Beiträge von Th(oma)s

    Da sind wir wieder bei dem Punkt, dass es in den Niederlanden ausreicht, wenn ein Fahrrad mit Rücktrittbremse eben nur diese Rücktrittbremse hat. Eine zweite Bremse ist bei einem Fahrrad mit Rücktrittbremse in den Niederlanden nicht vorgeschrieben.* Es gibt ja auch schon erhebliche Unterschiede zum Beispiel zwischen Städten in der norddeutschen Tiefebene, und dem Harz bezüglich der Fahrradnutzung.

    Auch NL ist ja nicht durchgängig „flach wie Holland“. Die Provinz Limburg im Winkel zwischen der deutsch-belgischen Grenze ist landschaftlich ziemlich anspruchsvoll. Seltsam, dass es im Netz nie Clips von dort gibt, die uns das Märchen vom „build it and they will come“ nahebringen wollen.😈 Beim Durchmustern auf Streetview siehst du stattdessen Straßen ohne Radwege und Schulen ohne Fahrradständer.

    Richtig. Aber mit der Normierung auf zurückgelegte Strecke wird das Risiko für Autoinsassen schöngerechnet und gleichzeitig auch die Forderung nach "sicheren Radwegen" begründet.

    Die Sache bedarf dringend des Vergleichs mit Alltagstätigkeiten. Dazu haben Risikoforscher die Einheit „Mikromort“ vorgeschlagen. Im Wikipediaartikel findet sich eine Liste mit Dingen, deren Sterberisiko alle für die entsprechend angeführte Menge jeweils 1 Mikromort entspricht. Der Faktor für Radfahren bezieht sich auf das UK Anfang der 2000er. In Deutschland heute wäre eine Strecke von 111 km äquivalent. Bei 15 km/h wären das 7 Stunden. Und jetzt vergleicht bitte.

    Wie stark das Sterberisiko vom Lebensalter abhängt, zeigt die grobe Abschätzung, die ich mit den bekannten Lebensaltern der erfassten radelnden Verkehrstoten 2013-2024, der aus "Mobilität in Deutschland" (Kurzreport, Abbildung 9) interpolierten Fahrleistung je Alterskohorte und der aus einer Statista-Grafik interpolierten Einwohner je Alterskohorte gemacht habe. An beiden Enden der Altersverteilung weicht die berechnete Säule vom homogenen Verlauf dazwischen ab; das dürfte vor allem daran liegen, dass die Fahrleistungskurve bei MiD erst bei 5 Jahren einsetzt und bei 85 aufhört, wodurch der Schätzfehler hier besonders groß ist.

    Vorsicht, in dem Satz steckt genau der ursprüngliche Fehlschluss.

    Der eigentliche Fehlschluss besteht IMO im Irrglauben, das Risiko für den Verkehrstod hinge nur von der Verkehrsart ab.

    Ein Aspekt dabei ist der Irrtum, dass man bei der klassischen Rubrifizierung der Verkehrsteilnehmer außer acht lässt, dass wir multimodal unterwegs sind. Das führt dann z.B. dazu, dass man irrtümlich den ÖPV als besonders sicher wähnt, weil man dabei nicht berücksichtigt, dass die Passagiere ja auch unweigerlich vorher zu Fuß zur Haltestelle und nachher wieder zu Fuß von der Haltestelle zum Ziel laufen müssen. Gerade dabei lauert aber sehr oft eine gefährliche Fahrbahnquerung. Auch Autonutzer bewegen sich zwischen Quelle/Ziel und ihrem Fahrzeug regelmäßig zu Fuß auf der Straße.

    Ein weiterer Aspekt ist das Alter als Confounder. Wir haben hier gerade erst lang und breit über Sinn und Unsinn für verpflichtende Senioren-Checkups gestritten. Tatsächlich geben aber auch ohne Check die allermeisten das Autofahren freiwillig auf, wenn die Fitness nicht mehr mitmacht. Da sie dann trotzdem gelegentlich aus dem Haus müssen, "verderben" sie dann eben die Fahrrad- oder Fußgängerstatistik.

    Sind meine Annahmen korrekt? Oder liege ich an irgendeiner Stelle sehr daneben?

