Eigentlich ein bisschen spät, aber besser spät als nie:
Den Termin hatte ich hier ja schon eingestellt

Malte
Eigentlich ein bisschen spät, aber besser spät als nie:
Den Termin hatte ich hier ja schon eingestellt
Aber das hält die Polizei ja leider nicht davon ab, regelmäßig die mangelnde Regelkenntnis der lieben Radfahrer zu beklagen.
Angesichts des Fotos, mit dem der verlinkte Artikel betitelt wird, muss ich noch mal nachlegen. Die Nebenstraße des Theodor-Heuss-Ring, auf dem gerade zwei Geisterradler gestellt wurden, sieht etwa 650 Meter weiter in Richtung Osten so aus:
Das ist natürlich wieder die reine Geilheit. Zeichen 259 und Zeichen 254 sperren die Straße für Radfahrer und Fußgänger — ein modifiziertes Zeichen 260 war wohl nicht zur Hand? Danach folgt Zeichen 205, was im normalen Betrieb natürlich total super ist: Radfahrer haben an dieser Stelle keine Vorfahrt gegenüber abbiegenden Kraftfahrern, aber für Fußgänger gilt Zeichen 205 natürlich nicht, so dass ebenjene abbiegende Kraftfahrer geradeaus laufende Fußgänger im Sinne von § 9 Abs. 3 StVO durchlassen muss. Anschließend folgt Zeichen 240 mit „Mofas frei“. Toll. Warum kann man nicht wenigstens die Benutzungspflicht auskreuzen? Man beachte auch die gleiche Kombination weiter hinten, die den gemeinsamen Fuß- und Radweg sperrt für den Fall, dass jemand sich von hinten rechts auf die Straße mogeln möchte.
Es gibt eine Umleitung, deren Schilder seltsamerweise mit grüner Schrift auf weißer Tafel gedruckt wurden — normalerweise geben sich Umleitungsschilder bereits mit einem beiläufigen Blick aufgrund ihrer gelb-schwarzen Farbgebung zu erkennen.
Wir bewegen uns rückwärts und sehen dort schon mal eine Vorwarnung vor der folgenden Sperrung. Auch wenn die Kombination aus Zeichen 240, 254 und 259 verwirrt, wurde immerhin an nichtmotorisierte Verkehrsteilnehmer gedacht.
Das „Umleitungsschild“ weist uns auf die linke Straßenseite. Dort sieht es dann so aus:
Der Radweg ist einigermaßen breit, auch wenn ich die einschlägigen Verwaltungsvorschriften nicht als erfüllt ansehe. Aber das ist halt wieder das Ding: Hier und da und dort soll man Bitteschön mit dem Rad auf der falschen Straßenseite fahren, aber an anderen Stellen dann doch wieder nicht. Immerhin ist an dieser Umleitung der Sachverhalt einigermaßen klar.
Und die Straßenverkehrsbehörde so: Hold my Regelplan.
Denn wenn eine Arbeitsstelle so lange eine Strecke blockiert, dass die Umleitungsschilder und Absperrgitter sogar einbetoniert werden, dann kann es in diesem jahrelangen Zeitraum nunmal auch passieren, dass mal hier und da eine Arbeitsstelle dazwischen gerät. Und dann sieht die lange geplante Umleitung plötzlich so aus:
Und so exakt ein halbes Jahr später:
Vielleicht geht man auch an dieser Stelle davon aus, dass sich der Radverkehr schon irgendwie seinen Weg suchen wird und eine geeignete Umleitung für die gesperrte Strecke findet, die sich ohne wesentliche Ordnungswidrigkeiten bestreiten lässt. Vielleicht war’s auch einfach mal wieder egal, weil mal wieder alles egal war, aber wenigstens die erste Umleitung kann so egal ja nicht gewesen sein, da hat sich ja schließlich jemand die Mühe gemacht, die Schilder ordentlich einzubetonieren.
