneburg fuhr und mir aus heiterem Himmel ein Fahrradpolizist begegnete. Für mich hier in Lüneburg ein absolutes Novum, was nur dadurch getoppt wurde, dass mir kurz danach zwei Streifenpolizisten in der Fußgängerzone begegneten, die dort Radfahrer pflückten, die sich in jenem Moment ordnungswidrig verhielten.

    Fand ich ja auch gleich wieder ein bisschen blöd, denn die Lüneburger Altstadt, die den Krieg zu einem Großteil unbeschadet überstand, besteht aus aberdutzenden lustigen Gässchen, die mitunter normale Straßen sind, manchmal aber auch Einbahnstraßen, Verkehrsberuhigte Bereiche und Fußgängerzonen, von denen Letztere nachts oder auch ganztägig für den Radverkehr freigegeben sind. Es ist ein Ding der Unmöglichkeit, diese einzelnen Bereiche derart sauber zu beschildern, dass man nicht mit dem Rad irgendwo in eine ganztägig für den Radverkehr freigegebene Fußgängerzone eindringen könnte, sich dann aber nach zwei weiteren Gässchen durch einen Hinterhof schlängelt und plötzlich durch einen Bereich radelt, der nur von 18 bis 9 Uhr für Radfahrer freigegeben ist. Die Kontrolle, der ich begegnete, beschränkte sich allerdings tatsächlich auf einen Bereich, der eindeutig mit Zeichen 254 markiert war. Hier hat kein Radverkehr stattzufinden, und wer das angesichts des Zeichen 254 nicht kapierte, der lernte allerspätestens beim Anblick der beiden Uniformierten dazu und strebte eine schnelle Verwandlung vom Radfahrer in den Fußgänger an:

    Unangenehm fand ich hingegen die Gegenwart der Beamten, denn ich sah ihnen geradezu an, dass sie irgendwas dachten in der Art von „der schiebt jetzt auch nur, weil wir hier unterwegs sind“. Es liegt immer diese unangenehme Vorwurf in der Luft, sich als Radfahrer einzig und allein im Sinne der Straßenverkehrs-Ordnung zu verhalten, weil gerade die Ordnungsmacht gegenwärtig ist.

    Erst im Nachhinein bekam ich mit, dass diese verhältnismäßig große Polizeipräsenz einem bundesweiten Kontrolltag geschuldet war, der die Sicherheit für Radfahrer kontrollieren sollte, indem Radfahrer kontrolliert werden. Soweit ich das aus dem gesellschaftlichen Netzwerken und den einschlägigen Nachrichtenseiten rekonstruieren konnte, beschränkten sich die Kontrollen auf das übliche: Falsche Straßenseite, fehlende Klingel und rotes Licht:

    Und ich halte es für absolut albern, wenn die Polizei stolz vermeldet, bei einem Kontrolltag dutzende Klingeln an Radfahrer ohne Klingel verschenkt zu haben. Mir ist klar, dass die helltönende Glocke in der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung vorgeschrieben ist, aber ich halte diese essentielle Stellung, die ihr im Verkehrsunttericht in der Schule und bei derartigen Fahrradkontrollen zugeschrieben ist, für einseitig überhöht. Eine Klingel taugt meines Erachtens nur dafür, Fußgänger zu verschrecken oder vielleicht noch in bestimmten Situationen eine Überholabsicht gegenüber anderen Radfahrern oder Fußgängern anzukündigen, aber mir will doch wohl keiner erzählen, eine gefährliche Situation mit einem Kraftfahrzeug mit dem Einsatz der zaghaft hell tönenden Glocke abgewendet zu haben?

    Was stattdessen kontrolliert wird, ist dermaßen unfreiwillig komisch, da kann man nur staunen. Die Polizei Mittelfranken nutzt auf Twitter die Abbildung eines Radfahrers mit reflektierender Kleidung, der in Nürnberg entlang der alten Stadtmauer unterwegs ist.

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    Diese Wege sind in jeglicher Hinsicht der Knaller und machen es Radfahrern beinahe unmöglich, sich im Sinne der Straßenverkehrs-Ordnung zu verhalten. Bei Gegenverkehr wird man auf den Gehweg ausweichen müssen und die zuständige Straßenverkehrsbehörde kann nicht ernsthaft davon ausgegangen sein, dass bei diesem untermaßigen Zweirichtungsradweg bei Gegenverkehr artig abgestiegen und geschoben wird. Und dann sucht man als Illustration ausgerechnet diesen Weg heraus, so dass der Radfahrer auf der vermeintlich falschen Straßenseite fährt. Hätte man nicht wenigstens einen Weg wählen können, der ihn beim Radeln auf der richtigen Seite zeigt?

