Beiträge von Th(oma)s

    Altes Thema, erneute Bestätigung:

    Milchmädchenrechnung, die vollkommen außer acht lässt, dass die Belastung durch KFZ-Verkehr nicht so sehr wegen Unkosten/Schadstoffausstoß/Lärm/etc. *pro*Kilometer* zustandekommt, sondern dass die höhere Geschwindigkeit und Mühelosigkeit der Fortbewegung dazu verführt, sich deswegen mal eben das Zehn- bis Zwanzigfache Mobilitätsbudget anzutun. Der wahre finanzielle und ökologische Gewinn durch Laufen und Radfahren entsteht erst über die verkehrsmittel-immanente Selbstbeschränkung des persönlichen Aktionsradius...

    Für so Leute stellen solche Geradeaus-Radstreifen eine unverschämte Provokation des Autofahres da.

    ...und aus genau diesem einzigen Grund sind auch Fahrradweichen beliebt wie Fußpilz. Man möchte ganz einfach nicht, dass die Leute, die wegen der eigentlich für Jedermann bestens sichtbaren Kinder am zügigen Abbiegen gehindert werden, Schlechtes über deren Eltern denken, die sich unterstehen, einfach so ihre Blagen den Verkehr aufhalten zu lassen.

    Die Unterstellung von besonderen Unfallrisiken, die das auch bei Radverkehrsanlagen bestehende Restrisiko übersteigen würden, ist dann bloß der moralische Überbau für das eigentlich aus Scham gewollte Einhegen der eigenen Kinder.

    Auf so einem Streifen ist das viel komplizierter. Denn "Anhalten" ist keine zuverlässige Strategie mehr. Denn wenn ein Kind dann mal kurz überfordert ist und zu lange anhält, steht es plötzlich mitten im Getümmel zwischen zwei mit 50 km/h befahrenen Fahrspuren. Noch dazu mitten in der "Wechselzone". Und andere Radfahrer gibt es ja auch noch, die vorbeifahren. Das ist dann eine verdammt gefährliche Situation.

    Mir zeigt das eigentlich nur, dass du dem Kopfkino, dass die PBL-Aktivisten mit den Aufnahmen bezweckt haben, auf den Leim gegangen bist.

    Ich würde mit meinen Kindern die Situation besprechen und ein paarmal mit ihnen gemeinsam die Stelle abfahren. Da gibt es für mich keinen einzigen Unterschied zu dem Fall, wo ich die Kinder anschließend alleine auf Hochbord- oder Gehwegen fahren lassen wollte.

    Bei den Autos ist die Entwicklung aber so, dass die immer schwerer werden und nicht leichter.

    Die Masse eines Autos war im Hinblick auf Kollisionen mit Fußgängern und Radfahrern schon immer zu hoch, und das würde sich auch nicht ändern, wenn künftig alle plötzlich zur Einsicht kämen und nur noch schnuckelige 500kg-Mobile nachkaufen würden.

    Im Übrigen ist mir aufgefallen, dass -jedenfalls was Todesfälle anbetrifft- gerade die vielgeschmähten SUV eher unterdurchschnittlich an Auffahrunfällen beteiligt sind: mir ist in meiner Sammlung nicht ein einziger Fall bewusst, bei dem ein feistes SUV an solch einem Todesfall beteiligt gewesen wäre...

    Das sieht dann im Extremfall so aus. Ist auch keine Lösung.

    Wobei man sagen muss, dass dieser "Extremfall" gestellt wurde, um die ansonsten nicht auffällig gefährlichen Weichen öffentlich als Todeszone diffarmieren zu können.

    Die beiden LKW standen bei der Aufnahme, und sie waren eigens für das Shooting von den Aktivisten angemietet und in diesem ungünstigen Winkel und Abstand zueinander positioniert worden. Die Kinder kamen aus dem persönlichen Umfeld der beteiligten Aktivisten. Abgesehen davon, dass zumindest einige zu jung scheinen, um schon auf der Fahrbahn radeln zu dürfen, erkennt man an den stark eingeschlagenen Vorderrädern, dass die Kids offensichtlich im Begriff sind, für den Fotografen aus dem Stand anzufahren.

