Zunächst mal ist da eine Straße, auf der 100 erlaubt ist. Die Temporeduktion macht in jedem Fall Sinn, weil Reaktionszeiten konstant sind, Reaktionswege aber stark von der Geschwindigkeit abhängig. Das heißt, je geringer die Geschwindigkeiten, desto größer ist die Chance, dass die richtige Reaktion rechtzeitig erfolgt, d. h. bevor es zu einem Zusammenstoß kommt. Bremszeiten und Bremswege sind überproportional länger je höher die Geschwindigkeit ist, da macht also eine Temporeduktion noch mehr Sinn!
In Frankreich wurde vor ein paar Monaten das generelle Tempolimit auf Landstraßen von 90km/h auf 80km/h reduziert.
In Deutschland gilt nach wie vor 100 km/h.
1) 100 sind nur erlaubt, wo und wenn man dadurch niemanden gefährdet. So wie du schreibst, klingt es, als habe man als Kraftfahrer "nichts falsch gemacht", wenn man außerorts einen Radfahrer von hinten umnietet, solange man jedenfalls dabei nicht schneller als 100 war...
2) Die Rate der in ganz Deutschland durch schnelle mehrspurige KFZ außerorts von hinten totgerammten Radfahrer beträgt nur 20-30/Jahr. Das statistische Risiko bezogen auf den einzelnen Streckenkilometer Landstraße ist damit vernachlässigbar klein. So klein, dass es z.B. keine einzige Straße in ganz D gibt, auf der in den letzten sechseinhalb Jahren (länger beobachte ich das Unfallgeschehen noch nicht) zwei oder mehr Radfahrer totgefahren wurden. Fatale Unfälle diesen Typs finden zudem nur selten auf schnell und stark befahrenen Bundes- und Landesstraßen statt, sondern sehr oft auf eher schwach befahrenen unbedeutenden Kreisstraßen.
3) Dass jede Senkung der Höchstgeschwindigkeit das abstrakte Risiko senkt, ist trivial, aber keineswegs fahrradspezifisch. Auch, wenn das Fahrrad niemals erfunden worden wäre, gäbe es die gleichen guten Gründe dafür, auf der Landstraße das Tempo zu drosseln. Über 90% der Landstraßentoten sitzen schließlich nicht auf einem Fahrrad, und bei Verletzten ist der KFZ-Anteil noch höher.
4) Eine Senkung der außerörtlichen Geschwindigkeiten ist paradoxerweise insbesondere da geboten, wo es bereits Radinfrastruktur gibt. Der größte Teil der Radfahrer-Todesfälle geschieht auch außerorts bei Fahrbahnquerungen und Vorfahrtkonflikten, wovon wiederum ein ganz erheblicher Anteil Fälle betrifft, wo Radfahrer bei einer Querung vom/zum Einseiten-Zweirichtungsradweg mit dem (zu) schnellen KFZ-Verkehr kollidiert sind.