Aber wenn Rad- und Fußverkehr auch in einer Stadt im Klimanotstand ständig unter den Tisch fallen, dann sollten wir uns vielleicht nicht wundern, wenn sich der Radverkehr, wie im eingangs erwähnten Artikel der Kieler Nachrichten bemängelt, tatsächlich seinen Weg sucht. Den Theodor-Heuss-Ring, der hier teilweise als Hochstraße auf einer Art Damm verläuft, kann man tatsächlich nur an einer recht übersichtlichen Anzahl Kreuzungen queren. Man fährt also entweder brav vom Baumarkt oder Supermarkt erstmal eine ganze Weile in der vorgeschriebenen Fahrtrichtung, um dann an einer geeigneten Kreuzung mit schlecht aufeinander abgestimmten Ampelphasen für nichtmotorisierte Verkehrsteilnehmer zu wenden — oder man fährt einfach auf der falschen Seite.
So wie es ja stellenweise auch angeordnet ist.
Auf der Alten Levensauer Hochbrücke, der westlichsten der drei Kieler Brücken über den Nord-Ostsee-Kanal, sollen Radfahrer auf der Fahrbahn fahren. Das ist angesichts der nicht zu unterschätzenden Steigung auf 45 Meter Höhe und den ungeduldigen Kraftfahrern natürlich nicht jedermanns Sache und sieht im Norden so aus:
Natürlich ist das wieder unsinnig, weil Zeichen 239 einen Gehweg ausweist, das selbstgebastelte Zusatzschild „Radfahrer Fahrbahn benutzen“ ist ohnehin ungültig und Zeichen 254 sperrt dann netterweise den gesamten Straßenquerschnitt für den Radverkehr. Ab hier ist also absteigen und schieben angesagt — natürlich auf der Fahrbahn, denn auf dem folgenden engen Gehweg gilt natürlich § 25 Abs. 2 StVO: Wir führen ein Fahrzeug und behinderten damit Fußgänger auf dem engen Gehweg. Der sieht übrigens so aus:
Auf der Fahrbahn gibt es einen undefinierten Straßenteil, der von Zeichen 295 abgegrenzt wird, aber es handelt sich offenkundig weder um einen Seitenstreifen noch um einen Radfahrstreifen oder gar einen Schutzstreifen. Dennoch besteht hier eine soziale Benutzungspflicht, die vom in gleicher Richtung rollenden Kraftverkehr überprüft und durchgesetzt wird.
Dieser Was-auch-immer-Streifen endet relativ unvermittelt, Radfahrer haben hier die Wahl zwischen Fahrbahn und Schutzplanke:
Im weiteren Verlauf der Brücke kommt man an solchen Späßen vorbei:
Keine Ahnung, was dieses Zeichen 240 bedeuten soll. Auf den Gehweg hochkraxeln kann man mit dem Rad in Ermangelung einer geeigneten Auffahrmöglichkeit sowieso nicht und bei dem Tempo, das man hier eventuell bergab erreicht, verbieten sich solche Späße ohnehin. Ich dachte erst, das Schild gelte vielleicht für den Weg, der hier rechts herunter führt, aber der hat schon ein eigenes Zeichen 240:
Kurz nach dem Zeichen 240 kommt dann das hier: „¡Radfahrer dürfen Fahrbahn benutzen!“
Und kurz nach diesem superinformativen Schild wartet die nächste Radwegbenutzungspflicht, die vermutlich dieses Mal sogar ernst gemeint ist:
Aus Süden kommend, also in der Gegenrichtung, ist das ähnlich geil gelöst — die linksseitige Radwegbenutzungspflicht endet unvermittelt vor Zeichen 239, aber hier darf der Radverkehr dann selbst sehen, wie er gefahrlos und im Sinne der Straßenverkehrs-Ordnung zurück auf die Fahrbahn kommt:
Aber das hält die Polizei ja leider nicht davon ab, regelmäßig die mangelnde Regelkenntnis der lieben Radfahrer zu beklagen.
Die Bevölkerung ist ja angehalten, in der Öffentlichkeit einen Abstand von anderthalb Metern zu anderen Menschen einzuhalten. Je nach Bundesland klingt die Regelung unterschiedlich, in Schleswig-Holstein beispielsweise so:
9. Der Aufenthalt im öffentlichen Raum ist nur alleine, mit einer weiteren nicht im Haushalt lebenden Person oder im Kreis der Angehörigen des eigenen Hausstands gestattet. Dabei sind die Kontakte zu anderen Personen auf ein absolut notwendiges Minimum zu reduzieren und, wo immer möglich, ein Mindestabstand von mindestens 1,5 m einzuhalten.
