Beiträge von Th(oma)s

    Was mich etwas verwundert ist die Aufteilung bzw das Verhältnis: 150TS zu 2 Monate.

    Sehr viel zu lächerlich.

    Ein Fahrverbot kann nach §44 StGB als Nebenstrafe angeordnet werden, wenn eine erzieherische Einwirkung auf den Delinquenten für erforderlich gehalten wird. Bei glaubhaftem Augenblicksversagen ist die Wiederholungsgefahr sehr gering. Eine stärkere erzieherische Disziplinarmaßnahme wäre angebracht, wenn es sich beim Täter um einen notorischen jugendlichen Heißsporn gehandelt hätte.

    Es ist sein Recht, den Fall vors Gericht zu bringen, auch wenn er sich mit dieser Strafe im üblichen (also bei tödlichen Unfällen mit Kfz relativ milden) Rahmen bewegt.

    Die 150 Tagessätze sind der höchste Wert, den ich bisher für fahrlässige Tötung von Radfahrern wahrgenommen habe. Bei rechtsabbiegenden LKW-Führern sind 60-90 TS die Regel.

    Zitat

    Spätestens bei einer Tötung sollte der Lappen m. E. für immer weg sein.

    Du willst offenbar mehr Fahrerflucht haben.

    Sofern dadurch kein Schaden entstand (außer an der ohnehin schon lädierten Seele des Radfahrers) ist das ein "Gar-nichts-Vorfall".

    Es ist jedenfalls nichts, was davon wegginge, wenn polizeiliche Verkehrsunfalmeldung nach fahrlässigkeits-bedingten Verkehrsunfällen die Schuldanteile von KFZ-Führern stärker herausstreichen würden. Dumpfbacken, die Flaschen schmeißen können wahrscheinlich nichtmal lesen.

    [Flaschenwurf] Dann ist es "amtsbekannt" geworden und eben kein Dunkelfeld mehr.

    So eine Tat ist jedenfalls auch kein aus Fahrlässigkeit verursachter Verkehrsunfall, der dadurch begünstigt wurde, dass die Medien bei Unfallursachen nicht korrekt Ross und Reiter benennen würden. Das wäre dann schon eher eine Tat, die ihre höhnische Legitimierung erst aus dem unermüdlichen "Radfahren? Viel zu gefääährlich!!!"-Kesseltreiben der Radwegfreunde zieht.

    Das Dunkelfeld betrifft ja alle Bereiche und in der Regel liegt es einfach daran dass die Polizei simpel die Arbeit scheut und entsprechend Energie in die Vermeidung reinsteckt, oder spätestens der Staatsanwalt das Verfahren einstellt.

    Was du da beschreibst ist nicht das "Dunkelfeld". Dunkelfeld ist nicht, wenn man nach Bekanntwerden eines Ereignisses keinen Täter ermittelt oder ihn zwar ermittelt, aber dann nicht bestraft. Dunkelfeld ist, wenn staatliche Instanzen erst gar nicht informiert werden. Gerade bei Todesfällen ist da aber in Deutschland nicht mit zu rechnen. Bei Verdacht auf nicht-natürlichen Todesfall muss erstens autopsiert werden und zweitens besteht dann Meldepflicht der Krankenhäuser an die Polizei.

    Auch bei Kinderunfällen ist das Dunkelfeld aufgrund der Meldepflicht für Schulwegunfälle äußerst klein. Das gilt dann auch für die Erfassungsquote von Bagatellen.

    Das Dunkelfeld setzt sich also ganz überwiegend aus Unfällen zusammen

    -an denen keine Kinder beteiligt sind

    -an denen keine KFZ beteiligt sind

    -deren Schwere nicht dazu führten, dass jemand ins Krankenhaus kam

    -an denen niemand verstorben ist.

    Umgekehrt gilt, dass Unfälle mit KFZ-Beteiligung und mindestens krankenhauspflichtiger Verletzungsschwere *nicht* der Erfassung entgehen.

    Nach dem, was man so aus der dortigen Fahrrad-Bubble hört, ist eher überraschend, dass es fast die Hälfte tut… In Nordamerika kommt ja noch eine völlige Gleichgültigkeit gegenüber Verkehrsregeln dazu, die durch die Gestaltung der Straßen noch gefördert wird. Mehr USA als Kanada sind dagegen Kommentare in Richtung "wenn ich einen Fußgänger töte, tue ich der Gesellschaft einen Gefallen".

    Meine persönliche Erfahrung aus den USA ist das genaue Gegenteil: ich habe als Fußgänger, Autofahrer und auch als Radfahrer noch nirgendwo so tiefenentspannte und fehlerverzeihende Autofahrer erlebt wie dort (New York, Boston, Maine, Montreal, Toronto, San Antonio, Tampa/St. Petersburg, Miami). Die allgemein laxe Einstellung den Verkehrsregeln gegenüber will ich damit nicht bezweifeln, ich halte das aber jedenfalls nicht für eine Spezialität der autofahrenden Verkehrsteilnehmer.