    Auf Nachfrage kommen dann plötzlich solche Antworten, bei denen ich gar nicht genau weiß, ob das einfach nicht mein Humor war oder ich etwas grundsätzliches nicht verstanden habe:

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    Dann kommt ein zweites Bild von der gegenüberliegenden Seite der Altstadt:

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    Die Polizei hat bei diesem Tweet die Kommentarfunktion deaktiviert, man wollte sich die ganzen klugen Kommentare wohl nicht mehr durchlesen, sonst könnte sie zwei Dinge erfahren: Erstens sind diese kombinierten Signalgeber für Radfahrer und Fußgänger meines Erachtens im Jahre 2021 in einer vermeintlich fahrradfreundlichen Stadt nicht mehr angemessen. Wer sich nach den Räumzeiten für Fußgänger richten und dabei dem Fahrbahnverkehr beim Weiterfahren zugucken muss, verliert vielleicht irgendwann die Geduld. Aber separate Signalgeber für den Radverkehr kosten eben Geld, erhöhen aber nach meiner Einschätzung den Willen, bei rotem Licht auch anzuhalten — mal ganz abgesehen davon, dass es diesen zweifeldrigen Signalgebern an einer Gelbphase für den Radverkehr mangelt.

    Und dann steht hinten unter dem Zeichen 241: „Hauptbahnhof“. Man muss in Nürnberg nämlich eine Weile auf der linken Straßenseite fahren, wenn man zum Hauptbahnhof möchte, weil die autogerecht gebaute Verkehrsinfrastruktur auf der rechten Straßenseite leider keine Radverkehrsinfrastruktur zum Hauptbahnhof vorhält. Da sind wir dann wieder beim dem Punkt, dass man dann mal auf der linken Seite fahren muss, mal auf der linken Seite fahren darf, sich aber auf jeden Fall irgendwie so durch den Straßenverkehr wuselt, aber im Endeffekt nicht immer ordnungsgemäß im Sinne der Verkehrsregeln radelt.

    Vielleicht ist das ja auch mal so Ding, über das wir uns Gedanken machen sollten. Andererseits sind diese Art der Gedanken in den letzten zehn Jahren nicht gesprossen und ich sehe wenig Hoffnung, dass es in den nächsten zehn Jahren anders sein sollte.

    Der Endgegner der lustigen Links-rechts-irgendwo-Infrastruktur ist dann so etwas hier:

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    Ich würde mir wirklich wünschen, dass die Polizei hier nicht mahnend und verwarnend unterwegs ist, sondern solche Verkehrsführungen während einer der vorgeschriebenen Verkehrsschauen mal direkt einkassiert. Es ist doch keinem Menschen begreiflich zu machen, wann Radfahrer auf der linken Straßenseite fahren sollen, dürfen oder müssen — mal ganz davon abgesehen, dass ich diese Art der „Ende“-Beschilderung nicht für so ganz rechtssicher halte; fürs Amtsgericht mag’s noch genügen, aber in der Theorie sind diese Beschilderungen nach meinem Dafürhalten nicht vorgesehen.

    Oder hier, was soll denn das werden? Die Beamten sprechen mit Lkw-Fahrern über den Toten Winkel und am Ende landet dann ein Aufkleber an der Beifahrerseite. Wo kann ich mehr über das Engagement erfahren, mit dem Lkw-Fahrer auf die innerörtlich vorgeschriebene Schrittgeschwindigkeit beim Abbiegen hingewiesen werden? Wo gehen Polizei und Verwaltung gegen großzügige Kurvenradien vor, die zum schnellen Abbiegen einladen? Wo werden Ampelschaltungen entschärft, wo Abbiegeassistenten gefordert, wo bleibt der prophylaktische Umbau von gefährlichen Stellen im Straßenverkehr?

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    In Lüneburg machten die Beamten am gestrigen Mittwoch rechtzeitig kehrt, bevor sie dieses DHL-Lieferfahrzeug beim Fahren auf dem benutzungspflichtigen Radweg entgegen der Fahrtrichtung beobachten konnten. Soweit ich es erkennen konnte, wurden aber wiederum eine Kreuzung weiter Radfahrer verwarnt, die ordnungswidrig auf dem Gehweg unterwegs waren.

