Beiträge von Th(oma)s

    Ob im konkreten Fall eine unzulässige Geradeausfahrt der Radfahrerin zur Kollision führte oder sie beim Abbiegen vom LKW in dessen Schleppkurve erfasst wurde, werden die Ermittlungen zeigen.

    Nach den Pressebildern kann es eigentlich keine Kollision beim Nebeneinander-Abbiegen gewesen sein. Das Fahrrad liegt jenseits der Fahrstreifenmitte der Querstraße mitten unter dem LKW, während der Kipper selbst sauber ein Stück neben dem auch auf der Kreuzung abmarkierten (Rechtsabbiege-)Schutzstreifen steht.

    In den Drunterkommentaren das ganze Panoptikum der jedesmal nach solch einer Tragödie ausgetauschten Ansichten und Argumente:

    -[...]

    Was jedenfalls nie kommt (außer ich schreibe das von Fall zu Fall selber):

    "ohne Radweg wär das nicht passiert"

    Da hatte ich heute früh einen entsprechenden Kommentar hinterlassen. Er war zunächst auch online, ist aber heute Abend wieder verschwunden. Zufall oder "Moderation"? Und wenn Letzteres, was soll das bitte?

    Ich befürchte, in der Berichterstattung über solche Unfälle kommen folgende und ähnliche Aspekte zu kurz:

    - War der Abbiegeassistent eingeschaltet.

    - Ist es möglich Abbiegeassistenten so zu konfigurieren, dass sie schon vor dem Abbiegevorgang rechtzeitig das Tempo auf die vorgeschriebene Schrittgeschwindigkeit reduzieren oder den Fahrer dazu auffordern? (Zum Beispiel durch einen Datenabgleich mit der im Navy eingegebenen Route.)

    - Sollte es Vorschrift werden, dass der Abbiegeassistent eingeschaltet sein muss?

    - Soll der Abbiegeassistent auch gekoppelt sein mit einer automatischen Notbrems-Einrichtung?

    Deutschland hat ca. 3 Millionen LKW über 7,5 t. Rechnen wir mit 2.000€ je Fahrzeug für eine Aus- oder Nachrüstung mit vernünftigen Abbiegeassistenten, dann sind das 6 Milliarden Euro Aufwand, weitere Milliarden wären für die Ausstattung der unzähligen ausländischen Transit-LKW nötig. Wie deine kritischen Fragen erahnen lassen, ist damit zu rechnen, dass die Anno 2023 verfügbaren Assistenzsysteme möglicherweise noch alles andere als perfekt sind, womit sich bereits abzeichnet, dass es alsbald Forderungen für eine weitere kostspielige Nachrüstung der Nachrüstung geben könnte. Ich denke, man kann mit dem vielen Geld woanders wesentlich besser helfen.

    Die gute Nachricht: da die beteiligten LKW zu gefühlt >90% aus den Sektoren Bauwirtschaft bzw. Ver-/Entsorgung stammen, könnten man mit einem Bruchteil der Kosten schon einen Großteil des Effektes erzielen, wenn man die Assistenten nur für diese Flotte fordert.

    Japan hatte 2021 27 Verkehrstote je 1 Mio Einwohner, Deutschland kommt im selben Jahr auf 30. Zehn Prozent Unterschied ist nahe am statistischen Grundrauschen.

    Das größte Sterberisiko besteht grundsätzlich auf Landstraßen, wesentlich sicherer je Verkehrsleistung sind hingegen der Stadtverkehr und die Autobahnen.

    Japan ist stark verstädtert, und die Metropolen und andere Ortschaften liegen aufgrund der steilen Berge im Hinterland weitgehend wie Perlen auf einer Schnur an den Küsten des Inselreiches. Das macht es relativ einfach, die Relationen effektiv mit Eisenbahn und unfallarmen kreuzungsfreien Schnellstraßen zu erschließen. Japan hat also nicht *trotz* seiner Metropolen relativ wenige Verkehrsopfer, sondern *wegen*.

    Was im Artikel viel zu wenig Emphase bekommt, ist die staatliche Lenkung hin zu Fahrzeugen mit geringem Flächenverbrauch. "Kei-Cars" genießen nicht nur Steuervorteile, sondern sind sogar von der lästigen Nachweispflicht für eigene Stellplätze in den Großstädten befreit.

