Radverkehrspolitische Forderungen des ADFC-Niedersachsen zur Landtagswahl am 9. Oktober 2022

  • Bei der Kommunalwahl und der Bundestagswahl 2021 wurden viele Radfahrende in Hannover mit diesem Sattel-Überzieher der Partei "Die Linke" auf die Wahl und die angestrebte Verkehrswende aufmerksam gemacht.

    Das sind die 8 Forderungen des ADFC-Niedersachsen an die Parteien, die sich am 9. Oktober 2022 in Niedersachsen zur Wahl stellen:

    1. Flächendeckendes Radverkehrsnetz in Stadt und Land

    Ein sicheres und lückenloses Radverkehrsnetz in Stadt und Land

    Abstimmung mit den Landkreisen und Kommunen

    Radverkehrskoordinator*innen in den Landkreisen

    2. Referat Radverkehr für Niedersachsen

    Referat für den Radnetzausbau und Radwegebau auf Landesebene

    3. Radwege an Landesstraßen

    aktuelle Breitenbedarfe berücksichtigen

    4. Grundlegende Reform des StVG

    „Vision Zero“ muss das Ziel sein, ein Verkehrssystem ohne Tote und Schwerverletzte

    Mehr Handlungsspielräume für Kommunen für nachhaltige Mobilitätskonzepte

    5. Verbesserte Fahrradmitnahme im ÖPNV

    komfortablere Fahrradmitnahme sowie eine verlässliche und engere Taktung des ÖPNV

    6. Pro Person und Jahr 10 Euro für den Radverkehr

    Pro Einwohner*in in Niedersachsen sollen jährlich mindestens 10 Euro für den Radverkehr bereitgestellt werden.

    7. Tempo 30 innerorts – Tempo 70 außerorts ohne separaten Radweg

    Das zukünftige Verkehrsministerium muss sich auf Bundesebene stärker für ein Tempolimit einsetzen.

    Die Kommunen brauchen für entsprechende Verkehrsversuche die Rückendeckung durch das Land.

    8. Mehr Tempo beim Radnetzausbau

    Um den Radnetzausbau zu gewährleisten, müssen in den Geschäftsbereichen der niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr feste Planstellen für den Radverkehr geschafften werden.

    Quelle: Hanno-Rad 2.2022 von Juli 2022:

    https://www.hannorad.de/wp-content/uploads/2022/07/HannoRad2022-2.pdf

  • Das sind keine 8 Forderungen, sondern im Grunde bloß eine einzige: "Mehr Fahrbahnverbote für Radfahrer!"

    Kannst du solche Aussagen auch begründen?

    Hintergrund-Info: Es gab im letzten Jahr ein gemeinsames Positionspapier eines Bündnisses initiiert von Fridays for Future Niedersachsen zusammen mit dem ADFC, VCD, BUND und dem NABU. Ich war daran für den BUND beteiligt und konnte durchsetzen, dass genau dieses von dir unterstellte Ergebnis NICHT in das gemeinsame Papier kommt. Leider hat der ADFC aus dem Titel der gemeinsamen Forderungen "Mehr Radverkehr jetzt" etwas anderes gemacht und das auf seiner eigenen Seite unter der Überschrift "Mehr Radwege jetzt" veröffentlicht. Dass auch andere Punkte vom ADFC nicht übernommen wurden, kann ich nicht beeinflussen.

    Im BUND haben wir die Forderungen danach weiterentwickelt. Es ging dabei immer um ein Radverkehrsnetz und nicht um ein Radwegenetz. Insbesondere für den BUND spielt das Thema Flächenversiegelung eine wichtige Rolle und daher ging es vorrangig um die Nutzung, Erhalt und Ertüchtigung vorhandener Infrastruktur und nicht wie beim ADFC um den Bau möglichst vieler neuer Radwege oder die Schaffung einer flächendeckenden Doppelstruktur. Ein Radverkehrsnetz besteht aus Sicht des BUND vor allem auch -wo möglich- aus verkehrsarmen Nebenstraßen.