    Die eigentliche Lieferzone befindet sich hier, wo schon das andere Fahrzeug parkt:

    Und das finde ich so eindrucksvoll: Einerseits soll ich mich mit dem Rad haargenau im Sinne der Straßenverkehrs-Ordnung verhalten. Andererseits soll ich aber meine Rücksicht ins teilweise Groteske überanspruchen, indem ich hier freundlich absteige und schiebe, damit das DHL-Fahrzeug auf dem Radweg bis vor die Tür fahren kann, anstatt von der Ladezone mit der Sackkarre loszuziehen, damit DHL ein paar mehr Sendungen pro Mitarbeiter ausliefern kann und Geld spart. Irgendwo muss er ja parken, wo soll er denn sonst halten, er hat ja auch dein Paket dabei, nech?

    Und mein Eindruck von dieser ganzen Aktion geht eher in die Richtung, dass es gar nicht so sehr um die Sicherheit radfahrender Verkehrsteilnehmer geht. Natürlich hält man Radlinge davon ab, eine rote Ampel zu ignorieren wenn man die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass es dafür 60 Euro und einen Punkt in Flensburg gibt, ja. Aber man schützt Radfahrer nicht mit Kontrollen in Fußgängerzonen, so ärgerlich Radfahrer in Fußgängerzonen auch sein mögen, und nicht mit kostenlosen Klingeln, weil Klingeln in solchen Situationen absolut nichts bringen. Ich behaupte mal frech: Am meisten wäre wenigstens in Lüneburg für den Radverkehr getan worden, wären konsequent alle Falschparker im Bereich der Innenstadt angesprochen und im Zweifelsfall abgeschleppt worden.

    Hätte man noch weiteren Bedarf an Verbesserungen für den Radverkehr entdeckt, dann hätte es an beinahe jeder Kreuzung in dieser Stadt die Möglichkeit gegeben, etwas zu verbessern. Angefangen bei albernen Bettelampeln, wenn ich entlang einer Hauptverkehrsstraße geradeaus fahren möchte, bis hin zu teilweise absurden und brandgefährlichen Zweirichtungsradwegen mit seltsamen Radverkehrsführungen über Kreuzungen, bei denen die Wahrscheinlichkeit eines Unfalls unnötig steigt. Ich wohne seit zehn Wochen in dieser Stadt und entdeckte bei jeder Tour neue Unwahrscheinlichkeiten, die mitunter selbst die absurdesten Ecken Hamburgs im Handumdrehen in den Schatten stellen.

    Ja, ich bin überzeugt, damit hätte man dem Radverkehr einen großen Gefallen getan. Aber so bleibt wieder das Bild in der Gesellschaft hängen, dass sich Radfahrer quasi so gut wie nie an die heiligen Verkehrsregeln halten und eigentlich irgendwie selbst schuld sind, wenn etwas passiert.

    Insofern hatte vielleicht dieses Plakat die größte Wirkung:

    … oder vielleicht auch nicht — denn einerseits hängt es dort, wo sowieso kein Radling fahren darf, andererseits…

    … zeigen die obligatorischen Drunterkommentare, dass seitens der Kraftfahrer-Fraktion nicht mit Verständnis zu rechnen ist. Rache ist Blutwurst, sagt man nicht so?

    Manchmal nimmt das ja schon komische Formen an: https://www.facebook.com/GeheimtippHamb…361415607294263

    Geht’s eigentlich wirklich noch um Verkehrssicherheit oder soll hier nur dem unmotorisierten Verkehr möglichst viel Verständnis für die Situation abgerungen werden, so dass quasi nicht mehr aufgemuckt wird? Dass ich mich hier lächelnd irgendwelchen Kreuzungen nähern soll, die von den Behörden wider besseren Wissens für nichtmotorisierte Verkehrsteilnehmer gefährlich gebaut wurden, damit die Leistungsfähigkeit des Kraftverkehrs und möglichst viele Parkplätze erhalten bleiben, empfinde ich als nicht sinnvoll.

    Wenn es (so, wie es derzeit angedacht ist) die gleichen Rechte, wie für geimpfte auch für negativ getestete gibt hätte ich da kein Problem mit. Vor den Schnellteststationen sind ja jetzt auch in der Regel nicht die riesigen Schlangen und das ganze geht recht zügig. Dann geh ich halt kurz testen, bevor ich ins Restaurant gehe.