    Oder aber du unterschätzt, wie auch solche Meldungen, die ja oftmals von der Lokalpresse wörtlich übernommen werden, dazu beitragen, die Gleichgültigkeit gegenüber den Verkehrsregeln zu normalisieren.

    Die Erosion der guten Sitten gegenüber Radfahrern mittels „für-normal-Erklären von Verbrechen“ erfolgt nicht über die Diktion der polizeilichen Unfallberichte, sonder indem ausnahmslos alle Instanzen da draußen (Medien, soziale Medien, NGOs, Rechtsprechung, Ordnungsbehörden, Gesetzgeber) unisono ins „Radfahren ohne Radweg? Wohl waaahnsinnig geworden?“-Horn blasen.

    Klar ist es ein Überforderungsphänomen. Wenn im wilden Westen täglich tausende durch Tombstone geritten wären, im schnellstmöglichen Galopp, auf Pferden, die das dreifache eines normalen Pferdes wiegen, wär von der Stadt nicht viel übriggeblieben. Hammse nicht gemacht, wir aber machens und glauben, wir könnten das.

    [ ] Du weißt, welche drastischen Folgen der Betrieb des Verkehrsmittels "Pferd" für Reiter, Fußgänger und Anwohner hatte.:evil:

    Pferde im Straßenverkehr

    Davor steht aber außerdem die Pflicht, sich beim Rückwärtsfahren einweisen zu lassen, wenn man den Bereich, in den man einfährt, nicht einsehen kann. Das Eine benennt die Polizei, das Andere nicht. Warum?

    IMO wird die erzieherische Wirkung von Pressemeldungen maßlos überschätzt. Niemand reflektiert beim Tun und Lassen bewusst die Folgen einer Fahrlässigkeit. Vielmehr geht man aus Erfahrung davon aus, dass man wie immer alles ausreichend unter Kontrolle hätte und alles gutgehen wird. Wenn man vorher wüsste, dass man jetzt gerade ausnahmsweise im Begriff ist, sich zu verspekulieren, würde man auch ohne polizeiliche Mahnungen die Fahrlässigkeit einfach bleiben lassen. Das gilt übrigens auch für die Opfer von Fahrlässigkeiten.

    In dem Zusammenhang: die Nennung der ad-hoc-Unfallschuld in der Presse und in polizeilichen Statistiken ist eine nationale Besonderheit in Deutschland. Im Ausland wird das weltweit entweder gar nicht erst systematisch erfasst (die Unfallschuldverteilung wird da nur im Einzelfall im Haftungsprozess vor Gericht festgestellt), oder die Einschätzung der Polizei wird jedenfalls nicht an die große Presse-Glocke gehängt. Da das Unfallrisiko in Deutschland nicht signifikant negativ vom Ausland (zB den NL oder DK) abweicht, kann man davon ausgehen, dass die Art und Weise der deutschen Berichterstattung auch keine (v.a. keine negativ) lenkenden Auswirkungen auf das Unfallrisiko hat.

    Theoretisch ja. Es kann aber auch das Gegenteil passieren: Dadurch, dass 99% ausweichen, beachtet man die Vorschriften nicht mehr. Hand aufs Herz:
    Wenn du nie auf die Fahrzeuge links neben dir geachtet hättest, hättest du dann bereits einen Unfall mit einem Rechtsabbieger gehabt? Meine Antwort wäre: Einen? Hunderte.

    Du unterstellst Vorsatz im Sinne eines kaltblütigen Abwägens vor dem Regelbruch. Das ist schon allein deswegen Unsinn, weil es niemand [TM] gerne mag, wenn er eine unverschuldete Beule in der eigenen Karosse hat, selbst wenn also einem die Gesundheit seiner Mitmenschen am Allerwertesten vorbeigehen sollte, wird man aus eigenem Antrieb aufpassen, dass man keinen anfährt. Wäre das anders, hätten wir nicht 15 Rechtsabbiege-Tote jährlich, sindern 15.000.

    Ja, genau wie alt sein und insbesondere die Kombination alt sein + Rollator erhöht das Risiko überfahren zu werden. Ich finde es schrecklich, dass ausweichen scheinbar zum Straßenverkehr gehört. Und wer es nicht kann, ist dann eben tot. Insbesondere, da die Gefahr, die von einer alten Person mit Rollator ausgeht, nahezu gegen Null tendiert.

