Beiträge von TheK

    Und eben dieses Fluchtverhalten lässt mich an der Aussage "auf der Fahrbahn ist sicherer" zweifeln – denn wo keine Radfahrer sind, können auch keine verunglücken.

    So ist in Schleswig-Holstein seit 2013 kein einziger Radfahrer durch einen Ü-Unfall auf einer Bundesstraße außerorts getötet worden. Aber ist das Fahrbahnradeln dort deswegen sicher? Oder liegt es daran, dass 80% davon einen Radweg haben (und wenn man die abzieht, wo das Radfahren verboten oder ob der Routenführung sinnlos ist, werden's vermutlich noch deutlich…). In Niedersachsen waren es übrigens deren drei; zwei davon, weil Radfahrer meinten, dass sowohl die Radwegbenutzungspflicht wie auch die Beleuchtungspflicht unangemessene Einschränkungen ihrer Freiheit wären.

    Das viele Radwege dem zügigen Vorankommen nicht eben zuträglich sind, lässt sich nicht bezweifeln – allerdings auch, dass dieser Maßstab für einen Rennradfahrer, der mit 40 km/h auf zwei Asphalt-Trennscheiben durch die Gegend rauscht sehr deutlich anders aussieht als für einen Rentner, der mit 12 km/h auf seinem Hollandrad zum Einkaufen zuckelt. Mit der Sicherheit hat diese Frage allerdings nur wenig zu tun.

    Und bevor einer mit Beinahe-Unfällen kommt: "Beinahe" ist eben kein Unfall, sondern etwas, das noch verhindert werden konnte.

    Im Gegenteil, aus dem Umstand, dass sich die wenigen Auffahrunfälle erratisch auf verkehrsarme Landstraßen außerhalb der Ballungsgebiete verteilen kann man ableiten, dass viel (Rad)Verkehr sicherer ist als wenig.

    Oder passiert dort mehr, weil dort (weitaus) mehr Radfahrer sind als auf Straßen, die nach ERA einen bräuchten? Hier gibt es eine ziemlich eklatante (bei Norddeutschen Standards) Lücke, die L 221 mit 6800 Kfz/Tag. Dort siehst du quasi nie einen Radler – auf den Nebenrouten dagegen oft mehr Fahrräder als Autos.

    Wenn ich mir anschaue, wo es hier Außerorts-"Radwege" gibt und wo nicht, ist jedenfalls keine andere Systematik dahinter zu erkennen.

    Hier: Quasi überall, wo >2500 Kfz fahren (so isses ja in der ERA vorgesehen), in der Nähe von Lüneburg und Bleckede deutlich mehr als "weiter draußen". Wenn trotz Verkehrsmenge einer fehlt, ist es fast immer eine Landesstraße.

    Eher nach dem Klima: Umso wärmer, umso rücksichtsloser. Nur die Methoden variieren: In LA bekommst du den veganen Chai-Latte ins Gesicht gegossen; in Houston hält man die die AK47 unter die Nase…

    Am angenehmsten ist wahrscheinlich der Nordwesten (Portland und Seattle). Wobei letztere gerade eine neue S-Bahn-Linie haben und jetzt die Geschäftsleute Angst haben, dass ihnen diese die "falschen Leute" in die Stadt spült… Die Linie führt direkt zum Microsoft-Hauptsitz in Redmond…

    Deutlich entspannter sind die Kanadier – die Vorurteile gegen ÖPNV gibt es da gar nicht; nur glauben die, dass es 8 Monate im Jahr zu kalt sei, um mit dem Fahrrad zu fahren.

    Die Annahme, das Primat des Autos wäre eine deutsche Besonderheit, weil es damals von den Nazis durchgesetzt worden wäre, trügt. Das ist nur eine zufällige Koinzidenz, wie der Blick auf die Einstellung zum Auto im Ausland zeigt.

    Oh ja, vor allem in den USA hat das eine völlig andere Dimension, in der Nicht-Autofahrer als komplett unwichtig und teilweise nicht des Lebens würdig angesehen werden. Mit dem Rad fährt angeblich nur, wem wegen Suff der Führerschein abgenommen wurde und mit dem Bus fahren nur Drogensüchtige. In Wohngebieten werden Gehwege herausgerissen (!), damit da niemand herumgammelt - Erwachsene fahren schließlich mit dem Auto zum Nachbarn...

    Ne, aber die CDU lebt mal wieder ihre Kernkompetenz aus: Tote Pferde reiten.

    Zu dem anderen Artikel hinkt der Vergleich der Radweg-Längen natürlich gewaltig – denn NL wird kaum 44.000 km _fahrbahnbegleitende_ Radwege haben und nur die werden ja in DE so konsequent erfasst. Was noch so alles de facto oder de iure Radweg ist, dürfte kaum jemand so genau wissen und den Unterschied zumindest in Norddeutschland sehr viel kleiner werden lassen.

    Für das gar so grüne Ländle wäre hingegen die geforderte Verdreifachung irgendwo in der Nähe von "ein Anfang". Aktuell haben gerade einmal 15% der Bundes- und Landesstraßen in BaWü einen Radweg. In MV (!) ist das der Ausstattungsgrad der Kreisstraßen (und irgendwie glaube ich, dass BaWü mehr Kreisstraßen hat, die einen bräuchten als MV…).