    Eine wesentliche Forderung, die es auch in das gemeinsame Papier geschafft hat, war es, geltende Regeln und Vorschriften konsequent umzusetzen. Gemeint war damit insbesondere die Aufhebung unzulässiger Radwegebenutzungspflichten.

    Die Forderung nach Tempo 70 an Landstraßen ohne getrennte Radwege sehe ich ebenfalls nicht als indirekte Forderung nach Fahrbahnverboten.

    Was eine verbesserte Mitnahme von Fahrrädern im ÖPNV mit Fahrbahnverboten zu tun haben soll, weißt du wohl auch nur alleine.

    Die Forderungen nach mehr Personal bei den Landesbehörden hat ebenfalls nichts damit zu tun, mehr Fahrbahnverbote anzuordnen. Es ist leider Fakt, dass es überall an der nötigen Abstimmung zwischen den beteiligten Stellen mangelt. Unterschiedliche Baulastträger und Verkehrsbehörden müssten sich besser abstimmen. Ein durchgängiges Radverkehrsnetz müsste zwischen den Landkreisen koordiniert werden. In der Realität wird dann irgendwo irgendwas gebaut und die Verkehrsbehörde ist nicht einmal im Vorfeld beteiligt. Hinterher werden dann einfach wieder die selben Verkehrsschilder aufgestellt wie vorher und alles bleibt beim Alten.

  • Kannst du solche Aussagen auch begründen?

    Gegenfrage: welches StVO-konforme Verhalten bedingt eigentlich die Zulässigkeit einer Radwegebenutzungspflicht?

    Sobald du dich auf die Fiktion einlässt, dass Radwegebenutzungspflichten grundsätzlich zulässig sein könnten, bestätigst du das kraftfahrende Establishment im Wahn, dass das Mobbing von Fahrbahnradlern legitim ist, sobald sich erst genügend Interessenten für einen gemeinschaftlichen versuchten Totschlag zusammenrotten. Am Ende hat damit jeder Radweg dann doch mindestenes eine "soziale" Benutzungspflicht, die viel effektiver als jedes Schild und jede Polizeistreife dafür sorgt, dass die Fahrbahn für Radfahrer zur "no-Ride-Area" gerät.

    Dass der ADFC wie selbstverständlich ungefragt sein eigenes Radwege-Süppchen auf der Flamme der FFF-Bewegung kocht, zeigt auch sehr eindrucksvoll, was am Ende von allen komplexen Forderungen bei Wählern und Politikern angekommen sein wird: "mehr Radwege", eben.

    Die Forderung nach T30/70 ohne Radwege ist plumpe Erpressung: "entweder, ihr akzeptiert die Spaßbremse, oder wir kriegen unseren Radweg. Sucht's euch aus". Sicherheitstechnisch ist die Forderung aber Unsinn, denn erstens wird der Verkehr von KFZ untereinander durch einen Radweg keinen Deut sicherer, und zweitens führt die Führung der Radfahrer im Seitenraum ohne parallele Temporeduktion auf der Fahrbahn unweigerlich dazu, dass die ohenhin schon gefährlichen Knotenpunkte für sie noch gefährlicher gemacht werden.

    Auch die Fahrradmitnahme im ÖPNV fördert am Ende nur implizit die Ausgrenzung von Radverkehr ("ja, die sind halt ganz anders als wir, eigentlich sind das alles bloß rollende Fußgänger, also dürfen sie auch mit in den Bus") und legitimiert so wiederum das zu Radwebau-Forderungen führenden Mobbing der Fahrbahnradler.

    Und wozu soll bitte mehr Personal bei den Behörden gut sein, außer, um durch dieses "schneller mehr und besser vernetzte Radwege bauen" die Fahrbahn für Radverkehr kontinuierlich unwirtlicher zu machen?