Das ist beim Spaziergehen schon spannend, weil man ja hin und wieder mal jemandem entgegen kommt. Gut, dann weicht man halt aus. Joggen ist noch viel schwieriger, weil man auch andere Fußgänger überholen muss. Das ist auf solchen Wegen schon einigermaßen schwierig:
Und jetzt schauen wir uns mal die üblichen Kieler Straßen und Gehwege an, beziehungsweise das, was abzüglich des Gehwegparkens von den Gehwegen noch übrig ist. Wie soll man dort überhaupt irgendeinen Abstand einhalten, wenn man sich stellenweise als Fußgänger nur seitwärts mit dem Rücken zur Wand bewegen kann?
Die VwV-StVO meint zu Zeichen 315:
ZitatDas Parken auf Gehwegen darf nur zugelassen werden, wenn genügend Platz für den unbehinderten Verkehr von Fußgängern gegebenenfalls mit Kinderwagen oder Rollstuhlfahrern auch im Begegnungsverkehr bleibt, die Gehwege und die darunter liegenden Leitungen durch die parkenden Fahrzeuge nicht beschädigt werden können und der Zugang zu Leitungen nicht beeinträchtigt werden kann.
Diese Vorschriften sehe ich hier in Kiel an keiner Stelle als erfüllt an, denn es müssten abzüglich des parkenden Kraftfahrzeuges mindestens zwei, vielleicht sogar eher 2,5 Meter Platz bleiben. In solchen Bereichen könnten sich auch wieder Fußgänger mit entsprechendem Abstand begegnen, auch wenn man sich ordentlich an die Seiten drücken müsste:
Und Notwege in Arbeitsstellen… naja, ich glaube, die Sache ist hoffnungslos. Man muss ja schon froh sein, wenn die Absperrelemente wenigstens einigermaßen standsicher aufgestellt werden und nicht noch die hohle Gasse verschmälern, weil sie beim nächstbesten Windstoß umgeworfen werden.
Nun blicke ich tatsächlich nicht so ganz durch:
Auf Gehwegen kann grundsätzlich kein nennenswerter Abstand von anderthalb Metern eingehalten werden, schon gar nicht in Gegenwart ordnungswidrig oder ordnungsgemäß auf dem Gehweg abgestellter Kraftfahrzeuge. Ich bin mir nicht sicher, was in diesem Spannungsfeld zwischen Straßenverkehrs-Ordnung, den Verwaltungsvorschriften zur Straßenverkehrs-Ordnung und den ganzen Allgemeinverfügungen und Infektionsschutzgesetzen schwerer wiegt, aber wäre das jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, um derartige Gehwegparkereien abstellen zu lassen?
Wir betreiben hier gerade einen immensen Aufwand zur Eindämmung von SARS-CoV-2 mit Kontaktverboten und allem drum und dran, aber dass man sich als Fußgänger kaum mit ordentlichem Abstand durch die Stadt bewegen kann, wird offenbar einfach hingenommen?
Vor zwei Tagen wurde der Hamburger Oberbürgermeister Peter Tschentscher bei einem Chat von NDR 90,3 zu dem Thema befragt und gab sich bewusst sozialdemokratisch: Dem Kraftfahrer dürfe kein Platz weggenommen werden, man könne ja auch mal warten:
Das scheint allerdings keine Hamburger oder Kieler Spezialität zu sein, auch in anderen Städten tut man sich naturgemäß schwer, nichtmotorisierten Verkehrsteilnehmern etwas mehr Platz anzudienen:
Sorry, aber das geschah doch bereits mit Amtsantritt von dem. Ob es einem paßt oder eher auch nicht, die Führung der freien Welt hat derzeit Merkel übernommen.
Naja, klar, aber man merkt den Zerfall der bisherigen Weltordnung, so man sie denn so nennen möchte, momentan in einem rasenden Tempo voranschreiten. Ich find’s immer wieder gruselig.
Und Merkel? Ich weiß gar nicht, wann ich sie vor ihrer Ansprache letzte Woche überhaupt noch wahrgenommen habe. Nach meinem Gefühl ist sie vollkommen von der Bildfläche verschwunden, was natürlich auch daran liegen mag, dass ich keinen direkten Blick aufs politische Parkett habe, sondern alles nur durch die Filter der Nachrichten wahrnehme.