    Von so etwas wie der Ausgangssperre oder den Kontaktbeschränkungen (und ich wette mal: künftig auch von der Maskenpflicht) kann man sich aber nur mit einer Impfung „freikaufen“. Einzelne Bundesländer sehen auch schon einige exklusive Vorteile vor, so dürfen etwa vollständig Geimpfte in Mecklenburg-Vorpommern ihre Zweitwohnung besuchen oder Tagesausflüge unternehmen.

    Und alles wäre für mich auch ganz okay, wenn ich denn zeitnah irgendeine Möglichkeit auf eine Impfung hätte. Stattdessen werden aber die Impfzentren erstmal geschlossen und ich soll mich beim Hausarzt hinten anstellen.

    Nun gut, man soll links vorbeifahren. Das ist der Einbahnstraße geschuldet, von der diese Einfahrt abzweigt.

    Fußgänger sind auch verboten.

    7,5 t und 10 km/h sind aber auch tabu? :/

    Es ist nun bald sechs Wochen her, dass meine Frau ihre 1. Impfung gegen das Corona-Virus bekam. Das war gleichzeitig der Zeitpunkt, zu dem meine Unzufriedenheit mit der Pandemiebekämpfung in eine ganz neue Dimension eintrat.

    Denn zu den vielen widersprüchlichen Nachrichten über den Verlauf der Pandemie, die Bekämpfung mittels diverser so genannter Notbremsen und Vor- und Rückschlägen höre ich mir quasi jeden Tag neue Informationen über die Impfkampagne an; das ging los mit dem Desaster mit AstraZeneca, das dann irgendwie doch keins war.

    Jedenfalls war mir am Tag, an dem ich meine Frau zur Impfung begleitet hatte, um eventuelle Nebenwirkungen auffangen zu können, plötzlich klar, dass ich selbst lange Zeit weder in den Genuss einer Impfung noch einen Begriff der Normalität gelangen sollte. Mir war damals freilich noch nicht klar, wie lange dieser Zustand noch andauern sollte oder noch andauern wird.

    Denn obwohl mitterweile jeden Tag neue Rekordzahlen vermeldet werden und offenbar über eine Million Menschen pro Tag geimpft werden, sind wir bundesweit bei noch nicht einmal acht Prozent der Bevölkerung angekommen, die bereits ihre zweite Dosis erhalten haben. Während in Schleswig-Holstein seit gestern Gruppe 3 geimpft werden soll, warten meine über 70 Jahre alten Eltern immer noch auf einen Termin im Impfzentrum. Ein Bekannter in der gleichen Altersgruppe hatte dann einen Termin beim Hausarzt bekommen, der dann aber am Tag vor der eigentlichen Impfung wieder abgesagt wurde: Die Hausarztpraxis hatte statt 20 Impfdosen für eine Woche nur fünf bekommen. Schade.

    Trotzdem soll, je nachdem, wer gerade auf der Bundespressekonferenz spricht, allen erwachsenen Bürgern bis Ende Juni ein Impfangebot unterbreitet werden sollen, vielleicht auch bis Ende Juli, vielleicht auch bis zum Herbst oder wenigstens noch in diesem Jahr, die Angaben variieren nach meiner Beobachtung sehr; aber man ist sich offenbar einig, dass im Laufe des Juni die Impfpriorisierung aufgehoben werden soll.

    Und weil es ja offenkundig so gut läuft, sollen wenigstens in Schleswig-Holstein und Niedersachsen, offenbar auch in Hamburg und anderen Bundesländern die relativ teuren Impfzentren wieder geschlossen werden, weil die Impfkampagne über die Hausärzte besser organisiert werden könne. Denn Hausärzte, so las ich zu meinem großen Erstaunen in diversen Lokalzeitungen, kennen ihre Patienten ja supergut und könnten selbst eine Reihenfolge zur Impfung erarbeiten, so dass alle Erwachsenen, die ein Interesse an einer Impfung hätten, so schnell wie möglich versorgt werden könnten.