  • Gegenfrage: welches StVO-konforme Verhalten bedingt eigentlich die Zulässigkeit einer Radwegebenutzungspflicht?

    Du klingst langsam wirklich paranoid. Das Wort "Radwegebenutzungspflicht" kommt in dem verlinkten Artikel nicht einmal vor. Und falls du gelesen hättest, was ich oben zu den BUND-Positionen geschrieben habe, hättest du vielleicht sogar gemerkt, dass es dabei um das genaue Gegenteil ging.

  • So ganz anders sehe ich das auch nicht als Thomas. Der ADFC ist nicht FFF und BUND, und natürlich versucht er da seine eigene Agenda zu stützen.

    Die Frage ist nun aber, wie auch schon von Herrn Schwendy als Argument genutzt, was ist wichtiger:

    Viele Leute auf dem Rad, was dazu führt, das die Leute gesünder (und länger leben) und dabei weniger Schadstoffe produzieren, was wiederum für alle gesünder ist und zu längerer Lebenszeit verhilft, dafür aber einiges mehr an Verkehrstoten und Verletzten

    oder

    möglichst sicherer Radverkehr für wenige(r) um möglichst wenige Opfer im Verkehr zu haben.

    Herr Schwendy sagt die Statistik spricht eindeutig für sein Kreuzungsdesign und von der Fahrbahn abgetrennte Radwege, weil dann viel mehr Rad gefahren wird und die so erzeugte zusätzliche Lebenszeit die paar mehr Opfer im Straßenverkehr deutlich überwiegt.

  • Du klingst langsam wirklich paranoid. Das Wort "Radwegebenutzungspflicht" kommt in dem verlinkten Artikel nicht einmal vor. Und falls du gelesen hättest, was ich oben zu den BUND-Positionen geschrieben habe, hättest du vielleicht sogar gemerkt, dass es dabei um das genaue Gegenteil ging.

    Es gibt keinen Radweg ohne soziale Benutzungspflicht, und diese soziale Benutzungspflicht ist die einzig relevante, weil sie Fahrbahnradlern -und das leider nicht nur auf Straßen mit Radweg, aber natürlich auch und gerade auf diesen- den Schutz der gegenseitigen sozialen Kontrolle raubt.

  • Dass der ADFC wie selbstverständlich ungefragt sein eigenes Radwege-Süppchen auf der Flamme der FFF-Bewegung kocht, zeigt auch sehr eindrucksvoll, was am Ende von allen komplexen Forderungen bei Wählern und Politikern angekommen sein wird: "mehr Radwege", eben.

    Du konstruierst da eine Gegenüberstellung, die ich so nicht sehe. Auf der einen Seite die FFF-Bewegung, die Radwege ablehnt und den Fahrradverkehr auf der Fahrbahn fordert.

    Auf der anderen Seite der ADFC, der grundsätzlich immer und überall separate Fahrradwege fordert und seine Erfolgsbilanz angeblich alleine und völlig unkritisch daran festmacht, wie viele km zusätzliche Fahrradwege geschaffen wurden.

    Richtig ist, dass es sich um komplexe Forderungen handelt, die im Raum stehen zur Förderung einer guten Verkehrsinfrastruktur, die den Radverkehr begünstigen und nicht immer weiter an den Rand drängen.

    Die Forderung nach T30/70 ohne Radwege ist plumpe Erpressung: "entweder, ihr akzeptiert die Spaßbremse, oder wir kriegen unseren Radweg. Sucht's euch aus". Sicherheitstechnisch ist die Forderung aber Unsinn, denn erstens wird der Verkehr von KFZ untereinander durch einen Radweg keinen Deut sicherer, und zweitens führt die Führung der Radfahrer im Seitenraum ohne parallele Temporeduktion auf der Fahrbahn unweigerlich dazu, dass die ohenhin schon gefährlichen Knotenpunkte für sie noch gefährlicher gemacht werden.