Das Bundesverkehrsministerium feiert sich bereits für die neuen Regelungen der Änderungsverordnung. Ich halte die drei Komperative in der Überschrift für ziemlich übertrieben, aber beim Bundeskraftverkehrsministerium sieht man sich wohl in der Position, langsam mal für gute Nachrichten zu sorgen: Wir machen den Straßenverkehr noch sicherer, klimafreundlicher und gerechter
Es ist ja wirklich irre, in welchem Tempo unsere bisherige Welt in tausend Teile zerfällt: Streit über "Wuhan-Virus"
Marcus Grahnert hat Unterlagen des F 55 „Blauer Enzian“ aufgetrieben, der im Sommer 1962 nachmittags von München nach Hamburg-Altona fuhr — in Hamburg Hbf bestand Anschluss an einen D-Zug nach über Kopenhagen bis Oslo:
Die Züge fuhren damals noch von Großenbrode-Kai bis Gedser. Von der Bahnstrecke Gedser–Nykobing F ist nur noch ein rostiges Gleis und ein Eisenbahnmuseum übrig. Früher fand hier reger Eisenbahnverkehr nach Rostock und Großenbrode statt.
Seit gestern Abend gilt in Deutschland ein „umfangreiches Kontaktverbot“: Bund und Länder verständigen sich auf umfangreiches Kontaktverbot
Ich vermag als Laie natürlich nicht zu beurteilen, ob diese Maßnahmen zur Eindämmung der Verbreitung von SARS-CoV-2 sinnvoll sind und im Endeffekt Leben retten oder nicht.
Was mir aber ziemlich klar ist: Diese Maßnahmen werden nicht wie versprochen in zwei Wochen wieder aufgehoben. Das wird nach meiner laienhaften Einschätzung schon daran scheitern, dass sich Erfolge im Kampf gegen SARS-CoV-2 sich nicht so schnell einstellen werden. Dumm nur: Was passiert, wenn wir uns daran gewöhnen? Der soziale Druck, auf seine eigenen Rechte zu verzichten, noch nicht einmal die Möglichkeit zum Joggen oder zur sportlichen Betätigung draußen wahrzunehmen, ist immens.
Und es wäre natürlich schön, hätte ich ein etwas größeres Vertrauen in unsere Polizei, die ich beispielsweise in Hamburg als sehr einseitig an den Befindlichkeiten von Menschen interessiert erlebt habe, die nicht mit dem Auto unterwegs sind und die mir schon zwei Mal versucht haben, einfach so eine Ordnungswidrigkeitenanzeige reinzudrücken und mit halbgaren Unfallaufnahmen dafür sorgten, dass ich jedes Mal unnötigen Ärger mit der gegnerischen Versicherung hatte, um dann diese lustige Rotlichtkontrolle durchzuziehen. Ich habe die Polizei in den letzten Jahren eher als Gegner wahrgenommen, obwohl ich nie auf einer linken Demonstration Mollis geschmissen oder gar irgendwelche Straftaten begangen habe. Die wenigen positiven Ausnahmen war jeden Monat die Begleitung diverser Critical-Mass-Touren seitens der Polizei, die in der Regel sogar einigermaßen freundschaftlich ablief.
Aber nach meinem Gefühl her ist es äußerst ungünstig, jetzt plötzlich eine Ausweispflicht zu haben, die von der Polizei durchgesetzt wird:
Da die Stadt Kiel aber nach einer relativ ausführlichen Mail zu Beginn des Jahres nicht mehr auf meine Beschwerden reagiert, nehme ich zur Kenntnis, dass man dort wohl andere Sorgen hat.
Vielleicht Falschparker? Naja:
Mittlerweile wundert sich auch manch anderer über die fröhliche Falschparkerei in der Andreas-Gayk-Straße. Das ist eigentlich umso absurder, als dass der Kommunale Ordnungsdienst sein Bureau eigentlich auf der anderen Seite der rechts zu sehenden Häuserzeile bewohnt. Nun ist mir klar, dass man mit einer überschaubaren Anzahl von Mitarbeitern im Schichtbetrieb nicht eine ganze Stadt abdecken und außerdem noch vor der eigenen Haustür vor Ordnung sorgen kann, aber das quasi im Vorgarten des Kommunalen Ordnungsdienstes ein solcher Falschparker-Hotspot entstanden ist, das ist wirklich ein bisschen peinlich:
Zu tun gäbe es eigentlich genug dadurch, dass einerseits ständig auf dem linken Fahrstreifen und auf dem rechten Radfahrstreifen geparkt wird:
Aber vielleicht muss man diese regelmäßigen Gefährdungen einfach hinnehmen. Naja.