    Nun stehe ich vor dem Problem, dass wir vor knapp zwei Monaten nach Lüneburg umgezogen sind und ich noch gar keinen Hausarzt habe. Meinen letzten „richtigen“ Hausarzt hatte ich 2009 in Büdelsdorf. Seitdem bin ich mehrmals umgezogen, erst nach Wedel, dann nach Hamburg, dann nach Kiel, nun nach Lüneburg, und in dieser Zeit hatte ich zwei Ärzte, bei denen ich jeweils drei oder vier Mal war, wenn ich wegen Fieber dann doch nicht zur Arbeit fahren konnte und den berühmten gelben Schein brauchte. Das waren aber keine Hausärzte im eigentlichen Sinne.

    Nun brauche ich hier in Lüneburg einen neuen Hausarzt. Leider gesagt als getan, denn diesem Gedankengang sind in der jüngeren Zeit eine ganze Menge Menschen in meinem Alter gefolgt, so dass die meisten Ärzte entweder lange Wartelisten führen oder überhaupt gar keine Patienten mehr aufnehmen oder schon gar nicht mehr ans Telefon gehen, sondern nur per Bandansage deutlich machen, dass man bitte von Nachfragen zur Corona-Impfung Abstand nehmen möge. Aus meinem Umfeld höre ich, dass viele Menschen in meiner Situation und in meiner Altersgruppe vor ähnlichen Problemen stehen: Woher soll denn eine Generation, von der hinsichtlich des Arbeitsplatzes eine maximale Flexibilität gefordert wird, die vermutlich öfter umzieht als die meisten früheren Generationen, einen Hausarzt zaubern? Andere wiederum berichten genervt, dass ihr Hausarzt zwar an der Impfkampagne teilnimmt, aber Menschen ohne Vorerkrankungen um die 30 Jahre wohl erst im neuen Jahr an der Reihe wären.

    Wie auch immer: Ich sehe beim besten Willen nicht, dass ich in diesem Sommer geimpft werde.

    Und das ist einerseits vollkommen okay: Ich bin einigermaßen gesund, ich habe keine nennenswerten Vorerkrankungen, nur der Rücken kracht halt manchmal etwas doll, aber was soll’s. Ich hätte wohl statistisch gesehen gute Chancen, eine Covid-19-Erkrankungen ohne Intensivstation zu überleben, und was anschließend mit dem so genannten LongCovid wäre, naja, dann seh ich’s sportlich, dann brauche ich immerhin kein Geld für ein neues Rennrad ausgeben. Aber: Ich kann als Software-Entwickler ohne Kundenkontakt theoretisch den Rest meines Lebens von zu Hause arbeiten, ich habe keine Kinder, ich muss niemanden pflegen, ich pflege nicht einmal besonders viele soziale Kontakte, insofern bin ich tatsächlich einer der letzten Menschen auf diesem Planeten, die auf eine Impfung angewiesen wären.

    Ich sehe drum auch noch nicht einmal irgendwelche Chancen, über einen Betriebsarzt geimpft zu werden — oder ich formuliere es mal andersherum: Bevor der Betriebsarzt mich impft, sind erst noch mal eine ganze Menge anderer Betriebe an der Reihe, etwa Arbeiter in Fabriken oder Angestellte im Einzelhandel oder vor allem Eltern, die über ihre Kinder Zugang zu einer mannigfaltigen Fülle an Viren erhalten.

    Und das ist vollkommen okay: Viele Menschen wären wohl sogar neidisch auf meine Möglichkeit, der Pandemie einfach aus dem Weg zu gehen, ohne dass ich mich besonders einschränken oder über Gebühr fürchten könnte. An meiner theoretisch maximalstmöglichen Gelassenheit merke ich erst, wie privilegiert ich in dieser Pandemie eigentlich bin, dass ich mir um nichts Sorgen machen muss, weder um meine Gesundheit noch um meinen Arbeitsplatz.

    Ich habe nur ein großes Problem damit, in welchem Tempo jetzt Lockerungen und Freiheiten für geimpfte Menschen etabliert werden sollen. Einerseits weil ich tief in mir drin auch gerne zu dieser Gruppe gehören möchte, andererseits, weil ich noch immer nicht einschätzen kann, was das für mich bedeuten.

