Silvesterfeiern ohne Böller, Glasscherben und Randale

  • Es ist mehr als ärgerlich, wie in Anbetracht der Bayernwahl insbesondere die CSU, aber auch CDU und FDP versuchen Stimmung zu machen gegen ein angebliches Böllerverbot, das nach deren Lesart von den "Verbotsparteien" SPD und Grüne durchgesetzt werden soll.

    Mit dieser Polemik versuchen FDP und Union erneut der AfD den Wind aus den Segeln zu nehmen.

    "Auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) lehnt ein Böllerverbot ab und fordert harte Strafen für Menschen, die an Silvester randalieren. „Ein spürbarer Denkzettel und gegebenenfalls auch Freiheitsstrafen sind angebracht“, sagte Herrmann dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. „Ein generelles Feuerwerksverbot halte ich nicht für zielführend.“ Das würde auch diejenigen strafen, die umsichtig und verantwortungsvoll damit umgingen."

    aus: Welt vom 3.1.23

    Welt vom 3.1.23

    Und der CDU-Politiker Spahn stellt fest: "

    „Da geht es eher um ungeregelte Migration, gescheiterte Integration und fehlenden Respekt vor dem Staat statt um Feuerwerk“, zog der CDU-Politiker sein Fazit."

    aus: Münchner Merkur vom 4.1.2023

    Münchner Merkur vom 4.1.23

    Solche Stellungnahmen sind kaum noch zu unterscheiden von denen der AfD:

    "Die Berliner AfD stellt sich klar gegen ein Böllerverbot. Ein Sprecher betitelte das Verbot auf t-online-Anfrage als "Herumdoktern an den Symptomen der verfehlten Einwanderungspolitik der letzten Jahrzehnte bei gleichzeitiger Bestrafung rechtstreuer Bürger"."

    t-online vom 3.1.23

    t-online vom 3.1.23

    Fakt ist: Wir haben bereits ein allgemeines Verkaufsverbot und ein allgemeines Verbot von gefährlicher Pyrotechnik. Und es ist nicht erlaubt, ohne nachgewiesener professioneller Ausbildung und einem Befähigungsschein mit gefährlicher Pyrotechnik zu hantieren. Das ist im Sprengstoffgesetz und der dazugehörigen Verordnung so festgelegt.

    SprengG - nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

    1. SprengV - nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

    Diese Beschränkungen für den Umgang mit gefährlicher Pyrotechnik gilt an 362 Tagen im Jahr. Nur an den letzten drei Tagen des Jahres dürfen aufgrund einer Ausnahmegenehmigung gefährliche Feuerwerksartikel frei verkauft werden und an Silvester von jedem abgebrannt werden.

    Diese Ausnahmegenehmigung muss fallen, denn sie erlaubt Privatpersonen ohne professionelle Ausbildung und Befähigungsschein das Hantieren mit Sprengstoff. Eine ganzjährige Geltung des Sprengstoffgesetzes löst freilich noch keine sozialen Probleme. Dazu bräuchte es unter anderem mehr Krippen und Kindergartenplätze für alle Kinder und echte Ganztagsschulen, sowie weitere Maßnahmen zur besseren Integration nicht nur von Migranten, sondern von allen Heranwachsenden in unsere Gesellschaft.

    Die Polemik der rechten Parteien, Silvester-Randale und Feuerwerk-Unfälle sei ein durch Migranten hervorgerufenes Großstadtproblem, wird freilich absurdum geführt durch die vielen Vorfälle in kleinen Städten und Ortschaften. Hier drei Beispiele:

    "Ein 42-Jähriger wurde in Friemar bei Gotha beim Hantieren mit online bestellten Böllern so schwer verletzt, dass ihm beide Unterarme amputiert werden müssen, wie die Polizei sagte."

    Quelle: rnd vom 1.1.23

    rnd vom 1.1.23

    Der Ort Friemar im thüringischen Landkreis Gotha hat rund 1000 Einwohner*innen.

    "Beim Anzünden von Feuerwerkskörpern auf der Straße wurde ein Fußgänger in Sachsen-Anhalt von einem Auto erfasst und tödlich verletzt. Der 42-Jährige wurde durch die Wucht des Aufpralls am frühen Sonntagmorgen mehrere Meter weit über die Fahrbahn geschleudert, wie die Polizei mitteilte. Er starb noch am Unfallort in Schönebeck (Elbe). Der 61 Jahre alte Autofahrer beging nach dem Unfall Fahrerflucht."

    Quelle: ebenda

    Schönebeck ist eine Kleinstadt mit rund 30.000 Einwohner*innen.

    "Feuerwehrleute wurden mit Böllern angegriffen, im ehemaligen Hallenbad wurde ein Brand gelegt, in der Tulla-Realschule randaliert – die Stadt Kehl spricht von Ausschreitungen im bisher nicht gekannten Ausmaß in der Silvesternacht.

    Die Feuerwehr war im Dauereinsatz."

    Quelle: HITRADIO OHR vom 2.1.23

    HITRADIO OHR vom 2.1.23

    Kehl ist eine Stadt in Baden-Württemberg mit rund 40.000 Einwohner*innen.

    Mir geht es schon seit Jahren immens auf die Nerven, dass in der Silvesternacht von manchen Menschen so hemmungslos mit Feuerwerk um sich geschossen wird, dass ich mich mittlerweile nicht mehr auf die Straße wage.

    Und die Böllerei beginnt immer früher. Zumindest ist mein Eindruck, dass in Hannover in diesem Jahr schon Anfang Dezember immer wieder Böller gezündet wurden, während das Geböllere in den vergangenen Jahren (vor Corona) immerhin auf die Tage zwischen Weihnachten und Neujahr beschränkt war. Damit einhergehend ballt sich der Unrat auf den Fahrbahnen, den Fahrradwegen und Fußwegen und überall liegen Flaschenscherben herum.

  • "Das Problem seien offenkundig völlig enthemmte Jugendliche, die keinen Respekt vor dem Rechtsstaat haben und gezielt Einsatzkräfte angreifen. „Da treten erhebliche Erziehungs- und Integrationsdefizite zu Tage.“ Ein pauschales Feuerwerksverbot bringe bei dieser Form der Verrohung bei bestimmten Gruppen hingegen gar nichts.

    Das sagt der FDP-Fraktionsvorsitzende im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Christopher Vogt.

    Welt vom 7.1.23

    Während die FDP in extremistisch-liberalistischer Pose versucht, noch vor der AfD damit beim Wähler zu punkten, indem sie das Böllern quasi zur "heiligen Pflichtübung" verklärt, fordert die Berliner Polizeigewerkschaft nun Konsequenzen – und hat eine Petition gestartet:

    "Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) Berlin hat eine Petition für ein bundesweites Böllerverbot gestartet. Sie ist an Iris Spranger, Senatorin für Inneres Berlin, und Nancy Faeser, Bundesinnenministerin, gerichtet.

    t-online vom 6.1.2023

    t-online vom 6.1.23

    Im Petitionstext heißt es:

    "Wir wissen, dass das Böllerverbot nicht das ganze Problem der Gewalt gegen Polizei und Feuerwehr löst. Aber es ist ein wichtiger, erster Schritt für mehr Sicherheit für uns Einsatzkräfte in der Silvesternacht.

    Daher bitten wir Sie um Ihre Unterschrift - schaffen Sie mehr Sicherheit für Polizei und Feuerwehr in der Silvesternacht!"

    Hier geht es zur Petition:

    innn.it