Ich schieb mal einen Erfahrungsbericht aus einer Verhandlung hinterher.
Ladung erhalten für Termin in 7 Wochen.
kurze Zeit später: Umladung erhalten für Termin in 4 Monaten.
Damit ist dann die vorgeworfene OWi ziemlich genau 12 Monate her. Aber mir egal. Dankbarerweise hatte die Bußgeldstelle mich über die Abgabe des Verfahrens an die StA informiert, so dass ich mir dank der Fotos in Erinnerung rufen konnte, wie das war.
Tatvorwurf lautete: Halten auf Schutzstreifen mit Behinderung.
Begründung: Fz hielt auf Schutzstreifen, ich konnte beobachten, wie Radfahrer hinter dem Fz den Gegenverkehr abwartete, dann auf den Gehweg am Hindernis vorbeifuhr
Terminbeginn: 11:30 Uhr
auf der Ladung hieß es schon, dass man wegen Einlasskontrollen rechtzeitig kommen soll. Ich war um 11:10 Uhr am Eingang. Flughafen-Feeling mit Metalldetektor und Ausweis zeigen.
Um 11:12 war ich vor dem Sitzungssaal. Keiner sonst aufm Flur. Gut, also warten.
Gegen 11:20 Uhr tauchte der Fz-Führer auf (von dem hatte ich unbewusst sogar ein Foto gemacht, konnte das also abgleichen), wenige Minuten später sein Anwalt. beide blieben zu mir auf Abstand. Die Unterhaltung zwischen beiden hatte nach dem, was ich mitbekam, wenig mit der Owi zu tun
11:40 Uhr - der laufende Termin war beendet und man bat alle Verfahrensbeteiligten zur Sache XY in den Verhandlungssaal.
Kurze Anwesenheitsprüfung durch den Vorsitzenden. Ich wurde gebeten, draußen zu warten. Also wieder vor die Türe.
Im Verhandlungssaal lief es dann so ab*, dass eine kurze Bestandsaufnahme der Situation (Vorwurf, Bußgeldbescheid) stattfand und der Vorsitzende direkt klar machte, dass er am Bußgeldbescheid inhaltlich nichts auszusetzen hätte. Es klang wohl auch so ein wenig die Frage durch, warum man sich hier treffen würde...
Der Fz-Führer argumentierte, dass er nicht woanders hätte halten können.
Vorsitzender: doch, andere Straßenseite.
Fz-Führer: das wäre ja viel gefährlicher, wenn er von dort aus die 6 Heizkörper hätte entladen müssen.
Vorsitzender: da stellt sich aber die Frage: für wen. Nämlich nicht für die Radfahrer, für dessen Schutz der Schutzstreifen da ist.
Fz-Führer: außerdem waren das ja nur 3, höchstens 4 Minuten
Vorsitzender: in der Zeit laden Sie 6 Heizkörper aus und könnten das Fz jederzeit entfernen? Außerdem ist schon das halten verboten.
Fz-Führer: wusste das mit dem Halten nicht
Vorsitzender: Autofahrer müssten auch mal lernen, dass ihnen nicht die gesamte Straße von Hauswand zu Hauswand gehört.
Daraufhin kam dann die Frage des Vorsitzenden, ob man dann in die Verhandlung einsteigen wolle. RA bat um Unterbrechung, verließ mit Fz-Führer den Verhandlungssaal auf den Flur.
RA: ich würde die Beschwerde(?) zum OLG empfehlen. Aber das müssen Sie wissen. Das ist ja auch eine Frage des Geldes
Fz-Führer: *unverständlich*
RA: das kann ich nicht sagen, aber so ungefähr 500-2000 EUR kämen da zusammen. Wenn sie eine Rechtsschutzversicherung hätten, würde ich den Gang zum OLG unbedingt empfehlen.
Fz-Führer: *unverständlich*
RA: Aber für diesen Schritt braucht es dann hier das Urteil. Sonst geht das nicht. Wenn wir das jetzt sein lassen, ja dann haben Sie den einen Punkt. Der ist dann fix.
Fz-Führer: ist ja dann mein erster
RA: dann ist das doch eigentlich auch kein Problem. Aber das müssen Sie wissen.
Fz-Führer: *unverständlich*
RA: aber so ist das im Ordnungsrecht aufgebaut: Verstoß, mit Behinderung, mit Gefährdung und dann Unfall mit allem
Fz-Führer: Radfahrer .... einfach so.. (teilweise unverständlich)
RA: ja, das ist die Behinderung
Beide sind dann rein, 1 Minute später wurde ich in den Saal gebeten und der Vorsitzende informierte mich, dass meine Aussage nicht mehr erforderlich sei, bedankte sich dennoch für mein Erscheinen und fragte nach evtl. Ansprüchen. Ich hatte ja das Formular bereits ausgefüllt, die Rechtspflegerin/Protokollantin unterschrieb das dann und ich kanns die nächsten Tage dann abgeben. Mein AG möchte die Kohle direkt haben, weil mir persönlich dann kein Abzug vom Gehalt droht. Ich bekomm also in dem Fall mein übliches Monatsgehalt und der AG dann den Bruttolohn für die Ausfallzeit.
Tjo. Ich kenne das Verhältnis Mandant-RA in diesem Falle nicht. Ich sehe aber, dass offensichtlich keine RSVersicherung vorhanden war. Und dennoch(!) geht man vor Gericht?! Um dem Mandanten dann auf dem Flur die OWi zu erklären?!
Da frag ich mich schon, was da im Verhältnis schief gelaufen ist. Als Unterstellung könnte ich formulieren, dass es dem RA darum ging, Geld zu machen. Aber immerhin hat er seinen Mandanten mit Rücknahme wohl vor den Gerichtskosten bewahrt. Und nun zahlt die Justizkasse meinen Arbeitsausfall, anstatt der Fz-Führer?
* weil ich wusste, dass ich als Zeuge vom Anfang nix mitbekommen werde, hatte ich Unterstützung dabei