Beiträge von Pepschmier

    Man darf nicht verkennen, dass die gegenseitige Erziehung der Verkehrsteilnehmer durch Gewaltandrohung "mach mit, sonst darf ich dich plattmachen!") von Anfang an integraler Bestandteil des Konzepts "öffentlicher Straßenverkehr" gewesen ist.

    Gerade Radwege und die Radwegebenutzungspflicht veranschaulichen diese "Governing-by-Inactivity"-Praxis sehr gut: eigentlich ist die Gefährdung von Radverkehr auf der Fahrbahn streng verboten. Erst die Nachtwächterrolle des Staates sorgt dafür, dass man genügend als "Übersehen" verklausulierte vorsätzliche Übergriffe auf Fahrbahnradler zusammenbekommt, die die Anordnung von Fahrbahnverboten als aus Gründen der Verkehrssicherheit unumgängliche und einzig mögliche Gegenmaßnahme erscheinen lassen.

    Ergänzung: ich halte das angesprochene "Laissez-Faire" der staatlichen Instanzen übrigens nicht für eine deutsche Besonderheit. Das läuft weltweit mit nur geringen Nuancen gleich.

    Das Bild der Justizia mit Augenbinde und Waage ist halt falsch. Wir tragen es aber trotzdem wie eine Monstranz vor uns her. Wir wissen, dass es Unterschiede gibt zwischen Gefährdung im Straßenverkehr und Gefährdung z.B. im Supermarkt, wir gebens halt einfach nicht zu, weil es peinlich wäre. Meine Meinung.

    Selbst wenn ich zu Fuß unterwegs bin: zack, Fahrbahn nicht auf dem kürzesten Wege (also im rechten Winkel) überquert, sondern "schräg". Oder bei rot über die Ampel, weil niemand kommt.

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    Aber es geht ja nicht nur um die Einhaltung der Regelungen, sondern auch um ihre Pervertierung? Mir tut die Omma am Rollator leid, die 1,5km zum nächsten Zebrastreifen latschen soll, um über die Straße zu kommen, und wieder 1,5km zurück, nur um jemanden auf der Straßenseite gegenüber zu besuchen. Und wenn sie beim "Scheiß-drauf" überfahren wird, ist sie schuldig?

    Auch die Einrichtung von Schmutzstreifen als reine Dooringzonen von parkenden Autos und die anschließende Verwarnung eines Radfahrers, weil er eben *nicht* im Schmutzstreifen fuhr, ist doch eigentlich irre.

    Will sagen: Nicht alle Verstöße von Radfahreren und Fußgängern gegen die Regelungen sind bösartig, viele sind m.E. Protest gegen eine gefühlte Diskriminierung gegenüber dem "roten Teppich Autoverkehr".

    Inhaltlich m.E. gleicher Sachverhalt: Ein Kunde muss an der Supermarktkasse warten und ist darob erbost. Er zieht seinen Baseballschläger raus und fuchtelt damit in der Luft rum. Dame vor ihm kann knapp ausweichen und erstattet Anzeige.

    Kenn mich zwar nicht aus, aber ich *glaube* nicht, dass die StA auf den Privatklageweg verweisen würde. Aber wo ist der Unterschied?

    Net schlecht, gut geraten!

    So sehr ich auch begrüße, dass ich da nicht mehr auf dem Radweg fahren muss, manchmal könnte man fast den Glauben an das Gute im KFZ-Lenker verlieren auf der Strecke.

    Die ist aber auch als Fußgänger super :). Wollte sie neulich von Norden nach Süden überqueren, an der "Abschußrampe", da wo sie auf die Wilhelm-Busch trifft.

    Erst ist mir eine Irre beim ungebremsten Rechtsabbiegen mit Auto fast über die Schuhspitzen gerast. Ich geh einen Schritt zurück, da kommen noch zwei, keiner hält da an. Dann verrenke ich mir den Hals, ob nicht noch ein Irrer von hinten daherkommt, gehe los. In der Mitte der Fahrbahn hupt mich unvermittelt ein alter weißer Sack im SUV an, der von der gegenüberliegenden Seite aus gradeaus gefahren ist. Schimpft und fuchtelt wild mit den Ärmchen.

    Ich wollt nur zu Fuß zur Fahrradwerkstatt, mein Rad abholen. Es ist absolut irre.

    Im Gegensatz zu den armen Autofahrern, die mit Blitzern terrorisiert werden, von Zettelhexen verfolgt und Führerscheinstellen drangsaliert werden.

