Unfalltyp / Unfallart

  • Ich habe gestern aus dem Unfallatlas die Unfälle mit Rad-Beteiligung in Stade herausgezogen. Dabei sind mir Kombinationen von Unfalltyp und Unfallart aufgefallen, aus denen ich nicht so recht schlau werde. Wer kann helfen, was sich dahinter verbirgt?

    1. UArt "Zusammenstoß mit einbiegendem / kreuzendem Fahrzeug", UTyp "Fahrunfall", Unfallort: FGÜ eines Kreisverkehres mit [Zeichen 239][Zusatzzeichen 1022-10], keine Radwegfurten, hier: Google Maps

    Welchen Grund könnte es geben, dass dieser Unfall nicht als UTyp "Einbiegen / Kreuzen - Unfall" eingeordnet ist, sondern als "Fahrunfall"?

    2. Unfälle vom UTyp "Abbiegeunfall" werden entweder der UArt "Zusammenstoß mit seitlich in gleicher Richtung fahrendem Fahrzeug", oder "Zusammenstoß mit entgegenkommendem Fahrzeug" oder "Zusammenstoß mit einbiegendem / kreuzendem Fahrzeug" zugeordnet.

    Was ist der Unterschied? Bei den ersten beiden kann ich es mir noch vorstellen, dass das abbiegende Fahrzeug von hinten aus der selben Richtung oder von vorne entgegen kam. Aber wann ist ein Unfall ein "Zusammenstoß mit einbiegendem / kreuzendem Fahrzeug" nicht gleichzeitig der UTyp "Einbiegen / Kreuzen-Unfall", sondern "Abbiegeunfall"?

    3. Dann gibt es einen "Zusammenstoß mit seitlich in gleicher Richtung fahrendem Fahrzeug" mit UTyp "Fahrunfall". Außer Radverkehr niemand beteiligt, folglich ein Zusammenstoß zwischen zwei in der selben Richtung fahrenden Radfahrern. Warum ist das kein "Unfall im Längsverkehr"? hier: Google Maps Straßenseite unklar, auf beiden Seiten untermaßige [Zeichen 240], Richtung Nordwesten Gefälle, Gegenrichtung Steigung

  • Ich habe gestern aus dem Unfallatlas die Unfälle mit Rad-Beteiligung in Stade herausgezogen. Dabei sind mir Kombinationen von Unfalltyp und Unfallart aufgefallen, aus denen ich nicht so recht schlau werde. Wer kann helfen, was sich dahinter verbirgt?

    Beim Abgleich meiner Erfassung mit dem Unfallatlas habe ich auch schon mehrfach bemerkt, dass ein Unfall, bei dem der Radfahrer der Pressemitteilung zufolge offensichtlich vom Radweg aus in eine Seitenstraße nach links abbog, als Typ 6 (Unfall im Längsverkehr) und Art 2 (gerammt) bzw. 3 (seitlich gestreift) eingestuft wurde - mit der Konsequenz, dass so ein Unfall (zB von der UDV )als Beleg dafür verwendet werden kann, dass Radwege fehlen.

    In einer Studie über Rechtsabbiegerunfälle zwischen KFZ und Fahrrad hatten sich die Autoren darüber beklagt, dass ein beträchtlicher Teil der dreistellig geschlüsselten Unfalltypen eine "241" eingetragen hatte, obwohl diese Ziffer für geradeaus gehende Fußgänger zutrifft.

    IMO liegt das daran, dass die Instrumente der Schlüsselung von Unfallart und Unfalltyp in erster Linie für Autos gemacht und gedacht sind. Das Gleiche gilt auch für den amtlichen Unfallursachenkatalog, bei dem es für den Radverkehr die bekannten Probleme gibt, die Fahrrad-spezifischen Ursachen "Geisterradeln", "Gehwegradeln" und "Gehweggeisterradeln" in die vorhandenen Schubladen einzusortieren. Außerdem gehe ich davon aus, dass das richtige gewissenhafte Schlüsseln nicht unbedingt wichtigster Bestandteil der Ausbildung von Polizeibeamten ist, und dass dadurch je exotischer ein Unfall abläuft eine um so größere Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Beamte irgendeinen Unsinn schlüsselt.