    SpOn:

    überfährt. hart, aber objektiv.

    In den Drunterkommentaren das ganze Panoptikum der jedesmal nach solch einer Tragödie ausgetauschten Ansichten und Argumente:

    -aber die Radfahrer halten sich ja auch nie an die Regeln

    -du willst doch bloß den LKW-Fahrer entlasten

    -wie dumm kann man sein, ich überhole wartende Autos nie

    -in Holland wär das nie passiert

    -getrennte Ampelphasen

    -Wissing ist schuld, weil der keine Abbiege-Assistenten vorgeschrieben hat

    -Deutschland ist zu autoverliebt um was zu ändern

    -Autos raus aus der Stadt

    -kein Wunder, wo doch die "Flüssigkeit des KFZ-Verkehrs" gesetzlichen Vorrang vor Sicherheit genießt. Wir brauchen ein neues Verkehrsrecht

    -und wer liefert morgen dein Essen zum Supermarkt?

    TBC; was habe ich vergessen?

    Was jedenfalls nie kommt (außer ich schreibe das von Fall zu Fall selber):

    "ohne Radweg wär das nicht passiert"

    Ich habe auch durchaus Bedenken, wie gut autonomes Fahren wohl funktionieren wird und ob ich dann künftig auf dem Rad auch von autonom fahrenden Kraftfahrzeugen „übersehen“ werde.

    Ein autonomes Fahrzeug, das etwas so Relevantes wie ein Zweirad ohne Gänsefüßchen übersieht, ist defekt bzw nicht zulassungsfähig.

    Ein autonomes Fahrzeug, das Relevantes jedoch je nach Antriebsprinzip selektiv „übersieht“, müsste einen Algorithmus haben, der zunächst ein Objekt sicher wahrnimmt, es sodann näher untersucht, und schließlich, falls die Prüfung „Fahrrad“ ergibt, das Objekt ignoriert bzw. noch extra Kampflinie ansteuert. Mit Verlaub, aber sowas abgefeimtes wird kein Ingenieur programmieren wollen.

    In dem HAZ-Bericht wurde ja geschrieben, dass es immer wieder passiert, dass Lastwagen Radfahrende mitschleifen.

    Ich wette, dass weder der Redakteur, der den Artikel geschrieben hat, noch seine eventuelle Quelle bei der Polizei da was zu wissen. Reine Bauchbehauptung.

    Ich weiß nur von zwei (Todes-)Fällen, in denen LKW über längere Strecken Radfahrer mitgeschleift haben, aber in beiden Fällen bogen die LKW nicht ab (ein Fall 2016 in Saarbrücken, wo ein betrunkener Fahrer quasi Amok durch die Stadt fuhr und einen Radfahrer an einem im Nachhinein nicht mehr erkennbaren Ort aufgegabelt haben muss, und einen weiteren Fall 2021 in Essen, wo der Radfahrer an einer dafür nicht vorgesehenen Stelle die Fahrbahn gequert hat),

    Also jetzt (müssten) PKW komplett auf die andere Fahrbahn wechseln, mit Radlstreifen wird der Abstand Radl/PKW meistens maximal etwa 0,5m betragen.

    AFAIK gibt es bei Schutzstreifen außerorts keine Leitlinie in der Mitte mehr.

    Zitat

    Das ist für gewohnte Radler ok, ich finde etwa 1m außerorts ok, ab 30cm fühle ich mich unwohl bei 100km/h+, aber die meisten werden dann sicher nicht da langfahren.

    Das eigentliche Ziel der BaWü-Initiative ist doch wie immer, wenn Radwegepropaganda gesät wird, dass Radfahrer durch das "Überholtwerden durch KFZ ist die einzige relevante Gefahr beim Radfahren"-Framing von der überwältigenden Mehrheit der Straßen ferngehalten werden sollen, die ohne Fahrradfirlefanz sind.

    Funfact: in Baden-Württemberg kam es in 2022 zu keinem einzigen tödlichen Überholunfall.

    Also jetzt (müssten) PKW komplett auf die andere Fahrbahn wechseln, mit Radlstreifen wird der Abstand Radl/PKW meistens maximal etwa 0,5m betragen.