    Habe es nicht nachgerechnet, aber wenn man es so akribisch ausrechnet, wäre noch zu breücksichtigen, dass die Autototen hauptsächlich auf dem Drittel der Jahresfahrleistung entstehen, das auf Landstraßen zurückgelegt wird, während auf dem Drittel, das mit PKW innerorts gefahren wird, kaum jemand stirbt. Bei Radfahrern und vor allem Fußgängern sieht das wahrscheinlich deutlich anders aus. Da es aber aus dem Ausland weltweit nirgendwo Aussagen zur Ortslage von Todesfällen gibt, fehlt uns nicht nur die Fahr-/Laufleistung für die Betrachtung, sondern auch die Opferzahl jeweils.

    Ob es also tatsächlich gefährlicher ist, in den Niederlanden Fahrrad zu fahren als in Deutschland, wissen wir immer noch nicht. :|

    „Man“ (ich) weiß es jedenfalls besser als die UDV (die mit ihrem Vergleich möglicherweise/wahrscheinlich von meinen entsprechenden Beiträgen ab 2015 im Netz inspiriert wurde…).

    Richtigerweise sollte man auf Expositionsdauer normieren , nicht auf Strecke

    Für den horizontalen Ländervergleich ist die Expositionsdauer unerheblich. Da spielt eher herein, wie hoch die Erfassungsqualität für Unfälle ohne KFZ-Beteiligung ist. Bei DK habe ich den begründeten Verdacht, dass es dort nicht nur bei der Registrierung von Fahrradunfällen mit Verletzten eine mit D verglichen extrem krasse Untererfassung gibt, sondern dass auch tödliche Alleinstürze seltener mitgewertet werden (DK hat nur Ø 10-15% Alleintote unter allen Radtoten, D und NL kommen aber auf über 30%).

    Zitat

    Und sind in den Zahlen für Fußgänger auch Unfälle ohne Fahrzeugbeteiligung enthalten ?

    Natürlich nicht; zu-Fuß-Unfälle zählen AFAIK nirgendwo auf der Welt als "Verkehrsunfall". In den USA z.B. sind sogar noch nicht einmal Alleinstürze mit dem Fahrrad sowie Unfälle Rad vs Rad oder Rad vs Fußgänger in der amtlichen Unfallstatistik enthalten.

    Ich bin nicht direkt gefragt, werfe aber trotzdem mal ein, dass es zB im Vergleich zu NL, wo es viel weniger 'Radfahren ist lebensgefährlich' Propaganda gibt, hierzulande, und auch in anderen überdurchschnittlich stark von den Autoindistrieeigndern beeinflussten Ländern (USA, ...), diese Disbalance gibt. Besonders in Bezug auf Kinder sehr auffällig: es sterben extrem wenig Kinder beim Radfahren (stattdessen aber als Mitfahrende im Auto), aber gerade bei Kindern, bzw. deren Eltern, wird sehr gezielt ein Ansatzpunkt gesehen für MIV-ist-sicherer Propaganda.

    Der Anteil der Kinder, die in NL mit dem Auto zur Schule gefahren werden, ist keineswegs geringer als in D. Je nach Institution, die solche Zahlen erhebt, ist der Wert sogar höher als in Deutschland. Einmal mehr resultiert der höhere Radverkehrsanteil offenbar aus weniger Fuß- und ÖPV-Nutzung.

    Was genau ist jetzt an dieser Aussage deiner Meinung nach "Lug und Betrug"?

    Trifft es nicht zu, dass 60% der Fahrradfahrenden sichere Radverkehrsanlagen bevorzugen?

    Die 4-Sorten-Typologie aus USA basiert auf einer Umfrage unter den Einwohnern von Portland. Da dort der Fahrrad-Modal-Split im niedrigen einstelligen Bereich liegt, wurden logischerweise keine Radfahrer befragt, sondern Autofahrer. Dass Autofahrer so antworten, wenn man sie danach fragt, warum sie nicht radfahren, ist vollkommen naheliegend (Stichwort „Umfrage-Bias durch soziale Erwünschtheit“, denn wer würde schon ehrlich zugeben, dass er eine faule Socke ist?). Pointe: diejenigen, die als Autofahrer für die vermeintliche Gefahr verantwortlich sind, sind exakt dieselben, die vorgeben, dass sie wegen der großen Gefahren nicht radfahren wollen. Muss man nicht verstehen, oder?

