Aber wenn ich warte, ist es ja kein Überholen mehr, sondern ein Vorbeifahren, oder? Und dann muss nicht einmal der MindestÜBERHOLabstand eingehalten werden, weil: Es war ja noch nie von einem MindestVORBEIFAHRabstand irgendwo die Rede. Abgesehen von §1 StVO natürlich.
Also, einen möglichen Seitenraum finde ich eigentlich kaum, um mich aus der "Schusslinie" zu begeben. An Einmündungen würde ich dem Querverkehr im Weg stehen. Auf den Gehweg darf ich nicht fahren. Also halte ich für Gewöhnlich direkt auf meiner Fahrlinie. Damit bin ich zwar nicht aus der Welt, aber die Vorbeifahrenden überholen dann zumindest nicht und müssen nicht an einen Überholabstand denken (siehe oben).
Wenn ich auf der Strecke mit dem Fahrrad fahre (siehe streetview-Link, wo zufällig gerade das Fotografier-Auto hinter dem Fahrrad her fährt), dann habe ich die Möglichkeit anzuhalten und mich und das Fahrrad auf den Fußweg zu stellen, um so die Fahrzeugschlange, die sich möglicherweise hinter mir gebildet hat, vorbeifahren zu lassen. Das ist dann im engeren Sinne kein Überholvorgang sondern ein Vorbeifahr-Vorgang und für den gilt tatsächlich nicht der Mindestüberholabstand von 2 m, der gegenüber einem Fahrrad, das auf der Fahrbahn fährt, eingehalten werden muss.
§5 StVO, (6) bestimmt: "(6) Wer überholt wird, darf seine Geschwindigkeit nicht erhöhen. Wer ein langsameres Fahrzeug führt, muss die Geschwindigkeit an geeigneter Stelle ermäßigen, notfalls warten, wenn nur so mehreren unmittelbar folgenden Fahrzeugen das Überholen möglich ist. Hierzu können auch geeignete Seitenstreifen in Anspruch genommen werden; das gilt nicht auf Autobahnen."
Demzufolge besteht eine Verpflichtung eines Fahrradfahrenden, der mit ca. 10 bis 15 km/h hier den Berg erklimmt, im Falle dass sich hinter ihm eine Fahrzeugschlange mit Autos bildet, die hier 60, bzw. 80 km/h schnell fahren dürfen und das in der Regel mit ihren vielen PS auch können, sich auf dem Fußweg in Sicherheit zu bringen, so dass den Fahrzeugen ein gefahrloses Vorbeifahren möglich ist.
(Ich setze hier mal ein Fragezeichen, denn ich bin mir nicht sicher, ob tatsächlich diese Verpflichtung besteht und ob sie so weit geht, dass man mit dem Fahrrad ggf. auf dem Fußweg halten und warten muss. Und der Gedanke, dass es so eine Verpflichtung geben könnte, gefällt mir gar nicht.)
Die Autos dürfen den auf der Fahrbahn fahrenden Fahrradfahrer nicht überholen, wegen der durchgezogenen Linie, die die Fahrspur begrenzt. Wäre die Fahrbahn deutlich breiter, dann würde eine durchgezogene Mittellinie das Überholen eines Fahrradfahrers nicht verbieten, weil die durchgezogene Mittellinie dazu nicht überfahren werden müsste. Aber die Autofahrer*innen dürfen erwarten, dass derjenige, der ein langsameres Fahrzeug führt, es ihnen ermöglicht, gefahrlos an ihm vorbeizufahren. Eine langsam fahrende Traktor-Fahrerin beispielsweise hätte ebenfalls diese Verpflichtung und müsste zum Beispiel an einer dafür geeigneten Haltebucht rechts ran fahren, um der Fahrzeugschlange hinter ihr das Vorbeifahren zu ermöglichen.