    Unser Rechtssystem sieht bei drohender Schädigung grundsätzlich eine Mitwirkungspflicht auch des potentiell Geschädigten bei der Abwendung/Minimierung eines Schadens vor. Außerhalb der StVO-Regeln wäre da zB § 254 BGB einschlägig (was ja von der Rechtsprechung gerne als Hebel genutzt wird, die vermeintlich sozial erwünschte informelle Helmpflicht für Radfahrer durchzusetzen). Innerhalb der StVO greift § 1, denn das Schädigungsverbot gilt unabhängig vom konkreten Regelverletzer pauschal für Jedermann. Ich halte diese Praxis gerade aus sicherheitstechnischem Blickwinkel für sehr sinnvoll, denn die dadurch bewirkte Redundanz beim Aufpassen und Handeln schafft enorme Sicherheitsreserven. Ich denke daher auch, dass die Interpretation der PM-Formulierung "Person B ist nicht ausgewichen" im Sinne von "die Polizei wäscht die Weste von A weiß und schiebt stattdessen B die Schuld in die Schuhe" Unsinn ist. Das ist kein Victim Blaming, sondern viel eher Ausdruck der kopfschüttelnden Ratlosigkeit über das Nicht-Reagieren des Opfers ("Also, *ich* wäre ja zur Seite gegangen als A den Fehler gemacht hat. Weiß der Geier, warum B das nicht gemacht hat.")

    Mittlerweile gilt es als gesichert, dass der Radfahrer sein Fahrrad geschoben hat. Nach meinem Verständnis wird man dadurch zum Fußgänger. Ich hatte ja die naive Hoffnung, die üblichen Überschriften der einschlägigen Zeitungen würden vielleicht angepasst.

    Die Einstufung der Verkehrsart bei schiebenden Radfahrern ist offensichtlich variabel. Das maßgebliche Verkehrsunfallstatistikgesetz gebietet die Erfassung der Verkehrsart, ohne Kriterien für die Zuordnung zu nennen. Für meine Begriffe hat aber das Mitführen eines Fahrrades durchaus eine Auswirkung sowohl auf die Agilität einer Person als auch ihre Flexibilität beim Reagieren auf eine plötzlich auftretende Verkehrssituation. Der gleichen Ansicht scheinen auch die meisten Beamten bei der Unfallaufnahme zu sein.

    Zum Beispiel hatte ich bei der Durchsicht der Todesfälle in den Opendata des Unfallatlas 2023 einen mir zuvor entgangenen Fall entdeckt, für den sich mit passendem Datum und Ort eine Pressemeldung auftreiben ließ, wo über einen Unfall berichtet wurde, wo ein Autofahrer zwei Fußgänger schwer verletzt hatte, wovon eine ein Fahrrad geschoben habe. Tage später erschien eine Nachmeldung ohne Angabe der Verkehrsart, dass einer davon verstorben sei. Auf Nachfrage per Email erhielt ich von der zuständigen Polizeidienststelle die Auskunft, dass es tatsächlich die Fahrrad-schiebende Person gewesen sei, die starb und deshalb als "Radfahrer" in die Statistik übernommen wurde.

    Ein weiteres bizarres Beispiel ist ein weiter zurückliegender Fall, wo sich beim Abgleich der Unfallatlas-OpenData mit meiner Sammlung ein vermeintlich übersehener Fahrrad-Kandidat als getöteter Gast einer Außengastronomie entpuppte, der durch einen kollabierenden PKW-Fahrer gerammt worden war. Das "beteiligte" Fahrrad war der Pressemeldung zufolge bloß im Bereich der Einschlagstelle angeschlossen gewesen...

    "In gleicher Richtung befuhr die Velomobilfahrerin den dortigen Radweg. An einer Querungshilfe wollte sie die Straße überqueren,"

    Wie wendig ist so ein Velomobil? Das nicht ganz unauffällige Teil wird wohl kaum mit Reisegeschwindigkeit um die enge 90-Grad-Ecke gefegt sein, was in Verbindung mit T70 vor der Kreuzung die Frage aufwirft, warum der Passat dennoch so schwere Schäden an der Front hat.

    Wir stellen uns für einen kurzen Augenblick vor, einer der vielen Fälle aus dieser rasch zusammengetragenen Ansammlung aus NL hätte in Deutschland stattgefunden - egal, wie und warum die Tragödien letztendlich genau passiert wären, Twitter/Facebook würden tagelang vor lauter "Mordstreifen"-Posts brennen. In NL dagegen (soweit ich das sehen kann) - nichts, nada, keine öffentliche Reaktion. So macht man eine gute gefühlte Sicherheit.

    Da werben die NL-Radwegeagitatoren im Netz doch allen Ernstes mit diesem Clip für niederländische Infrastruktur:

    Ich weiß nicht. Zumindest die Vorfahrtsregelungen nehmen keine Rücksicht auf Art, Umfang und Gewicht des Fahrzeugs.

    Spannend wird es, wenn beide einen Fehler gemacht haben, weil die Hauptschuld nur einmal vergeben werden kann, und es dieses Merkmal ist, was dann in den Verschuldensstatistiken der Allgemeinheit präsentiert wird. Nach der Grundregel "schwach vor stark" wird dann wohl zB bei einem Gehweg-Geisterradler, der mit einem unachtsamen KFZ-Linksabbieger kollidiert, in aller Regel dem Lenker des KFZ die Hauptschuld zugewiesen werden (§ 9 StVO unterscheidet nicht danach, ob parallel fahrender Verkehr neben der Fahrbahn legal oder illegal kam).