Gestern trugen sich „gleich zwei Unfälle in Hamburg“ zu:
Die CSU in München hat quasi alles versucht. Wahlplakate aufgehängt, die von der Beseitigung einer Fahrspur durch Rot-Grün künden, Einwurfbriefe warnten vor der ultimativen Parkplatzzerstörung, man gründete eine Bürgerinitiative für Erhalt der Parkplätze, man verteilte als Strafzettel getarnte Wahlwerbung, warnte vor der „völligen Zerstörung und Umpflügung von 40 Straßen“, wollte aber eigentlich doch wirklich nicht mehr als ein „faires Verkehrskonzept“. Die Münchener Abendzeitung mischte kräftig mit und bemängelte, dass die Grünen in mehr als acht großen Straßen feste Blitzer gegen Raser installieren wollten, während der gebührenfinanzierte Bayerische Rundfunk die Debatte zum Glaubenskampf um Platz auf Straße erhob und Focus Online die Debatte in Fahrrad-Mekka oder Auto-Paradies einteilte.
Im Endeffekt hat die CSU zwar viel versucht, aber nicht so ganz viel erreichen können:
29,1 % für die GRÜNEN, 24,7 % für die CSU, 22,0 % für die SPD, der ganze Rest mit FREIE WÄHLER, AfD, DIE LINKE, FDP und ÖDP hat es maximal auf 4 % gebracht. Letzteres reicht dann trotzdem für drei Sitze im Stadtrat, aber viel zu melden hat man da nicht mehr.
Die Karte zum Bezirksauschuss ist auch ziemlich grün.
Die Süddeutsche Zeitung schreibt dazu: Mehr abwählen geht kaum, die CSU meint in der Abendzeitung hingegen: "Haben die richtigen Themen gesetzt"
Was ist eigentlich, wenn die Welt vor einer Wirtschaftskrise noch nie dagewesenen Ausmaßes steht?
Im Freistaat Bayern gelten ab Mitternacht umfangreiche Ausgangsbeschränkungen: Bayern verhängt landesweite Ausgangsbeschränkungen
Hier ist die Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 20.03.2020, Az. Z6a-G8000-2020/122-98: Vorläufige Ausgangsbeschränkung anlässlich der Corona-Pandemie
Interessant sind unter anderem Punkt 4 und 5: Friseure dürfen nicht mehr besucht werden, aber Sport und Bewegung an der frischen Luft sind nur noch alleine oder mit Mitgliedern des eigenen Haushaltes erlaubt.
Die altehrwürdige Frankfurter Allgemeine freut sich, dass wir ja noch das Auto haben und in Zeiten wie diesen nicht in die verseuchte Sozialraupe steigen müssen: Gut, dass wir das Auto haben (€)
In Bogotá werden offenbar in rasender Geschwindigkeit Fahrstreifen in Radfahrstreifen umgewandelt, um Pendlern den Umstieg vom ÖPNV aufs Fahrrad zu erleichtern:
Mexico-Stadt macht das offenbar auch, soweit ich das übersetzen kann:
In Deutschland wird man natürlich auch tätig und verteilt den wertvollen Straßenraum um, die Stadt Düsseldorf gibt die Umweltspuren frei, weil ja jetzt alle wieder mit dem Auto fahren wollen. War ja klar. Der Fahrradverein ADFC fordert Fahrradspuren während der Coronakrise in Düsseldorf.
Eigentlich finden alle Radfahren in Zeiten wie diesen ganz toll:
Immerhin zählen mittlerweile auch Fahrradreparaturen zu jenen Dienstleistungen, die auch in der Coronakrise erbracht werden dürfen:
Außerdem:
Und als ich heute beim Einkaufen an einem geschlossenen Optiker vorbei kam, dachte ich noch "Was machen denn jetzt Brillenträger wie ich, wenn die Brille kaputt geht, ich sie aber zum Arbeiten im HomeOffice brauche?".