    Wer nachträglich noch in so einen engen Korridor einfährt, gehört jedenfalls mit dem Klammerbeutel gepudert. Insbesondere wäre so jemand auch nicht in der Lage, die zahlreichen gut versteckt lauernden Fallen von konventionellen Hochbordwegen hinreichend früh zu erkennen. Das gezeigte Szenario ist also aus mehrerlei Hinsicht vollkommen unrealistisch.

    Ich sehe in dem Ergebnis eigentlich nur ein klares Ergebnis: Die Infrastruktur ist für das subjektive Gesamtempfinden ziemlich egal.

    Wesentlich für das subjektive Empfinden ist m.E. nach vor allem das öffentlich gepflegte Image.

    Der ADFC-/Radentscheide-Ansatz geht dabei so:

    1. Erzähl den Leuten erstens ein Jahr lang, wie mies die Radwege sind, mache nach schweren Unfällen öffentlichkeitswirksame Mahnwachen und verkaufe die lokale Critical Mass als Ausdruck der tiefsten Unzufriedenheit mit den "Zuständen".
    2. Fordere sie dann zweitens im Rahmen der Werbung für den Klimatest dazu auf, doch bitte mal so richtig Dampf abzulassen, damit "denen da oben" der Marsch geblasen wird und sie endlich mal in die Gänge kommen.
    3. Beschwöre unablässig den Kampf um die Straße herauf. Entweder "sie" oder "wir"!
    4. Freu dich abschließend über das erwünschte Resultat (nämlich Futter für das erfolgreiche Einwerben von mehr Finanzmitteln für Radwegebau).

    Der "Copenhagenize"-Ansatz ist genau umgekehrt:

    1. erstens, vermeide tunlichst jede Diskussion über so unappetitliche Dinge wie tödliche Rechtsabbiegerunfälle oder die Unfallstatistik des Vorjahres.
    2. Zweitens, erzähle den Menschen bei jeder Gelegenheit, wie normal Radfahren geworden ist, wie viele Radfahrer wir schon sind, und wie dämlich all die sind, die noch nicht Teil der Bewegung sind. Wo es eine Critical Mass gibt, verkaufe sie als Happening und einen Heidenspaß.
    3. Drittens: rede über deine vergangenen Erfolge. Mache viele hübsche bunte Grafiken, die irgendwas mit Fahrrädern zeigen, Inhalt egal, Hauptsache: positive Signale. Wenn Fotos zum Thema Radfahren veröffentlicht werden sollen, vermeide kopfkino-stimulierende Abbildungen von kaltverformten Fahrrädern oder zerbrochenen Helmen. Radfahren findet in der Bildberichterstattung ausschließlich bei schönem Frühlingswetter statt und wird vorwiegend von attraktiven jüngeren Frauen auf niedlichen Hollandrädern ausgeübt.
    4. Viertens: wenn du schon Umfragen machst, dann stelle die Fragen so, dass die Zufriedenheit mit den Rahmenbedingungen immer nur eine Richtung kennt, nämlich wachsend. Anschließend: goto (3).

    Derartige "Träumchen-Radwege" erfüllen wie bereits erwähnt oft genug andere Zwecke.

    Dann solltest du aufhören, diese öffentliche Straße als "Fahrradinfrastruktur" zu bezeichnen.

    Ich weiß, dass aus deiner Sicht keine eigenständige Infrastruktur für den Radverkehr erforderlich ist und deine Gründe kann ich auch zum großen Teil gut nachvollziehen. Nur leider lockt die Aussicht auf gemeinsame Fahrbahnnutzung keinen Autofahrer auf das Fahrrad.

    Ein eigenständiger Radweg in der Pampa lockt zusätzlichen Autoverkehr eher an, als dass er Autofahrten ersetzen hilft, weil die Auslastung vorwiegend durch Städter zustande kommt, die mit ihren Rädern/Ebikes auf dem Autodach erstmal +100 km Anfahrt investieren, um dann den schicken neuen Radweg zu probieren.


    "Die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten ist die Gerade." (Euklid)

    "Die kürzeste Verbindung zwischen zwei Dörfern ist die vorhandene Landstraße." (Th(oma)s)

    Aus dem Zusammenhang heraus tippe ichauf 50 Rf/d ...