    Denn natürlich kann ich verstehen, dass jegliche Einschränkungen für geimpfte Personen aufgehoben werden müssen. Wenn jemand nicht mehr ansteckend ist, warum sollte er nicht ins Restaurant, ins Kino oder in ein Hotel gehen, warum sollte er noch eine Maske tragen, Abstand halten? Aber was ich nicht so richtig einschätzen kann: Sind geimpfte Menschen denn tatsächlich für andere gänzlich ungefährlich? Darüber höre ich auch ungefähr alle zwei Tage andere Erkenntnisse. Bislang ist zwar noch nicht die Rede davon, dass auch die Maskenpflicht nicht mehr gelten soll, aber angesichts der Flexibilität, mit der die Politik in der Vergangenheit den Begehrlichkeiten aus der Wirtschaft stattgegeben hat, mag ich ja nicht glauben, dass die Maskenpflicht diesen Monat noch überlebt.

    Nun habe ich eigentlich gar kein großes Interesse an Urlaubsreisen, aber hin und wieder mal ins Restaurant oder ins Kino gehen wäre schön schon. Nun gut, das muss Lisa-Marie dann eben alleine machen. Ich wäre schon zufrieden, wenn ich auch in diesem Sommer hin und wieder mal eine Radtour unternehmen kann, durch die rauschenden Wälder Niedersachsens und an der Elbe entlang kurbeln kann. Einfach mal hin und wieder raus, den Sommer genießen, und allen anderen Menschen aus dem Weg gehen.

    Denn wenn wir mit fortschreitender Impfung und aufgehobenen Kontaktbeschränkungen dafür sorgen, dass die Pandemie dann nur noch unter den 75 oder 50 oder 25 Prozent der ungeimpften Bevölkerung köchelt und kursiert, dann sehe ich ja doch gewisse Nachteile für mich: Dann weiß ich nämlich nicht, ob ich unbedingt bei einer Radtour beim Warten an einer roten Ampel anderen Menschen ohne Maske nahe kommen möchte. Dann weiß ich auch nicht, ob ich unbedingt einkaufen gehen will, wo ich dann dutzenden Menschen ohne Maske und ohne Abstand begegnen muss.

    Und irgendwie sehe ich schlussendlich das Problem, dass wir hier ganz schön viel Hoffnung in einen normalen Sommer unter normalen Bedingungen schüren, ein nicht unwesentlicher Teil der Bevölkerung diesen Sommer aber vom Balkon oder durch geschlossene Fenster genießen muss, weil das mit den Impfungen halt doch nicht so geil läuft.

    Und ich mache mir ordentliche Sorgen, ob unsere Gesellschaft es aushalten wird, wenn die einen wieder unbeschwert am gesellschaftlichen Leben teilnehmen dürfen, die anderen sich aber ein weiteres Jahr in Solidarität üben dürfen, die von den bereits geimpften Menschen nur sehr bedingt erwidert wird.

    Manchmal bin ich ein bisschen erstaunt, wofür Imagekampagnen Geld ausgeben. Beispielsweise für eine „lächelnde Kreuzung“ und überdies noch für die Werbeanzeigen dazu.

    Und ich bin verwundert über die Idee, dass ich als Radfahrer rechtsabbiegende Kraftfahrer anlächeln soll. Dieser Blickkontakt, sofern er denn stattfindet, dauert in der Regel nicht mal eine ganze Sekunde, wie soll ich denn da noch die üblichen Freundlichkeiten kommunizieren?

    Bei einigen Kleinen Anfragen schimmert gar allzu deutlich das Vorhaben raus, dort irgendeinen empörte Zeitungsartikel draus stricken zu wollen: Verkehrsteilnehmer als Versuchskaninchen – Was genau hatte es mit dem Verkehrsversuch einer Verkehrs-Lobbygruppe an der Ecke Alster- glacis-Alsterufer-Kennedybrücke am 17. April auf sich? Und: Können/ dürfen so was auch andere Interessengruppen?

    Allerdings bin ich geneigt zu mutmaßen: Wenn sich die CDU so richtig ärgert, dann hat der ADFC wohl alles richtig gemacht.

    Bei den Bildern einiger Unfälle ist es geradezu absurd, dass das Opfer zwar als Kind beschrieben wird, der Täter aber hinter der Anonymität der Windschutzscheibe verborgen bleibt: Auto erfasst Kind auf dem Fahrrad

    Ich vertrete ja die These, dass sich mancher Kraftfahrer noch einmal Gedanken über seinen Fahrstil machte, wenn es nicht immer noch „das Auto“ oder „der Volkswagen“ war, der einen Unfall verursacht hat, sondern mal ganz konkret und direkt beschrieben wird, dass da ein Mensch am Lenkrad saß und das Schicksal eines anderen Menschen beeinflusst hat.