    Dazu hab ich auch einen, vor vielen Jahren in FFB: Ich geh ausnahmsweise zu Fuß in die Stadt und seh aus ca.20 Metern Entfernung, wie auf der Augsburger Straße einer links an einer Querungshilfe vorbeirast, weil von rechts jemand über die Straße geht. Dabei überfährt er beinahe ein kleines Mädchen, das mit ihrem Kinderfahrrad der Mama vorausfährt. Die Mama schiebt grade das zweite, noch kleinere Kind auf seinem Gehrad über die Straße. Es ging wirklich um Zentimeter. Mädchen stürzt vor Schreck.

    Ich biete der völlig aufgelösten Frau das Kennzeichen und mich selbst als Zeugen an.

    Ein paar Tage später ruft mich die Frau an und sagt, die Polizei hätte sie grade benachrichtigt: Das Ganze sei eingestellt, weil es sich offenbar um einen Firmenwagen handelt und nicht festgestellt werden konnte, wer tatsächlich gefahren ist.

    Angeblich war er "erbost", weil er wegen einem Bus o.ä. warten musste und hat dann eine Fußgängerin bedroht, die sich nur noch durch einen Sprung zur Seite vor dem Überfahrenwerden retten konnte. Die hat dann Strafanzeige erstattet. Wenn das die Staatsmacht nicht interessiert und einem sagt, man soll sich gefälligst selber um seinen Mist kümmern - mein lieber Schwan, das gibts wohl auch nur im Straßenverkehr?

    Code
    141090 Sie hielten auf einem Geh- und Radweg (Zeichen 240/ 241*)). 0 
    § 41 Abs. 1 iVm Anlage 2, § 49 StVO; § 24 Abs. 1, 3 Nr. 5 StVG;
    -- BKat Tab.: 741034
    50,00

    Da ist der gesuchte TB. Seltsamerweise kostet das für Fahrzeuge >3,5t (bei getrenntem Rad/Gehweg oder separtem Radweg ) auf dem Radwegteil 50 Eur und auf dem Gehwegteil 100 Eur....

    Autofahrer sind immer auch Fußgänger, nämlich auf dem Weg zum/vom geparkten Fahrzeug, oder beim Gassigehen mit dem Wauwau, der zuvor im Käfig im Kofferraum rantransportiert wurde.

    Fahrradfahrer sind halt immer nur Fahrradfahrer.

    Ich kenne nur sonstige Radwege, die sind aber baulich vom Fußweg unterscheidbar und gehören für mich in die Kategorie getrennter Fuß-/Radweg (ohne Benutzungspflicht).

    Ok, für alle, die diese Dinger nicht kennen: Die StVBs in ganz Deutschland können gemeinsame Geh/Radwege kennzeichnen, deren Benutzung freiwillig ist. Das sieht dann so aus:

    Geh- und Radweg mit Markierung

    VCD-PM 09/2018 - Geh- und Radwege ohne Benutzungspflicht können nun eindeutig gekennzeichnet werden

    Wenn jemand eine RWBP weg haben möchte, weil die Voraussetzungen dafür fehlen, sollte er m.E. die Behörde fragen, warum sie denn nicht diese Variante wählt? Für den ein oder anderen, der sich wg. RWBP im Clinch mit seiner StVB befindet, vielleicht ein ganz brauchbares Argumentations- und/oder Druckmittel.

    Und was wäre dann tatsächlich anders

    Die meisten der Blauschilder sind illegal, die wären dann weg. Was die Radler draus machen, überlass ich ihnen. Die Leute auf die Straße (sic.) zu zwingen, nur damit der StVO genüge getan ist, sehe ich nicht als mein Ziel. Tatsächlich gehts mir in erster Linie darum, diese Schilder wegzubekommen. Die freiwilligen Radwege könnten dabei helfen. Vielleicht. Weiß nicht. Besser als Blauschilder sind sie für mich allemal. Oder nicht?

    Solange es erlaubt bleibt, auf den Gehwegen zu fahren, wird sich nicht viel ändern.

    Für mich persönlich ändert sich dadurch schon etwas, weil ich dann nämlich endlich legal auf der Fahrbahn fahren würde :). Der StVB bräche das Argument der Alternativlosigkeit unter dem Hintern zusammen und wenn alle (innerörtlichen) "Radwege" freiwillig wären, würde sich das vermutlich auch schnell in der nichtradfahrenden Gesellschaft rumsprechen. Sogar deine Bekannte würde es vermutlich irgendwann mitkriegen, dass sich was Grundlegendes geändert hat.