    Seitenabstand ist sicherheitstechnisch irrelevant. Gerade auf der Landstraße beruhen Unfälle zwischen KFZ und Fahrrad im Längsverkehr auf Nichtwahrnehmen, und nicht auf aktivem Überholen mit unachtsam/rücksichtslos zu knapp gewählten Abstand. Die (im Vergleich zu schwersten KFZ-KFZ-Unfällen im Längsverkehr eh seltenen) Unfälle mit Rad vs KFZ im Längsverkehr ließen sich auch nicht dadurch verhindern, dass man vier Meter Seitenabstand fürs Überholen von Fahrrädern vorschreibt (oder es gleich ganz verbietet).

    Gegen das Nichtwahrnehmen hilft nur Entschleunigung.

    "Radfahrerin (59) verstirbt nach Unfall mit einem Lkw"

    Der in diesen Unfall verwickelte „LKW“ scheint ein weißer Handwerker-Transporter gewesen zu sein. Jedenfalls ist auf den Bildern vom Betriebsgelände, wo die Tragödie erst bemerkt wurde, kein einziges Fahrzeug über 7,5t zu erkennen, und die Unfallaufnahme ist offensichtlich noch in vollem Gange. Vielmehr steht eben der weiße Transporter ein Stück vor der Stelle, wo offenbar der mit Folie verdeckte Körper der Frau liegt.

    Wenn das so wäre, wäre der Vorfall gleich in doppelter Hinsicht außergewöhnlich. Erstens, weil ein Transporter in so einen Todesfall verwickelt ist, was erst das zweite mal in den 10 Jahren passiert, seit ich Fahrradtodesfälle systematisch erfasse. Und zweitens, weil es mechanisch nur schwer erklärbar ist, wo an so einem kompakten Fahrzeug ein Menschen durch Kollision so fest „andocken“ kann, dass er über eine längere Strecke hängen bleibt (und das, ohne dass der Fahrer davon was mitbekommt).

    dass 45 km/h ein unpraktikables Bürokratiergebnis sind.

    Da springt einen diese "Angst" förmlich an, die angeblich auch die Menschen immer davon abhält, mit dem Radeln anzufangen. Das Motiv für diese in Umfragen stets geäußerte Angst ist aber ganz offensichtlich nicht die reale Sorge, dass man konkret einem Unfall zum Opfer fallen könnte, sondern schlicht und ergreifend *Scham*. Scham darüber, dass man die anderen aufhält. Wer sich das traut, ist ein Kameradenschwein, und Kameradenschweine verdienen völlig zu Recht Klassenkeile, quasi.

    Ich lese diese Zahlen und kann mir kaum bis gar nicht vorstellen, dass sie richtig sind.

    Das UBA behauptet laut dem Artikel, dass die Emissionen im Straßenverkehr durch ein Tempolimit um 4,2% sinken.

    Also inklusive Lastwagen, Reisebussen, PKWs, etc.

    Bei deiner Abschätzung fehlt noch, dass von 4,2% der Verkehrsemissionen pauschal gesprochen wird, woran der Straßenverkehr wiederum aber nur 72% Anteil hat.

    Die Studienautoren behaupten aber ja auch gar nicht, dass der spezifische Verbrauch je 100km so heftig sinken würde, sondern dass durch verlängerte Reisezeiten weniger oft, weniger weit und dafür öfter mit anderen Verkehrsträgern gefahren werde. Das ist allerdings auch wenig plausibel, denn andererseits wird erwähnt, dass Langsamfahren und die Verstetigung des Verkehrs weniger Stau bedinge, wodurch die Reisezeit trotz langsamerer Spitzengeschwindigkeit netto verkürzt werde. Wenn das so wäre, würde der Effekt aber Autobahnfahrten wieder deutlich attraktiver machen. Ich schätze, dass eine spürbare Reduktion des Verkehrsaufkommens erst bei 100 oder gar 90 eintreten würde.

    Das Problem ist doch, dass die Leute, die das bauen und anordnen, diese Verkehrsregeln selbst nicht verstehen

    Welche Regeln die Menschen, die den Firlefanz veranstalten, wirklich nicht verstehen:: es gibt keine einzige rechtskonforme Art und Weise der Gefährdung von Fahrbahnradlern. Der gesamte Unfug basiert auf dem Irrtum, das wäre irgendwie doch möglich.