    Ja

    Und warum das dann grenzenlose Verschwendung ist: Die Baukosten für einen laufenden Meter Träumchen-Radweg in 3m Breite, Untergrund und Asphalt in Fahrbahnqualität sind heutzutage sicher mindestens 250 €, sofern da nicht auch noch größere Gewässer oder Eisenbahnstrecken etc. zu überwinden sind. Bei 5 km Länge entsprechend 1,25 Mio €.

    Wenn so ein Weg in der Pampa ganzjährig von im Mittel 50 Radfahrern täglich benutzt wird, ist das schon viel. Macht 18.250 Radfahrer, die den Weg jährlich benutzen. Zum Ausgleich dafür, dass ich die unbekannten laufenden Unterhalts- und Reinigungskosten nicht anrechne, gehe ich einfach davon aus, dass so ein Weg nach dem Bau sich selbst überlassen bleibt und sich dafür in 20 Jahren vollständig amortisieren soll. Dann kostet jede einzelne Benutzung die öffentliche Hand (1.250.000/365.000) 34 ct. Man stelle sich vor, wie inbrünstig dieser straßenunabhängige Radweg noch von der Radfahrerschaft gefordert würde, wenn man diese Kosten als Maut von den Nutzern einfordern würde...

    Es werden aber die falschen Konsequenzen gezogen, weil man nicht infrage stellt, dass LKW-Fahrer dann einfach ohne ausreichend zu gucken abbiegen.

    Bei diesem Todesfall in London war der eingebaute Totewinkel-Warner kaputt (aus dem Zeitungsbericht geht allerdings nicht hervor, ob durch den akustischen Warner der LKW-Fahrer oder der Radfahrer gewarnt werden sollte...).

    Bei diesem Todesfall in Kopenhagen haben weder ein Gatter aus "PBL"-like Plastikzäunen noch eine Totewinkel-Kamera im LKW was genutzt.

    Bei diesem Todesfall in Odense nutzte auch die getrennte Grünschaltung für Rechtsabbieger und Radweg nichts.

    Ganz schön viel Holz, obwohl die diversen Optimierungsanstrengungen bislang eigentlich nur eine Minderheit aller Konflikte betreffen dürften.

    Für mich (auf dem "Land") ist im Grunde jeder eigenständige asphaltierte, von klassifizierten Straßen abgesetzte(!) "Radweg" ein Beispiel für "gute Infra".

    Wenn's "auf dem Land" ist, ist jede eigenständige Infra wiederum "böse", weil in aller Regel redundant zu bestehender Infra, und das bei Verkehrsstärken von oft deutlich unter 50/d. Sowas ist dann auch bei guter Benutzbarkeit unter dem Strich a) rausgeworfen Geld b) unnötige Landschaftsversiegelung und c) un-öko (auch Steuern, die in unnötige Radwege gesteckt werden, müssen erstmal mit "dreckiger" Mehrwertschöpfung woanders erwirtschaftet werden).

    Das alles hält doch renitente Autofahrer nicht davon ab, Radfahrer von ihrer "Straße" (sic.) zu vertreiben.

    Angesichts der im Pressefoto sichtbaren Straßenaufteilung in Verbindung mit dem in der Meldung erwähnten Umstand, dass die (Renn-)Radfahrer in einer Gruppe fuhren, glaube ich allerdings, dass in diesem speziellen Fall eine weitere Spielart des MSC ("Motorist-Supremacy-Complex" :evil:) verantwortlich für die Entgleisung war. Die Radler dürften sich erdreistet haben, nebeneinander zu fahren...

    Es gab dort keine Fahrbahn, auf der man den Radverkehr hätte führen können. Die Brücke war ein kompletter Neubau, die nächsten Querungsmöglichkeiten sind > 1 km entfernt und brächten ca. 3 km Umweg mit sich (reinzoomen, dann sieht man die Radwege der Hogeweidebrug im Norden und Meernbrug im Süden). Was hätte man tun sollen? Eine Brücke für motorisierten Verkehr bauen, damit der im Winter für genug Reibungswärme auf der Oberfläche sorgt, um die Frostprobleme zu lindern? :rolleyes:

    Der Punkt ist, dass bei Radinfra erstmal ein paar Leute zu Schaden kommen müssen, bevor sie den Risiken nachträglich angepasst wird. So kennt man das auch von Trixi-Spiegeln, Abbiegeverboten, getrennten Grünphasen oder vollständigem Kreuzungsumbau nach Rechtsabbiegerunfällen, oder bei Z.205 für Radverkehr bzw. Warntafeln "gefährliche Kreuzung" oder "Radfahrer kreuzen" für Kraftverkehr an notorischen Vorfahrtverletzungsstellen...