    Die Forderung nach Tempo 30/70 ohne Radwege kann man als "plumpen Erpressungsversuch" beschreiben oder als geschickte Verhandlungsbasis. Problematisch ist die Umsetzung.

    Es gibt in Niedersachsen zahlreiche Landstraßen (Straßen des Bundes, der Länder, der Kreise und der einzelnen Gemeinden eines Kreises) mit zahlreichen gefährlichen Engstellen, die mit gar keinem Tempolimit beschildert sind. Die Verkehrsbehörden gehen davon aus, solange nichts passiert, müssen wir da nicht tätig werden. Schließlich ist jeder Autofahrende dazu angehalten, sein Fahrzeug so zu fahren, dass damit keine anderen Verkehrsteilnehmer gefährdet werden.

    Grundsätzlich aber gilt: Die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf Landstraßen ist Tempo 100. Und nicht wenige Autofahrer sehen das eher als ein Mindest-Tempo denn als Höchstgeschwindigkeit.

    Worauf bezieht sich die Forderung nach Tempo 70 auf Landstraßen, die der ADFC von den Parteien fordert, die zur Landtagswahl am 9. Oktober 2022 antreten? Soll Tempo 70 zukünftig grundsätzlich als Höchstgeschwindigkeit für Landstraßen gelten?

    Ich selbst würde da noch weitere 10 km/h Temporeduktion fordern, sodass zukünftig auf allen Landstraßen (dazu zählen auch die Bundesstraßen) maximal Tempo 60 km/h gilt. Tempo 60 deshalb, weil dann der Omnibusverkehr mit Linienbussen nicht länger benachteiligt würde gegenüber dem Autoverkehr. Denn Linienbusse dürfen maximal Tempo 60 km/h auf Landstraßen fahren, wenn Passagiere an Bord sind, die einen Stehplatz einnehmen. "Auf der Landstraße darf ein Linienbus nicht schneller als 60 km/h fahren, wenn nicht für jeden Fahrgast ein Sitzplatz verfügbar ist." https://www.bussgeldkatalog.de/hoechstgeschwindigkeit-bus/

    Es bleibt offen, wie der ADFC seine Forderung nach Tempo 70 auf Landstraßen umgesetzt sehen will. Das mit dem Tempo 100 auf Landstraßen ist ein Bundesgesetz, sodass das Land darüber nicht selbstständig entscheiden kann.

    Auch die Anordnung von Tempolimits auf Bundesstraßen ist vermutlich nur möglich, wenn für die zuständigen Verkehrsbehörden dafür die Zustimmung durch bundesrechtliche Vorgaben vorhanden sind.

    Und selbst wenn das Land oder ein Kreis auf einer Landstraße für die das Land oder ein Kreis zuständig ist, eine Tempobegrenzung von 70 km/h anordnen würde, mit der Begründung, es sei ja kein Radweg vorhanden, dann halte ich es für sehr wahrscheinlich, dass betroffene Autofahrer mit Unterstützung ihrer Lobby-Vereine das weg klagen würden.

    Weitgehend Entsprechendes gilt für Tempo 30 innerorts.


    Auf keinen Fall jedoch gilt: "Die Forderung nach T30/70 ohne Radwege ist plumpe Erpressung", wie du befürchtest. Denn dazu fehlt dem ADFC komplett das Potenzial, um irgendwas zu erpressen.

    Während die Interessen der Autofahrer durch die Autoindustrie, den entsprechenden Gewerkschaften, den Lobbyverbänden und durch die meisten Parteien (leider zunehmend auch durch die Grünen) geschützt sind. Und obendrauf kommt noch die Bau-Industrie und die Gewerkschaften im Baugewerbe. Die könnten ja vielleicht auch interessiert daran sein, Fahrradwege zu bauen. Doch der Umbau von Landstraßen, mit dem Ziel Tempo 100 zu ermöglichen, bringt weitaus mehr ein, als wenn auf Landstraßen Tempo 70 angeordnet werden könnte, um den Radverkehr zu schützen.

