Ich sag' mal so: Nicht alle Radfahrer sind gleich, und selbst ein und derselbe Radfahrer ist zu unterschiedlichen Anlässen in unterschiedlicher Mission unterwegs. Ich habe Radtouren in den Alpen gemacht, und zwar fast ausschließlich auf der Straße, 80 bis 120 km Tagesetappe und mit Tempo 70 die Pässe runter. Das einzige Stück Nicht-Straße, an das ich mich erinnern kann, war irgendwo zwischen Ascona und Bellinzona, wo einer dieser Schweiz-Radwege quer durch die Schwemmebene führte und deutlich kürzer war als die Straße um ein paar Ecken herum.
(Ja, ich schreibe hier Straße, denn die Pisten hatten keine Geh- oder Radwege. Felswand, Asphalt, Mauer, Abgrund. Oder Graben, Asphalt, Graben.)
Rennradfahrer auf Tour würden sich vermutlich genauso verhalten. Und Pirminator fühlt sich hierbei wohl.
Auf der anderen Seite kommen dann die Genuss- und Familienradler. Die sehen das vor sich, was Nbgradler beschrieben hat, und sagen sich: »Da ist eine 3 Meter breite Asphaltpiste ohne Kfz zwischen Wiesen, die führt uns genau da hin, wo wir hinwollen. Die nehmen wir. Und nicht etwa die zwei- oder vierspurige Bundesstraße nebenan.« Das finde ich ebenfalls okay, und ich möchte dabei nicht als »ADFC-Torkelradler« bezeichnet werden. Blümchenpflücken während der Fahrt ist durchaus legitim.
Praktisches Beispiel: Auf welcher Seite würdet ihr lieber fahren, wenn ihr im Rheintal zwischen Mainz/Rüdesheim und Koblenz bzw. in Gegenrichtung unterwegs seid? Auf der Seite zwischen Fahrbahn und Fluss, wo ihr jederzeit anhalten, absteigen und gucken könnt, oder auf der Seite zwischen Fahrbahn und Felswand? Selbst Auto- und Wohnmobilfahrer sagen doch in solchen Fällen: wir fahren da, wo wir rechts ran können.
Sauer werde ich, wenn es keine »3 Meter breite Asphaltpiste ohne Kfz« gibt, sondern wenn es schmal, holprig, scherbenübersät oder voller Ackerkrume ist. Oder wenn dauernd ein Trecker ankommt.
Oder - Beispiel Salzachtalradweg irgendwo zwischen Zell am See und Schwarzach - wenn der Radweg abschnittsweise steil den Berg hochgeht, weil die Verantwortlichen nicht bereit waren, ihn im Talgrund unter vernünftigen Bedingungen durch die Ortschaft oder knapp dran vorbei zu führen. Das ist die Extremversion dessen, was man sonst als »die Straße führt im Einschnitt horizontal durchs Gelände, der Radverkehr wird auf den parallelen Feldweg, der den Hügel mitnimmt, verbannt« vorgesetzt bekommt.