Beiträge von TheK

    Nein, aber es muss andersherum genauso möglich sein, die Kommunen zur Schaffung von vernünftiger Fahrradinfrastruktur zu zwingen, wo diese geboten ist. Und das andere Problem ist, dass wir eine standardisierte Lösung für kombinierte Geh- und Radwege ohne Benutzungspflicht brauchen, in denen der Radverkehr trotzdem Vorrang hat. Heißt ja nicht, dass man die Fußgänger ummähen soll, sondern dass diese einen doch bitte durch lassen müssen und man nicht sogar wenn gar keine da sind (!) Schritttempo fahren muss – eine Regelung, auf die ja sowieso absolut alle scheißen.

    Der saubere Weg wäre eigentlich, dass ein [Zeichen 240] _nie*_ benutzungspflichtig ist (sondern das Schild besagten Vorrang definiert), ein [Zeichen 237] bzw [Zeichen 241-30] es durch das Schild aber wird. Zudem sollte die Rechtmäßigkeit einer Benutzungspflicht in diesem Falle nicht von der Verkehrslast, sondern von der Eignung für zügiges Vorankommen abhängen - und nein, innerorts möchte ich Rennradfahrer bewusst nicht fördern, da diese oft genug eine Gefahr für sich und andere darstellen. Und um den Schild [Zeichen 241-30] wenigstens irgendeinen Sinn zu geben, sollte in dem Falle ein Ausweichen über den Gehweg erlaubt sein, solange sich in dem Abschnitt keine Fußgänger aufhalten (passiert de facto eh).

    *) löst dann auch das Problem mit Rennradfahrern außerorts; der Rest benutzt solche Wege eh freiwillig.

    "Es gibt ja keine Pflicht einen Radweg zu benutzen, also sieht sich die Verwaltung auch nicht in der Pflicht, Radwege zu bauen."

    Halte ich für nicht zutreffend, genauso wenig diese Vermutung: "Die wollen den Fahrradfahrer ja nur deshalb auf die Fahrbahn bringen, damit der Autoverkehr ausgebremst wird."

    Beides schon so direkt von Kommunen gehört. Oder noch drastischer die Behauptung, es sei verboten einen Radweg zu _bauen_, wenn dieser nicht durch ein besonderes Risiko (de facto: hohes Verkehrsaufkommen) geboten ist. Auch ist Hannover einer der ganz wenigen Orte, die explizit Angebotsradwege bauen. Anderenorts gibt es nur noch Radfahrstreifen (die sind immer benutzungspflichtig) oder absolut offensichtliche Fälle. Ein Kernproblem ist, dass dieses Recht eine Einbahnstraße ist: Du kannst zwar eine Benutzungspflicht weg klagen, du kannst aber keinen Radwegebau erzwingen. Vor allem Klagen gegen [Zeichen 240] an extrem viel befahrenen Straßen am Stadtrand erweisen dem Radverkehr oft einen Bärendienst, weil man dann an Orten wo gar keine Fußgänger sind mit dem affigen Gefasel von "Schrittgeschwindigkeit" kommt.

    Sorry, 1 SH und 1 SN statt 2x SH; da hatte ich mich verguckt.

    Über Nr. 18 reden wir gerade, der steht aber natürlich noch nicht in meinen Onlinelisten.

    Ah, ok. Dann passt meine erste Auswertung jetzt:

    * Die drei Stadtstaaten haben diese Art Unfälle außerorts natürlich gar nicht, Berlin aber drei innerorts.

    * Niedersachsen und vor allem SH mit ihren vielen Radwegen haben diese Art der Unfälle etwas unterdurchschnittlich, aber keineswegs gar nicht – und eben gerade auf den Straßen, wo man nicht mit anderen Menschen rechnet. Bedenken muss man zudem den deutlich höheren Radverkehrsanteil, der sich in beiden Richtungen ("safety in numbers" und "mehr da, was man überfahren kann") auswirkt.

    * NRW läuft etwas außer Konkurrenz, weil ja ein großer Teil des Landes de facto eine riesige (und nicht eben für ihren Radverkehr bekannte) Megastadt ist. Auch die Radwege-Quote liegt "so dazwischen" und ich weiß auch nicht, ob das eventuell großteils Innerorts ist.

    * Ein weiterer Ausreißer ist das Saarland: Nur 1 Unfall in all den Jahren (3 wäre zu erwarten), aber ob der Radverkehrsquote selbst in Saarbrücken: Wo nix ist, kann man nix überfahren.

    * Ebenfalls unterdurchschnittlich ist BaWü, vor allem im Vergleich zu den Bayern nebenan: 24 zu 42 bei ähnlicher Bevölkerungszahl.

    * Generell extrem überdurchschnittlich ist der komplette Osten: Bei gerade 15% der Bevölkerung (weniger als Bayern alleine) kommt man auf 35% der tödlichen Unfälle, 84 in absoluter Zahl. Besonders gruselig ist Sachsen-Anhalt, wo die Chance als Roadkill zu enden viermal so hoch ist wie im Bundesdurchschnitt.

    Allgemein machen Überholunfälle außerorts nur rund 5% der im Straßenverkehr getöten Radfahrer aus bei rund 2 Fällen pro Monat – nur machen sie den Menschen halt am meisten Angst, weil man _vollständig_ vom Verhalten des Autofahrers abhängig ist und für diesen selbst Vorsatz eine Leichtigkeit wäre. Das viel beschworene "passive Fahrverhalten" nützt einem hier gar nichts. Entsprechend beeinflusst auch die Abwesenheit ländlicher Radwege ganz ganz extrem den Radverkehrsanteil und zwar durchaus von einem Dorf zum anderen.
    Da diese Unfälle keineswegs selten auch auf "besseren Feldwegen" mit minimalem Verkehrsaufkommen auftreten, halte ich auch die Einschätzung der ERA zur Notwendigkeit von Radwegen für falsch: Die Menge des Autoverkehrs spielt keine Rolle, sondern nur die Netzfunktion für den Rad- und zum Teil auch Fußverkehr.

