Es gibt Stimmen, die das Gegenteil behaupten: Bei geringen Geschwindigkeiten hilft der Helm etwas, bei höheren Geschwindigkeiten zerbricht der so schnell, dass es kaum eine Schutzwirkung mehr gibt.Keine Ahnung, was tatsächlich stimmt.
Der Zusammenhang zwischen Tempo und Risiko dürfte wohl weniger in der Gefahr des erhöhten Schadpotentials, als vor allem in der erhöhten Wahrscheinlichkeit des Unfalleintretens liegen. Größere Geschwindigkeit verkürzt die Reaktionszeit aller Beteiligten, zudem sind im Rennsport gleichzeitig auch dichtestes Auf- und Nebeneinanderfahren Teil des üblichen windschatten-suchenden Fahrstils.
Bislang war allerdings eigentlich Konsens, dass Helme vor allem bei den leichteren Stürzen helfen (Umfallen aus dem Stand...), und dass sie bei schweren Unfällen (Seitlicher Aufprall eines KFZ mit üblichen Fahrgeschwindigkeiten, LKW-Abbiegerunfall) eher nutzlos sind. Überraschenderweise kam vor kurzem eine Metastudie im Auftrag der helmpflicht-freundlichen Landesregierung von Baden-Würtemberg zu der gegenteiligen Erkenntnis. Demzufolge hat der Helm bis zu einer maximalen AIS-Schwere von 2 nur einen eher marginalen Effekt, während gerade bei den lebensgefährlichen Stufen AIS 3-5 der Schutzeffekt mit wachsender Schwere zunimmt!
Ich halte diesen Befund für physikalisch völlig unglaubwürdig. Bei den schweren Impact-Graden waren außerdem die Fallzahlen in jeder mir bekannten Case-Control-Helmstudie *viel* zu gering, um für eine verlässliche Signifikanzaussage der statistischen Befunde zu taugen. An der fehlenden Signifikanz bei den schweren Schäden ändert sich auch nichts, wenn man zehn oder zwanzig Studien mit jeweils vollkommen unterschiedlichen Stichproben mischt. Zehnmal Bullshit bleibt immer noch Bullshit.
Grundsätzlich ist Radeln für den Kopf aber so ungefährlich, dass ein besonderer Schutz dabei sowieso nicht erforderlich ist. Es gibt zwar unstreitig eine große Zahl an Kopfverletzungen beim Radeln, aber Radfahren ist nun mal auch eine Tätigkeit, die tagtäglich in Deutschland während kumuliert Zigtausenden von Mannjahren ausgeübt wird. Es ist völlig normal und akzeptabel, dass es dabei auch zu einer Handvoll schwerer Kopfverletzungen kommt.
Hinzu kommt, dass die vermeintlich große spezifische Kopfgefährdung beim Radeln nur auf einer statistischen Laune beruht: das Verkehrsunfallstatistikgesetz bestimmt, dass Unfallverletzungen nur dann als Verkehrsunfallfolgen gezählt werden, wenn am Unfall ein Fahrzeug beteiligt gewesen ist. Damit liegen all die vielen schweren Kopfverletzungen, die Fußgängern da draußen tagtäglich bei Alleinstürzen passieren, außerhalb unseres statistischen Horizonts. Dabei sind es immer die Senioren, die sowohl als Fußgänger wie auch als Radfahrer, aus-dem-Bett-Faller oder Treppensteiger von Kopfverletzungen besonders schwer betroffen sind. Wenn überhaupt, dann brauchen wir nicht den Fahrradhelm, sondern den Seniorenhelm, weil der unabhängige Risikofaktor eben nicht das Verkehrsmittel, sondern in Wirklichkeit das hohe Lebensalter ist.