In Kiel hatten gestern mindestens zwei Optiker geöffnet. Es durften aber je nach Größe des Geschäfts nur ein oder zwei Kunden in den Laden, der Rest musste draußen im Regen warten.
Die Fahrradschleuse ist das hier:
Weil da in der Regel auf beiden Seiten der Holtenauer Straße jeweils zwei Kraftfahrzeuge drauf parken (Polizei: „Irgendwo müssen die Autofahrer ja parken!“), können Radfahrer nicht rechts nach vorne in die Schleuse fahren. Allerdings muss auch der vor der Ampel wartende Kraftverkehr noch ein Stück weiter nach links rücken, denn je nach Parkkünsten der Falschparker ist rechts ganz schön wenig Platz. Dadurch können aber entgegenkommende Radfahrer, die ja diese freigegebenen Einbahnstraßen in beiden Richtungen durchfahren dürfen, nicht mehr durch.
Hin und wieder parken dort auch Fahrzeuge des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. In solchen Fällen lohnt auch gar nicht die private Anfertigung einer Ordnungswidrigkeitenanzeige oder gar das Hinzuziehen der Ordnungsmacht, weil ich den Spaß mit meinen Rundfunkgebühren sowieso finanzieren werde.
Aber vielleicht bewahre ich die Fotos sicherheitshalber auf, bis der NDR mal wieder einen journalistisch wertvollen Beitrag über Kampfradler zurechtzimmert.
Weil hier mittlerweile spätestens ab dem späten Nachmittag geparkt wird (und in Zeiten wie diesen sowieso rund um die Uhr, weil der Kommunale Ordnungsdienst mutmaßlich mit der Kontrolle von Spielplätzen oder ordnungswidrig geöffneten Einzelhändlern beschäftigt ist), wird die Sache ernsthaft ärgerlich: Mit dem Rad darf man geradeausfahren, mit Kraftfahrzeugen nicht. Steht man also mit dem Rad nicht auf der Pole Position, fahren bei grünem Licht Kraftfahrzeuge von beiden Seiten in die Kreuzung ein und bekaspern sich erstmal, wer jetzt rechts und wer jetzt links abbiegen will. Und dann kommt man noch mit dem Rad daher und will eigentlich geradeaus. Das ist mittlerweile echt lästig, zumal man dann noch kluge Ratschläge bekommt, dass man ja auch absteigen und nebenan über die Fußgängerampel schieben könne.
Was mich momentan tatsächlich am meisten verwundert ist die plötzlich ungebrochene Bereitschaft der Bevölkerung, auf eigene Rechte und Freiheiten zugunsten der Bekämpfung des SARS-CoV-2 zu verzichten.
Mein Mobilfunk- und Internetanbieter gibt momentan Bewegungsdaten an das Robert-Koch-Institut weiter — natürlich ohne mich zu informieren, geschweigedenn zu fragen, aber natürlich ganz doll anonymisiert. Ich bin mir noch nicht einmal sicher, ob man für dieses Verfahren überhaupt anonyme Daten nutzen kann oder ob eigentlich eine Pseudonymisierung gemeint ist.
Natürlich ist das alles bloß für die gute Sache und soll Leben retten und niemand will mir etwas böses. Und trotzdem wundere ich mich, ob meine Daten nicht doch plötzlich in Rohform ganz ausversehen woanders bei einem Empfänger landen, der sich auch darüebr freut. Das muss ja gar nicht die hiesige Neonazi-Gang sein, die ein paar Linke verkloppen möchte, sondern vielleicht die Polizei? Irgendein Grund wird sich schon finden, um in Zeiten wie diesen Anspruch auf Positionsdaten der Menschen zu erheben, vielleicht der Schutz vor Plünderungen oder so.
Schon krass: Monatelang sind abertausende Menschen in verschiedenen Bundesländern auf die Straße gegangen, um gegen eine Verschärfung der Polizeigesetze zu demonstrieren, jetzt kassiert SARS-CoV-2 alles wieder ein und wir wünschen uns plötzlich eine Polizei, die so ziemlich alles kann und darf, um doch nur dieses Virus abzuwehren.
Sascha Lobo schreibt dazu im Spiegel: Wider die Vernunftpanik
René Schlott sieht beim WDR sogar die Demokratie durch Corona in Gefahr?
Und ich habe da auch ein ziemlich ungutes Gefühl.