    Heute Morgen parkte kurz vor der Kreuzung ein Wohnmobil, durch das die Sicht in die Richtung, aus der der Transporter kam, eingeschränkt war. Ob das Wohnmobil zur Unfallzeit bereits dort stand, weiß ich nicht.

    Was wäre los, wenn ein Autofahrer aus der Bungestraße kommend einem Radfahrer auf der Hauptstraße die Vorfahrt genommen hätte, und wie würde man dann darauf reagieren, dass ein Wohnmobil die Sicht verdeckte? Man würde wohl darauf verweisen, dass das alles bloß faule Ausreden fürs Missachten der StVO durch den Vorfahrtnehmer wären, oder?

    Abbiegeassistent verbaut,

    […]

    wo steht denn das mit dem Meter Abstand?!

    In der Betriebsanleitung für den Abbigeassistenten?😈

    Zitat

    „Wegen einer Baustellenverengung stand sein Sattelzug teilweise auf dem Fahrradstreifen, der Abstand zum Kantstein betrug nur 50 cm.“

    Was man sich als Radfahrer doch eigentlich immer fragt, wenn über Unfälle berichtet wird (und was m.E. auch wesentlich zur allgemeinen öffentlichen Empörung nach Todesfällen beiträgt): „Hätte mir das auch passieren können?“.

    Wie lautet in diesem Fall eure Antwort auf diese Frage?

    Heißt das man muss immer brav mit dam Radl durchs Grünbeet, auf dem Radweg oder dem Feldweg fahren, weil auf der Fahrbahn besoffene, oder halbblinde 75-Jährige unterwegs sind, die den Raum brauchen um sicher nach Hause zu kommen?

    Es heißt nur, dass man den Unfall gerade nicht fürs ADFC-Kampaigning verwenden darf (1. "Mimimi, die halten alle keinen ausreichenden Überholabstand!!!" und 2. "Mimimi, wegen 1. brauchen wir viiiel mehr Radwege!!").

    Übrigens scheidet die Variante "Radfahrer schert zum Linksabbiegen aus" nach diesem Bild-Artikel aus. Dem eingebetteten Foto vom Unfallort zufolge liegt die Kollisionsstelle ca. 200m vor dem Beginn der Linksabbiegespur. Auf dem Bild ist auch zu sehen, dass der TT mit ca. 2m Abstand zum Fahrbahnrand zum Stillstand gekommen ist. Falls er nach dem Aufprall nicht mehr wesentlich nach links gefahren ist (es gibt keine Brems- oder Schleuderspuren die darauf hindeuten), muss sich der Radfahrer ca. 3m weit weg vom rechten Rand befunden haben. Hm.

    Der Autofahrer war übrigens 30, und nicht 75 und halbblind.

    Die Überschrift des Artikels war am Anfang etwa "13jähriger Radfahrer fährt in Auto und stirbt. "

    Die Kollision war angeblich „kurz vor“ der Abzweigung nach links in Richtung Dußlingen. Je nachdem wie dicht das war, könnte an dem „fährt in Auto“ durchaus was dran sein. Nicht ganz abwegig ist angesichts der Uhrzeit und der Tasache, dass die L230 links einen asphaltierten Radweg und rechts einen durchaus befahrbar wirkenden parallelen geschotterten Feldweg besitzt, dass nicht nur der Autofahrer einen sitzen hatte.

    Geile Kommentare.

    Natürlich darf der Mindestabstand nicht fehlen, obwohl angesichts der Umstände (dunkel, neblig, Verkehrsstille) und bei 45.000€ Sachschaden davon auszugehen ist, dass das Auto das Fahrrad nicht wegen zu knapp bemessenem Ausscheren bisschen mit dem Rückspiegel gestreift hat, sondern dass es -wie üblich- mangels Wahrnehmung einfach ohne jedes Überholen geradeaus gelenkt wurde.

    Bezüglich Radverkehr sehe ich auf allen Seiten ein großes Ausmaß an Regel-Unkenntnis, das auch unfallrelevant sein dürfte. Tatsächlich wissen hier viele Radfahrer nicht, dass sie nicht auf der falschen Straßenseite oder auf dem Gehweg fahren dürfen, bzw. wie sich ein Gehweg von einem "Radweg" unterscheidet. Wenn ich mir die Unfallorte und Unfalltypen/-arten in Stade anschaue, gehe ich davon aus, dass ein nicht unerheblicher Teil davon mit Gehweg- und Geisterradlern zusammenhängt.

