Kommunikation Nahverkehr Jena

  • Ich habe gerade eine E-Mail vom Nahverkehr Jena erhalten.

    Und ich habe eine Meinung dazu.


    Aber vorab mal zum Überblick:

    Zusammenfassung:

    ich fahre bergauf mit dem Rad, werde eng überholt.

    Frage an der nächsten Haltestelle nach einem "warum". nix.

    Fahre dann 2km vor und warte an der nächsten großen Haltestelle.

    Frage nochmal nach: "Radweg!"

    Fahre los, Bus mir hinterher. Überholt aber nicht mehr.

    Die Antwort auf die Kontaktaufnahme wird angeblich versendet.

    Die E-Mail muss allerdings verschütt' gegangen sein.


  • Nächster Vorfall:

    Zusammenfassung:

    gleiche Stelle, gleiche Welle, diesmal mit dicht auffahren.

    bergauf, Fahrbahn, daneben: Gehweg + "Radfahrer frei", auf 100m auch "Fahrbahnzwang"

    Reaktion

    Das mit dem Abstand und Corona ist insofern lustig, dass ich neben dem Seitenfenster des Busses zum Stehen kam und redete, der Busfahrer das Fenster öffnete.

    An der Weiterfahrt hindern: ja, ich habe mich auch hier vor den Bus gestellt und ein Foto vom Kennzeichen gemacht. Der Bus hielt dann übrigens noch für 5(!)min an der Haltestelle. Grund: eine Blockampel in der Baustelle, die heftige Umlaufphasen hat. Vor dem Bus warteten schon 8 weitere KFZ. Und ich.

  • Tja, wer sich durch die Wall of Text gefressen hat und mich kennt, weiß, dass ich da am liebsten direkt aufschlagen würde.

    Ich bin - und das ist keine Floskel - wirklich und wahrhaftig erschüttert über das Ausmaß an Unfähigkeit.

    Sehr wohl bin ich dankbar für die Einlassung, weil sie zeigt, dass das Übel nicht nur hinterm Steuer, sondern auch und gerade bei den Verantwortlichen eine Stufe höhe sitzt. "Qualitätssicherung". "Fahrschule".

    Darüber hinaus ist das, was da geschrieben wurde, in meinen Augen ein Kommunikationsdesaster.

    Überspitzt und generell gesagt: Die Aussagen des Busfahrers stehen jeweils(!) den Aussagen des Radfahrers diametral gegenüber. Zur Vollendung fehlen noch "Der Busfahrer hat anderen Menschen das Leben gerettet und ein Kätzchen vor dem Ertrinken bewahrt!"

    Rückblickend bin ich froh, Fotos von den Kennzeichen gemacht zu haben. Sonst käme noch: "So ein Kennzeichen hat bei uns kein Fahrzeug" oder "Bus stand in der Werkstatt" oder "Busfahrer fuhr zu diesem Zeitpunkt am anderen Ende der Stadt!"

    Das ganze ist derart absurd, ich wüsste gern, wie sowas vor Gericht beurteilt wird.

    Der Radfahrer, der sonst auf der Fahrbahn fährt, soll ausgerechnet vor der Ampel vom Gehweg auf die Fahrbahn gewechselt sein?

    Und dann ist er anfangs deutlich schneller als der Bus gefahren. Im steilsten Stück der Westbahnhofstraße. Wo T30 gilt. Da ist er dem Bus weggefahren. Und im Flachstück (Hotel Thüringer Hof), da fuhr der Radfahrer langsam. Unter 20. Wo T30 gilt. langsam.

    An der Haltestelle weist er den Busfahrer auf den Abstand hin. Dieser sagt: "Es gibt in Jena genug Radwege, die man benutzen kann". Total logisch.

    Man kennt das. "Sie parken auf dem Gehweg". Antwort: "Durch Jena fließt die Saale, auf der man Kanufahren kann."

    Auch unfassbar: alle Aussagen sind immer "Gehweg". Der Radfahrer fuhr vom Gehweg auf "die Straße". Es sind Gehwege verbreitert worden. Gehwege mit Freigabe. bla, bla, bla.

    Am Ende dann: Da sind 2 Kilometer Radwege!

    Irre. Schutzstreifen und Gehweg+Freigabe = Radwege 8|

    Und seh nur ich das so, oder klingt da wirklich ein "wir befördern Fahrgäste, fahren Sie gefälligst nicht auf der Fahrbahn!" durch?

    Ich überlege wirklich, dem Vorstand einen Papier-Brief zu schreiben und darum zu bitten, sich zeitnah und umfassend externe Unterstützung für innerbetriebliche Weiterbildung (Schulung Busfahrer) und Kommunikation mit Kunden zu holen.

  • Und seh nur ich das so, oder klingt da wirklich ein "wir befördern Fahrgäste, fahren Sie gefälligst nicht auf der Fahrbahn!" durch?