    Einmal editiert, zuletzt von Ullie (1. August 2022 um 13:44) aus folgendem Grund: Korrektur

  • Herr Schwendy sagt die Statistik spricht eindeutig für sein Kreuzungsdesign und von der Fahrbahn abgetrennte Radwege, weil dann viel mehr Rad gefahren...

    Meiner Meinung werden Details der Infrastruktur überbewertet, wenn es darum geht, wie viele Menschen mit dem Fahrrad fahren. Was in Deutschland schief läuft, ist die Geringschätzung, die einem auf dem Fahrrad überall entgegengebracht wird. Der Umstieg vom Auto auf das Fahrrad fühlt sich hier wie ein Abstieg an und niemand möchte freiwillig auf der sozialen Leiter absteigen.

    Bei diesem Gefühl spielt Infrastruktur allerdings eine Rolle. Wir sehen überall Straßen, die für den Autoverkehr optimiert sind und wo Fußgänger und Radfahrer als Störfaktoren behandelt werden. Dieser Eindruck überträgt sich auf das Verhalten aller Verkehrsteilnehmer: Autofahrer beanspruchen die "Straße" für sich, Radfahrer wollen lieber irgendwo am Rand fahren.

    Um dieses Bild zu ändern, reicht es nicht aus, den Leuten Unfallstatistiken zu zeigen, dass sie eigentlich im Mischverkehr auf der Fahrbahn sicherer fahren.

  • Es gibt keinen Radweg ohne soziale Benutzungspflicht, und diese soziale Benutzungspflicht ist die einzig relevante, weil sie Fahrbahnradlern -und das leider nicht nur auf Straßen mit Radweg, aber natürlich auch und gerade auf diesen- den Schutz der gegenseitigen sozialen Kontrolle raubt.

    Dann musst du gleich auch noch die Abschaffung von Gehwegen fordern, weil es auch Autofahrer gibt, die eine soziale Benutzungspflicht des Gehweges sehen, wo es keinen "Radweg" gibt.

  • So ganz anders sehe ich das auch nicht als Thomas. Der ADFC ist nicht FFF und BUND, und natürlich versucht er da seine eigene Agenda zu stützen.

    Ich will das mal so beschreiben:

    Sowohl der ADFC, als auch der BUND oder FFF sind Winzlinge im Vergleich zu den Interessens- und Einflussgruppen, die an einer Verkehrspolitik und Wirtschaftspolitik festhalten wollen, die zunehmend unsere Lebensgrundlagen zerstören.

    Vor allem aber sehe ich wenig Chancen für den ADFC, bei vielen Menschen Gehör zu finden, wenn er die Postion vertreten würde, es sei richtig, alle Radwege aufzuheben, weil nur so das Fahrradfahren sicherer gemacht werden könne.

    Dann ist es schon besser, die Position mehr Radwege für den Radverkehr zu vertreten und sich dann bei der konkreten Umsetzung für eine gute Radverkehrsinfrastruktur einzusetzen, die nicht immer unbedingt ein Radweg sein muss.

    Und es ist natürlich wichtig, dass ADFC, BUND und FFF (und andere) sich abstimmen, auch wenn das nicht bei allen zu einer hundertprozentig identischen Agenda führt.

  • Bei diesem Gefühl spielt Infrastruktur allerdings eine Rolle. Wir sehen überall Straßen, die für den Autoverkehr optimiert sind und wo Fußgänger und Radfahrer als Störfaktoren behandelt werden. Dieser Eindruck überträgt sich auf das Verhalten aller Verkehrsteilnehmer: Autofahrer beanspruchen die "Straße" für sich, Radfahrer wollen lieber irgendwo am Rand fahren.