    Neulich hat mir eine Autofahrerin die Vorfahrt genommen, als sie nach links auf die Fahrbahn abgebogen ist, auf der ich geradeaus gefahren bin und mir dann erklärt, dass ich ja auf dem "Radweg" hätte fahren können. Der "Radweg" war aber ein Gehweg, auf dem ich gar nicht fahren durfte, geschweige denn hätte fahren müssen. Die wusste definitiv auch nicht, wo ich mit dem Fahrrad fahren darf oder muss, aber hat das zum Anlass genommen, mir eine Lektion zu erteilen und draufzuhalten, weil sie sich im Recht fühlte.

    Aber das ist natürlich für dich nicht relevant, weil es nicht zu einem Unfall geführt hat.

    Achwas. Das erste ist nicht relevant, weil es dabei gar nicht um PKW-Führer geht; wir reden schließlich über Bedingungen für den Fahrerlaubnisbesitz. Das zweite ist nicht relevant, weil die Grundregel "man fährt niemanden mutwillig über den Haufen" jedem bekannt ist. Um das zu wissen, braucht man noch nicht mal eine Fahrerlaubnis.

    [mögliches Motiv "eigene Eile" für das verbreitete Senioren-Mobbing]

    Darum geht es doch gar nicht. :rolleyes:

    Dir nicht. Aber ein großer Teil der verbreiteten Zustimmung zu Senioren-Checkups gerade unter dem Teil der Autofahrerschaft, der noch paar Jahre Abstand zur Altersgrenze hat, dürfte wohl eher nicht übertriebener Sorge um die eigene Sicherheit entspringen.8o

    Regelunkenntnis kann sehr wohl eine Gefahrenquelle sein, die zu Unfällen führt.

    Erzähl bitte mehr, welche Regeln konkret das sein könnten, und welche Rolle deren Unkenntnis zahlenmäßig im Unfallgeschehen spielt.

    Aus dem Spiegel-Artikel vom 11.10.24 dieses Zitat:

    "Auffällig ist, dass die schweren Unfälle oft ältere Fahrer verursachen. Zwar verwechselten auch junge Fahrer manchmal Brems- und Gaspedal, sagt Kirstin Zeidler, Leiterin der Unfallforschung der Versicherer (UDV). Doch anders als bei jungen Menschen, die nach dem Fehler schnell bremsten, könne die Reaktionsgeschwindigkeit bei Senioren eingeschränkt sein: »Die kognitiven Fähigkeiten schwinden sukzessive.« Statistiken zeigen, dass Unfälle mit Seniorenbeteiligung häufig besonders schwer verlaufen – ab einem Alter von 75 Jahren steigt die Dramatik stark an. Durch den demografischen Wandel werde die Zahl der Seniorinnen und Senioren am Steuer zunehmen, sagt Zeidler."

    Das ist doch auch bloß eine Paraphrasierung der bereits von dir gebrachten "Argumente" aus Baden-Würtemberg.

    "Die kognitiven Fähigkeiten schwinden sukzessive" = mag sein, aber das ist keine Antwort auf die entscheidende Frage, ob die ganze Kohorte gleichalter Senioren gleichmäßig shiftet, oder ob es vermehrt einzelne krasse Versager gibt, die man heraustesten könnte und die auch spezifisch mehr Unfälle bauen als der Rest ihrer Altersgruppe. Die Resultate der im Ausland bereits angewendeten Tests sprechen für Ersteres.

    "Statistiken zeigen, dass Unfälle mit Seniorenbeteiligung häufig besonders schwer verlaufen": perfide unzulässige Gleichsetzung von "Senior an schweren Unfällen beteiligt" mit "Senior als PKW-Lenker schuld an besonders schweren Unfällen." (Stichwort extrem hohe Todesrate unter radfahrenden bzw. laufenden Senioren...).

    "Durch den demografischen Wandel werde die Zahl der Seniorinnen und Senioren am Steuer zunehmen, sagt Zeidler.": banale Binse, die logisch rein gar nichts mit der Frage zu tun hat, ob Senioren-Tests erforderlich, wirksam und angemessen sind.

    Die Frage ist, wie macht man das effektiv. Und, da wäre vielleicht z. B. ein Fahrtest der richtige Weg, mit Überprüfung der Regelkenntnis.

