Engstelle in der Fahrradwegeführung in der Leinemasch parallel zum Südschnellweg:
Die blaue Brücke
Was ist eigentlich ein Schnellweg?
Es ist sicher nicht übertrieben, wenn man zumindest für Norddeutschland sagt, dass der Begriff "Schnellweg" sehr stark geprägt wurde durch den Schnellwegebau in Hannover: "Der Südschnellweg entstand ab 1954. Zusammen mit dem Westschnellweg, dem Messeschnellweg und anderen Schnellstraßen gehört er zu dem vom Stadtbaurat Rudolf Hillebrecht nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelten Konzept der „autogerechten Stadt“, in der der Fernverkehr auf Schnellstraßen um das Stadtzentrum herumgeführt wird." https://de.wikipedia.org/wiki/S%C3%BCdschnellweg
Schon in den 50er-Jahren wurde der Bau der Schnellwege keineswegs einhellig begrüßt:
In Hannover zerschneidet der Südschnellweg zwischen dem Weidetorkreisel im Stadtteil Groß-Buchholz und der Kleeblatt-mäßig ausgebauten Kreuzung mit dem Südschnellweg im Stadtteil Seelhorst den Hannoverschen Stadtwald, die Eilenriede, auf einer Länge von mehr als 4 Kilometern.
Nur an wenigen Stelle ist es Waldbesucher*innen möglich, von der einen Seite auf die andere Seite der Eilenriede zu gelangen. Dazu müssen sie steile Fußgängerbrücken überwinden.
Zur Zeit der Entstehung in den 50er-Jahren hat vermutlich niemand an den Fahrradverkehr und Fußverkehr gedacht. Es gibt keine systematische Parallelwege-Führung für den Fahrradverkehr oder den Fußverkehr. Die Schnellwege selbst waren von Anfang an als Kraftfahrtstraßen ausgeschildert. Dasselbe gilt für andere Schnellwege rund um Hannover. Auch sie sind so konzipiert, dass der Fahrradverkehr ausgeschlossen ist. Unterführungen oder Überführungen gibt es nur wenige.
Kritik am Schnellwegebau gab es schon ganz früh von zwei sehr verschiedenen Seiten:
"Bürgerschaftliches Engagement ist kein Phänomen der heutigen Zeit, wie die Entstehungsgeschichte des im Jahre 1956 entstandenen Eilenriedebeirates zeigt. Auslöser für die Gründung des Beirats war der Bau einer Schnellstraße quer durch den schon damals
so beliebten Stadtwald Hannovers. Die Proteste konnten damals den Bau des Messeschnellweges zwar nicht verhindern, allerdings gründete die Stadt mit einem Ratsbeschluss den Eilenriedebeirat." https://www.hannover.de/content/downlo…M_EBR-Liste.pdf
Die Gründungsmitglieder des Eilenriedebeirates und ersten Kritiker am Schnellwegebau waren Menschen, die sich der Natur besonders verbunden fühlten, und die die Zerstörung eines durchgehenden städtischen Waldgebietes anprangerten.
Eine andere Kritik kam von den Geschäftsleuten, besonders von denen aus der Innenstadt. Denn sie befürchteten, durch den Schnellwegebau würde keiner mehr in die Innenstadt kommen, weil Hannover nun großräumig umfahren werden könne.
Sorry, die Einführung war nötig, um die aktuell notwendige Diskussion richtig einzuordnen.
Diese aktuelle Diskussion um die Radwegeführung in Begleitung der Schnellwege wurde ausgelöst durch den Ausbau des Südschnellweges.
Denn plötzlich hieß es:
Die "dämlichen Grünen" hätten angeblich gar nicht an den Radwegebau gedacht und das, obwohl sie in der Rathaus-Regierungskoalition sitzen.
Das ist so natürlich Quatsch, weil allen klar ist, dass niemand an einer sehr stark befahrenen zweispurigen Kraftfahrtstraße mit Mittelleitplanken, auf denen dichter LKW und PKW-Autoverkehr mit Tempo 100 und mehr dahinbraust, Lust hat, Fahrrad zu fahren.