    Solche "Bananen-Infra" ("reift bei Benutzung":P) kommt eben bei Fahrbahnen für Kraftverkehr gar nicht erst vor.

    Die Dafne Schippersbrug in Utrecht z. B. wurde vor knapp 2 Jahren eröffnet, fand hier im Forum aber wohl noch keine Erwähnung

    Vorigen Sommer wurde vermeldet, dass die Brücke jetzt mit einer Fußbodenheizung ausgestattet wird, um bei Frost die Fahrbahn abzutauen. Offensichtlich hatte es bereits mehrere Unfälle deswegen geben.

    Obwohl die Aufrüstung von deutschen Radwege-Aktivisten großartig als Feature vermarktet wurde, dient die Nachbesserung wie üblich nur der Kompensation von radwegetypischen Problemen, die man bei Fahrbahnführung gar nicht erst gehabt hätte.

    Der fährt als Geisterradler linksseitig (bei Gegegnverkehr) dann teilweise im Zentimeterabstand frontal Lkws entgegen - und bezeichnet das als "sicherer", als einfach auf der Fahrbahn in der korrekten Richtung zu fahren?

    Zumal er (und angestiftet von ihm viele andere Radfahrer auch, also auch und gerade unsichere/unaufmerksame/überforderte Kinder und Weibchen...) ja bei Nutzung in der Gegenrichtung jedesmal zweimal die beiden gegenläufigen mit 100-120 km/h brausenden KFZ-Ströme queren muss.

    [Mobbing gegen vermeintlichen Radwegmissachter] Ich kann mir nicht helfen, aber ich halte das für ein einwandfreies Beispiel dieser Enthemmung, die momentan im Straßenverkehr stattfindet.

    Hier wird die Road-Rage-Enthemmung durch die Fiktion vom "sicheren Radweg" legitimiert. Wer sich nicht freiwillig auf den Bürgersteig verzieht, der will absichtlich provozieren, hat somit den Streit angefangen, und ist folglich an allen etwaigen Konsequenzen eben selber schuld. Wer mit dem Feuer spielt, kommt darin um, fertich.

    Der Unterschied mit Faktor 13 zwischen Hamburg und Kopenhagen scheint mir nicht realistisch zu sein.

    Der Unterschied besteht vor allem darin, dass die dänische Unfallstatistik auch nach eigenem Eingeständnis der Polizei eine immense Dunkelziffer besitzt. Dies betrifft insbesondere die Erfassung der leichten Unfälle ohne Krankenhausbehandlung, die ganz sicher auch in CPH den (das Gesamtbild prägenden) Bulk der Unfälle stellen dürften.

    Das Statistische Jahrbuch Dänemark 2017 weist z.B. für ganz DK (!) nur insgesamt 807 Verletzte ("non-fatal casualties") bei 26 Getöteten mit Fahrrädern aus (Tabellen 105 und 106). Das Verhältnis [Beteiligt/Getötet] beträgt somit für DK 32. D hatte nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im gleichen Zeitraum 383 Getötete, 14.230 Schwerverletzte und 63.563 Leichtverletzte. Das Verhältnis [Beteiligt/getötet] ist 204, während die Relation [schwerverletzt/getötet] 37 ist. Die Unfallstatistik DK umfasst also offensichtlich lediglich Getötete und Schwerverletzte.

    Prinzipiell gilt das Gesagte auch für die NL im Allgemeinen bzw. AMS im Speziellen: so kommt AMS nach dieser Quelle bei 800.000 Einwohnern auf ~600 schwerverletzte Radfahrer, während es in Berlin bei 3,6 Mio Einwohnern nur ~650 sind. Annähernd gleiche Zahl an Schwerverletzten bei 4,5-facher Population: das dürfte locker ausreichen, auch den weit größeren Modal Split des Radverkehrs in AMS beim Unfallrisiko mehr als zu kompensieren.