    …und der Typ mit dem Fiat 500 hält sich entweder für einen Bus oder ein Fahrrad…

    Ich halte von der Lösung weniger, denn Bus-Spuren sollte eigentlich dazu da sein, dass die Busse darauf schnell fahren. Das ist so zwar immer noch schneller als zwischen den Autos stecken zu bleiben, aber der kann halt nicht voll durchziehen.

    Da finde ich den Ansatz in Amsterdam nett: Die Innere Spur ist Bus oder Straßenbahn mit 50 und die äußere Spur ist Fahrradstraße ("Autos zu Gast"). Aber dann würde in Berlin wohl die CDU komplett Amok laufen…

    Bei den Niederlanden dürfte die flächendeckend gute Fahrradinfrastruktur und flächendeckende Nutzung (nicht nur in Amsterdam um mal ein Vergleichsobjekt zu Kopenhagen zu haben) eine große Rolle spielen.

    Und darauf wollte ich eben hinaus: Kopenhagen ist sowohl die mit Abstand größte Stadt wie auch ein extremer Radverkehrs-Hotspot. In DE oder NL gibt es dagegen solche herausragenden Städte nicht – eher im Gegenteil gibt es mit Rotterdam und dem Ruhrpott große Bevölkerungszentren, die stark unterdurchschnittlich "beradelt" sind.

    Klingt wenig, ist aber bei etwa gleicher Pro-Kopf-Radfahrleistung und 1/14 der deutschen Bevölkerung […]

    Jo, den Teil vergisst man immer: Das Land ist im Vergleich zu Deutschland und selbst zu den Niederlanden winzig. Und das schlägt sich massiv auf die Jahresfahrleistung nieder: In DE addiert sich das auf ungefähr 42 Mrd. km, in NL auf 16 Mrd. km, in DK dagegen nur spärliche 3 Mrd. km.

    Dem Fußverkehr oberste Priorität einzuräumen, noch vor dem Fahrradverkehr halte ich für richtig.

    Außerorts ist Fußverkehr praktisch bedeutungslos – deswegen den Radverkehr übermäßig zu behindern oder völlig auszuschließen ist insofern unverhältnismäßig. Man kann von einem Radfahrer erwarten, dass er einen Fußgänger nicht übermäht – man kann aber von ihm nicht erwarten, kilometerweit Schrittgeschwindigkeit zu fahren, falls da doch jemand aus dem Gebüsch gesprungen kommt.

    Schon sind wir wieder bei Vorteil 2 der Kombispur, denn für Radfahrer gilt gleichzeitig eine besondere Sorgfaltspflicht aufgrund §10 ("...von einem anderen Straßenteil auf die Fahrbahn einfahren") -> Niemand hat Vorrang, beide müssen aufpassen :)

    "Niemand hat Vorrang" heißt in der Praxis, die Autos haben Vorrang – denn für die besteht ja keine Gefahr.

    Es fühlt sich mehr so an, als würden Autos auf dem "Radweg" rechts abbiegen und nicht so, als würden Radfahrer auf der Rechtsabbiegespur geradeaus fahren.

    Und DAS auch den Autofahrern zu vermitteln halte ich für schwierig. Ich befürchte, dass es von vielen als "Radweg endet hier, ab jetzt bist du nur noch Hindernis" interpretiert wird – man bedenke, wie viele Autofahrer nichtmal verstehen, dass ein dickes rotes Band, dass ihren Weg quert Vorrang haben könnte.

    Mein Eindruck aus Kopenhagen ist, dass man das dort macht, wo bei uns gar keine Abbiegespur wäre, etwa an der Einmündung in eine 30-Zone.

    In Dänemark ist es möglicherweise so geregelt, dass die Fahrradwege für den Fußverkehr freigegeben sind.

    In den Niederlanden genauso – ich glaube, Deutschland ist das einzige Land, wo man glaubt, außerorts explizit Gehwege ausweisen zu müssen. Anderswo darf man außerorts einfach auf dem Radweg laufen (dabei NICHT im Weg rumstehen!) und dann hat sich das.

    Von "Radverkehr in Skandinavien" zu reden ist schon komplett unseriös. Die herausragende Bedeutung hat er lediglich in Kopenhagen, während der Rest weit hinter (!) (nord)deutschen Verkehrsanteilen zurück bleibt. Und darauf dürfte auch die Sicherheit basieren: In Kopenhagen fragt man beim Abbiegen nicht "kommt da ein Radfahrer?", sondern "wann kommt eine Lücke?" und im Rest des Landes relativieren sich die Zahlen über die Verkehrsmenge. Dänische Infrastruktur außerorts würde ich sogar als oft extrem schlecht bezeichnen.

    Die von Yeti genannte Lösung, Rechtsabbieger und Radverkehr komplett zu mischen gibt es in Dänemark vereinzelt; meiner Meinung nach aber eher aus Platzmangel denn als gezielte Sicherheitsmaßnahme. Ob diese besser ist, ist schwer zu sagen – denn Kopenhagen ist wie gesagt ob der Massen nur bedingt eine Referenz.

    Die Idee den Radweg links an den Abbiegern vorbei zu führen hatten schon viele, aber mit Ausnahme der USA (die in Sachen Verkehrssicherheit jetzt nicht gerade ein Vorbild sind…) sehr bald wieder zu den Akten gelegt: Aus einem kurzen Konfliktpunkt bei geringer Geschwindigkeit (deren Durchsetzung wahrscheinlich 90% der Lösung wäre…) wird eine lange Konflikt-Strecke bei hoher Geschwindigkeit.