    Am Ende bleibt dir wohl nur die Anfrage bei der Polizei, die anhand der Skizzen der Unfallaufnahme wahrscheinlich mehr sagen können. Erfahrungsgemäß sind die bei Rückfragen auch recht hilfsbereit.

    Für die Vorstellung, welch verschiedene Hergänge so alles in die sieben Unfalltypen fallen können, ist die Aufstellung der dreistelligen Typenschlüssel ganz hilfreich. Das gibt es zusammen mit der Auflistung der 10 Unfallarten und der Liste der Unfallursachen als kleines Nachschlagewerk hier zum Download.

    Ergänzung noch: Fahrunfälle (Typ 1) sind immer dann zutreffend, wenn der Unfallverursacher die Kontrolle über sein Fahrzeug verlor. Die meisten Fahrunfälle sind Alleinunfälle, aber manchmal ist eben auch jemand anderes im Weg, so dass es dann auch zu einem Aufprall auf andere Verkehrsteilnehmer kommen kann. Beim Fahrrad kann man sich das zB so vorstellen, dass zwei Radler zunächst nebeneinander herfahren, woraufhin einem von beiden der Lenkerbeutel in die Speichen gerät, er dadurch ins Schlingern gerät und abschließend gegen seinen Kumpel stürzt.

    Einmal editiert, zuletzt von Th(oma)s (25. Juli 2024 um 23:09)

  • Danke für den Link zur Liste der 3-stelligen Unfalltypen. Das hilft schon weiter, weil ich anhand der bekannten örtlichen Gegebenheiten auch eine Idee haben könnte, was sich dahinter verbergen könnte.

    Mir sind die Unstimmigkeiten im Unfallatlas bei den Stader Unfällen in diesem Jahr zum ersten Mal aufgefallen. Ich werde versuchen, die Infos direkt bei der Polizei zu erfragen. Vielleicht besteht dort Interesse an einer Klärung. Als ich den für die Unfallstatistik zuständigen Beamten vor einigen Jahren mal gefragt habe, ob es bei der Stader Polizei Erhebungen gibt, bei wie vielen der Einbiegen-/Kreuzen-Unfälle Geisterradler im Spiel waren, konnte und wollte er mir die Infos nicht geben, weil er sie erst einzeln aus den Unfallakten hätte heraussuchen müssen. Das war ihm bei 25 Unfällen zu viel Arbeit.

    Und so gibt es in Stade weiterhin erlaubtes oder sogar angeordnetes Geisterradeln, ohne dass die Polizei dagegen Einwände haben könnte, weil man sich nie die Mühe gemacht hat, die Daten dafür zusammen zu stellen.

  • Erfahrungsgemäß sind die bei Rückfragen auch recht hilfsbereit.

    Bei mir nicht; aufgrund meiner regelmäßigen (kritischen) Rückfragen zu Pressmeldungen, als auch zu Hintergründen zu Unfällen, die im Unfallatlas verzeichnet sind, hat die hiesige Polizeidirektion vor einer Weile sogar die Rückfrage-Floskel im Presseportal geändert; Rückfragen dürfen jetzt nur noch von Pressevertretern gestellt werden.

    Anfragen zu Unfällen im Unfallatlas wurden dann unter Verweis auf den "Datenschutz" (ich wollte nur eine allgemeine Beschreibung des Unfalls ohne personenbezogene Daten), als auch das LTranspG (welches für Ordnungs- und Strafverfolgungsbehörden nicht gilt) abgelehnt. Sind hier also quasi Staatsgeheimnisse. Die Staatsanwaltschaften, an die die Verfahren ja in der Regel abgegeben werden, waren zwar generell auskunftsfreudiger, ohne Aktenzeichen von der Polizei können die mir aber (angeblich) auch keine Anfragen beantworten.