    So generell kann ich auch nicht feststellen, dass hier in Bruck das Radfahren wegen insgesamt 100m Radstraßen und einigen ordentlich gemachten Radstreifen explodiert wäre. Aber es gibt ja auch viel Straße zwischen diesen Leuchttürmen. Es lässt sich aber auch nicht leugnen, die "ich will nicht auf der Fahrbahn mit den Autos fahren" Fraktion ist groß und jammert relativ laut. Aber auch diese Fraktion fährt ja schon Rad, halt auf dem Gehweg.

    Mir persönlich wäre lieber es gäbe generell Tempo 30 in Ortschaften bis auf ausgesuchte Durchgangsstraßen. Dann könnte man sich auch Unmengen an Schildern sparen. Da finde ich die Österreichische Lösung nicht schlecht: Am Ortsschild steht ein 30er Schild, mit "Ausnahme BXY". Also gilt Tempo 30 im Ort, bis auf die eine Straße.

    Tatsächlich finde ich die STVO-Änderung mit dem festgelegten Überholabstand gut, denn das ist ein eindeutiger Wink mit dem Meterstab an die Autofraktion, dass die Fahrbahnen nicht ausschließlich die Ihren sind.

    In den NL oder DK ist es aber auch nicht viel anders, da sind die überwiegenden Bereiche des Verkehrssystems für das Auto gebaut.

    Nur in den größeren Städten ist das zum Teil nicht so. Aber auch dort wird nach einigen shared-space versuchen auf Trennung der Verkehrsarten gesetzt.

    In Städten müssten die Autos einfach großzügig ausgesperrt werden.

  • I

    Vor allem aber sehe ich wenig Chancen für den ADFC, bei vielen Menschen Gehör zu finden, wenn er die Postion vertreten würde, es sei richtig, alle Radwege aufzuheben, weil nur so das Fahrradfahren sicherer gemacht werden könne.

    Diese Position hat der ADFC schon vertreten. Einige Jahre. mgka ist dazu ein lebendiges Beispiel.

    Weil es nicht ganz von der Hand zu weisen ist, dass diese Position wohl richtig ist.

    Nicht immer und überall, aber doch innerhalb der Ortschaften allermeistens.

  • Auch wenn es Widerstände gibt, ist es natürlich absolut notwendig, solche "Radwege" wie hier im Bild ersatzlos aufzuheben. Es mag sein, dass Leuten, die bereits Fahrrad fahren, schwer fällt, ihre Gewohnheiten zu ändern und danach auf der Fahrbahn zu fahren. Viele werden dort zunächst einfach weiter auf dem Gehweg fahren, aber das wäre dann deren Problem.

    Ich bin mir allerdings auch sicher, dass solche zum Radfahren benutzungspflichtige Gehweg-Ruinen niemanden motivieren, vom Auto auf das Fahrrad umzusteigen. Aber das wird ja vom ADFC immer behauptet, dass die Leute nicht umsteigen, wenn es keine "Radwege" gibt.

  • In Städten müssten die Autos einfach großzügig ausgesperrt werden.

    Sehe ich auch so, allerdings kommt es bei Gesprächen zu dem Thema immer wieder auf den Punkt:
    Aber wie soll denn die Landbevölkerung dann in die Stadt kommen? Oder die Stadtbevölkerung zu Zielen im ländlichen Raum?

    Und da kommt dann neben dem Fahrrad als Verkehrsmittel unabdingbar der ÖPNV ins Spiel.

    Freilich gibt es die Möglichkeit, auf Park und Ride Anlagen am Rand der Stadt zu verweisen. Zum Teil gibt es die ja auch bereits. Aber wirklich nachhaltig ist das nicht. Im Gegenteil, die Autofahrerei auf dem Land wird damit noch verstärkt.

    Eine gute Verkehrsanbindung mit dem ÖPNV ist auch im ländlichen Raum möglich. Leider widerspricht dieser Feststellung die gegenwärtig vielerorts miserable Situation des ÖPNV im ländlichen Raum, die den Bewohnern in den betroffenen Ortschaften nur allzu gut bekannt ist.