    Ich finde man sollte alle StVBs mit den freiwilligen Radwegen piesacken und eine Stellungnahme dazu einfordern, warum sie nicht zum Einsatz kommen.

    Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass ein Gericht zum Beispiel in diesem Fall die Rechtmäßigkeit der RWBP bestätigen würde, falls der Landkreis STD es tatsächlich auf eine Klage ankommen lassen würde.

    Ich verstehe nicht, warum die Behörden in solchen Fällen nicht den "freiwilligen Radweg" anbieten. Das Ding gibts jetzt m.W. seit 2017 und ist bundesweit einsetzbar. Außerdem ist damit allen geholfen (niemand wird gezwungen, auf der Fahrbahn zu fahren) und das Ganze ist rechtskonform.

    Ich habe das per email bei der StVB FFB nachgefragt, aber nie eine Antwort erhalten. Ich weiß nicht, wie ich die Typen zu einer Stellungnahme zwingen kann. Hast du in Stade mal nachgefragt?

    Zum "Trainingsvideo": Die Staatsanwaltschaft wird wohl doch aktiv:

    https://www.stern.de/panorama/weltg…n-30900688.html

    Jetzt, nachdem halb Deutschland das Video kennt, kann dem leistungstragenden SUV-Fahrer m.E. nur noch eine Verbindung zum Justizministerium helfen. Denn

    Zitat

    Die Beamten der Staatsanwaltschaft haben den dienstlichen Anweisungen ihres Vorgesetzten nachzukommen.

    § 146 GVG - dejure.org

    Aber hey, Kopf hoch! Schließlich hats der Otto Wiesheu 1993 noch zum bayerischen Verkehrsminister geschafft, nachdem er 1983 stockbesoffen mit seiner Dienstlimousine einen polnischen Staatsbürger totgefahren und einen zweiten fast totgefahren hat.

    Es gibt also noch Hoffnung für Freie-Fahrt-Wer-bist-du-dass-du-mich-duzt-Bürger.

    Noch schlimmer: einer der Radfahrer hat doch glatt den Stinkfeiner (interessant, was die Autokorrektur so fabriziert - muss ich mir merken!) gezeigt - beim Gestikulieren nach knappem Überholen. Man darf gespannt sein, was die StA als schlimmer wertet: einen Effenberger nach einem Engüberholen - oder ein Ausbremsen, einen Vomradholversuch zu Fuß und dann ein Abdrängen mit dem Auto als Reaktion auf den Effenberger oder die bloße Existenz von Radfahrern.

    Yep. Mir ist auch schon mal der "Stinkfeiner" rausgerutscht und anschließend hab ich mir immer gedacht: "Mist, jetzt muss ich wohl 800 Euro Strafe zahlen (soviel kostet m.W. der Effenberg) und der Typ kriegt bestenfalls ne 15-Euro-Owi wegen Mordversuch. Toll."

    Aber du kannst ja auch 30 Jahre lang im Straßenverkehr wie eine Drecksau unterwegs sein, ohne behelligt zu werden, aber wehe du legst einen 50-Euro-Schein auf den Kopierer und versuchst damit zu bezahlen. Da trifft dich aber die Härte des Staates. Man muss halt Prioritäten setzen. :)

    Genauso kenne ich das auch aus MEINER alten Heimat:

    klick

    Im LK FFB ist man immer noch am planen. https://www.lra-ffb.de/mobilitaet-sic…itaetsstationen

    Zitat

    Das Vorhaben, Mobilitätsstationen im Landkreis Fürstenfeldbruck aufzubauen, geht auf einen Kreistagsbeschluss von Juli 2017 zurück.

    [...]

    Zusammen sehen die elf beteiligten Kommunen und das Landratsamt die Einrichtung eines Netzes aus 63 Mobilitätsstationen sowie fünf ergänzenden Radstationen mit insgesamt 403 Leihrädern, 19 E-Leihlastenrädern und umfangreicher Infrastruktur für das eigene Fahrrad vor. Die Eröffnung der ersten Stationen ist derzeit für das zweite Halbjahr 2022 vorgesehen.

    Aber es gibt nicht den Hauch einer Anstrengung, den ubiquitären, alles erstickenden MIV aus der Stadt und den Gemeinden rauszukriegen. Da helfen m.E. auch Mobilitätsstationen nicht, weil du ohne Stress und Lebensgefahr gar nicht hinkommst. Die drastische Reduzierung des MIV ist m.E. nicht die Folge von solchen Maßnahmen, sondern die Voraussetzung für ihren Sinn.