    Straßen, die gar nicht dem allgemeinen Autoverkehr dienen sollen, würde ich zudem auch außerorts nicht mit [Zeichen 260] [Zusatzzeichen 1020-12] kennzeichnen, sondern als [Zeichen 244] [Zusatzzeichen 1020-30] . Die Mehrheit des Radverkehrs ergibt sich hier eh automatisch. Zum einen beinhaltet das ein (baulich eigentlich eh meist gebotenes) Tempolimit und zum anderen macht es diese Wege für Radfahrer von kaum befahrbaren Feldwegen unterscheidbar. Zudem kann ein solcher Weg dann die Netzfunktion von der Straße wegnehmen – mir fällt dazu immer die Bushaltestelle "Reinstorfer Kreuz" an der B216 kurz hinter Barendorf ein: Die sitzt genau an der Auto-Kreuzung – Radfahrer und Fußgänger kommen aber 800 m weiter westlich raus…

    Dann hätte es nämlich landauf, landab eine Gegenkampagne mit sehr vielen publikumswirksamen Bildern von armseligen "Fahrradwegen" gegeben.

    "Dann sollen Sie halt schieben oder wie normale Menschen mit dem Auto fahren."
    Bedenke, dass du solche Diskussionen in der Regel nicht mit Leuten aus Münster, Freiburg oder einer fast beliebigen norddeutschen Großstadt (außer Wolfsburg) führst – sondern mit welchen aus Saarbrücken, Bochum oder irgendeinem sächsischen Dorf, wo der Radverkehrsanteil bei <5% liegt. Für diese Leute sind Radfahrer "Kinder, Rennräder und ein paar gestörte Öko-Hippies".

    Mal ganz polemisch:

    In machen Bundesländern hat man sich an radfahrerfreie Fahrbahnen gewöhnt und rechnet nicht mehr mit Radfahren

    Nun, bei den drei Straßen aus Niedersachsen und SH rechnet man wahrscheinlich eher mit Rehen und Wildschweinen als mit anderen Menschen - und das gilt wohl in beiden Richtungen. Dagegen liefert uns der Süden auch die eine oder andere Bundesstraße. Und natürlich beeinflusst auch die allgemeine Verbreitung des Radverkehrs die Unfallzahlen - die wiederum in beiden Richtungen mit der Verbreitung von Radwegen korreliert; außerorts noch viel extremer als Innerorts. So müsste man um auf einer viel befahrenen Straße ohne Radweg in Niedersachsen überfahren zu werden erstmal eine finden (ja, es gibt sie, aber die meisten machen natürlich einen Bogen drum).

    ? die K42 ist eine Kreisstraße und wahrscheinlich fahren da am Tag 600 Autos.

    Hat immerhin eine Mittellinie, was eher >2000 spricht, aber komische Auswüchse hab ich da durchaus auch schon gesehen – die anderen 5 diesen Monat waren in Bayern und BaWü und die Jahresstatistik hat Thomas ja gerade gebracht.

    Den zweiten in SH finde ich übrigens in der Liste nicht und auch insgesamt stehen da nur 17…?

    Zu Radverkehr in Meck-Pomm fällt mir das hier ein:

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    …wobei ich überrascht bin, dass der Feldweg keine Vorfahrt gegenüber den Radfahrern hat.

    Da hab ich leider den komplett gegenteiligen Eindruck: Die Radfahrer nehmen in überwältigender Mehrheit jede Gelegenheit an, nicht "zwischen den Autos" zu fahren – selbst bei Belastungsniveau 1 und miesem Zustand. Und während der Zustand noch kritisiert wird, ist die Breite im "Straßengespräch" kaum ein Thema. Die Renitenten dagegen fahren auch neben dem 2,5 Meter breiten benutzungspflichtigen Radfahrstreifen.

    Andersherum kommen dir die Kommunen mit "hier darf man keinen Radweg bauen", wenn die Straße keinen Grund für eine Benutzungspflicht bietet. Und wie viele Fälle kennst du, wo explizit ein Angebotsradweg gebaut wurde (z.B. weil eine 50er-Straße viel Rad, aber wenig Autoverkehr hat)?

    Die formelle Abschaffung der allgemeinen Benutzungspflicht hat uns zwar von vielen abstrusen [Zeichen 240] befreit, aber den Bau *richtiger* Radwege ( [Zeichen 241-30] [Zeichen 237] ) eher verlangsamt.

    Ich finde für allem so traurig, dass völlig unsinnige und schlampig ausgeführte Benutzungspflichten oft Hand in Hand gehen.

    Wenn man die Leute schon bei 1000 (!) Kfz/Tag auf den Gehweg zwingt, warum ist dann die Querung der größten Seitenstraße ein solcher Schrott?

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    Im Kern richtig, allerdings hab ich mir dafür vorhin mal Thomas' Tabelle vorgenommen:

    Nur zwei der tödlichen Unfälle waren an Stellen, wo man ohne Ampel rechts abbiegen kann – spricht für mich dafür, dass die Unfälle gerade dadurch begünstigt werden, dass beide halten müssen. Kommt der Radfahrer erst später, kann der halt vorher bremsen und den LKW rum lassen.

    Das war einmal der in Hamburg (wo der LKW gar nicht rechts rum gedurft hätte) und einer in Bremen:

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    (man beachte das verdrehte Radweg-Schild).

    Und hier haben wir das Meisterwerk an "versetzten" Haltelinien (eine volle Linienbreite…):

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