Die Dahlenburger Landstraße führt vom Lüneburger Stadtzentrum nach Südwesten hinaus nach… Dahlenburg. Das finde ich in Lüneburg ganz angenehm: Die Straßen, die sternförmig aus der Innenstadt hinausführen, sind nach der Stadt benannt, in die sie führten. Die Dahlenburger Landstraße beginnt an der Altenbrückentorstraße, unterquert die beiden Gleisstränge des Lüneburger Bahnhofs und führt dann mit dem üblichen Querschnitt einer Straße, deren Verkehrsaufkommen schneller gewachsen ist als die Fahrbahnbreite, aus der Stadt heraus und geht dann in die Bundesstraße 216 über, die wiederum in einer Ortsumgehungsstraße um Dahlenburg herumgeführt wird.
Ich bin vor einiger Zeit mal stadteinwärts gefahren und kam aus dem Staunen nur mühsam wieder heraus. Das geht los an der Auffahrt zur Bundesstraße, bei der mir im Angesicht der berühmten tiefstehenden Sonne kein besonders gutes Foto gelungen ist. Aber: Wer soll denn jetzt dieses Zeichen 205 beachten? Der abbiegende Fahrbahnverkehr? Oder doch der Radverkehr? Oder wollte man sich ein Baby-Dreieck sparen und sowohl Kraftfahrer als auch Radfahrer sollen hier irgendwie warten, wobei Radfahrer laut dem OLG Hamm ja noch weniger Vorfahrt haben als gar keine Vorfahrt — aber für Fußgänger dann plötzlich § 9 Abs. 3 StVO auf jeden Fall durchschlägt? Das kapiert doch kein Mensch — vielleicht mit ein Grund, warum hier das lustige Blinklicht angepflanzt wurde.
So lustig geht’s dann weiter, denn anschließend folgt eine ampelgeregelte Querung, die zwar mit kombinierten Signalgebern für Radfahrer und Fußgänger ausgestattet ist, obwohl gleich nebenan noch ein viereckiges Spiegelei lacht — hoffentlich gerät da niemand mit den Vorfahrtsverhältnissen durcheinander. Ich habe jedenfalls recht schnell gelernt, dass man in Lüneburg im Interesse seiner Gesundheit und der Fahrtüchtigkeit des Drahtesels in diesen Situationen im Zweifelsfall auf die eigene Vorfahrt verzichtet:
Aufgrund von Bauarbeiten an der Bahnbrücke und Arbeiten an der Fahrbahn ist die Straße im weiteren Verlauf momentan gesperrt…
… aber bestimmt soll Zeichen 250 mal wieder nicht für den Radverkehr gelten: Man sieht doch, was gemeint ist:
Nun wird’s interessant: Der folgende Abschnitt wurde von der Bundesregierung und vom Land Niedersachsen gefördert! Das klingt wie eine Drohung und fühlt sich beim Fahren auch so an:
Seit dem Umbau der Hamburger Osterstraße habe ich immer wieder den Eindruck, dass diese Fördermittel für den Radverkehr hier und da vor allem dazu verwendet werden, die Kosten einer ohnehin anstehenden Baumaßnahme zu drücken, indem in die Baumaßnahme noch irgendwas mit Radverkehr integriert wird, so dass die Fördermittel fließen. Nicht dass ich das der Hansestadt Lüneburg unterstellen möchte, es handelt sich nach meinem Dafürhalten eher um einen Fehler im gesamten Prozedere, aber manchmal wundere ich mich schon, was an der Neupflasterung eines Radweges von 60 cm Breite dann wohl als besonders förderungswürdig empfunden wurde.
So richtig toll ist der Radweg dann auch gar nicht geworden — weder in der Breite noch in der Länge:
Moment, falscher Alarm, vielleicht war das noch gar nicht die geförderte Stelle. Vielleicht ist es diese hier, wo der Baum rohe Naturgewalten ordentlich krachen ließ?
Oder diese, wo der Radverkehr quasi durch die Bushaltestelle hindurch geführt wird?
Oder diese mit der neckischen Kante links und rechts, die in Gegenwart von Geisterradlern so richtig krachen?
Gut, Spaß beiseite, hier geht’s dann wohl los. Und natürlich habe ich sogleich etwas zu meckern:
Öhm, schön, dass der Radweg jetzt so schön breit ist und schon mal den Mindestmaßen aus den Verwaltungsvorschriften genügt. Aber was macht dieser schmale Taststreifen für seheingeschränkte Personen direkt zwischen Rad- und Gehweg und warum ist der Gehweg überhaupt so schmal? Hier können sich auch nach der Corona-Pandemie nicht zwei Menschen begegnen, ohne dass einer von beiden auf den Radweg ausweicht. Warum wird so etwas im Jahr 2021 noch gebaut und vor allem: gefördert? Diese Bewässerung der benachbarten Bäume ist im Sinne des Umweltschutzes sicherlich wünschenswert, allerdings hätte sich der Baum nach meinem Dafürhalten noch mehr gefreut, wenn er auch zu den drei anderen Seiten etwas mehr Bewegungsspielraum bekommen hätte. Immerhin gibt es einen gewissen Sicherheitsraum zum Seitenstreifen, so dass man nicht direkt von unmittelbar geöffneten Autotüren kollidiert, allerdings scheint mir der Sicherheitsraum etwas schmal zu sein — auf der linken Seite des Radweges führe ich aus gesundheitlichen Gründen dann doch lieber nicht.
So geht’s dann weiter — oder auch nicht. Zwischen einer Fußgängerampel, einer Bushaltestelle und einer Schule wird der Radweg kurzerhand unterbrochen. Mir ist nicht klar, ob hier noch Verbesserungen angestrebt werden, der Radweg womöglich noch weitergeführt oder ein Zeichen 240 aufgestellt wird, aber nach dem momentanen Stand werden Radfahrer hier zum ordnungswidrigen Gehwegradeln angehalten — ausgerechnet dort, wo mit an der Ampel wartenden und tobenden Kindern zu rechnen ist. Ich kann mir die Schlagzeilen über rücksichtslose Radfahrer bereits jetzt ausmalen:
Ungenügende Sichtverhältnisse im weiteren Verlauf an der Kreuzung mit der Walter-Bötcher-Straße. Hier blinkt sogar ein Warnlicht, dass man bitte auf Kinder aufpassen möge — ich rate mal und formuliere es bewusst frech: Das Auflassen von einen oder mehreren Parkplätzen zur Verbesserung der Sichtverhältnisse im Umfeld dieses Fußgängerüberweges war keine Option?
Weiter geht’s dann auf dem alten Buckelpisten, bei denen die Kehrmaschine kraft Unterlassung einen Sicherheitsstreifen zu parkenden Kraftfahrzeugen markiert hat:
Die Radlinge, die hier ordnungswidrig auf dem Gehweg kurbeln, werden schon wissen, was sie da tun:
Ich bin ja mal gespannt, wie es mit der Sanierung weitergeht. Mit den Breiten von Geh- und Radwegen wird sich wohl nicht mehr viel tun, es blieb also beim üblichen Dilemma, dass der Querschnitt der Straße an den Seiten durch die unverrückbaren Grundstücksgrenzen beschränkt war, gleichzeitig aber keine Parkplätze entfallen durften und der Radweg irgendwie breiter werden muss, weil sich die Verwaltungsvorschriften vor 24 Jahren dann doch mal geändert haben.