Naja, sie schreiben auch:
"Die Ergebnisse zu den Radwegen haben in der Geschichte der Unfallforschung dazu geführt, dass diese in Ungnade gefallen sind, weil man den entscheidenden Fehler gemacht hat, die subjektive Sicherheit zu ignorieren. Das Fahren im Mischverkehr ist für die meisten Radfahrenden keine Lösung. Diese Führung scheidet daher schon vor den Betrachtungen der Verkehrssicherheit als Möglichkeit aus."
Da ist sie wieder, die Argumentation mit der subjektiven Sicherheit.
Dass aber eine weit abgesetzte Furt eine geringere Anfälligkeit für Rechtsabbiegeunfälle mit LKW hat als eine gering oder gar nicht abgesetzte Furt, klingt plausibel. Allerdings braucht sie in der gepriesenen niederländischen Form sehr viel Platz. Bei uns sind weit abgesetzte Furten oft mit engen Kurvenradien versehen. Für die meisten regelmäßig Rad fahrenden keine Lösung.
1) Plural ist unangemessen. "Darmstadt fährt Rad" ist die Einzelperson Timm Schwendy.
2) Wesentliches Argument der Auswertung ist der Vergleich der deutschen und niederländischen LKW-Rechtsabbiegeropfer. Dazu hat Timm in der Tat für Deutschland meine Daten verwendet. Die Deutsche Radfahrleistung wird von ihm mit 33 Milliarden p.a. angegeben, was weniger als 400km pro Einwohner und Jahr bedeuten würde. Dieser Wert ist längst veraltet, da die Radfahrleistung nach dem Ergebnis von "Mobilität in Deutschland" 2017 bereits 20% höher lag und seitdem nochmals kräftig gewachsen ist. Bereits die redlichere Verwendung der 500km aus MiD würde anstatt 0,9 zu 0,71 auf nur noch (angesichts der vielen Unsicherheiten bei den angesetzten Zahlen unsignifikante) 0,73 zu 0,71 tote LKW-Rechtsabbiegeopfer/Mrd Rad-km hinauslaufen.
3) Es gibt keine "holländische Kreuzung". In NL sind ebensowenig alle Kreuzungen im vermeintlich spezifisch niederländischen "Schutzinsel"-Design, wie in Deutschland alle Kreuzungen einheitlich eine nicht-abgesetzten Parallelführung hätten. Es gibt auch keinerlei Daten dazu, wie hoch der Anteil der jeweiligen Führungsformen im Gesamtbestand ist. Erst recht hat niemand eine Ahnung, wie die Quote der Unfälle sich gemessen an der Häufigkeit der jeweiligen Führungsformen in den jeweiligen Ländern verhält. Auffällig ist, dass diese Daten insbesondere durch die NL-Verkehrsforschung offensichtlich nie erhoben wurden.
4) LKW-Rechtsabbieger sind beileibe nicht die einzigen Risiken, die Radfahrern an Kreuzungen drohen. Zur Auswirkung der Führungsformen auf die Risiken mit dem Querverkehr, mit entgegenkommenden Linksabbiegern und für Kollisionen mit anderen KFZ als LKW gibt es gar keine Daten.
5) Getötete sind beileibe nicht die einzigen Unfallopfer an Kreuzungen. Leider gibt es jedoch aus den Niederlanden zu verletzten Verkehrsopfern keine brauchbaren Aussagen. Auf dem Gebiet sind die Niederlande praktisch blind, so dass der Versuch einer Korrelation des Kreuzungsdesign mit dem Verletzungsrisiko vollends unmöglich ist.
6) Da in NL mehr geradelt wird als in D, ist mit einem deutlichen "Safety in Numbers"-Effekt zu rechnen. Dieser Effekt muss bei der Korrelation der Unfallraten mit der Führungsform abgezogen werden.