Solange jedenfalls der von Gerhart beschriebene Missstand besteht, werden sich Menschen auf "traditionellen Fahrrädern" ausgegrenzt fühlen von dem schnell dahinrollenden Pedelec-Fahrradverkehr. Und die Anzahl der Menschen, die das Pedelec als Pendler-Fahrzeug entdeckt haben, wird möglicherweise geringer sein, als diejenigen, denen die Lust am Fahrradfahren vergangen ist, weil ihnen die "Fahrradwelt" zu "schnelllebig" geworden ist.
Durch den von Gerhart beschriebenen Missstand werden sich wohl eher die Menschen davon abhalten lassen, zu Fuß zu gehen, solange das asoziale rücksichtslose Gehwegradeln nicht geahndet wird.
Aber sonst teile ich die Sorge nicht. Hier in Stade bin ich meistens der Schnellste. Jedenfalls kann ich mich nur an sehr wenige Situationen erinnern, wo ich mal im Stadtverkehr von anderen Radfahrern überholt wurde. In anderen Städten passiert mir das aber regelmäßig, was darauf hindeutet, dass in Städten, in denen mehr Menschen das Rad nutzen, auch mehr Menschen schneller fahren. Da ich eher derjenige bin, der mit dem motorlosen Fahrrad die Pedelecs überholt, ist meine Beobachtung auch nicht durch den zunehmenden Anteil von Fahrrädern mit E-Unterstützung zu erklären.
Eine brauchbare Infrastruktur erlaubt es auch, dass problemlos Radfahrer mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten unterwegs sind. Handtuchbreite "Radwege" sind dazu eher nicht geeignet, aber auf der Fahrbahn bin ich bisher immer an langsameren Radfahrern vorbeigekommen, auch wenn ich mal kurz langsamer werden musste, um eine Lücke abzuwarten.
Wir haben aktuell wieder eines der Lastenräder unserer Lastenradinitiative bei uns zuhause, bzw. im Geschäft meiner Frau stationiert. Wenn das Rad gerade nicht ausgeliehen ist, nutzt meine Frau es auch gerne für Erledigungen und vor allem auch für Strecken um die 10km, die sie sonst mit dem Auto gefahren wäre. Zum Einen, weil sie auf dem Lastenrad alles mitbekommt, was auf ihrem normalen Fahrrad schon schwierig wird (z.B. Werkzeug) und zum Anderen sicherlich auch, weil das Lastenrad einen E-Motor hat. Ich beobachte auch im Freundes- und Bekanntenkreis, dass das Pedelec die Hemmschwelle, anstatt mit dem Auto das Fahrrad zu nutzen, deutlich herabsetzt. Insofern ist das keine Entwicklung, die ich mit Sorge betrachte, sondern die mir Hoffnung macht, dass das Fahrrad -egal ob mit oder ohne Motorunterstützung- weiter an Bedeutung im Alltagsverkehr gewinnt.