In den letzten Tagen waren kleinere Hindernisse auf Wilhelmsburger Reichsstraße, A1, A7 angesagt.
Ich habe beruflich (im weitesten Sinne) damit zu tun und darf das - so ich denn möchte - täglich verfolgen.
Ist-Zustand: der Straßenverkehr in Hamburg befindet sich aktuell und unabhängig von Sommer/Winter/tralala an einem Kipp-Punkt.
Hier reichen mittlerweile kleinste Störungen im System aus, um aus einem halbwegs fließenden Verkehr einen stehenden zu machen. Und wenn der Verkehr, gerade in Hamburg, einmal steht, sieht's zappenduster aus. Hat mit der Grundhaltung zu tun, dass Kreuzungen nicht freigehalten werden und der Querverkehr in bereits blockierte Kreuzungen fröhlich hupend einfach reinfährt und somit weiteres Räumen verhindert.
Was sind nun diese Störungen im System?
alles. Das kann ein 2. Reihe-Parker an der falschen Stelle sein, ein Feuerwehreinsatz, eine Polizeieinsatz, Müllabfuhr - aber auch eine Arbeitsstelle.
Bei einer Spurverengung kommt das Egoistische des Durchschnittsverkehrsteilnehmers in Hamburg nochmal besonders zum Tragen:
Weil in Hamburg Reißverschlusssystem in der Regel nicht funktioniert, weil die Lücke zum Vordermann brutal zugefahren wird, so dass niemand mehr in die Lücke passt, wird sich schon mehrere hundert Meter vor der Verengung einsortiert. Schöner Rückstau.
Dann gibts es auf den Hamburger "Bypasses", also A1 und A7, die die Stadt wie Hosenträger einfassen, Abschnitte, auf denen ein Unfall/Sperrung recht folgenlos bleibt. Beispiel A1: Sperrt man hier die Fahrtrichtung Nord in Höhe Stillhorn, staut sich alles zurück und einige versuchen, über die Wilhelmsburger Reichsstraße auszuweichen.
Oder A7: Sperrt man hier die Fahrtrichtung Norden südlich der Abfahrt zur Köhlbrandtbrücke, ist das wenig dramatisch: es steht einfach alles.
Interessant wirds an der A1 zwischen den Anschlussstellen Dreieck HH-Süd und Kreuz Hamburg Ost. Ists hier wegen Unfall etc dicht, versucht eine signifikante Zahl KFZ-Führer, über das Stadtgebiet auszuweichen. A24-Horner Kreisel-Sievekingsallee-Bürgerweide-Heidenkampsweg-Elbbrücken. Oder Horner Rampe - B5 - Eiffestraße - Heidenkampsweg-Elbbrücken.
Was passiert, wenn das Verkehrssystem, das bereits am Kipp-Punkt ist, mit weiteren KFZ belastet wird?
Klar, es kippt. Und dann stehts auf der genannten Relation. Jetzt weicht eine Teilmenge der Autobahnumfahrer auf die Wohnstraßen aus. Wohnstraßen, die für die Verkehrsmenge nicht ausgelegt sind und einfach nur Umfahrungsverkehr aufnehmen müssen. Verkehr durch Leute, die einfach 1km weiter fahren, um das Gefühl zu bekommen, 20 Sekunden Staustehen gespart zu haben.
Und schon erzeugt man mit diesem Ausweichverkehr zusammen mit Systemstörungen wie 2.Reihe-Parker auch in den NEbenstraßen einen herrlichen Stau mit Kreuzungsblockiererei.
Das ist vergleichbar mit einem Kristallisationskeim, von dem ausgehend eine übersättigte Lösung (Straßenverkehr) letztendlich zu einem Kristallgitter (Stau) wird.
Im Hamburger Westen gibts gleichfalls so neuralgische Punkte. Sperrung/Einengung der A7 nördlich Abfahrt Othmarschen z.B.
Die 60.000 Kfz mehr sind auf der Gesamtfläche von Hamburg mit der durchschnittlichen Kilometerleistung per se nicht das Problem - wenn das System nicht schon seit Jahren am Kipp-Punkt wäre.