    Ein kleines Beispiel, das in die richtige Richtung geht, ist der Vaude-Standort in Tettnang am Bodensee mit 500 Mitarbeiter*innen: "In Zusammenarbeit mit der öffentlichen Hand haben wir erreicht, dass unsere Buslinie zum nächsten Bahnhof im Stundentakt fährt", erklärt sie*. Die Linie wurde überhaupt erst auf Betreiben von Vaude eingerichtet. Vorher gab es nur den Schulbus."

    *Hilke Patzwall, Vaude-Mitarbeiterin verantwortlich fürs Nachhaltigkeitsmanagement am Firmenstandort Tettnang im Bodenseekreis.

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    www.firmenauto.de

    Das ist der Link zum Abfahrtsplan der "Bähnle-Linie":

    https://www.bodo.de/fileadmin/redakteur/pdf/linien/ueberlandverkehr/0229.pdf

    Immerhin tagsüber Fahrten im Stundentakt, samstags halbtags. Aber: sonntags gar keine Fahrten. Auch in den Abendstunden nicht. Für die Vaude-Mitarbeiter vermutlich nicht so wichtig, die arbeiten da ja tagsüber. Aber wer da wohnt, hat's schwer, abends mit dem ÖPNV wegzukommen.

    Und ganz grundsätzlich kann man auch fragen: Warum ist die Vaude-Zentrale mit 500 Mitarbeiter*innen nicht zentraler gelegen?

  • Als Landei frag ich mich immer, warum wir nicht mit dem Fahrrad fahren sollen können. Auch bei uns haben die meisten Beine, wirklich.

    Ich fahre 80% meiner Fahrten nach München mit dem Radl, 15% mit ÖPNV und echt selten mit dem KFZ.

  • Herr Schwendy sagt die Statistik spricht eindeutig für sein Kreuzungsdesign und von der Fahrbahn abgetrennte Radwege, weil dann viel mehr Rad gefahren wird und die so erzeugte zusätzliche Lebenszeit die paar mehr Opfer im Straßenverkehr deutlich überwiegt.

    Ich kann mir nicht helfen, aber ich empfinde diese Sichtweise ("fürs Großganze müssen halt paar Opfer her") extrem zynisch.

    Um dieses Bild zu ändern, reicht es nicht aus, den Leuten Unfallstatistiken zu zeigen, dass sie eigentlich im Mischverkehr auf der Fahrbahn sicherer fahren.

    Wenn man anerkennt, dass Gefühle die Grundlage vom Umstieg sind, und damit das Primat von Image und PR über die Unfallstatistik anerkennt, wäre es hilfreich, wenigstens das Kesseltreiben des Bangemachens einzustellen. Ich erwarte ja gar nicht, dass die Menschen die wahren Unfallrisiken zur Kenntnis nehmen sollen. Ich wünsche mir nur, dass die Radwege-Strippenzieher in den Menschen wenigstens nicht noch ständig nach Kräften neue Ängste wecken und bestehende Sorgen zur Phobie potenzieren würden.

    Jeder Dorfschulze, der in Anwesenheit des örtlilchen Seniorenclubs unter Gesängen der versammelten Kindergartengruppen freudig seinen neuen Radwegabschnitt zwischen Fußballplatz und Friedhof (sic!) eröffnet, schreit ein "seht her, auf der Fahrbahn müsst ihr ANGST!!! haben, da würdet ihr nämlich von hinten überfahren" in alle Welt hinaus.

  • Dann musst du gleich auch noch die Abschaffung von Gehwegen fordern, weil es auch Autofahrer gibt, die eine soziale Benutzungspflicht des Gehweges sehen, wo es keinen "Radweg" gibt.

    Mir ist in fünf Jahrzehnten Rad fahren noch kein Autofahrer begegnet, der mich ohne Fahrradfirlefanz* auf den Bürgersteig mobben wollte.