Die aktuellen Forderungen der Kritiker an einer weiteren Verbreiterung des Südschnellweges sind eine Beschränkung auf eine Sanierung, bei der die aktuelle Breite nicht überschritten wird. Tatsächlich will das Land den Südschnellweg im besonders sensiblen Bereich der Leinemasch von 14 Meter auf 26 Meter verbreitern. Dafür sollen 13 Hektar Grünflächen gerodet werden, die Hälfte davon Waldflächen. 6000 Bäume sollen für die Verbreiterung gefällt werden.
Wie geht es nun weiter?
Aktuell laufen Proteste gegen die geplante Fast-Verdoppelung der Breite des Südschnellweges. Die starke Verbreiterung befürworten die verantwortlichen Behörden damit, dass sowohl ein breiter Mittelstreifen errichtet werden müsse und außerdem Seitenstreifen benötigt würden, jeweils um die Sicherheit zu erhöhen. Tatsächlich geht es aber vor allem darum, einerseits jetzt schon die zulässige Höchstgeschwindigkeit herauf zusetzen und andererseits auf lange Sicht eine Integration ins Autobahnnetz zu ermöglichen, denn die Ausmaße erreichen bereits durch die vorliegenden Planungen, die jetzt umgesetzt werden sollen, Autobahnstandards.
In Anbetracht des bevorstehenden Rodungsfrevels, ist die Diskussion um eine gelungene und auskömmliche parallele Radwegeführung in den Hintergrund getreten. Und so ist zu befürchten, dass der Fahrradverkehr auf absehbare Zeit vielfach weiter auf zu schmalen und nicht befestigten Feldwegen stattfindet, die obendrein besonders an Wochenenden von erholungssuchenden Fußgängern bevölkert sind.
Konzeptionell befürworte ich eine drastische Reduktion des Fahrzeugverkehrs auf den Schnellwegen. Wo Bauarbeiten stattfinden, sollen sie nicht zu einer Verbreiterung führen. Von den vorhanden zwei Fahrspuren je Richtung soll einer zu einer gemeinsamen Umweltspur für den Omnibusverkehr und den Fahrradverkehr umgebaut werden. Und es soll Tempo 30 max. gelten, denn schließlich liegen die Schnellwege innerhalb des Stadtgebietes. Und selbst wenn man davon ausgeht, dass in absehbarer Zeit keine Verbrenner-Autos mehr fahren: Ab Tempo 30 überwiegt das Reifenabrollgeräusch so stark die Geräuschemissionen von Fahrzeugen, dass es keinen Unterschied macht, ob die elektrisch oder mit Verbrennermotor fahren.
Das alles und die deutlich reduzierte Unfallgefahr sprechen also unbedingt für eine deutliche Temporeduktion. Zumal, wenn das Fahrrad sich als dominante Fahrzeugkategorie für den Individual-Verkehr etabliert hat.
Mir ist schon klar, dass dies sehr ambitionierte Prognosen sind. Es tut jedoch Not, sie auszusprechen. Aber es darf darüber nicht vergessen werden, Verbesserungen "im System" vorzunehmen. Und dazu gehört eine Verbreiterung der Fußgängerbrücke, die allgemein "blaue Brücke" genannt wird und aus Richtung Maschsee kommend die Überquerung der Leine ermöglicht, um zum Dreiecksteich und darüber hinaus weiter in die Leinemasch zu gelangen. Es muss auch an anderen Stellen nachgebessert werden, um eine attraktive Fahrradwege-Führung zu erreichen, aber es macht andererseits keinen Sinn besonders breite Asphaltbänder anzulegen. Denn eigentlich muss die Zukunft des Fahrradverkehrs auf dem Schnellweg stattfinden und nicht daneben. Und auf dem Schnellweg gibt es bereits jetzt genug Asphalt. Der muss nur richtig genutzt werden!