    Regelunkenntnis ist gewiss ein Ärgernis, aber sie ist auch definitiv kein Risikofaktor für Unfälle. Als ob jemand bei rot fährt, weil er nicht wüsste, was rot bedeutet.

    Die Frage ist, wie macht man das effektiv. Und, da wäre vielleicht z. B. ein Fahrtest der richtige Weg, mit Überprüfung der Regelkenntnis.

    Bis 25 und ab 60 alle 2 Jahre, ab 70 jedes jahr, dazwischen alle 5.

    Das wäre nur dann ein "richtiger" Weg, *wenn* man mit dem Test effektiv Unfall-Kandidaten herausfischen könnte. Kann man aber ganz offensichtlich nicht, denn ansonsten müssten sich die schon existierenden Tests ja messbar günstig auswirken.

    Aber sollte jemand, der es nicht mehr zu Fuß zum Bus schafft, selber Auto fahren?

    Warum nicht? Das Unfallrisiko spricht jedenfalls nicht dagegen. Mag sein, dass die Majorität der Fitten es missbilligt, dass sie bloß wegen dem Greis nicht so schnell können, wie sie eigentlich gerne wollen würden. Aber sollte das ausgerechnet für Freunde der Verkehrswende ernsthaft ein Argument sein, dem Alten das Auto wegzunehmen?

    Darauf bin ich weiter oben schon eingegangen:

    1) Senioren fahren weniger Autobahn und Landstraße, aber dafür mehr Stadtverkehr, wo sie

    2) vermehrt auf Radfahrer oder Fußgänger treffen, wobei bei diesen Paarungen Autofahrer jeden Alters generell öfter die Hauptschuld kriegen.

    3) die von Destatis genannte Schuldquote gilt für alle Schweregrade; inwieweit bei Todesfällen, speziell solchen mit Tod beim Gegner, die Schuld-Waage sich stärker zur Seite der beteiligten Senioren neigt, wird nicht gesagt.

    4) selbst eine tatsächlich gegebene höhere Gefahr, als autofahrender Senior einen schweren Unfall zu verursachen, ist kein Nachweis dafür, dass ein Massentest die Verursacher vorab herausfischen könnte, weil die Verschiebung der Schuldquote eher auf einer schlichten Verschiebung der mittleren Leistungsfähigkeit der Senioren-Kohorte insgesamt beruht als aus dem Aufwuchs von aus dem Hintergrund deutlich hervorstechenden Versagern.

    Deine Daten sagen aber nicht aus wie viele von den 303 + 271 + 105 + 260 von einem 65+ Verkehrsteilnehmer erlegt wurden. Und darum gehts eigentlich.

    "Meine" Daten sind die des Statistischen Bundesamtes. Du kannst davon ausgehen, dass es darüber hinaus gehende Untersuchungen/Daten nicht gibt, denn ansonsten hätten die Geschäftemacher aus der Safety-Industrie und die Verkehrswende-Agitatoren diese ganz sicher schon aufgetrieben und aggressiv vermarktet. Tatsächlich müssen sie sich aber -wie das oben von Ullie verlinkte Sammelsurium von Nebelkerzen aus Baden-Württemberg zeigt- mit der suggestiven aber irreführenden Verknüpfung von Details notdürftig einen theoretischen Überbau für ihre Forderung basteln.

    Um es nochmal klar zu sagen: es mangelt weiterhin an jeglichen Daten, die belegen, dass nicht die ganze Seniorenkohorte im Durchschnitt in Richtung nachlassende Leistungsfähigkeit shiftet, sondern dass Einzelpersonen im Hinblick auf das Unfallrisiko aus dem Hintergrund der übrigen weiter unauffäligen Senioren so weit hervorstechen, dass man diese kritische Untergruppe mit einem alle paar Jahre fälligen schlichten Massentest rechtzeitig herausfischen könnte.

    Edit: dein Einwand, dass wir nicht wissen, wie die Zuordnung [(Alter Verursacher)x(Verkehrsart Verursacher)x(Verletzungsschwere Opfer)] sich darstellt, ist triftig; allerdings ist der den von dir zitierten Zahlen zugrunde liegende Parameter "Alter Opfer = 65+" dabei ohne Belang.