    Klingt durch? Das schreiben sie ja sogar explizit: "Leider müssen wir immer wieder feststellen, dass gerade Radfahrende unsere Fahrzeuge, bewusst oder unbewusst, behindern und/oder sich nicht regelkonform verhalten." und "Werden diese nicht genutzt, sollte man allerdings darüber nachdenken, zukünftig Finanzmittel sinnvoller zu verwenden. Zudem verkehrte der Bus aufgrund des unnötigen Verhaltens des Radfahrers mit erheblicher Verspätung, was unsere Fahrgäste mit großer Wahrscheinlichkeit nicht begeistert hat."


    Das ganze ist derart absurd, ich wüsste gern, wie sowas vor Gericht beurteilt wird.

    Das kommt wohl auf die genaueren Umstände an. Ich will jetzt nichts unterstellen, aber ich fühle mich z. B. auch durch hinter mir fahrende LKWs oder Busse unwohl und habe das Gefühl, das wäre zu wenig Abstand und zu bedrohlich, hohes Motorengeräusch etc. - tatsächlich ist es aber in den allermeisten Fällen so, dass der Abstand mehr als ausreichend war, der Fahrer Rücksicht genommen hat und er für die Automatik und deren Gangwahl z. B. am Berg auch nichts kann. Das müsste man dann immer im Einzelfall betrachten, mit Zeugen (nicht vorhanden oder unzuverlässig), Video (nicht immer verfügbar und nicht direkt "wie in echt") und der Umgebung.

    Grundsätzlich kann dich natürlich niemand dazu zwingen, auf freigegebenen Gehwegen oder nicht-benutzungspflichtigen Radwegen statt der Fahrbahn zu fahren. Auf der Fahrbahn gibt es auch keine Mindestgeschwindigkeit, und grundloses Langsamfahren nach §3 Abs. 2 StVO betrifft nur Kraftfahrzeuge. Die einzige Rücksichtspflicht, die du beachten musst, ist §5 Abs. 6 Satz 2 StVO - Faustregel aus Urteilen: wenn du für mehr als drei Minuten mindestens drei Fahrzeuge hinter dir in einer Schlange anführst, die alle überholen wollen, aber nicht können, UND es eine geeignete Stelle (z. B. Haltebucht) gibt, an der du langsamer werden oder kurz halten kannst, DANN musst du das auch tun, ansonsten kann nach Tatbestandsnummer 105148 ein Verwarngeld in Höhe von EUR 10,00 ausgesprochen werden... also Vorsicht! ^^ Allerdings wäre das bei der geschilderten Strecke von 500m nur möglich, wenn du 10 km/h radelst und der Gegenfahrstreifen auf der kompletten Strecke voller Autos ist.

    Allerdings ist es generell keine gute Idee, sich quer vor den Bus zu stellen (ich unterstelle mal nicht, dass du das getan hättest), weil das sehr leicht durch Zeugen (Passagiere, die ungern zu spät kommen) bestätigt werden kann und eher als Nötigung gewertet wird als zu dichtes Auffahren (vor allem wenn du nicht Mitfahrer im Auto/auf dem Rad hast, die durch das dichte Auffahren starke Angst bekommen haben) - selbiges gilt für das zur-Rede-stellen des Fahrers. Eine Einsicht ist in so einer hitzigen, stressigen Situation sowieso nicht zu erwarten, zumal nicht vor allen Fahrgästen, die vielleicht schon verärgert über den Radfahrer vor ihnen reagiert haben. Ein schnelles Foto (nur wenn das Rad steht und wenigstens ein Bein am Boden ist) zur Dokumentation reicht völlig aus. Im Prinzip würde auch das Kennzeichen alleine ausreichen, weil das Busunternehmen ja detaillierte digitale Fahrtenbücher führen muss (genau wie bei LKW-Fahrern) und der Fahrer damit problemlos rückidentifiziert werden kann, aber ich weiß nicht, ob das nicht erst im Strafverfahren erzwungen werden kann.

    Ich würde an deiner Stelle auch keine Zeit und Energie mehr an das Unternehmen direkt verschwenden, außer vielleicht für negative Bewertungen auf den üblichen Portalen. Man wird dich immer mit Standardfloskeln abspeisen und der Fahrer wird nie einen Verstoß zugeben, wieso sollte er sich auch selbst belasten? Und wenn du ihm einen eindeutig nachweisen kannst, dann ist sowieso Polizei bzw. Staatsanwaltschaft der richtige Ansprechpartner und nicht das Unternehmen selbst.

