Aber nachdem ich jetzt noch ein bisschen recherchiert habe zu dem konkreten Fall, den Th(oma)s verlinkt hat, stellt sich schon die Frage, ob in diesem Fall die Entscheidung ein Ghostbike aufzustellen richtig ist. Es handelt sich nach bisherigen Erkenntnissen um einen Alleinunfall, der anscheinend nichts mit einer Fahrradverkehr-feindlichen Infrastruktur zu tun hatte.
Die Mahnwachenszene "feiert" mittlerweile den 13. "getöteten" (sic!, Passivum) Radfahrer im laufenden Jahr in Berlin, obwohl es sich bei sieben und damit über der Hälfte der Fälle nach den vorliegenden Informationen um Alleinstürze gehandelt hat. In 4 der 7 Fälle gab es vor Ort "Infrastruktur".
Zwei Opfer gab es in 2023 bislang zudem durch über Radverkehrsanlagen rechtsabbiegende Schwer-LKW. (zwar direkte Infrastruktur-Unfälle, aber wegen prinzipieller Probleme beim Rechtsabbiegen nichts, wo die Verkehrsplanung bisher alternative bessere Lösungen entwickelt hätte)
Ein Radfahrer wendete/bog links ab bei Dunkelheit auf einer durch Mittelgrünstreifen getrennten Hauptstraße und geriet in den Gegenverkehr jenseits der Mittelinsel. In einem weiteren Fall mit ähnlich gelagerter baulicher Konstellation zog eine Radfahrerin zum Linksabbiegen vom rechten Fahrstreifen unangekündigt nach links auf die zweite Spur, wo sie von einem dort in gleicher Richtung fahrenden PKW erfasst wurde. In beiden Fällen hätten die Radfahrer bis zum Abbiegen auf dem nicht-benutzungspflichtigen Hochbord fahren dürfen (ohne dass das "Infrastruktur" allerding den Fahrfehler unwahrscheinlicher gemacht hätte...).
Ein Radfahrer wurde "getürt", als ein Taxifahrgast auf der Beifahrerseite aussteigen wollte; das Taxi hielt am Ende einer Parkreihe, die die neue PBL auf der Kantstraße schützen (hüstel) sollte. Infrastruktur-Kollateralschaden trotz/wegen zeitgeistiger PBL-Führung hinter Parkreihe.
Eine Radfahrerin verlor im dörflichen Umfeld des nur 3000 Einwohner zählenden, weitab vom Großstadtgewusel tief im Wald gelegenen Stadtteils Müggelheim die Kontrolle über ihr Ebike, als sie in den losen Sand rechts der Fahrbahn geriet, während sie (nach Spurenlage mit ausreichendem Abstand) von einem Linienbus überholt wurde. Sie stürzte und wurde überrollt. Keine Fahrrad-Infrastruktur vorhanden, aber angesichts des Umfeldes auch nicht zu erwarten, dass sich so eine Tragödie an selber Stelle in den nächsten 500 Jahren wiederholen wird.
Die aufgezeigte vollkommen inhomogene Gemengelage der Unfallhergänge lässt mich ratlos zurück, wenn ich darüber nachdenke, welche Art der Infrastruktur eigentlich die Mahnwachenszene mit ihrem Aktivismus zur Bekämpfung dieses Unfallgeschehens durchsetzen wollen könnte?