    Die genannte ternäre Verknüpfung [(Alter Verursacher)x(Verkehrsart Verursacher)x(Verletzungsschwere Opfer)] ist aber jedenfalls mit den öffentlich verfügbaren amtlichen Statistiken unmöglich.

    Hilfsweise können wir nur einen Blick in meine Fahrrad-Datenbank werfen, weil hier die erforderlichen Parameter noch verknüpft sind. An 1.903 von insgesamt 5.429 seit 2013 erfassten Todesfällen waren fahrende PKW beteiligt, wobei das mittlere Alter der PKW-führenden Gegner bei 47,8 lag. 364-mal (19,1%) waren die autofahrenden Gegner 65 Jahre oder älter. Nach der von mir selbst aus dem beschriebenen Unfallhergang abgeleiteten Schuldverteilung trugen in knapp der Hälfte davon (174x, 9,1% aller Todesfälle mit PKW) die autofahrenden Senioren die Hauptschuld. IOW: wir reden bei Radfahrern als potentiellen Opfern von debilen Senioren über einen Grenzwert von maximal 13 Fällen im Jahr.

    Noch krasser wird daher die Situation, wenn wir (wie die Schweiz es ja tut), die Altersgrenze für den Einstieg in die Testung auf 75 setzen und die soeben durchgeführte Betrachtung auf "Täter" 75+ beschränken. Es verbleiben dann nur noch 197 PKW-Unfälle (10,4%) mit 75+, wovon wiederum etwa die Hälfte von den Senioren verursacht wurde (110x, 5,8% aller PKW-Toten). Verteilt auf die 13 Jahre der Erfassung ergibt sich somit ein Potential von höchstens 8 Fällen jährlich für einen hypothetischen Checkup mit vollkommen illusorischer 100%-Trefferquote. Je nachdem, wie groß wir jetzt die Quote an noch rüstigen, Checkup-robusten, Senioren unter den Unfallverursachern einschätzen, und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die alle zwei Jahre durchzuführenden Tests u.U. zu weit auseinander liegen, um eine kritische Verschlechterung der Leistungsfähigkeit rechtzeitig sichtbar zu machen, landen wir bei 0-3 durch Testung verhinderbaren Fällen jährlich. Ja, ich weiß, jeder Tote ist einer zu viel usw. etc. pp.. Aber Wahrung der Verhältnismäßigkeit zwischen Aufwand und Ertrag ist eben auch ein hohes Gut.

    Puh, was für ein Haufen Desinformation. Senioren sterben bei gleichem mechanischem Impact schneller als Jüngere, daher sagt die Anzahl Getöteter nichts über Defizite als Ursache. Senioren sind außerdem insbesondere unter getöteten Fußgängern und Radfahrern stark überrepräsentiert, so dass die Getöteten-Quote nichts über das (Un-)Vermögen als Autofahrer aussagt.

    Ergänzung: ich habe gerade nochmal in Tabell 5.1.2 von Destatis Verkehrsunfälle 2023 reingeschaut, worin Unfallbeteiligte nach Verkehrsart und Alter aufgelistet sind. Demzufolge starben nur 303 Senioren 65+ als aktive PKW-Führer, aber 271 als Rad-/Pedelecfahrer, 105 als Mitfahrer in KFZ und 260 als Fußgänger. Ja, das klingt ganz danach, als sei das Argument "der Anteil der Senioren unter den Verkehrstoten ist viel größer als ihrem Bevölkerungsanteil entspricht" ein solides Argument pro Seniorencheckup für PKW-Führer.:evil:

    Kommt die Zeitung bei dir vorbei und erkundigt sich nach der Restsehfähigkeit deines Nachbarn, der gerade in einen Unfall verwickelt war. Sagst du: "Ja, hm, der kneift in der letzten Zeit immer so komisch die Augen zusammen, wenn ich ihm etwas auf der anderen Straßenseite zeigen will. Und erkennen tut er dann trotzdem nichts richtig. Da sollten Sie unbedingt mal bei seinem Hausarzt nachfragen!;)

    Es gab einen Anlass vorbeizukommen, schon vergessen? Du wechselst hier permanent zwischen statistischem Mittelwert und konkretem Einzelfall, um jeweils auf dem komplementären anderen Gebiet zu argumentieren. Das ist mir zu anstrengend, ich bin erstmal raus hier.