  • Kurz: Dashcam und in Zukunft gravierende Verstöße anzeigen

    Grundsätzlich, du hast gefragt und eine (wahrscheinlich) ehrliche Antwort bekommen. Die passt dir verständlicherweise nicht. Man könnte nun anfangen mit denen zu diskutieren, Gehweg+Freigabe!=Radweg, Schutzstreifen!=Radweg, ggf. in die Unfallstatistiken schauen, ob die Anzahl der tötlichen Unfälle höher ist als die von privaten KFZ, wie die Umweltbelastung aussieht (hier in Köln sind zwei Personen im PKW umweltfreundlicher unterwegs als im ÖPNV) oder auch schauen, wer die "Macht" über den ÖPNV hat (i.d.R. sind es stättische Unternehmen) und sich dort beschweren. Ob es was bringt ist natürlich fraglich.

    Vor den Bus würde ich mir nur bei eindeutigen Straftaten vom Busfahrer stellen (z.B. wenn er laut "Idiot" ruft), und auch nur wenn die entweder auf Kamera sind oder es Zeugen gibt. Zwecks Personalienfeststellung, wobei mir dann ggf. ein Foto von Fahrer+Kennzeichen ausreicht. Ansonsten kann das in der Tat recht schnell im Vorwurf der Nötigung enden. Ein Radfahrer hier wurde sogar wegen Nötigung verurteilt, weil er sich stehend an der Ampel zu weit nach links gelehnt hat. Der Busfahrer hatte die Tür geöffnet, weil wohl Redebedarf bestand, der Radfahrer lehnt sich nach links in die Lichtschranke und der Bus konnte deswegen die Tür nicht schliessen und nicht weiterfahren. Und ja, verurteilt, nicht nur angezeigt.

    Ansonsten finde ich es erfrischend, dass sie sich scheinbar mit den Vorwürfen jedes Mal auseinander setzen. Hier bekomme ich nur die Info, dass es weitergeleitet wurde und man aus Datenschutzgründen sonst nichts dazu sagen kann.

  • In Hamburg-Bergedorf wurde der Hochbord-Radweg mit [Zeichen 237] in der Wentorfer Straße Richtung Wentorf schon vor einiger Zeit zurückgebaut. Nun gibt es dort [Zeichen 239][Zusatzzeichen 1022-10]. Die Strecke führt zudem ebenfalls bergauf und ist außerdem insgesamt stark frequentiert, wodurch ein Überholen generell kaum möglich ist. Also ähnlich gelagert wie in Jena.

    Bei legaler Fahrbahnbenutzung als Radfahrer würde ich mir bei täglicher Benutzung (natürlich mit Cam) wohl angewöhnen, auf Hupen, Motor aufheulen lassen oder dichtes Auffahren überhaupt nicht mehr zu reagieren, sondern weitere Radfahrer mit ins Boot holen, die in einiger Entfernung in der selben Richtung ebenfalls diese Strecke nutzen. Je mehr Radfahrer ihres Recht auf Fahrbahnbenutzung auch selbstbewusst wahrnehmen, umso größer wird für die Kraftfahrer vielleicht irgendwann der Gegenwind und sehen es vielleicht nicht mehr als Fehlverhalten eines einzelnen Radfahrers an, wenn es ganze Gruppen so tun. Der Fahrplan des Busses müsste dann auf Dauer natürlich angepasst werden. Oder aber der Linienweg wird verlegt.

  • Ein Radfahrer hier wurde sogar wegen Nötigung verurteilt, weil er sich stehend an der Ampel zu weit nach links gelehnt hat. Der Busfahrer hatte die Tür geöffnet, weil wohl Redebedarf bestand, der Radfahrer lehnt sich nach links in die Lichtschranke und der Bus konnte deswegen die Tür nicht schliessen und nicht weiterfahren. Und ja, verurteilt, nicht nur angezeigt.

    Das finde ich interessant.

    Hast Du ein paar mehr Details, damit man das googlen kann? Oder gleich einen Link?

  • vor den Bus stelle ich mich, um ein Foto vom Kennzeichen zu machen. Mehr nicht. Ich will ja selbst "vorankommen". Das Zusteigen der Fahrgäste dauert länger.

    Mit meiner rhetorischen Frage nach "wie würde das Gericht das wohl beurteilen" meinte ich eher den inneren Widerspruch der gesamten Schilderung des Busfahrers. Da passt eben gar nichts zusammen. Sinnierende Antworten auf "bitte Abstand einhalten" werden also angeblich mit "Es gibt in Jena genug Radwege, die man benutzen kann" beantwortet. :rolleyes:

    Mich regt massiv auf, dass solche Antworten von der "Qualitätsprüfung" und der "Fahrschule" kommen.

    Ich muss unbedingt im nächsten Schritt herausfinden, ob wenigstens die Polizei OWis aufnimmt. die Jenaer Bußgeldstelle weigert sich ja schon, Gehwegparken-Anzeigen von privat zu bearbeiten.

    Es ist ein Kreuz hier in Jena, was Verwaltung und "öffentliche Stellen" betrifft.