    *) beispielsweise sowas wie der (unbeschilderte) Streifen auf meinem Avatarbild

  • Ich erwarte ja gar nicht, dass die Menschen die wahren Unfallrisiken zur Kenntnis nehmen sollen. Ich wünsche mir nur, dass die Radwege-Strippenzieher in den Menschen wenigstens nicht noch ständig nach Kräften neue Ängste wecken und bestehende Sorgen zur Phobie potenzieren würden.

    Ja, daran arbeite ich auch hier vor Ort und das habe ich auch in den Abstimmungen des Bündnisses eingebracht und die Position im BUND immer wieder vertreten. Daher finde ich es ungerecht, wenn du mich immer wieder in die "Radweg"-Ecke stellen willst.

    Aktuell bekomme ich in Stade gerade von allen Seiten Prügel, weil auf meine Initiative vor 3 1/2 Jahren auf einer Hauptroute von einem Ortsteil in Richtung Innenstadt die Benutzungspflicht aufgehoben wurde. Da hat sich inzwischen ein regelrechter Widerstand formiert bei Leuten, die nun zum Trotz erst recht auf dem linken Gehweg fahren und vermutlich keinen blassen Schimmer haben, welches Risiko sie in dem Zuge an zwei Kreuzungen mit abknickender Vorfahrt eingehen. Ich fahre dort täglich extra einen kleinen Umweg, damit Radfahrer auf der Fahrbahn normaler werden.

    Mir ist in fünf Jahrzehnten Rad fahren noch kein Autofahrer begegnet, der mich ohne Fahrradfirlefanz* auf den Bürgersteig mobben wollte.

    Mir schon. Vor allem, wo nach Entfernung der [Zeichen 240] ohne weitere Maßnahmen oder begleitender Öffentlichkeitsarbeit aus einem "Radweg" ein Gehweg geworden ist, oder wenn in irgendeinem Kaff Gehwege baulich nicht von benutzungspflichtigen kombinierten Geh- und "Radwegen" zu unterscheiden sind, weil das alles der selbe Schrott ist. Das beeindruckt mich persönlich zwar wenig, aber für viele scheint selbst eine soziale Benutzungspflicht von Gehwegen zu bestehen, wo es keinen "Radweg" gibt.

    Daher müssen diese ganzen rechtwidrigen Anordnungen verschwinden, aber ich werde nicht auch noch dafür kämpfen, dass der Radverkehr an stark befahrenen Hauptstraßen im Mischverkehr geführt wird, sondern mich damit zufrieden geben, wenn dort wenigstens regelkonforme Radwege gebaut werden. Dann hat man immer noch genug zu tun, die Leute für die Gefahren zu sensibilisieren, die dort auf sie warten, damit sie nicht völlig gedankenlos solche Wege benutzen.

  • Herr Schwendy sagt die Statistik spricht eindeutig für sein Kreuzungsdesign und von der Fahrbahn abgetrennte Radwege, weil dann viel mehr Rad gefahren wird und die so erzeugte zusätzliche Lebenszeit die paar mehr Opfer im Straßenverkehr deutlich überwiegt.

    Ich finde es nicht richtig, diese Diskussion so sehr zu personalisieren. Wenn es um Radwege geht, dann ist gewiss nicht Herr Schwendy der einzige, der die gut findet. (Wobei auch da zu klären wäre, wer in welchen Fällen genau, welche Radwege gut findet!)

    Und ich habe auch noch nicht erlebt, dass jemand, der sich für den Bau von Radwegen ausspricht, dafür tödlich verunfallte Fahrradfahrer*innen in Kauf nehmen will. Wo soll denn das jemand gesagt haben? Oder meinetwegen auch, was genau hat Timm Schwendy (der ist doch vermutlich gemeint) denn dazu gesagt? Gibt es da eine Quelle?